Nikolaikirche (Alzey)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Nikolaikirche im Stadtbild von Alzey

Die das Alzeyer Stadtbild prägende Nikolaikirche (ursprünglich St. Nikolai) wurde 1499 mit Vollendung des Kirchturms fertiggestellt. Es ist eine spätmittelalterliche Kirche an dem Alzeyer Obermarkt. Heute gehört die Kirche zum Dekanat Alzey-Wöllstein in der Propstei Rheinhessen und Nassauer Land der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Turm der Nikolaikirche
Innenraum der Kirche nach der Sanierung 2018–2020

Die erste Erwähnung einer sicher älteren St.-Nikolaus-Kapelle stammt aus dem Jahr 1350. Sie gehörte zum Alzeyer Saalhof, einem königlichen, später kurpfälzischen Krongut am Obermarkt. Um 1420 begann nach der Abtragung der Kapelle der Neubau einer dreischiffigen Hallenkirche mit drei Jochen und runden Pfeilern. Die Bauleitung ab 1430 wird dem aus Alzey stammenden Baumeister Nikolaus Eseler dem Älteren und seinem Umfeld zugeschrieben. Nach Einweihung des Langhauses wurde die Nikolaikirche 1432 an Stelle der St.-Georgs-Kirche zur Pfarrkirche erhoben. 1450 erfolgte die Vollendung des Neubaus des spätgotischen Chores mit Einwölbung. An den neun Altären der Kirche lasen zeitweilig bis zu 20 Geistliche die Messe. 1499 wurde der Bau des Turmes durch Aufbau von zwei neuen Geschossen und eines Turmhelms auf die vorhandene Turmvorhalle der alten Kirche abgeschlossen. Am Turm sind die Wappen der Bauherren des Burggrafen Erkinger von Rothenstein und des Schultheißen Anthis von Heppenheim zu sehen.

Der Ausbau der Kirche resultierte aus dem Plan der Pfalzgrafen in Alzey im frühen 15. Jahrhundert, ein Stift zu errichten.[1] Im Jahr 1479 genehmigte Papst Sixtus IV. die Gründung. Dem Stift wurden die Güter des aufgehobenen Zisterzienserklosters Himmelsgarten übertragen. Das Stift bestand aus einem Dekan, acht Kanonikern und neun Vikaren. Es wurde von Pfalzgraf Friedrich III. 1563 im Zuge der Reformation aufgehoben.

1689 erlitt die Nikolaikirche starke Beschädigungen nach dem Stadtbrand im Eroberungskrieg von Ludwig XIV.: Dachstuhl und Gewölbe waren eingestürzt, die westlichen Außenmauern beschädigt. 1715 und später wurde die Kirche teilweise wiederhergestellt, indem die Bedachung und der Abschluss der Ostteile der Kirche durch eine neue Giebelwand hergestellt wurden. Der Turm wurde mit einer barocken Zwiebelhaube bedacht. Der Westteil des Langhauses blieb Ruine, wurde profaniert und diente im 18. Jahrhundert zeitweise als Feldlazarett und Bäckerei. 1702 bestattete man hier den kurpfälzischer Burggrafen bzw. Oberamtmann Hermann Adrian von Wachtendonk (1666–1702), dessen Grabplatte erhalten ist.[2] Er war der Vater des Ministers Hermann Arnold von Wachtendonk (1694–1768).

Von 1844 bis 1848 fanden Umbau- und Wiederherstellungsarbeiten an der Nikolaikirche unter dem hessischen Oberbaudirektor Georg Moller statt. Das Langhaus wurde in fünf Joche gegliedert, es wurden Holzgewölbe eingebaut und eine kleine Vorhalle auf der Nordseite errichtet. 1905 wurde ein neuer spitzer Turmhelm aufgesetzt. Von 1934 bis 1937 fanden umfassende Wiederherstellungsarbeiten unter der Leitung von Stadtbaumeister Morneweg statt. So wurden die Pfeiler des Mittelschiffs erneuert, ein Netzgewölbe im Chor und im Langhaus eine flache Holzdecke eingebaut.

Die gröbsten Schäden, die im Zweiten Weltkrieg an der Kirche entstanden, wurden 1949 beseitigt. Eine gründliche Erneuerung der Kirche unter Leitung von Prof. Romero fand dann von 1963 bis 1965 statt. Gleichzeitig wurde ein neuer Eingang durch den Turmraum gebaut. 1997 wurde die Rudolf von Beckerath-Orgel eingeweiht.

