Přibram (Meteorit)

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Koordinaten: 49° 40′ 0″ N, 14° 2′ 0″ O
Pribram
Stücke der Meteoriten Příbram (links: Velká) und Morávka auf der Ausstellung 50. Jahrestag des Meteoritenfalls von Příbram in Prag
Allgemeines
Offizieller Name
nach MBD
Pribram
Synonyme Příbram
Luhy
Velká
Hojšín
Dražkov
Authentizität bestätigt
Lokalität
Land Tschechien
Region Středočeský
Stadt Příbram
Vorort Háje
Fall und Bergung
Datum (Fall) 7. April 1959, 19:30
Datum (Fund) 9. April 1959 (Luhy)
Beschreibung
Typ Chondrit
Klasse H-Chondrit
Gruppe H5
Masse (total) 5,56 kg (ca. 17 Teile:
4250 g + 772 g + 428 g + 105 g)
Herkunft (siehe Text)
Referenzen

Der Fall des Meteoriten Přibram ereignete sich am 7. April 1959 um 20:30:21 MEZ in der Nähe der mittelböhmischen Stadt Příbram in der damaligen Tschechoslowakei.

Vom ursprünglichen Meteoriten konnten vier Fragmente mit einer Gesamtmasse von ca. 5,5 Kilogramm geborgen werden. Přibram wurde als gewöhnlicher Chondrit (Typ H5) klassifiziert, eine verbreitete Gruppe von Steinmeteoriten. Er gilt als der erste Meteorit weltweit, der aufgrund simultaner fotografischer Aufzeichnungen mit Meteorkameras aufgefunden werden konnte.

Meteoritenfall und Aufzeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Leuchtspur des Meteors innerhalb der Atmosphäre begann in einer Höhe von rund 98 Kilometern. Im unteren Bereich der Flugbahn (in ca. 44–13 Kilometer Höhe) lösten sich von dem Boliden eine Reihe von Bruchstücken (insg. etwa 17 Stück).[1]

Dem tschechischen Observatorium Ondřejov gelangen Aufzeichnungen des Falls mit mehreren, weiträumig auseinandergelegenen Kameras. Mit Hilfe dieser Stereoaufzeichnung (durch Triangulation) konnte die Flugbahn von Přibram recht exakt rekonstruiert werden. Mit derselben Technik sucht auch das Europäische Feuerkugelnetz in Deutschland und anderen Staaten seit den siebziger Jahren den Nachthimmel nach hellen Meteoren (sog. Feuerkugeln) ab.[2]

Analyse der heliozentrischen Umlaufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Meteorit Příbram war vor dem Sturz als Meteoroid auf die Erde ein Asteroid vom Typ „Erdnahes Objekt“ (NEO); nicht identisch mit dem Hauptgürtel-Asteroiden (9884) Příbram (alias 1994 TN3, kein NEO!).[3]

Asteroid
EN070459[4]
Eigenschaften des Orbits
Orbittyp ?
Große Halbachse 2,401 AE
Exzentrizität

0,671

Perihel – Aphel 0.78951 ± 0.00006 AE – 
4.012 ± 0.005 AE
Neigung der Bahnebene 10.482 ± 0.004°
Physikalische Eigenschaften
Mittlerer Durchmesser 1,8 m
Masse 250 – 2000Vorlage:Infobox Asteroid/Wartung/Masse kg
Absolute Helligkeit -19.2 ( 46 km of height ) mag
Geschichte
Entdecker Sternwarte Ondřejov
Datum der Entdeckung 7. April 1959

19h 30min 21s ± 1s UT

Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.
Vorlage:Infobox Asteroid/Wartung/SSD_ID keine Zahl

Aus den Datenaufzeichnungen konnte die Umlaufbahn dieses Asteroiden (European-Network-Bezeichnung: EN070459) um die Sonne zurückberechnet werden. Erst 43 Jahre später sollte sich herausstellen, dass diese nahezu exakt mit der Bahn des Meteoroiden Neuschwanstein (EN060402) übereinstimmte, dessen Fall am 6. April 2002 in Bayern aufgezeichnet wurde. Es lag daher nahe, dass beide Meteoriten vom gleichen Mutterkörper stammen. Neuschwanstein ist jedoch ein sog. Enstatit-Chondrit (Typ EL6), eine äußerst seltene Gruppe von Steinmeteoriten. Přibram ist den Gewöhnlichen Chondriten (Typ H5) zuzuordnen. Ein Vergleich der kosmogenen Isotope der beiden Steine ergibt für Neuschwanstein ein Alter von 48 Millionen Jahre, für Přibram dagegen 12 Millionen Jahre.[5][6] Ein gemeinsamer Mutterkörper müsste also heterogener Natur sein. Es könnte sich dann allenfalls um einen nur von der Gravitation zusammengehaltenen „Schutthaufen“ (engl. Rubble pile) handeln, welcher durch eine Kollision mit einem weiteren Himmelskörper zersprengt wurde.[7][8]

Funde und Namensgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Fall konnten insgesamt vier Fragmente geborgen werden. Sie erhielten jeweils die Namen der Ortschaften, nahe denen sie gefunden wurden: Luhy (4250 Gramm), Velká (772 Gramm), Hojšín (428 Gramm) und Dražkov (105 Gramm). Jedoch entschied man sich dafür, dem Meteoritenfall den Namen „Příbram“ zu geben, benannt nach dem berechneten Fallort der hypothetischen Hauptmasse des Meteoriten.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dieter Heinlein (Hrsg.): Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Augsburg 2004

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Z. Ceplecha: Multiple fall of Přibram meteorites photographed. 1. Double-station photographs of the fireball and their relations to the found meteorites in Bulletin of the Astronomical Institute of Czechoslovakia, Band 12, S. 21–47, bibcode:1961BAICz..12...21C.
  2. Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Hrsg.: Dieter Heinlein, Augsburg 2004, S. 30 ff.
  3. 9884 Pribram (1994 TN3) . Auf: SpaceReference.org
  4. http://fireball.meteorite.free.fr/meteor/en/4/1959-04-07/pribram/data
  5. Hans Zekl: Neuschwanstein und Příbram: zwei ungleiche Brüder, für astronews.com, 13. Mai 2003 Neuschwanstein und Příbram: zwei ungleiche Brüder
  6. Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Hrsg.: Dieter Heinlein, Augsburg 2004, S. 29 ff.
  7. P Spurný, J. Oberst, D. Heinlein: Photographic observations of Neuschwanstein, a second meteorite from the orbit of the Příbram chondrite in Nature, Vol. 423, No. 6936, Ausgabe 05/2003, S. 151–153, bibcode:2003Natur.423..151S
  8. Scheinverwandtschaft in der Asteroidenfamilie in MaxPlanckForschung, Ausgabe 4/2002 (PDF (Memento vom 15. Mai 2004 im Internet Archive))
  9. Dieter Heinlein: Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall „Neuschwanstein“. 1. Auflage, Hrsg.: Dieter Heinlein, Augsburg 2004, S. 29