Orgel der Simultankirche Bechtolsheim

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Orgel der Simultankirche Bechtolsheim
Allgemeines
Ort Simultankirche Bechtolsheim
Orgelerbauer Johann Philipp und Johann Heinrich Stumm
Baujahr 1752–1756
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 2014/15 durch Förster & Nicolaus (Reinigung und Restaurierung)
Epoche Barock
Orgellandschaft Rheinhessen
Technische Daten
Anzahl der Pfeifen 1509
Anzahl der Register 27
Anzahl der Pfeifenreihen 32
Anzahl der Manuale 2
Windlade Schleiflade
Tontraktur mechanisch
Registertraktur mechanisch
Spieltisch

Die Orgel der Simultankirche Bechtolsheim wurde 1756 von den Brüdern Johann Philipp und Johann Heinrich Stumm aus Sulzbach bei Rhaunen erbaut.

Die 27 klingenden Register sind auf zwei Manuale und ein Pedal verteilt. Das Instrument gehört somit zu den größten Stumm-Orgeln.[1][2] Der Spieltisch befindet sich auf der linken Seite des Gehäuses, welches sich im Originalzustand befindet. Das Pfeifenwerk besteht aus Holz und Zinn.

Die Orgel wurde bisher viermal restauriert bzw. umgebaut:[3]

  1. 1765/1767 erfolgten Reparaturen durch die Werkstatt Stumm,
  2. 1899 ein Umbau durch Heinrich Bechstein (Groß-Umstadt)
  3. 1977 eine Restaurierung durch Gebr. Oberlinger (Windesheim).
  4. 2014 umfassende Sanierung und Konstituierung durch Förster & Nicolaus .

Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neubau 1756 durch Stumm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Brüder Johann Philipp und Johann Heinrich Stumm aus Sulzbach bei Rhaunen erhielten am 30. Dezember 1752 den Auftrag für einen Orgelneubau. Sie stellten die Orgel 1756 für 900 Reichsgulden fertig. Sie ist eine der größten Orgeln aus der Werkstatt Stumm. Der siebenachsige Prospekt des Hauptwerks (Oberwerk) wird durch zwei hohe Rundtürme geprägt, an die sich an beiden Seiten schmale harfenförmige Flachfelder anschmiegen. Zentral steht ein niedriger Rundturm. Ihm entspricht in der Mitte des fünfachsigen Unterpositivs ein überhöhter Rundturm. Die flankierenden Harfenfelder fallen seitlich ab und gehen in schmale Ecktürme über.[4]

Renovierungen und Umbaumaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leeres Orgelgehäuse von September 2014 bis März 2015

Die Orgel wurde bisher viermal restauriert bzw. umgebaut:

1765/1767 erfolgten Reparaturen durch die Werkstatt Stumm, dabei wurden auch die zersprungenen Bälge überholt.[3]

1899 baute Heinrich Bechstein aus Groß-Umstadt auf Wunsch des damaligen Organisten die Orgel um und änderte die Disposition. Das Unterpositiv wurde dem Zeitgeschmack entsprechend leiser gemacht, indem laute Register entfernt oder durch andere ersetzt wurden. Die Orgel erhielt neue Manualklaviaturen, die Pedalklaviatur blieb erhalten, ebenso die Windladen. Das Register Viola da Gamba 8′, Vox angelica 2′ Bass, Terz 1 3/5′ gingen verloren. Änderungen der Mixtur im Hauptwerk zur „Kornett-Mixtur“ im Unterwerk waren die Änderungen noch gravierender: Mixtur, Quinte, Vox humana und Krummhorn wurden entfernt. Anstelle der Salicional 2′–4′ wurde eine Salicional 8′ eingefügt.[3]

Zwischen 1976 und 1977 folgte eine Restaurierung durch Gebr. Oberlinger aus Windesheim, die die ursprüngliche Disposition wiederherstellten. Der Pedalumfang wurde von C–d0 um eine Oktave auf C–d1 erweitert und um neue Pfeifen ergänzt. Die Manualklaviaturen wurden nach dem Vorbild der Stumm-Orgel in Bärstadt erneuert.[5] Um den Spieltisch vor Verschmutzung und unberechtigtem Zugriff zu schützen wurde 1984 von einem ortsansässigen Schreinermeister eine verschließbare Abdeckung angebracht. Diese wurde bei der letzten Restaurierung wieder entfernt.[3]

Ab Mitte September 2014 wurde die Orgel zwecks Reinigung und Sanierung durch Förster & Nicolaus ausgebaut. Im März 2015 begann der Wiedereinbau der Orgel. Mit zwei Festgottesdiensten[6] wurde die Orgel am 13. und 14. Juni 2015 wieder eingeweiht. Regelmäßige Konzerte und weitere Veranstaltungen fanden ab 2013 statt, um die Finanzierung von geschätzten 100.000 Euro zu unterstützen.

