Berlin-Niederschönhausen

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Niederschönhausen
Ortsteil von Berlin
Niederschönhausen auf der Karte von PankowBerlinBrandenburgBuchKarowWilhelmsruhRosenthalBlankenfeldeNiederschönhausenHeinersdorfBlankenburgFranzösisch BuchholzPankowPrenzlauer BergWeißenseeStadtrandsiedlung Malchow
Niederschönhausen auf der Karte von Pankow
Koordinaten 52° 35′ 0″ N, 13° 24′ 0″ OKoordinaten: 52° 35′ 0″ N, 13° 24′ 0″ O
Fläche 6,49 km²
Einwohner 32.998 (31. Dez. 2023)
Bevölkerungsdichte 5084 Einwohner/km²
Postleitzahl 13156
Ortsteilnummer 0311
Gliederung
Bezirk Pankow
Ortslagen

Niederschönhausen ist ein Ortsteil des Bezirks Pankow in Berlin. Sein Gebiet ist geprägt von alten Villen und Mietshäusern. Hier befindet sich auch das Schloss Schönhausen.

Schloss Schönhausen
Die Gemeinde und der Gutsbezirk Niederschönhausen in den Grenzen von 1920. Schönholz gehörte zum Gutsbezirk.
Friedenskirche Niederschönhausen
Feuerwache
Fallada-Gedenktafel
Ballhaus Pankow in der Grabbeallee

Der Nebenname Pankow-Schönhausen ist ein Hinweis auf den angrenzenden Ortsteil Pankow. Vertreter der alten Bundesrepublik betrachteten und bezeichneten den Ortsteil Niederschönhausen metonymisch als Pankow, weil hier bis 1960 führende DDR-Politiker bis zum Umzug in die Waldsiedlung Bernau ihren Wohnsitz hatten.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Niederschönhausen liegt nördlich und nordwestlich des Ortskerns von Pankow, die Berliner Nordbahn markiert die westliche Grenze. Im Norden grenzt Niederschönhausen an den Ortsteil Rosenthal, im Nordosten an Französisch Buchholz.

Ortslagen
Zu Niederschönhausen gehören neben dem namensgebenden Ort die Ortslagen

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Fehlen von spätslawischen Siedlungsresten deutet darauf hin, dass Niederschönhausen sich als Straßendorf entwickelte. Erste Hinweise auf eine Siedlung gibt es von etwa 1230, zu der später in der südlichen Hälfte ein Gut hinzukam. Um 1250 wurde die Dorfkirche Niederschönhausen erbaut. Im Landbuch Karls IV. von 1375 wurde das Dorf erstmals als Schonenhusen inferior und Nydderen Schonhusen urkundlich erwähnt. Es hatte 48 Hufen, davon vier Pfarrhufen (Wedemhof) und zehn Ritterhufen sowie einen Krug. Im Jahr 1450 waren es 52 Hufen, weil noch zwei Kirchenhufen dazugekommen waren. Die Ritterhufen und die Abgaberechte gegenüber den Hüfnern wechselten mehrfach zwischen mehreren bekannten märkischen Adelsfamilien.

1691 erwarb Kurfürst Friedrich III. das Dorf. Ein am Ende des 17. Jahrhunderts erbautes einfaches Schloss wurde 1704 repräsentativ umgebaut. Friedrich II. schenkte das Schloss Schönhausen im Jahr 1740 seiner Frau Elisabeth Christine, die es abgesondert vom König bis 1797 bewohnte.

Nieder-Schönhausen, Kirchdorf im Nieder=Barnimer Kreise, 1 M. nördlich von Berlin, vor dem Schönhauser Thore, hat ein Königliches Schloss mit großem Park […] und vielen Landhäusern von Berlinern.“

J.G.A. Ludwig Helling (1830)[1]

Seit dem 20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zur Gründung von Groß-Berlin im Jahr 1920 bestanden im Kreis Niederbarnim der preußischen Provinz Brandenburg die Landgemeinde und der Gutsbezirk Niederschönhausen. Zum Gutsbezirk gehörten das Schloss Schönhausen mit seinem Park sowie die Exklave Schönholz. Nach der Eingemeindung bildeten die Gemeinde und der Gutsbezirk den Ortsteil Niederschönhausen im Verwaltungsbezirk Pankow. In der Folgezeit verbesserte sich die Infrastruktur des Ortes. So wurde der Lauf der Panke reguliert und der Rosensche Park ausgestaltet.[2]

In der Zeit des Nationalsozialismus entwickelte der Generalbauinspektor Berlins einen Interessengebietsplan, der dazu führte, dass die vorhandene Wohnbebauung verdichtet und weitere Wohnsiedlungsgebiete in Niederschönhausen erschlossen wurden. In dieser Zeit waren viele Juden gezwungen, ihre Immobilien zu verkaufen. In den Bezirksakten sind besonders häufig Eigentumsübertragungen um die Uhland-, Lindenberger, Blankenburger und Waldstraße dokumentiert.[3]

Im Jahr 1949 wurden das Schloss und der naheliegende Majakowskiring mit den Wohnvillen der führenden DDR-Politiker quasi zum politischen Zentrum der DDR. Das Schloss war Amtssitz des Präsidenten (bis 1960) und des Vorsitzenden des Staatsrats der DDR (bis 1964). Das umzäunte und bewachte Areal hieß bei den Anwohnern auch das „Städtchen“. Mit dem 1960 erfolgten Umzug in die Waldsiedlung bei Wandlitz wurde ab 1973 das Gebiet auch für die „normale Bevölkerung“ geöffnet.

