Papiermühle

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Papiermühle mit Papiermacher beim Schöpfen aus der Bütte

Eine Papiermühle ist ein gewerblicher Betrieb zur Herstellung von Papier.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wiedererrichtete Hadermühle Stromers auf der Nürnberger Stadtansicht von 1493 außerhalb der Stadtmauern.

Über arabische Händler gelangte im 13. Jahrhundert Papier nach Italien. In der Folge bildete sich in der Mitte dieses Jahrhunderts im mittelitalienischen Fabriano das erste europäische Papiermacherzentrum heraus. Von dort gingen wichtige Verbesserungen für die Papierherstellung aus, wie beispielsweise das wasserradgetriebene Stampfwerk für den Rohstoff, die Papierleimung auf tierischer Rohstoffbasis und die Erfindung des Schöpfsiebes aus Metalldraht.

Die erste Papiermühle (Papiermacherwerkstatt) im deutschen Sprachraum wurde 1390 von dem Nürnberger Handelsherrn Ulman Stromer (1329–1407) in Betrieb genommen.[1] Er hatte 1389/90 eine alte Kornmühle, die Gleismühl an der Pegnitz bei Nürnberg, zu einer Papiermühle umbauen lassen, die mit Wasserradantrieb arbeitete. Als Holzschnitt findet sie sich auf einer Darstellung der Stadt Nürnberg in Hartmann Schedels Weltchronik von 1493. Heute existieren verschiedene Orte und Straßen des Namens Papiermühle.[2]

Funktionsweise und Prinzip[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Prinzip der Papierherstellung in Mitteleuropa beruht seit dem Hochmittelalter darauf, dass der Papiermacher mit Schöpfrahmensieben dünne Schichten aus dünnflüssigem Papierbrei aus der Bütte absiebte und diese anschließend gepresst, geleimt und getrocknet wurden.[3]

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten in Europa Hadern aus Leinen, Hanf oder Baumwolle – zusammen mit Spinnerei- und Seilereiabfällen – den einzig verfügbaren Faserrohstoff bei der Papierherstellung, bei der sogenanntes Hadernpapier entstand. Die Hadern sammelten oder kauften umherziehende Lumpensammler als fahrendes Volk bei der Bevölkerung auf und veräußerten sie an Papiermühlen. Dort wurden die Hadern in Wasser eingeweicht, damit sie faulten. Anschließend wurden die Hadern von einem vom Mühlrad angetriebenen Stampfgeschirr mechanisch zerkleinert und in einzelne Fasern zerlegt, woraus der Faserbrei zum Schöpfen entstand. Die geschöpften Papierstücke wurden stapelweise in einer Presse vorgetrocknet und danach als Einzelblätter in gut durchlüfteten Räumen der Papiermühle zum Trocknen auf Leinen aufgehängt.

Probleme für Mensch und Natur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Papiermühlen lagen wegen des Gestanks und Lärms im Mittelalter außerhalb der Stadtmauern. Die Papierherstellung mit Lumpen stellte eine große Belastung für die Umwelt dar, da durch das Waschen der Lumpen sehr viel Schmutzwasser anfiel, das in die Gewässer zurückgeleitet wurde.[3] Auch nicht selten erlitten die Arbeiter durch den Umgang mit den Rohstoffen der Papierherstellung gesundheitliche Schäden.[3]

Schauanlagen, Museen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schnabelsmühle von Zanders Papierfabrik, Holzstich um 1850

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Günter Bayerl: Die Papiermühle. Vorindustrielle Papiermacherei auf dem Gebiet des alten deutschen Reiches – Technologie, Arbeitsverhältnisse, Umwelt, 2 Teile. Peter Lang, Frankfurt/Main u. a. 1987
  • Versuch eines Verzeichnisses der Papiermühlen in Franken. In: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees (Hrsg.): Journal von und für Franken, Nürnberg 1791, Band 3, S. 233–238.
  • Erwin Frauenknecht: Papiermühlen in Württemberg. Forschungsansätze am Beispiel der Papiermühlen in Urach und Söflingen. In: Carla Meyer (Hrsg.): Papier im mittelalterlichen Europa. Herstellung und Gebrauch. Berlin [u. a.] 2015, S. 93–114.
  • Carla Meyer (Hrsg.): Papier im mittelalterlichen Europa. Herstellung und Gebrauch. Berlin [u. a.] 2015
  • Olaf Mußmann: Papier, Pulver und sanfte Energie. Alltag und Technik im vorindustriellen Mühlengewerbe. Münster 1993.
  • Michael Reiter: 600 Jahre Papier in Deutschland. In: Karl H. Pressler (Hrsg.): Aus dem Antiquariat. Band 8, 1990 (= Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Nr. 70, 31. August 1990), S. A 340 – A 344.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Papiermühle – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
  • papierschule.org Interaktive Plattform des Verbandes Deutscher Papierfabriken zu den Themen Rohstoffe, Produktion, Recycling und spezifischen Berufsbildern in der Papierindustrie
  • Dieter Freyer: Die Papiermühle aus „Kleine Papiergeschichte“
  • Patent-Papierfabrik Internetseite der Patent-Papierfabrik in Sieversdorf-Hohenofen, die eine komplette Produktionsstrecke beherbergt

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Detaillierte Darstellung von Mechanik und Technik historischer Sägemühlen bei Peter Nikolaus Caspar Egen: Papiermühlen. In: ders.: Untersuchungen über den Effekt einiger in Rheinland-Westphalen bestehenden Wasserwerke. Hrsg. vom Ministerium des Innern für Handel, Gewerbe und Bauwesen. Teil I-II. A. Petsch, Berlin 1831, S. 171–176 (Google-Books).
  2. Überlieferte Standorte von historischen Papiermühlen finden sich auf der Begriffsklärungsseite.
  3. a b c Jutta Böhm: Mühlen-Radwanderung. Routen: Kleinziegenfelder Tal und Bärental, Umweltstation Weismain des Landkreises Lichtenfels, Weismain/Lichtenfels (Landkreis Lichtenfels), 2000, 52 S. (zahlr. Ill., Kt.), S. 5–6