Peter Strawson

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Sir Peter Frederick Strawson (* 23. November 1919 in London; † 13. Februar 2006 in Oxford) war ein britischer Philosoph.

Er wird der analytischen Philosophie zugeordnet und hat vielbeachtete Beiträge zur Sprachphilosophie, Metaphysik, Logik, Epistemologie und zu Klassikern und Argumenten der Philosophiegeschichte, insbesondere zu Immanuel Kant, vorgelegt. Für die Entwicklung der analytischen Philosophie seit den 1960ern hin zu einem Wiedererstarken metaphysischer Theorieansätze war Strawsons Studie zu Einzeldingen von 1959 mit maßgebend.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Strawson war Waynflete Professor of Metaphysical Philosophy an der Universität Oxford von 1968 bis 1987.

Strawson wurde 1977 zum Knight Bachelor geschlagen. 1960 wurde er zum Fellow der British Academy und 1971 Foreign Honorary Member der American Academy of Arts and Sciences.

Strawsons Sohn, Galen Strawson, ist auch Philosoph.

Peter Strawson verstarb am 13. Februar 2006 in Oxford.

Lehre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Strawson wurde bekannt durch seinen Artikel On Referring (1950), einer Kritik an Bertrand Russells Theory of Descriptions, die aufzeigt, dass Russells Analyse nicht alle relevanten Verwendungen des bestimmten Artikels erklären kann, insb. Fälle, wenn das fragliche Objekt nicht existiert – Russell muss dann den Satz als falsch bewerten, was, so Strawson, in vielen Fällen kontraintuitiv ist. In der Theorie der Kennzeichnung hat Strawsons Hinweis auf den Einfluss von Präsuppositionen auf die Bedeutung von Aussagen zur Fortentwicklung beigetragen. Strawsons Vorschlag, von Regeln auszugehen, die eine korrekte Referenz unter bestimmten Bedingungen bestimmen, konvergiert außerdem u. a. mit Grundideen Austins und anderer Vertreter einer Sprechakttheorie.

Er geht davon aus, dass die Philosophie und innerhalb der Philosophie die Disziplin der Metaphysik die Aufgabe habe, „die tatsächliche Struktur unseres Denkens über die Welt zu beschreiben“, ein methodischer Ansatz, den er „deskriptive Metaphysik“ nennt und wovon er das Vorgehen unterscheidet, „eine bessere Struktur hervorzubringen“, das er als „revisionäre Metaphysik“ bezeichnet.[1] Das Begriffssystem des common sense bzw. der Lebenswelt ist demnach unhintergehbar – wir hantieren je schon mit Begriffen wie „Person“, aber auch mit Konzepten wie Raum, Zeit, Kausalität, Wahrheit u. dgl. Diese Begriffe sind daher, so Strawson, nicht reduzierbar auf grundlegendere Begriffe oder Gegebenheiten, etwa Erfahrungsdaten oder naturwissenschaftliche Begriffe. Zeitgenössische Philosophen wie Bertrand Russell kritisierte Strawson für eine zu starke Orientierung an einer idealen Sprache. Strawson selbst wird daher, was seine sprachphilosophischen Stellungnahmen betrifft, der sog. Philosophie der normalen Sprache zugeordnet.

Strawsons Unterscheidung zwischen deskriptiver Metaphysik und revisionärer Metaphysik wird häufig übernommen, aber auch kritisiert, u. a. in der Anwendung auf Klassiker, u. a., weil sie nicht zureichend trennscharf sei.[2]

Hauptergebnis des Buchs Individuals ist, dass Personen und materielle Körper die grundlegenden Entitäten sind.[3] Das Werk markiert nach verbreiteter Ansicht den wichtigsten Wendepunkt hin zum revival of metaphysics in den analytisch-philosophischen Traditionen.[4]

