Molekularelektronik

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Molekularelektronik beschreibt eine Weiterentwicklung der Mikroelektronik, bei der die einzelnen Bauelemente durch Ausnutzung atomarer Wechselwirkungen in Molekülen realisiert werden.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Definition des Begriffs „Molekularelektronik“ wird in vielen Veröffentlichungen so weit gefasst, dass neben konjugierten organischen sowie anorganischen Molekülen wie etwa Fullerene (z. B. als elektromechanische Verstärker[1]) zusätzlich auch Nanostrukturen wie Kohlenstoff-Nanoröhren (z. B. in der Funktion von Transistoren für logische Schaltungen[2][3]) oder eindimensional kristallisierte metallische Halbleiter in Form von Nanodrähten (z. B. in der Funktion von Transistoren[4][5], Nanosensoren[6] oder Nano-Leuchtdioden[7]) als sogenannte „Elemente auf molekularer Skala“[8] mit eingeschlossen werden. Nach dieser Konvention (vgl. z. B.[7][9][10]) ist für eine Einordnung unter den Begriff „Molekularelektronik“ nicht der Molekülcharakter entscheidend, sondern allein die Tatsache, dass einzelne nanoskopische Elemente vorliegen, die individuell als funktionelle Einheit dienen. Die Quellenverweise und Beispiele im folgenden Überblick beschränken sich jedoch allein auf Bezüge zu organischen Molekülen, um deren Verwendungsmöglichkeiten für die Elektronik zu verdeutlichen.

Einteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monomolekularelektronik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kennzeichnend ist, dass jedes einzelne Molekül als funktionelles Element wirkt.[11][12] Die Entwicklung einer Mono-Molekularelektronik steht im Kontext des Miniaturisierungstrends in der Herstellung elektronischer Halbleitersysteme und verfolgt in diesem Rahmen das Ziel einer extrem miniaturisierten Nanoelektronik.

Zu den bislang realisierten monomolekularen Funktionselementen zählen insbesondere molekulare Drähte[13], Schalter[14][15] (z. B. als Informationsspeicher[16]), Dioden[17][18] oder molekulare Spin-Kanäle zwischen Quantenpunkten.[19] Als prominente Techniken zur Kontaktierung einzelner Moleküle gelten Verfahren wie die Rastersondenmikroskopie, in der funktionalisierte AFM-Spitzen[20] bzw. STM-Spitzen[15] als Gegenelektroden dienen, sowie die Bruchstellenüberbrückung (break junction)[21] oder die Selbstassemblierung von Monolagen zwischen zwei Elektrodenschichten.[22]

Supramolekularelektronik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kennzeichnend ist, dass abgegrenzte, nicht-kovalente Verbände von Molekülen jeweils als individuelle funktionelle Einheit wirken. Die Strategie des self-assembly von Molekülen zu leitfähigen supramolekularen Einheiten steht dabei oft im Kontext des bottom-up-Ansatzes zur Erzeugung nanoelektronischer Strukturen und kann mit verschiedenen Ansätzen verfolgt werden. Zu diesen Ansätzen zählt neben dem direkten self-assembly auch das co-assembly, das hierarchische self-assembly oder das self-assembly verschiedener Moleküle zu einer mechanisch ineinandergreifenden supramolekularen Einheit.

Verschiedene prominente Ansätze zur Erzeugung elektronisch aktiver supramolekularer Einheiten basieren auf der Bildung von Flüssigkristallen mit kolumnarer Phase, in denen elektrisch leitfähige supramolekulare Säulen (columns) prinzipiell als einzelnes funktionelles Element wirken können. Zu diesen Ansätzen zählt z. B. das self-assembly von funktionalisierten Hexabenzocoronen zu leitfähigen Säulen, die als voneinander isolierte supramolekulare Nanodrähte vorgeschlagen werden.[23] Ein anderer Ansatz verfolgt die Erzeugung leitfähiger supramolekularer Säulen über das self-assembly funktionalisierter Dendron-Moleküle.[24] Dabei gewährleisten aromatische Moleküle im Kern der Säulen die Mobilität von Ladungsträgern. Alternativ kann auch ein co-assembly von funktionalisierten Dendron-Molekülen mit durch aromatische Moleküle funktionalisierten Polymeren dergestalt erreicht werden, dass über Donor-Akzeptor-Interaktionen die Polymerketten im Zentrum der Säule eingebaut werden. In beiden Fällen ergibt sich ein leitfähiges eindimensionales System, so dass individuelle Säulen als Elemente (z. B. Nanodrähte) für eine supramolekulare Elektronik in Frage kommen[25] – sofern sie unabhängig adressiert werden können.

