Murad I.

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Murad I., osmanische Miniatur des 16. Jahrhunderts
Tughra Murads I.
Das Meşhed-i Hüdavendigar
Sanduka (leerer, sargähnlicher Kasten über dem Grab) im Meşhed-i Hüdavendigar
Karte der Eroberungen Murads I.
Murad I. mit zwei Leibwächtern und Inschrift: Qosvoh shahid Olan Sultan Murad (Der Kosovo-Märtyrer Sultan Murad)

Murad I. (مراد بن اورخان / Murād b. Orḫān; geboren 1319 oder 1326; gestorben 1389 in der Schlacht auf dem Amselfeld), genannt غازى خنكار / Ġāzī Ḫünkār und خداوندگار / Ḫüdāvendigār, war 1359 bis 1389 Sultan des Osmanischen Reiches.

Herkunft und Charakter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Murad war der vierte von sechs Söhnen Orhans I. Seine Mutter Nilüfer Hatun war die Tochter eines byzantinischen Statthalters.[1] Murad war von selbständigem Charakter und bemerkenswerter Intelligenz. Nachdem er lange auf das Kommando einer fernen Provinz in Asien abgeschoben war, während sein Bruder Süleyman einen beneidenswerten Posten in Europa hatte, wurde er rachsüchtig. In der Unterdrückung einer Rebellion seines Sohnes Savci (das erste Mal, dass der Sohn eines Sultans gegen seinen Vater die Waffe erhob) bewies er große Grausamkeit.

Regierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als erster osmanischer Monarch konnte Murad dauerhaft in Europa Fuß fassen; das Hauptziel während seiner Laufbahn als Herrscher war es, die europäischen Herrschaftsgebiete des Reiches auszudehnen. Die Rebellionen des Fürsten von Karaman behinderten diesen Plan, und mehr als einmal wurden ihm aus dieser Richtung Probleme bereitet, bis in der endgültigen Schlacht von Konya die Macht des Fürsten von Karaman gebrochen wurde.

Der Zustand Europas spielte Murad in die Hände: Bürgerkrieg und Anarchie herrschten in den meisten Ländern Zentraleuropas vor, wo das Feudalsystem in den letzten Zügen lag; die kleinen Balkanstaaten waren durch gegenseitige Eifersüchteleien entzweit. Die Einnahme von Adrianopel im Jahr 1363, dem er dann den heutigen Namen Edirne gab, gefolgt von weiteren Eroberungen, brachte eine Koalition unter dem König von Ungarn zusammen, aber sein fähiger Feldherr Lālā Schahin, der erste Beylerbey von Rumelien, besiegte die Verbündeten in der Schlacht an der Mariza 1371, was zur Eroberung Mazedoniens führte. Im Jahr 1366 wurde der König von Serbien bei Samakowo geschlagen und gezwungen, Tribut zu zahlen; eine Wiederaufnahme des Kriegs 1381 führte zur Eroberung von Sofia (Bulgarien) zwei Jahre später.

Murad verlegte den osmanischen Regierungssitz von Bursa in das den Byzantinern entrissene Adrianopel und benannte es in „Edirne“ um. Er nutzte es fortan als Hauptstadt seines expandierenden Reiches, baute dort einen Palast und ließ die ganze Stadt verschönern.

Europa war nun aufgerüttelt. Lazar Hrebeljanović, ein serbischer Fürst, bildete eine christliche Allianz gegen die Türken. Murad eilte zurück nach Europa und traf im Kosovo auf seine Gegner (siehe Schlacht auf dem Amselfeld). Nach anfänglicher Verwirrung siegte schließlich die türkische Seite. Ein Serbe namens Miloš Obilić erstach Murad im Verlauf der Schlacht. Einer Legende nach kam Obilić verletzt in das türkische Lager und gab vor, überlaufen zu wollen. In einem günstigen Moment rammte er Murad ein zuvor verborgenes Messer oder Kurzschwert in den Oberkörper. Murads innere Organe sind im Meşhed-i Hüdavendigar beigesetzt, einem Mausoleum, das etwa 10 Kilometer vom heutigen Priština entfernt liegt.

Die Entwicklung des Tımar-Systems und seine Erweiterung nach Europa war im Wesentlichen sein Werk. Als Murad Sultan geworden war, war das Osmanische Reich 95.000 km² groß. Dreißig Jahre später hatte das Osmanische Reich mit 500.000 km² die fünffache Fläche.

Murad ist nach überwiegender Ansicht unter den Historikern der Gründer der militärischen Formation der Janitscharen. Die Gründung wird von diesen in die Jahre zwischen 1365[2] und Ende des 14. Jahrhunderts eingeordnet.

Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Murad hatte mindestens drei Söhne – Savcı (Saudji, Sawdschi), Yakub und Bayezid – sowie eine Tochter, die mit dem Turkmenen-Bey Alâeddin von Karaman verheiratet worden war. Murads ältester Sohn Savcı Bey sei zunächst Statthalter von Rumelien gewesen, aber nach einer Rebellion 1382 geblendet und bald darauf getötet worden.[3] Yakub fiel offenbar 1389 zusammen mit seinem Vater in der Schlacht auf dem Amselfeld. Anderen Angaben zufolge soll Yakub unmittelbar nach der Schlacht von Bayezid getötet worden sein. Murads Nachfolger als Sultan wurde daraufhin Bayezid.

Savcıs Sohn Murad Bey (in älteren Überlieferungen Morathbeg) soll ebenfalls geblendet worden sein, trat aber offenbar noch um 1430 als erfolgloser Thronprätendent (Imperator Turcorum de domo Othomonanum) an der Seite des ungarischen Königs Sigismund auf.[3][4] Der König habe ihm ein Haus in Buda geschenkt und dort soll Murad Bey auch gestorben sein.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Artikelerstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Furtado (Projektleiter), Der Neue Atlas der Weltgeschichte, Chronik Verlag, 2007.

Weiterführende Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ferenc Majoros, Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922. Die Geschichte einer Großmacht. Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-25-8.
  • Josef Matuz: Das osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte. 4. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-20020-9.
  • Gabriel Effendi Noradounghian: Recueil d’actes internationaux de l’Empire Ottoman 1300–1789. Tome I. Paris, Neufchâtel 1897. Reprint: Kraus, Nendeln 1978, ISBN 3-262-00527-4.
  • Anton Cornelius Schaendlinger: Murad I. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 3. München 1979, S. 245–248.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Badisches Landesmuseum, Karlsruhe: Murat I.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Leslie P. Peirce: The Imperial Harem. Women and Sovereignty in the Ottoman Empire. New York et altera 1993, S. 34f; Franz Babinger: Nīlūfer KHātūn. In: Encyclopaedia of Islam, Second Edition. Edited by: P. Bearman, Th. Bianquis, C.E. Bosworth, E. van Donzel and W.P. Heinrichs. Brill, 2009.
  2. Vgl. dazu Patrick Kinross: The Ottoman Centuries. The Rise and Fall of the Turkish Empire. London: Perennial, 1977, ISBN 978-0-688-08093-8, S. 48–52.
  3. a b c Franz Babinger: Aufsätze und Abhandlungen zur Geschichte Südosteuropas und der Levante, Band 1, Seite 329f. Trofenik, München 1962
  4. Wilhelm Baum: Kaiser Sigismund - Konstanz, Hus und Türkenkriege, Seite 228. Styria, Graz 1993
VorgängerAmtNachfolger
Orhan I.Sultan des Osmanischen Reichs
1359–1389
Bayezid I.