In der politischen Wendezeit tagte 1989/1990 in den Nebengebäuden des Schlosses der Runde Tisch. Zudem fanden hier wesentliche Teile der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen statt.

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner[4][5]
1858 00.773
1871 01.488
1880 02.076
1890 02.917
1900 04.282
1910 15.958
1919 19.271
1925 22.573
1939 28.939
1946 27.588
1950 28.402
1963 25.411
Jahr Einwohner
2007 26.784
2010 27.664
2015 30.078
2020 32.037
2021 32.048
2022 32.587
2023 32.998

Quelle ab 2007: Statistischer Bericht A I 5. Einwohnerregisterstatistik Berlin. Bestand – Grunddaten. 31. Dezember. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (jeweilige Jahre)[6]

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Eingemeindung des Dorfs Niederschönhausen nach Berlin gab es an der Waldstraße das 1903 errichtete Wasserwerk[3] mit einem Wasserturm. Technik und Turm wurden bis 1928 beseitigt. Das Hauptgebäude ist erhalten und dient als privates Wohnhaus.[7]

Niederschönhausen zeichnet sich durch eine Bebauung mit Villen und Mietshäusern aus, die vornehmlich um das Jahr 1910 bis in die 1920er Jahre entstanden. Hier befindet sich auch das Schloss Schönhausen, einer der wenigen Schlossbauten Berlins, die den Zweiten Weltkrieg unversehrt überstanden haben. Im 18. Jahrhundert befand sich das Schloss im Besitz der Königin Elisabeth Christine, der Gemahlin König Friedrichs II. Aus dieser Zeit haben sich bedeutende Teile der originalen Ausstattung erhalten. Zu DDR-Zeiten war es zunächst Sitz von Wilhelm Pieck, dem Präsidenten und von Walter Ulbricht, dem Vorsitzenden des Staatsrats der DDR. Nach der Verlegung des Amtssitzes in das Staatsratsgebäude in Berlin-Mitte im Jahr 1964 wurde es Gästehaus der Regierung. Als Ort des Zentralen Runden Tisches und der Zwei-plus-Vier-Gespräche, die die deutsche Wiedervereinigung vorbereiteten, spielte Schloss Schönhausen nach 1989 eine besondere historische Rolle. Inzwischen befindet sich in den Nebengebäuden der Schlossanlage die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Das Schloss ist nach einer umfassenden Sanierung seit 2009 als Museum für den regulären Besucherverkehr geöffnet.

Am Majakowskiring steht das Johannes-R.-Becher-Haus, wie es bis 1990 offiziell hieß. Dort wohnte der Schriftsteller Johannes R. Becher bis zu seinem Tod, der unter anderem den Text zur DDR-Nationalhymne schrieb. Seit den 1990er Jahren ist in dem Haus ein privates Unternehmen untergebracht.

Rund 500 Meter westlich des Majakowskirings entstand ab 1950 nach einem Beschluss der DDR-Regierung um die Straße 201 (heute: Beatrice-Zweig-Straße) herum die Künstlersiedlung Erich Weinert.

Zudem ist Niederschönhausen einer der wenigen Ortsteile im Bezirk Pankow, in dem es noch ein Kino gibt, den Blauen Stern an der Hermann-Hesse- Ecke Waldstraße. Aus Niederschönhausen stammt Max Skladanowsky, der 1895 ein Patent auf seinen Projektionsapparat Bioscop beantragt hatte und seine selbstgedrehten Filme erstmals am 1. November 1895 im Varieté Wintergarten öffentlich vorführte. Er gilt damit neben den Brüdern Auguste und Louis Lumière und Thomas Alva Edison als Kinopionier. In Niederschönhausen, wo er in der Waldowstraße gewohnt hat, liegt er auch begraben – auf dem Friedhof IV am Herthaplatz. Dort befindet sich auch das Ehrengrab der Stadt Berlin für Carl von Ossietzky. Dieser starb im Krankenhaus Nordend, das Anfang 2006 abgerissen wurde. Im zeitweilig als Lazarett genutzten Schulgebäude an der Blankenburger Ecke Buchholzer Straße wurde 1947 Hans Fallada behandelt. Hier starb er im selben Jahr.

