Oralepidemiologie

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Die Oralepidemiologie (von lat. os (Mund), oral (den Mund betreffend) griech. epi „auf, über“, demos „Volk“, logos „Lehre“), ist eine wissenschaftliche Unterdisziplin der Epidemiologie, die sich speziell mit den Ursachen und Folgen sowie der Verbreitung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten in der Bevölkerung beschäftigt. Das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), eine Gemeinschaftseinrichtung der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, erstellte zum Thema bisher vier „Mundgesundheitsstudien“ heraus, zuletzt 2006, die auf Erhebungen des Jahres 2005 beruht.

Tätigkeiten der Oralepidemiologie

Grundlage der Studien zur Oralepidemiologie sind die Vorgaben der WHO und der internationalen Oralepidemiologie und hat die Gesundheitsförderung hinsichtlich der Mundgesundheit zum Ziel. Im Fokus stehen dabei die Untersuchung der Entwicklung der Karies und der Parodontalerkrankungen, der Zahnlosigkeit und der Versorgung durch Implantate. Sie untersucht die Prävalenz und Inzidenz oraler Manifestationen und hält sich an das Oral Health Impact Profile (OHIP-G14), einem Erhebungsinstrument zur Messung der mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität. Mittels des Extent and Severity Index (ESI), wird eine statistische Verrechnung von Ausbreitung und Intensität der Zahnerkrankungen vorgenommen. Sie hält sich im Übrigen an die Vorgaben der Epidemiologische Methoden und Studientypen.

DMS IV

Die vierte und bisher letzte Mundgesundheitsstudie (DMS IV)[1] zeigt die Ergebnisse zu oralen Erkrankungsprävalenzen, Risikogruppen und zum zahnärztlichen Versorgungsgrad in Deutschland im Jahre 2005 auf. Über 4500 Personen aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen wurden in einer repräsentativen Erhebung einer Befragung unterzogen und zahnmedizinisch untersucht.[2] Die DMS-Studien basieren auf den WHO-Vorgaben zu „oral health surveys“. Dort werden die Vorkommenshäufigkeiten zu Zahnkaries, Parodontalerkrankungen und zum Zahnverlust festgehalten und Art und Umfang der zahnärztlichen Versorgung abgeleitet.

Das Datenmaterial wird nach folgenden Verhaltensparametern ausgewertet:

Die Morbiditätskennziffern werden in den Kontext der internationalen Oralepidemiologie und Gesundheitsberichterstattung eingeordnet.

DMS V

Fünfte deutsche Mundgesundheitsstudie

Die fünfte Mundgesundheitsstudie (DMS V) wurde gemäß den Haushaltsbeschlüssen vom November 2012 der Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Hauptversammlung der Bundeszahnärztekammer ab 2013 durchgeführt. Die Ergebnisse wurden am 16. August 2016 der Öffentlichkeit vorgestellt.

DMFT-Index

DMFT steht als Abkürzung für die Beurteilung des Gesundheits- bzw. Krankheitszustand eines menschlichen Gebisses, dabei bedeutet:

  • D = decayed (kariös)
  • M = missing (fehlend)
  • F = filled (gefüllt – mit einer Zahnfüllung)
  • T = tooth (Zahn)

Ein Index von 1 bedeutet, dass von 28 bleibenden Zähnen – Weisheitszähne werden nicht berücksichtigt − 1 Zahn entweder kariös, gefüllt oder fehlend ist.

Der DMFT-Index beträgt für Deutschland für 15-jährige Jugendliche 1,14 (Stand 2009), bei 35- bis 44-Jährigen 14,5, bei 65- bis 74-Jährigen 22,1 (Stand 2005)[3]

dmft-Index

Den gleichen Index kann man für Milchzähne erheben, wobei zur Unterscheidung zu bleibenden Zähnen dieser Index mit Kleinbuchstaben bezeichnet wird.

Der dmft-Index beträgt für Deutschland bei sechs- bis siebenjährigen Kindern 1,87 (Stand 2009)[3]

Bewertung

Ein DMFT-Index unter 1,2 wird als sehr niedrig bezeichnet, zwischen 1,2 und 2,6 als niedrig, 2,6 bis 4,4 als mäßig und über 4,5 als hoch bezeichnet.[4]

Varianten

Norwegen verwendet einen MFT-Index, bei dem die kariösen Zähne nicht erfasst werden.

Schweden verwendet einen DFT-Index, bei dem die fehlenden Zähne nicht erfasst werden.[4]

Kritik

Der DMF-Index wird dahingehend kritisiert, dass beispielsweise ein Patient mit fünf kariösen Zähnen und einem fehlenden Zahn einen Index = 6 hat. Werden die kariösen Defekte der Zähne durch Füllungen saniert und der fehlende Zahn ersetzt, ändert sich jedoch der Index nicht, obwohl keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht. Der Index dieses Patienten kann nur steigen, beispielsweise wenn weitere Zähne kariös werden oder entfernt werden. Gleichzeitig fließen auch durch Unfälle verlorene oder frakturierte Zähne in den Index ein.