Ein Beispiel für hierarchisches self-assembly zur Bildung leitfähiger supramolekularer Einheiten stellt ein Ansatz dar, in dem Moleküle, die aus zwei Untereinheiten bestehen – einem Oligomer als Halbleiter und einem Monomer als Kopplungselement – durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Kopplungselementen dimerisieren. Diese Dimere bilden ihrerseits durch self-assembly helikale Säulen[26], die sich prinzipiell als supramolekulare elektronische Funktionselemente eignen. Ansätze, in denen verschiedene Moleküle mechanisch ineinandergreifen und dadurch eine elektronisch aktive supramolekulare Struktur bilden, basieren z. B. auf Rotaxanen[27][28] oder Catenanen.[29] Diese supramolekularen Einheiten – Prototypen künstlicher molekularer Maschinen[30] – besitzen die Eigenschaft, als einzelne elektromechanische Schalter wirksam zu werden – eine Eigenschaft, die sich für die für logische Funktionen oder Informationsspeicherungen nutzen lässt.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. C. Joachim, J. K. Gimzewski: An electromechanical amplifier using a single molecule. In: Chemical Physics Letters. Band 265, 1997, S. 353–357.
  2. A. Bachtold, P. Hadley, T. Nakanishi, C. Dekker: Logic Circuits with Carbon Nanotube Transistors. In: Science. Band 294, 2001, S. 1317.
  3. V. Derycke, R. Martel, J. Appenzeller, Ph. Avouris: Carbon Nanotube Inter-and Intramolecular Logic Gates. In: Nano Letters. Band 1, 2001, S. 453–456.
  4. Y. Cui, C. M. Lieber: Functional Nanoscale Electronic Devices Assembled Using Silicon Nanowire Building Blocks. In: Science. Band 291, 2001, S. 851–853.
  5. X. Duan et al.: High-performance thin-film transistors using semiconductor nanowires and nanoribbons. In: Nature. Band 425, 2003, S. 274–278.
  6. Y. Cui, Q. Wei, H. Park, C. M. Lieber: Nanowire Nanosensors for Highly Sensitive and Selective Detection of Biological and Chemical Species. In: Science. Band 293, 2001, S. 1289–1292.
  7. a b M. S. Gudiksen, L. J. Lauhon, J. Wang, D. C. Smith, C. M. Lieber: Growth of nanowire superlattice structures for nanoscale photonics and electronics. In: Nature. Band 415, 2002, S. 617–620.
  8. G. Y. Tseng, J. C. Ellenbogen: Toward Nanocomputers. In: Science. Band 294, 2001, S. 1293.
  9. R. Service: Molecules Get Wired. In: Science. Band 294, 2001, S. 2442–2443.
  10. K. S. Kwok, J. C. Ellenbogen: Moletronics: future electronics. In: Materials today. February, 2002, S. 28–37.
  11. C. Joachim, J. K. Gimzewski, A. Aviram: Electronics using hybrid-molecular and mono-molecular devices. In: Nature. Band 408, 2000, S. 541.
  12. M. Ratner: Molecular electronics. In: materials today. February, 2002, S. 20–27.
  13. M. A. Reed, C. Zhou, C. J. Muller, T. P. Burgin, J. M. Tour: Conductance of a Molecular Junction. In: Science. Band 278, 1997, S. 252–254.
  14. J. Chen; M. A. Reed, A. M. Rawlett, J. M. Tour: Large On-Off Ratios and Negative Differential Resistance in a Molecular Electronic Device. In: Science. Band 286, 1999, S. 1550–1552.
  15. a b Z. J. Donhauser et al.: Conductance Switching in Single Molecules Through Conformational Changes. In: Science. Band 292, 2001, S. 2303–2307.
  16. M. A. Reed et al.: Molecular random access memory cell. In: Applied Physics Letters. Band 78, 2001, S. 3735.
  17. R. M. Metzger et al.: Unimolecular Electrical Rectification in Hesydecylquinolinium Tricyanoquinodimethanide. In: JACS. Band 119, 1997, S. 10455–10466.
  18. M.-K. Ng, D.-C. Lee, L. Yu: Molecular Diodes Based on Conjugated Diblock Co-oligomers. In: JACS. Band 124, 2002, S. 11862–11863
  19. M. Ouyang, D. Awschalom: Coherent Spin Transfer Between Molecularly Bridged Quantum Dots. In: Science. Band 301, 2003, S. 1074–1078.
  20. A. M. Rawlett et al.: A molecular electronics toolbox. In: Nanotechnology. Band 14, 2003, S. 377–384.
  21. M. A. Reed et al.: Conductance of a Molecular Junction. In: Science. Band 278, 1997, S. 252–254.
  22. C. Zhou et al.: Nanoscale metal/self-assembled monolayer/metal heterostructures. In: Appl. Phys. Lett. Band 71, 1997, S. 611–613.
  23. A. M. van de Craats et al.: Rapid Charge Transport Along Self-Assembling Graphitic Nanowires. In: Advanced Materials. Band 10, 1998, S. 36–38.
  24. V. Percec et al.: Self-organization of supramolecular helical dendrimers into complex electronic materials. In: Nature. Band 419, 2002, S. 384–387.
  25. E. W. Meijer, A. P. H. J. Schenning: Material marriage in electronics. In: Nature. Band 419, 2002, S. 353–354.
  26. A. P. H. J. Schenning et al.: Towards supramolecular electronics. In: Synthetic Metals. Band 147, 2004, S. 43–48.
  27. C. P. Collier et al.: Electronically Configurable Molecular-Based Logic Gates. In: Science. Band 285, 1999, S. 391–394.
  28. Y. Luo et al.: Two-Dimensional Molecular Electronics Circuits. In: ChemPhysChem. Band 3, 2002, S. 519–525
  29. C. P. Collier et al.: A [2]Catenane-Based Solid State Electronically Reconfigurable Switch. In: Science. Band 289, 2000, S. 1172–1175.
  30. V. Balzani, A. Credi, F. M. Raymo, J. F. Stoddart: Artificial Molecular Machines. In: Angewandte Chemie International Edition. Band 39, 2000, S. 3384–3391.