Bei der jüngsten Sanierung von 2018 bis 2020 wurde in der Nikolaikirche ein modernes Licht/Raumkonzept verwirklicht, das die Helligkeit und Weite des gotischen Raumes betont. Dabei wurden 16 mittelalterliche Grabdenkmäler unter anderem von Alzeyer Burggrafen und Äbtissinnen des Klosters Weidas aus dem Innenraum entfernt. Das bedeutende Grabdenkmal des Truchsessen Gerhard aus dem Jahr 1335/39 aus der Familie der Volker von Alzey mit dem Fidelwappen befindet sich seitdem im Museum der Stadt Alzey.[3]

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel wurde 1976 von dem Orgelbauer von Rudolf von Beckerath Orgelbau erbaut. Das Instrument stand ursprünglich im Kloster Knechtsteden/Dormagen und wurde 1997 in der Nikolaikirche aufgestellt. Es hat 41 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen sind elektrisch.[4]

I Brustwerk C–g3
1. Holzgedackt 08′
2. Quintadena 08′
3. Blockflöte 04′
4. Prinzipal 02′
5. Quintlein 113
6. None 89
7. Sesquialtera II
8. Scharf IV 01′
9. Regal 16′
10. Krummhorn 08′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
11. Gedackt 16′
12. Prinzipal 08′
13. Spitzflöte 08′
14. Oktave 04′
15. Koppelflöte 04′
16. Oktave 02′
17. Cornett V 08′
18. Mixtur V 123
19. Cymbel III 12
20. Trompete 08′
Zimbelstern
III Schwellwerk C–g3
21. Rohrflöte 08′
22. Gamba 08′
23. Voix celeste 08′
24. Prinzipal 04′
25. Flute traversière 04′
26. Nasard 223
27. Schweizerpfeife 02′
28. Terz 135
29. Oktävlein 01′
30. Mixtur V 02′
31. Englisch Horn 16′
32. Hautbois 08′
33. Clairon 04′
Tremulant
Pedalwerk C–g1
34. Prinzipal 16′
35. Oktave 08′
36. Spielflöte 08′
37. Tenoroktave 04′
38. Weitflöte 02′
39. Hintersatz IV 223
40. Posaune 16′
41. Trompete 08′
  • Koppeln: I/II, III/II, I/P, II/P, III/P

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Geläut der Kirche besteht aus vier Bronzeglocken, die Gebetsglocke mit Leutton g stammt aus dem alten Geläut von 1921, dessen übrige Glocken 1940 eingeschmolzen wurden. Die drei restlichen Glocken wurden Anfang der 50er Jahre in Auftrag gegeben und am 8. November 1953 eingeweiht. Die Glocken sind jeweils dem Gedächtnis der Toten, der Auferstehung Christi, dem Gebet und der Taufe gewidmet.[5]

Nr. Gussjahr Gießer Schlagton Inschrift
1 1954 Rincker, Glocken- und Kunstgießerei d′ Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen!
2 1954 Rincker, Glocken- und Kunstgießerei f′ Lasset euch versöhnen mit Gott!
3 1921 Hamm, Glockengießerei g′ Aufwärts die Herzen!
4 1954 Rincker, Glocken- und Kunstgießerei b′ Freuet euch, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Reinhard Schmid: Alzey – Kloster St. Nikolaus. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz. URL: klosterlexikon-rlp.de (Memento des Originals vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.klosterlexikon-rlp.de (abgerufen am 22. August 2013).
  2. Webseite Stiftskirche Alzey (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirche-alzey.de, mit Foto des Grabsteins Wachtendonk.
  3. Meike Hickmann: Alzeyer Nikolaikirche soll renoviert werden. In: Allgemeine Zeitung. Ausgabe Alzey, 26. Oktober 2017 (allgemeine-zeitung.de).
  4. Orgel in Alzey, abgerufen am 12. Februar 2020.
  5. Hartmut Müller: Die Glocken der Nikolaikirche. In: Evangelische Kirchengemeinde Alzey (Hrsg.): Die Alzeyer Nikolaikirche: Festschrift zur Wiederindienststellung 2020. Radebeul 2020, DNB 121992976X, S. 147–158.

Koordinaten: 49° 44′ 40,1″ N, 8° 6′ 43,7″ O