Papierwerke Waldhof-Aschaffenburg

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Papierwerke Waldhof-Aschaffenburg
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1970
Auflösung 1995
Auflösungsgrund Übernahme durch SCA
Sitz Raubling
Mitarbeiterzahl 10.000 (1986[1])
Umsatz 1,5 Mrd. DM (1986[1])
Branche Zellstoff und Papier
BW

Die Papierwerke Waldhof-Aschaffenburg (PWA) gingen 1970 aus dem Zusammenschluss der Aschaffenburger Zellstoffwerke AG und der Zellstofffabrik Waldhof hervor. Ab 1979 fungierten die PWA als Holdinggesellschaft eines Konzerns der Papierindustrie.

1995 übernahm die schwedische Svenska Cellulosa Aktiebolaget (SCA) die PWA AG und bildete einen neuen Konzernverbund.[2]

Zellstofffabrik Waldhof (1884–1970)

Die erste Zewa-Rolle 1960

Die Zellstofffabrik Waldhof in Mannheim (Lage) erzeugte und vertrieb Zellstoff, sonstige Papierhalbstoffe und Papier jeglicher Art. Sie wurde am 26. Juni 1884 gegründet, Sitz der Hauptverwaltung war zunächst Berlin.[2]

Im September 1938 übernahm die Zellstofffabrik Waldhof AG im Zuge der Arisierung die zum Hartmann-Konzern gehörenden Papier- und Kunstfaserbetriebe (Natronag). Für einen Kaufpreis von 7,5 Mio. Reichsmark erwarb Waldhof ein Unternehmensnetz mit Niederlassungen in Deutschland, Polen, Österreich und auf dem Balkan mit einem Umsatz von 42 Mio. RM (1937), einem Buchwert von 26 Mio. RM und Buchreserven von 14 Mio. RM; nach eigener Schätzung in einem internen Bericht der Zellstofffabrik Waldhof AG betrug der gezahlte Kaufpreis weniger als die Hälfte des wahren Werts der Unternehmen.[3]

1943 gehörten zum Konzern:

  • die O/Y Waldhof A/B in Helsinki (Finnland)
  • die Papierfabrik Fockendorf AG in Fockendorf (Thüringen)
  • die Papierfabrik Unterkochen GmbH in Unterkochen (Württemberg) und
  • die Natronzellstoff- und Papierfabriken AG in Berlin.

Von 1957 bis zu seinem Tod 1970 war Friedrich Dorn der Vorstandsvorsitzende der Zellstofffabrik Waldhof AG. In der Zeit des Nationalsozialismus war er als SS-Sturmbannführer und Ministerialdirigent in führender Funktion an der Lenkung der deutschen Zellstoff- und Papierindustrie sowie der Ausplünderung der entsprechenden Ressourcen in den besetzten Ostgebieten beteiligt gewesen.

Vor der Fusion 1970 hatte die Zellstofffabrik Waldhof einen Umsatz von 606 Mio. DM und beschäftigte 10.000 Mitarbeiter.[4]

Aschaffenburger Zellstoffwerke (1872–1970)

Waldhof Tilsit

Die Aschaffenburger Zellstoffwerke (Lage) wurden von Philipp Dessauer gegründet. Vor der Fusion hatten sie einen Umsatz von 240 Mio. DM und beschäftigten 4.000 Mitarbeiter. Letzter Generaldirektor des börsennotierten Unternehmens „Aschzell“ war Norbert Lehmann.[4] 1899 gründeten sie die Zellstoff-Fabrik Tilsit AG in Tilsit (Lage).[5]

Fusion und Entwicklung der Papierwerke Waldhof-Aschaffenburg (1970–1995)

Die Fusion wurde von dem Bankier Anton Ernstberger befördert, dessen Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 28 % der Aktien der Aschaffenburger Zellstoffwerke hielt.[4]

Nach der Fusion und einer Konsolidierungsphase ab 1973 verfolgten die Papierwerke Waldhof-Aschaffenburg eine Strategie der rechtlichen Verselbständigung der Geschäftsbereiche, um eine dem jeweiligen Umsatzwachstum und Kapitalbedarf angemessene Finanzierung zu ermöglichen. So wurden die ursprünglich vier Geschäftsbereiche

bis 1979 in 15 rechtlich selbständige Gesellschaften gegliedert.

Nicht zum Kernbereich Papier und Zellstoff gehörige Unternehmen wurden sukzessive veräußert, so 1985 die Efkadruck GmbH mit 260 Mitarbeitern und 14 Mio. DM Umsatz (1983) und die Kaiser GmbH & Co. KG mit 150 Mitarbeitern und 10 Mio. DM Umsatz (1983).[1]

Produkte und Marken

Zewa Logo

Bekannteste Marke ist Zewa, die aus dem Akronym des Waldhofer Firmennamens hervorging und nun vom schwedischen SCA weiterbetrieben wird.[6]

Ikonisch wurde seit den 1960er Jahren das Produkt Zewa wisch und weg, eine Marke für ein Küchen-Einweg-Reinigungstuch. Der Produktname fand sogar Eingang in die Umgangssprache, wie z.B. "Zewa-wisch-und-weg mit dieser Software".[7]

Literatur

  • Theodor Goebel: Zellstofffabrik Waldhof 1884–1909. Leipzig o. J. (1909).
  • Heinz Haas (Bearb.): 75 Jahre Zellstofffabrik Waldhof. Hoppenstedt, Darmstadt 1959. (teilweise auch mit der Titelangabe 75 Jahre Zellstoff)
  • Konrad Wernicke: Flucht und Neubeginn. Schicksalsjahre eines Unternehmens 1944–1948. Bergstadtverlag, Würzburg 1996, ISBN 3-87057-211-6.
  • Matthias Georgi, Florian Neumann: Zwangsarbeit in der Papierfabrik Redenfelden 1939–1945. August Dreesbach Verlag, München 2012, ISBN 978-3-940061-97-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Rolf Bühner: Betriebswirtschaftliche Organisationslehre, 10. Auflage. Oldenbourg, München 2004, ISBN 3-486-27500-3, S. 417–419.
  2. a b Zellstofffabrik Waldhof, abgerufen am 20. Februar 2012
  3. Peter Hayes: State Policy and Corporate Involvement in the Holocaust. In: Michael Berenbaum, Abraham J. Peck (Hrsg.): The Holocaust and History. Indiana University Press, Bloomington 2002, ISBN 0-253-21529-3, S. 207.
  4. a b c Bund in Papier. In. Der Spiegel, Nr. 15/1970 vom 6. April 1970, S. 60.
  5. Tilsiter Rundbrief (1980/81) (PDF; 342 kB)
  6. http://faql.de/etymologie.html#marken
  7. Forumseintrag als allgemeines Beispiel für umgangssprachliche Verwendung