DMFS-Index

Der DMFS-Index ist ähnlich dem DMFT-Index, wobei das „S“ für Surface (engl. Oberfläche) steht, für eine Zahnfläche. Frontzähne haben 4 Flächen, Molaren und Prämolaren 5 Flächen, Weisheitszähne werden nicht berücksichtigt, also maximal 128 gesunde Zahnflächen in einem mit 28 Zähnen vollbezahnten Gebiß. Der DMFS-Index ist aussagekräftiger als der DMFT-Index, ist jedoch viel aufwendiger zu erheben.

ICDAS

Während DMFS die zerstörten, fehlenden oder versorgten Oberflächen zählt (Decayed, Missing, Filled Surfaces), dient das von der EU-Kommission entwickelte ICDAS dazu, eine vorhandene Karies qualitativ (nicht nach dem sonst üblichen „Ja-Nein-Prinzip“) zu diagnostizieren. ICDAS steht für International Caries Detection Assessment System.

IDCAS-Kriterien: Untersucht wird die Zahnoberfläche mit einer stumpfen Sonde. Im Zweifelsfall wird der geringere Kariesgrad gewählt.[5]

ICDASCode Beispiel Konsequenz
0 Zahnfläche gesund. Unveränderte Schmelzverhältnisse liegen vor keine
1 Verfärbung nur am getrockneten Zahn sichtbar keine
2 Opake oder braun verfärbte, aber nicht defekte Schmelzoberfläche Abwarten
3 Kleiner Schmelzdefekt, Sonde steckt in der Fissur, der Defekt scheint visuell/taktil noch auf den Schmelz beschränkt zu sein Abwarten, minimalinvasive Füllung
4 Grau-opak durchschimmernde Kavität, eventuell mit kleiner Öffnung im Schmelz Normale Füllung
5 Deutliche Dentinkaries oder Sekundärkaries Normale Füllung
6 Exzessive Dentinkaries Höckerüberdeckung, Onlay, Krone

Neben dem Zustand der Zahnoberfläche beschreibt ICDAS auch die Art der Füllungstherapie

ICDAS Code Beschreibung der durchgeführten Maßnahme am Zahn
10 teilweise versiegelt
20 vollständig versiegelt
30 zahnfarbene plastische Füllung
40 Amalgamfüllung
50 Stahlkrone
60 Gold- oder Porzellanrestauration
70 gebrochene Restauration - Material egal
80 temporäre Restauration
90 nicht beurteilbar

CPI-Index

Der Community Periodontal Index (CPI) zeigt den Schweregrad der Parodontalerkrankungen in den Stufen 1-4 auf. [6]

Parodontaler Screening-Index (PSI-Code)

Auf dem CPI-Index basiert der Parodontale Screening-Index (PSI-Code).

Prothetik und Depression

Auf der 56. GMDS- und 6. DGEpi-Jahrestagung 2011[7] wurde eine kombiniert psychiatrisch-/oralepidemiologische Untersuchung des Zusammenhangs zwischen (zahn-)prothetischer Versorgung und Depression vorgestellt.

Geschichte

Im Jahr 1981 formulierte die World Health Organisation (WHO), die Weltgesundheitsorganisation, zusammen mit dem Weltzahnärzteverband FDI (Fédération Dentaire Internationale) erstmals globale Mundgesundheitsziele für das Jahr 2000. Anlässlich der FDI-Generalversammlung in Sydney 2003 wurden diese Zielsetzungen durch eine internationale Arbeitsgruppe aus Vertretern der FDI, der WHO und der International Association of Dental Research (IADR) erneut aufgegriffen und für das neue Jahrtausend bis zum Jahr 2020 überarbeitet („Global Goals for Oral Health“; Hobdell et al 2003). [8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. DMS IV – Abstract (PDF; 74 kB)
  2. DGZMK zu DMS IV
  3. a b Statistisches Jahrbuch der Bundeszahnärztekammer 2011/2012, S. 165
  4. a b OECD: Gesundheit auf einen Blick 2009 OECD-Indikatoren: OECD-Indikatoren. OECD Publishing, 2010, ISBN 978-92-64-08108-6, S. 34 (books.google.de).
  5. ICDAS
  6. DGZMK - Parodontalerkrankungen, abgerufen 14. September 2012
  7. GMDS/DGEpi Jahrestagung 2011: Dose Response Effect of Psychopathological Findings on Prosthetic Status - The Study of Health in Pomerania, abgerufen 14. September 2012
  8. DGMZK zu DMS IV