Orthomyxoviridae

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Orthomyxoviridae

Influenzavirus in der TEM

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Riboviria[2][1]
Reich: Orthornavirae[1]
Phylum: Negarnaviricota
Subphylum: Polyploviricotina
Klasse: Insthoviricetes
Ordnung: Articulavirales
Familie: Orthomyxoviridae
Taxonomische Merkmale
Genom: (-)ssRNA segmentiert
Baltimore: Gruppe 5
Symmetrie: helikal
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Orthomyxoviridae
Links

Die Familie Orthomyxoviridae (griechisch μύξα myxa, deutsch ‚Schleim‘) umfasst behüllte Viren mit einzelsträngiger RNA mit negativer Polarität als Genom. Ihr RNA-Genom ist auf mehrere Segmente verteilt, weshalb sie im Gegensatz zu den Paramyxoviridae nicht der Ordnung Mononegavirales zugerechnet werden. Die Segmentierung ihres Genoms ermöglicht den Orthomyxoviridae eine hohe genetische Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an neue Wirtsspezies aufgrund der Durchmischung der verschiedenen Segmente verschiedener Subtypen und Mutanten durch das sogenannte Reassortment.

Zu den Orthomyxoviridae gehören Virusgattungen, die hauptsächlich über Tröpfcheninfektion das respiratorische System eines Wirts infizieren und sich darin vermehren. Dies gilt besonders für die Gattungen der Influenzaviren, die bei Säugetieren und Vögeln symptomlose Infektionen oder schwere Erkrankungen hervorrufen können. Lediglich die Spezies der Gattung Thogotovirus verursachen keine respiratorischen Infektionen und werden durch Zecken auf Wirbeltiere übertragen.[3] Einige im Wasser lebende Wirte der Gattungen Influenzavirus A (Bartenwale)[4] und Isavirus (Lachse) werden durch kontaminiertes Wasser, direkten Kontakt oder (beim Virus der infektiösen Lachsanämie) durch Fischläuse infiziert. Als „orthomyxovirus-ähnlich“ wurde ferner das Tilapia-Teich-Virus wissenschaftlich beschrieben[5] und vom ICTV in eine neue Schwesterfamilie Amnoonviridae, Gattung Tilapinevirus gestellt.

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Viruspartikel (Virionen) der Orthomyxoviridae sind kugelförmig bis unregelmäßig und 80–120 nm im Durchmesser groß. Auch fadenförmige (filamentöse) Formen mit Längen bis zu wenigen µm werden beobachtet. In die lipidhaltige Virushülle sind 1–3 Glykoproteine und 1–2 nicht-glykosylierte Proteine eingelagert. Diese bilden 10–14 nm lange und 4–6 nm im Durchmesser große sichtbare „Spikes“ auf der Oberfläche. In der Hülle verankert, jedoch mit dem größeren Anteil nach innen zeigend, sind sogenannte Matrixproteine, die den Raum zwischen Hülle und Kapside (Matrixraum) auskleiden.
In den Virionen finden sich je nach Segmentierung des Genoms auch mehrere helikale Kapside, an deren einem Ende jeweils mehrere Untereinheiten der viralen Polymerase-Proteine (PA, PB1 und PB2) assoziiert sind. Diese viralen Enzyme zeigen je nach Virusgattung unterschiedliche Aktivitäten, z. B. ist das PB1 bei Influenzaviren eine Endonuklease und zusätzlich bei diesen und der Gattung Thogotovirus eine RNA-Polymerase (Transkriptase). Die Kapside werden nach Freisetzung im Zytoplasma durch spezifischen Kerntransport („nuclear import“) in den Zellkern transportiert.[6]

Das (-)ssRNA-Genom ist linear und segmentiert; die Anzahl der Segmente variiert zwischen den Gattungen. So besitzen die Spezies der Gattungen Influenzavirus A, Influenzavirus B und Isavirus jeweils 8 Segmente, Influenzavirus C und aus der Gattung Thogotovirus die Spezies Dhori-Virus 7, die Spezies Thogoto-Virus 6 Segmente. Die Größe der Segmente reicht von 874 bis 2396 nt, die Gesamtgröße des Genoms von 10,0 bis 14,6 kb. Durch Verteilungs- und Synthesefehler während der Virusvermehrung besitzen viele Virionen kürzere, defekte RNA-Stücke oder verfügen über keinen kompletten Segmentsatz. Dies wird besonders bei Mutationen der Polymerase-Untereinheit PA beobachtet,[7] die für die korrekte Verpackung und Verteilung der Genomsegmente offenbar eine entscheidende Rolle spielt.

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phylogenetischer Baum der Orthomyxoviridae mit bestätigten und vorgeschlagenen Vertretern (schwarz respektive rot)

Mit Stand März 2019 ist die Systematik der Orthomyxoviridae gemäß International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) wie folgt:[2]

  • Familie Orthomyxoviridae

Die einzelnen Viruslinien und weitere unklassifizierte Kandidaten finden sich beim NCBI.[8]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • C. M. Fauquet, M. A. Mayo et al.: Eighth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses. London, San Diego 2005.
  • R. A. Lamb, C. M. Horvath: Orthomyxoviridae − The viruses and Their Replication. In: David M. Knipe, Peter M. Howley et al. (Hrsg.): Fields´ Virology. 4. Auflage. Philadelphia 2001.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b ICTV: ICTV Taxonomy history: Akabane orthobunyavirus, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  2. a b ICTV: Master Species List 2018b.v2, MSL #34v, März 2019
  3. W. R. Kaufman, P. A. Nuttall: Rhipicephalus appendiculatus (Acari: Ixodidae): dynamics of Thogoto virus infection in female ticks during feeding on guinea pigs. Experimental Parasitology. 104(1-2), Mai-Juni 2003, S. 20–25.
  4. J. Mandler, O. T. Gorman, S. Ludwig, E. Schroeder, W. M. Fitch, R. G. Webster, C. Scholtissek: Derivation of the nucleoproteins (NP) of influenza A viruses isolated from marine mammals. Virology. 176(1), Mai 1990, S. 255–261.
  5. Eran Bacharach et al.: Characterization of a Novel Orthomyxo-like Virus Causing Mass Die-Offs of Tilapia. In: mBio. Band 7, Nr. 2, e00431-16, 2016, doi:10.1128/mBio.00431-16
  6. G. Kochs, O. Haller: Interferon-induced human MxA GTPase blocks nuclear import of Thogoto virus nucleocapsids. PNAS 96(5), 2. März 1999, S. 2082–2086.
  7. J. F. Regan, Y. Liang, T. G. Parslow: Defective assembly of influenza A virus due to a mutation in the polymerase subunit PA. Journal of Virology. 80(1), Jan 2006, S. 252–261. PMID 16352550.
  8. NCBI: Orthomyxoviridae (Familie)