In Niederschönhausen sind Kirchenbauten beider Konfessionen vertreten: die evangelische Friedenskirche und die katholische Kirche St. Maria Magdalena.

Niederschönhausen ist ein grüner Ortsteil, der Schlosspark Schönhausen, die Schönholzer Heide, der Brosepark und der Friedhof Pankow III liegen hier.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Straßenbahnlinie M1 verbindet Niederschönhausen mit dem S- und U-Bahnhof Pankow und der Berliner Innenstadt. Mehrere Buslinien erschließen den Ortsteil.

Besondere Bedeutung für den Straßenverkehr hat der Straßenzug Grabbeallee – Hermann-Hesse-Straße – Dietzgenstraße (Bundesstraße 96a). Der Pastor-Niemöller-Platz im Zentrum des Ortsteils ist Knotenpunkt mehrerer Hauptstraßen in die benachbarten Ortsteile.

Der Güterbahnhof Berlin-Niederschönhausen lag an der Industriebahn Tegel–Friedrichsfelde, welche seit den 1990er Jahren stillgelegt ist.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter von Niederschönhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Niederschönhausen verbundene Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Königin Elisabeth Christine (1715–1797), lebte im Schloss Schönhausen
  • Emma Ihrer (1857–1911), Politikerin (SPD), lebte in der Marthastraße 10
  • Max Skladanowsky (1863–1939), Wegbereiter des Films, lebte in der Waldowstraße 28
  • Wilhelm Pieck (1876–1960), Präsident der DDR, lebte am Majakowskiring 29
  • Arnold Zweig (1887–1968), Schriftsteller, lebte in der Homeyerstraße 13
  • Max Lingner (1888–1959), Maler und Grafiker, lebte in der Beatrice-Zweig-Straße 2
  • Erich Weinert (1890–1953), Schriftsteller, lebte in der Heinrich-Mann-Straße
  • Johannes R. Becher (1891–1958), Dichter, lebte am Majakowskiring 34
  • Hans Fallada (1893–1947), Schriftsteller, lebte am Rudolf-Ditzen-Weg 19
  • Walter Ulbricht (1893–1973), Vorsitzender des Staatsrats der DDR, lebte am Majakowskiring 28/30
  • Otto Grotewohl (1894–1964), Ministerpräsident der DDR, lebte am Majakowskiring 46/48
  • Hanns Eisler (1898–1962), Komponist, lebte in der Pfeilstraße 9
  • Ernst Busch (1900–1980), Sänger und Schauspieler, lebte in der Leonhard-Frank-Straße 11
  • Ruthild Hahne (1910–2001), Bildhauerin, lebte in der Beatrice-Zweig-Straße 1
  • Harald Hauser (1912–1994), Schriftsteller, lebte in Niederschönhausen
  • Erich Honecker (1912–1994), Vorsitzender des Staatsrats der DDR, lebte am Rudolf-Ditzen-Weg 14
  • Kurt Sanderling (1912–2011), Dirigent, lebte Am Iderfenngraben 47/49
  • Stephan Hermlin (1915–1997), Schriftsteller, lebte in der Hermann-Hesse-Straße 39
  • Winfried Glatzeder (* 1945), Schauspieler, lebt in Niederschönhausen
  • Christoph Dieckmann (* 1956), Journalist und Autor, lebt in Niederschönhausen
  • Andrej Hermlin (* 1965), Pianist und Bandleader, lebt in Niederschönhausen

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Berlin-Niederschönhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. J.G.A. Ludwig Helling (Hrsg.): Geschichtlich-statistisch-topographisches Taschenbuch von Berlin und seinen naechsten Umgebungen. H.A.W. Logier, Berlin 1830. Google Books (PDF).
  2. A Rep 049-08 Nr. 4 im Landesarchiv Berlin: Niederschrift über die Besprechung mit den Vertretern der Gemeinde bzw. Gutsbezirke des zukünftigen Bezirksamts vom 19. und 29. Juli 1920, eingesehen am 22. Mai 2017.
  3. a b A Rep 049–08, 240–244. Wohnungsgenehmigungsverfahren Niederschönhausen 1938–1941.
  4. Ortschafts-Statistik des Regierungsbezirks Potsdam, Richard Boeckh, Berlin 1861, S. 86
  5. 1871–1919 Gross-Berlin: Geographie der Weltstadt, Friedrich Leyden 1933; 1925–1946 Statistisches Jahrbuch von Berlin (jeweilige Jahre); 1950 und 1963 Statistisches Jahrbuch der DDR 1964
  6. Statistischer Bericht A I 5 – hj 2 / 23. Einwohnerregisterstatistik Berlin 31. Dezember 2023. (PDF) Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, S. 24, abgerufen am 28. Februar 2024.
  7. Wasserwerk und Wasserturm in der Uhlandstraße. In: pankowerchronikdot.de; abgerufen am 23. Mai 2017.