Masao Yoshida (Ingenieur)

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Masao Yoshida, 2011

Masao Yoshida (japanisch 吉田 昌郎, Yoshida Masao; * 17. Februar 1955 in der Präfektur Osaka; † 9. Juli 2013 in Tokio) war ein japanischer Nuklearingenieur und der zuständige Betriebsleiter der Atomkraftwerke während der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Yoshidas Eltern führten eine kleine Werbefirma. Yoshida studierte Ingenieurwesen und dann als Masterkurs Nukleartechnik an der Technischen Hochschule Tokio und ging anschließend 1979 zu Tepco.[1] Dort 2007 stieg er zum Infrastruktursicherheitsreferent der beiden Atomkraftwerke Fukushima Daiichi und Fukushima Daini auf. In dieser Funktion behauptet er einmal, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tsunami das Atomkraftwerk zerstören könne, sei „gleich Null“.[2] Im Juni 2010 wurde er zum Betriebsleiter der beiden Atomkraftwerke ernannt.

Am 11. März 2011 trat nach dem Tōhoku-Erdbeben und dem darauf folgenden Tsunami die Nuklearkatastrophe von Fukushima ein. Yoshida soll durch sein Handeln maßgeblich dafür verantwortlich gewesen sein, dass nach den vier Wasserstoffexplosionen und den drei beginnende Kernschmelzen in den Reaktoren 1, 2 und 3 von Fukushima Daiichi das Ausmaß der Katastrophe eingedämmt werden konnte.

Am 12. März 2011 um 19:55 Uhr, rund 28 Stunden nach dem der Tsunami die Atomkraftwerke beschädigt hatte, gab die Tepco-Geschäftsführung die Erlaubnis zum Einleiten von Meerwasser in Reaktor 1. Die Erlaubnis zum Einleiten von Meerwasser – wodurch die Reaktoren beschädigt werden – hatte Premierminister Naoto Kan zuvor erteilt.[3] Nur 21 Minuten später aber wies die Tepco-Geschäftsführung Yoshida an, die Einleitung von Meerwasser und damit Kühlung des Reaktors zu unterbrechen. Über diese Anweisung der Geschäftsführung setzte sich Yoshida hinweg und setzte das Einpumpen von Meerwasser zur Kühlung der beschädigten Reaktoren fort. Um 20:05 Uhr in dieser Nacht, erfolgte nochmals die Anweisung der japanischen Regierung zur Einleitung von Meerwasser.[4]

Während der Druckentlastungen, Explosionen und Brände stieg die Strahlenbelastung auf dem Gelände stark an. Ab dem 15. März waren nur noch rund „50“ – in den Medien auch als „Fukushima 50“ bezeichnete – Mitarbeiter von Tepco, des Herstellers Toshiba sowie 130 weitere Arbeiter und Helfer von Fremdfirmen, Feuerwehr einer Spezialeinheit aus Tokio und Streitkräften – zusammen mehr als 400 Leute – im Einsatz.[5] Yoshida leitete die Rettungsarbeiten vor Ort.

Am 7. Juni 2011 erhielt Yoshida eine Verwarnung, der Order der Tepco-Geschäftsführung nicht nachgekommen zu sein und dies nicht früher gemeldet zu haben. Im August 2011 sagte Yoshida vor einer Ermittlungsgruppe der Regierung aus. Im November 2011 wurde bei ihm Speiseröhrenkrebs diagnostiziert. Nach der Diagnose trat er von seinem Posten zurück.[6] Er unterzog sich mehreren Operationen, einschließlich einer Notfall-OP nach einer intrakraniellen Blutung im Juli 2012.[7]

Im selben Monat, im August 2012, zeichnete Yoshida entgegen der traditionellen japanischen Unternehmenskultur ein Video mit dem Berater für Humanressourcenentwicklung Hideaki Yabuhara zur Unterstützung der psychologischen Beratung auf, die dieser für die 250 Tepco-Mitarbeiter einmal im Monat leistete. Psychologische Beratung ist in Japan selten und das Eingestehen psychologische Beratung zu erhalten noch seltener.[8] Eine Botschaft von Yoshida in dem Video war, dass Tepco die Finanzierung der psychischen Betreuung seiner Mitarbeiter gewähren sollte.[9] In diesem Video gab der ansonsten stets sehr beherrschte Ingenieur seine Erfahrungen während der Tage nach der Katastrophe im März zu und gestand seine Gefühle und Ängste ein. Über Konflikte mit der Tepco-Zentrale schwieg er, stattdessen appellierte er, das Wichtigste sei es, die Atomkraftwerke-Ruine weiter zu stabilisieren.[10]

Masao Yoshida starb am 9. Juli 2013 im Alter von 58 Jahren an der Krebserkrankung. Er hinterließ eine Frau und drei Söhne.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ryusho Kadota: Shi no Fuchi wo Mita Otoko: Yoshida Masao to Fukushima Daiichi Genpatsu no 500 Nichi (“A Man Who was on the Brink of Death: Masao Yoshida and the Fukushima No. 1 Plant’s 500 Days”). PHP 2012. ISBN 9784569808352

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 「本店に盾突く困ったやつ」「気骨ある」 福島第1原発の吉田所長. In: Sankei Shimbun. 26. Mai 2011, archiviert vom Original am 10. Juli 2013; abgerufen am 10. Juli 2013 (japanisch).
  2. Fabio Ghelli: Der Held von Fukushima ist tot. In: ZEIT Online. 9. Juli 2013.
  3. Seismic Damage Information (the 54th Release) (Memento vom 10. April 2011 auf WebCite) (englisch, pdf). NISA, 26. März 2011, archiviert vom Original am 10. April 2011, abgerufen am 26. März 2011.
  4. Seismic Damage Information(the 19th Release) (Memento vom 27. Januar 2013 im Internet Archive), Nuclear and Industrial Safety Agency 13. März 2011
  5. Christoph Neidhart: Arbeiter in den Fukushima-1-Reaktoren – Die Retter Japans, Süddeutsche.de 21. März 2011
  6. Ex-Direktor des Akw Fukushima hat Speiseröhrenkrebs, Morgenpost.de 9. Dezember 2011
  7. Former Fukushima plant chief Yoshida suffering from bleeding in brain (Memento vom 23. Juli 2013 im Internet Archive), japandailypress.com 1. August 2012
  8. Fukushima Watch: Video Letter from Plant Manager, Wall Street Journal 13. August 2012
  9. Tepco manager Masao Yoshida’s video diary (Memento vom 5. März 2013 im Internet Archive), Japandailypress.com 15. August 2012
  10. Tepco zahlt nicht für psychologische Hilfe, Sueddeutsche.de 14. August 2012