Paul Yule

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Paul A. Yule

Paul Alan Yule (* 18. August 1947 in Minneapolis) ist ein amerikanischstämmiger Archäologe.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paul Yule studierte an der University of Minnesota (BA 1969) und am Institute of Fine Arts der New York University Klassische und Vorderasiatische Archäologie (MA 1974). Nach einem weiteren Studium an der Universität Marburg (1975–79) promovierte er 1979 an der New York University zum PhD. In seiner Dissertation Early Cretan Seals, die 1981 publiziert wurde, klassifizierte und datierte Yule die Siegel der frühen und mittleren Bronzezeit auf Kreta.[1]

Von 1981 bis 1989 war Yule wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt Prähistorische Bronzefunde in Frankfurt am Main. Er katalogisierte und bewertete mit Unterstützung von Swami Omanand Saraswati die metallischen Artefakte der sogenannten Kupfer-Hort-Kultur erstmals mittels europäischer Methoden und Modelle, wobei besonders in der Kanya Gurukul in Narela/Haryana zahlreiche Funde zutage kamen. Die untersuchten Artefakte wiesen keine Gebrauchsspuren auf, sodass es sich um nicht-funktionale Objekte zu handeln scheint, die wahrscheinlich in Ritualen verwendet oder einfach in Horten deponiert werden.[2] Bei einem Fundstück von einem metallzeitlichen Friedhof in Sankarjang bei Odisha, den Yule publizierte, könnte es sich um das frühste Musikinstrument in Indien handeln. Die frühgeschichtliche Festung in Sisupalgarh dokumentierte er mittels Laserscanner, Bodenradar und einem tragbaren GPS-Gerät.[3]

Ab 1990 lehrte Yule als Dozent an der Universität Heidelberg, wo er sich 1995 im Fach Vorderasiatische Archäologie habilitierte. 2004 wurde er dort zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in Arabien und Südasien, unter Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden, besonders der Geoinformatik.

Von 2001 bis 2004 dokumentierte Yule zum ersten Mal so genannte Schlammfestungen und andere archäologische Stätten, besonders in Orissa (Odisha) entlang der Mahanadi und in Chhattisgarh. Bilder von seiner Arbeit vor allem in Odisha erscheinen in der Bilddatenbank heidICON der Universitätsbibliothek der Universität Heidelberg.[4]

Mit Corinna Borchert dokumentierte Yule 2005 die Gefährdung der historischen Grabungsstätte von Sisupalgarh, Orissa, durch illegalen Hausbau.[5]

Yules Studium der Vorgeschichte von Oman begann 1982 bis 1987 als Freiwilliger beim Deutschen Bergbau-Museum in Bochum zusammen mit Gerd Weisgerber. Yule konzentrierte sich auf die Katalogisierung des Metallhortenfundes von Ibri-Selme (und andere auch), die er mit Gerd Weisgerber veröffentlichte. Diese typologische Studie katalogisiert den größten Schatz metallischer Artefakte im Nahen Osten.[6] Versteckt in einem Sippengrab der Umm an-Nar-Periode, diese datieren zur frühen Eisenzeit. 1987 begann Yule seine Habilitation über die archäologische Fundstätte von Samad al-Shan, die Licht auf die spät-vorislamische, proliterate späteisenzeitliche Bevölkerung des zentralen Oman wirft.[7] Danach sollten neue Ausgrabungen aus der frühen Eisenzeit datieren[8] Neu war die Einführung von alphanumerischen Abkürzungen für Fundstätten- und Artefaktklassen für Software-gestützte Dokumentation. Mitte der 1990er Jahre dokumentierten Yule und Weisgerber erstmals die Turmgräber nahe Jaylah im östlichen Teil des Jebel Akhdhar, die wahrscheinlich in die bronzezeitliche Umm-an-Nar-Kultur datieren.[9] Yule suchte bei seiner Ausgrabung in der Oase von Izki / al-Jemen erfolglos spätantike Besiedlung. Yule hat 2014 seine Gedanken zu Oman aktualisiert.[10] Im Jahr 2012 bat das Ministerium für Erbe und Kultur ihn, eine früheisenzeitlichen Schmelzplatz für Metalle zu dokumentieren und zu veröffentlichen, die sich direkt im „Leeren Viertel“ in Wadi Ḍank, Uqdat al-Bakrah befindet.

An der Stelle des berühmten Zafar, Hauptstadt der Himyaren, im jemenitischen Hochland, führte er von 1998 bis 2010 Feldarbeiten mit einem Budget von letztlich 5.300.000 Euro durch. Dieses Projekt beleuchtet vor allem die materielle Kultur der himayarischen Periode (110 v. Chr. – 525 n. Chr.). Ein besonderer Fund von Yule war eine 1,70 m hohe Reliefdarstellung, die eine Krone trägt, die wohl einen christlichen (aksumitischen?) König darstellt.[11] Yule argumentiert, dass die himyarische Kultur dem darauf folgenden Islam nicht wirklich fremd war, vielmehr verglich er die Beziehung als eine Weitergabe von Genen. Er fragte sich, wie islamische Religion und Kultur ohne diesen Einfluss aussehen würden. Einige der ausgegrabenen Funde widersprechen der Charakterisierung der himyarischen Kultur, insbesondere der bildenden Kunst, als „dekadent“ – ein Begriff, der unterschiedlich verstanden werden kann.[12] Yule hielt die Forschungen zum späten Vorislam im Jemen für seinen wichtigsten wissenschaftlichen Beitrag, aufgrund der Möglichkeit, mehrere Jahre zu arbeiten, und der großen Anzahl von kontextuellen Funden.[13]