Disposition seit 1977 (= 1756)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heute sind noch bis zu drei Viertel des ursprünglichen Materials vorhanden. Die Prospektpfeifen sind noch im Originalzustand erhalten. Nur die Register Gamba, Mixtur (teilweise) und Vox angelica im Hauptwerk sowie Flaut travers, Solicional, Quint, Mixtur, Krummhorn und Vox humana im Unterwerk wurden 1977 erneuert. Die Windversorgung geschieht über ein elektrisches Motorgebläse durch einen Magazinbalg. Der Magazinbalg kann auch auf mechanischem Weg über einen Schöpfbalg mit Wind versorgt werden.

Die Disposition lautet:

I Unterwerk C–d3
Hohlpfeiff 8′ S
Flaut travers D 8′ O
Principal 4' S/O
Rohrflöte 4′ S
Solicional 2′/4′ O
Octav 2′ S
Quint 113 O
Mixtur III 1′ O
Krummhorn 8′ O
Vox humana 8′ O
Tremulant
II Hauptwerk C–d3
Großhohlpfeiff 16′ S
Principal 8′ S
Gamba 8′ O
Quintathen 8′ S
Hohlpfeiff 8′ S
Octav 4′ S
Solicional 4′ S
Flöt 4′ S
Quint 3′ S
Octav 2′ S
Terz 135 S
Mixtur IV 1′ S/O
Trompete B/D 8′ S
Vox angelica B 2′ S/O
Pedal C–d1
Subbaß 16′ S/O
Octavbaß 8′ S/O
Posaune 16′ S/O
  • Koppel (Orgel)|n: II/I, I/P, II/P
S = Stumm, 1756
O = Oberlinger, 1977

Technische Daten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Organisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Anfangsjahren gehörten zu den Organisten an der Stumm-Orgel zu Bechtolsheim die Lehrer der beiden benachbarten Schulhäuser. „Bald nach der Einweihung beschloss der Kirchenrat 1757, dass auch die Lehrer (zu deren Amt der Organistendienst gehörte) die Orgel außerhalb der Gottesdienste nicht spielen dürften, um das neue Werk nicht zu schädigen.“[7]

Seit 1989 ist Thomas Renner der feste Kirchenmusiker und Organist der Evangelischen Kirchengemeinde.

Organist der katholischen Kirchengemeinde ist seit 2007 Franz-Josef Schäfer.[8]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beiträge zur Stummorgel
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1: Mainz und Vororte – Rheinhessen – Worms und Vororte (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 6). Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5, S. 249–251.
  • Hans Martin Balz, Reinhardt Menger: Alte Orgeln in Hessen und Nassau. Merseburger Berlin/Kassel 1997, S. 34–35.
Allgemeinere Literatur, auch zum Kirchengebäude

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Orgel der Simultankirche Bechtolsheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. orgel-information.de: Die Orgel der Simultankirche Bechtolsheim, abgerufen am 27. Juli 2017.
  2. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, S. 76.
  3. a b c d Bischöfliches Ordinariat, Dez. IX/4, Orgelakte Bechtolsheim.
  4. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1, 1967, S. 251.
  5. Präsenz auf Orgeldatabase, abgerufen am 29. Juli 2016.
  6. Konzert für Stumm-Orgel / Benefizveranstaltung: Thomas Renner spielt am Samstag in der Bechtolsheimer Simultankirche. Allgemeine Zeitung vom 17. April 2013, abgerufen am 8. Juli 2014.
  7. Martin Balz, in: Heimatjahrbuch des Landkreises Alzey-Worms, 2006, S. 49.
  8. Die Brücke – Gemeindebrief der katholischen Pfarrgemeinden Bechtolsheim–Bieblenheim–Gau-Odernheim (Pfarrgruppe Petersberg).; erscheint alle zwei Monate in einer Auflage von 900 Exemplaren; Ausgabe: Juni–September 2014; Druck: Dekanat Alzey; letzte Seite (Impressum)