N-Bromsuccinimid

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Strukturformel
Strukturformel von N-Bromsuccinimid
Allgemeines
Name N-Bromsuccinimid
Andere Namen
  • NBS
  • N-Brombutanimid
  • 1-Brom-2,5-pyrrolidindion
  • N-Brombernsteinsäureimid
Summenformel C4H4BrNO2
Kurzbeschreibung

farblose, orthorhombische Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 128-08-5
EG-Nummer 204-877-2
ECHA-InfoCard 100.004.435
PubChem 67184
ChemSpider 60528
Wikidata Q286939
Eigenschaften
Molare Masse 177,99 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Dichte

2,10 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

174–179 °C[2]

Dampfdruck

0,0019 Pa (20 °C)[3]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 272​‐​290​‐​315​‐​317​‐​319​‐​400
P: 210​‐​280​‐​302+352​‐​333+313​‐​337+313​‐​371+380+375[2]
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−335,9 kJ/mol[5]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

N-Bromsuccinimid, meist kurz als NBS bezeichnet, ist das am Stickstoff bromierte Imid der Bernsteinsäure.

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

NBS kann durch Behandlung von Succinimid mit elementarem Brom in Gegenwart von Natronlauge bei 0 °C hergestellt werden.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

NBS ist in Wasser wenig, aber in den meisten organischen Lösungsmitteln gut löslich. Einige Lösungsmittel, wie Tetrahydrofuran, N,N-Dimethylformamid, N,N-Dimethylacetamid, N,N-Dimethylpropionamid, N-Methyl-2-pyrrolidon und Ethylacetat sind gegenüber NBS nicht inert und gehen bei erhöhter Temperatur exotherme Reaktionen ein.[6][7] Mit 2-Methyltetrahydrofuran kann schon bei Temperaturen kurz oberhalb von Raumtemperatur eine Zersetzungsreaktion anlaufen.[8] NBS ist nicht stabil und sollte unter Lichtausschluss bei 2–8 °C gelagert werden. Bei starker mechanischer und/oder thermischer Beanspruchung kann NBS explosionsartig in Brom und nitrose Gase zerfallen. Eine DSC-Messung zeigt ab 252 °C eine stark exotherme Zersetzungsreaktion mit einer Wärmetönung von −393 kJ·kg−1 bzw. −70 kJ·mol−1.[8]

Aufgrund der relativ zum Brom höheren Elektronegativität des Stickstoffs, noch verstärkt durch die beiden nebenstehenden Carbonylgruppen, ist die N–Br-Bindung polarisiert. Dabei ist das Brom Träger einer partiell positiven Ladung und kann leicht abgespalten werden. Daher wird NBS in der organischen Chemie vielseitig verwendet.

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Fachliteratur werden im Wesentlichen drei Anwendungen beschrieben:

Regioselektive Bromierung

NBS reagiert im Licht mit allylischen und benzylischen Protonen unter Substitution. Diese Reaktion ist als Wohl-Ziegler-Reaktion bekannt. Elementares Brom reagiert hingegen unter Addition mit den zugehörigen Alkenen oder unter Kernsubstitution mit den Aromaten.

Oxidation

NBS in wässrigem Dioxan ist ein außerordentlich selektives Oxidationsmittel. Im Gegensatz zu Reagenzien wie dem Cornforth-Reagenz (PDC) und Pyridiniumchlorochromat (PCC) werden sekundäre Alkohole bevorzugt vor primären Alkoholen in sehr guten Ausbeuten oxidiert.

Bromhydrin-Bildung

Alkene reagieren in wässrigem Dimethylsulfoxid (DMSO) mit NBS unter Bildung von Bromhydrinen (Dalton-Reaktion). Diese sind wichtige Edukte für die Bildung von Epoxiden. In wasserfreiem DMSO erhält man hingegen Bromketone. Aus Enolethern entstehen α-Bromcarbonsäureester, die Edukte für die wichtige Reformatzki-Reaktion sein können.

In der Literatur werden zahlreiche andere Verwendungen beschrieben.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • S. C. Virgil: Übersicht. In: Leo A. Paquette (Hrsg.): Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis. Band 1: A - Bru. Wiley, New York 1995, S. 768.
  • V. Canibano u. a.: Mild Regioselective Halogenation of Activated Pyridines with N-Bromosuccinimide. In: Synthesis. Nr. 14, 2001, S. 2175. doi:10.1055/s-2001-18070
  • Übersicht: Jeffrey B. Arterburn: Selective oxidation of secondary alcohols. In: Tetrahedron. Band 57, Nr. 49, Dezember 2001, S. 9765–9788, doi:10.1016/S0040-4020(01)01009-2.
  • A. Kamal, G. Chouhan: Mild and efficient chemoselective protection of aldehydes as dithioacetals employing Nbromosuccinimide. In: Synlett. Nr. 3, 2002, S. 474. doi:10.1055/s-2002-20469
  • Louis Frederick Fieser, Mary Fieser: Reagents for Organic Synthesis. Band 12, New York 1986, ISBN 0-471-83469-6, S. 79.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Eintrag zu N-Bromsuccinimid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 21. Mai 2014.
  2. a b c d e Eintrag zu N-Bromsuccinimid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
  3. Registrierungsdossier zu N-bromosuccinimide (Abschnitt Vapour pressure) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 13. Juni 2017.
  4. e-EROS Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis, 1999–2023, John Wiley and Sons, Inc., Eintrag für N-Bromosuccinimide, abgerufen am 8. Oktober 2014.
  5. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-25.
  6. Sumio Shimizu, Yoshiaki Imamura, Tatsuo Ueki: Incompatibilities between N‑Bromosuccinimide and Solvents. In: Org. Process Res. Dev. Band 18, 2014, S. 354–358, doi:10.1021/op400360k.
  7. Elsa M. Gonçalves,* Nuno Lousa Pereira, Filipe Estanislau, Pedro Serra Carvalho: Hazards of a N‑Bromosuccinimide Solution in N,N–Dimethylformamide. In: Org. Process Res. Dev. Band 27, 2023, S. 1975–1983, doi:10.1021/acs.oprd.3c00104.
  8. a b Mingxing Guan; Yingtao Tian; Jibin Zhao; Xingxian Gu; Xigui Jiang; Xufan Wang; Yongbo Zhang; Xingmin Zhang: Safe Scale-Up of an N-Bromosuccinimide Involved Bromination Reaction in Org. Process Res. Dev. 25 (2021) 1375–1382, doi:10.1021/acs.oprd.1c00074.