Im Jahr 2013 bat ihn Steffen Wenig, an einem Ausgrabungsprojekt einer Kirche bei Mifsas Bahri in der südlichen Tigray-Region in Äthiopien teilzunehmen. Diese Arbeit wurde 2014 durch einen Zuschuss der DFG ermöglicht.[14] Sie konzentriert sich auf die Ausgrabung einer spätaksumitischen Kirchenruine aus dem 7. Jahrhundert.[15]

Im Rahmen der Open-Access-Bewegung möchte Yule seine Forschungsmaterialien so schnell wie möglich digital archivieren und publizieren, um sie so der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er tut dies größtenteils mit Hilfe der Bilderbank heidICON und der virtuellen Bibliothek Propylaeum-DOK der Universitätsbibliothek Heidelberg. Seit 2005 experimentiert Yule in 3D in Indien und Oman mit der Fachhochschule Mainz (i3mainz), zusammen mit der Architektin Laura Pecchioli.[16]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Paul Yule – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Paul Yule: Early Cretan Seals. A Study of Chronology (= Marburger Studien zur Vor- und Frühgeschichte. Band 4). von Zabern, Mainz 1981, ISBN 3-8053-0490-0, urn:nbn:de:bsz:16-diglit-30446.
  2. Paul Yule: Metalwork of the Bronze Age in India (= Prähistorische Bronzefunde. Band XX, 8). München 1985, ISBN 3-406-30440-0; Paul Yule, Andreas Hauptmann, Michael J. Hughes: The Copper Hoards of the Indian Subcontinent: Preliminaries for an Interpretation. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz. Band 36, 1989 (1992), ISBN 1-881094-03-0, S. 193–275 (Digitalisat).
  3. Paul Yule: Early Historic Sites in Orissa. Delhi 2006, ISBN 81-89645-44-7; Paul Yule, Wolfgang Böhler: Sisupalgarh: an Early Historic Fortress in Coastal Orissa and its Cousins. In: Beiträge zur allgemeinen und vergleichenden Archäologie. Band 24, 2004, ISBN 3-8053-2518-5, S. 15–29 (Digitalisat).
  4. heidicon.ub.uni-heidelberg.de in the pool SAI South Asian Archaeology
  5. Paul Yule, C. Borchert: Sisupalgarh/Orissa: Illegal building operations in the North-West Area. 2005, (archiv.ub.uni-heidelberg.de)
  6. Paul Yule, G. Weisgerber: The Metal Hoard from ʿIbrī/Selme, Sultanate of Oman. (= Prähistorische Bronzefunde. XX.7). Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07153-9.
  7. Paul Yule: Die Gräberfelder in Samad al Shan (Sultanat Oman) Materialien zu einer Kulturgeschichte. (= Orient-Archäologie. Band 4). Rahden 2001, ISBN 3-89646-634-8. (digi.ub.uni-heidelberg.de)
  8. Paul Yule (Hrsg.): Studies in the Archaeology of the Sultanate of Oman. (= Orient-Archäologie. Band 2). Rahden 1999, ISBN 3-89646-632-1. (archiv.ub.uni-heidelberg.de)
  9. Paul Yule, G. Weisgerber: The Tower Tombs at Shir, Eastern Hajar, Sultanate of Oman. In: Beiträge zur allgemeinen und vergleichenden Archäologie. 18, 1998, ISBN 3-8053-2518-5, S. 183–241. (archiv.ub.uni-heidelberg.de)
  10. Paul Yule: Cross-roads – Early and Late Iron Age South-eastern Arabia. (= Abhandlungen Deutsche Orient-Gesellschaft. Band 30). Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-447-10127-1.
  11. Paul Yule: Ẓafār, Capital of Ḥimyar, Rehabilitation of a ‘Decadent’ Society, Excavations of the Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1998–2010 in the Highlands of the Yemen. (= Abhandlungen Deutsche Orient-Gesellschaft. Band 29). Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-447-06935-9, S. 136 Abb. 7.3.
  12. Paul Yule: Himyar–Die Spätantike im Jemen/Late Antique Yemen. Aichwald 2007, ISBN 978-3-929290-35-6.
  13. Paul Yule (Hrsg.): Late antique Arabia: Ẓafār, Capital of Ḥimyar, Rehabilitation of a ‘Decadent’ Society, Excavations of the Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1998–2010 in the Highlands of the Yemen. (= Abhandlungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. Band 29). Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-447-06935-9. (heidicon.ub.uni-heidelberg.de)
  14. Paul A Yule. Abgerufen am 23. Januar 2018.
  15. M. Gaudiello, Paul Yule (Hrsg.): Mifsas Baḥri, a Late Aksumite Frontier Community in the Mountains of Tigray, Survey, Excavation and Analysis 2013‒6 (= BAR International Series. S2839). Oxford 2017, ISBN 978-1-4073-1579-9.
  16. Paul Yule: Salt Dough and a Laser Scanner. In: Hans Georg Bock, Willi Jäger, Michael J. Winckler (Hrsg.): Scientific computing and cultural heritage: contributions in computational humanities. Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-28020-7, S. 283–290.