Strawson ist der Auffassung, dass Kants Kritik der reinen Vernunft im Wesentlichen das Ziel einer deskriptiven Metaphysik verfolgt. In seinem 1966 erschienenen Werk The bounds of sense vertritt Strawson eine Kantinterpretation, wonach zahlreiche Thesen Kants unhaltbar sind, darunter Kants Erklärung synthetisch-a priorischer Urteile, Kants transzendentaler Idealismus u. v. a. m. Andere Ideen Kants versucht Strawson allerdings zu verteidigen, u. a., indem er Kants Argumente rekonstruiert und argumentiert, dass ein zwar etwas schwächeres, aber plausibles Beweisziel erbracht werde. Gezeigt werden könne, dass menschliches Bewusstsein in der Lage ist, seine zur Einordnung von Erfahrungen herangezogenen Kategorien auf Objekte anzuwenden, die selbst erfahrungsunabhängig sind. Insbesondere sieht Strawson auf dieser Grundlage skeptische Argumente widerlegbar. Auch Bounds of Sense wurde sofort und breit rezipiert und Strawson trug damit nicht nur zu einer Kantrenaissance in der angelsächsischen Philosophie bei, sondern entfachte zudem eine neue Debatte in der Transzendentalphilosophie um die Möglichkeit transzendentaler Argumente.

Strawson hat zudem sehr einflussreiche Arbeiten zum Wahrheitsbegriff, zum Skeptizismusproblem und zum Begriff des Analytischen verfasst.

Bibliografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Introduction to Logical Theory. Methuen, London 1952.
  • Individuals: An Essay in Descriptive Metaphysics. Methuen, London 1959
    • Einzelding und logisches Subjekt. Ein Beitrag zur deskriptiven Metaphysik. Übers. v. Freimut Scholz. Reclam, Stuttgart 1972, ISBN 3-15-009410-0
  • The Bounds of Sense: An Essay on Kant’s Critique of Pure Reason. Methuen, London 1966
    • Die Grenzen des Sinns. Ein Kommentar zu Kants „Kritik der reinen Vernunft“. Übers. v. Ernst Michael Lange. Hain, Königstein 1981, ISBN 3-445-12025-0; ebd. 1992, ISBN 3-445-07018-0
  • Logico-Linguistic Papers. Methuen, London 1971
    • Logik und Linguistik. Aufsätze zur Sprachphilosophie. List, München 1974, ISBN 3-471-61429-X
  • Freedom and Resentment and other Essays. Methuen, London 1974
  • Subject and Predicate in Logic and Grammar. Methuen, London 1974
  • Skepticism and Naturalism: Some Varieties. Columbia University Press, New York 1985; Routledge, 2008 (mit Vorwort von Quassim Cassam; DOC; 67 kB)
  • Analysis and Metaphysics: An Introduction to Philosophy. Oxford University Press, Oxford 1992
    • Analyse und Metaphysik. Eine Einführung in die Philosophie. Übers. v. Charlotte Hochkeppel. dtv, München 1994, ISBN 3-423-04615-5
  • Entity and Identity. Oxford University Press, Oxford 1997.

Artikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. Strawson: Individuals. London/New York 1959, S. 9.
  2. Detailliert Winfried Löffler: Über deskriptive und revisionäre Metaphysik. In: Matthias Lutz-Bachmann & Thomas M. Schmidt (Hrsg.): Metaphysik heute – Probleme und Perspektiven der Ontologie. Alber, Freiburg 2007, S. 114–131.
  3. Vgl. Winfried Löffler: Über deskriptive und revisionäre Metaphysik. In: Matthias Lutz-Bachmann & Thomas M. Schmidt (Hrsg.): Metaphysik heute – Probleme und Perspektiven der Ontologie. Alber, Freiburg 2007, S. 114 (116)
  4. Winfried Löffler: Über deskriptive und revisionäre Metaphysik. In: Matthias Lutz-Bachmann & Thomas M. Schmidt (Hrsg.): Metaphysik heute – Probleme und Perspektiven der Ontologie. Alber, Freiburg 2007, S. 114