Petrarkismus

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Der Petrarkismus ist eine den mittelalterlichen Minnesang ablösende neue Stilform, die weit in die Neuzeit hinein fortlebte und z. B. William Shakespeare stark beeinflusste.

Als Begründer des Stils gilt Francesco Petrarca (1304–1374), den August Buck als „Vater des europäischen Humanismus“[1] bezeichnete. Der italienische Dichter und Humanist übte mit seiner Liebeslyrik, besonders dem Petrarca-Sonett, einen großen Einfluss auf die europäische Dichtung aus. Ausschlaggebend für seine Liebeslyrik war die Liebe zu einer gewissen Laura, an die er seine Werke richtete.

Die Grundzüge der erotischen Situation werden aus dem Minnesang übernommen. Der Mann ist der klagende und wehleidige Sklave, der grausame Liebesqualen erleidet, sein Herz wird von der Liebesglut verzehrt. Während der Mann nur ein lebendiger Toter oder Weichling ist, ist die Frau, zu der der Mann sich hingezogen fühlt, ihm gegenüber kalt und grausam und beachtet ihn nicht.

Im Barock wurde der Petrarkismus gelegentlich vice versa angewandt. Der sogenannte geistliche Petrarkismus umschreibt im Gegensatz zum weltlichen das Wehleiden und Klagen aus der Perspektive der Frau.

Typische Frauenbeschreibungen sind: Das Herz ist wie Diamant, die Wangen sind wie Rosen, ihr Haar ist Gold und ihre Brüste sind wie Marmorbälle.

Kritisiert wurde der Petrarkismus häufig aufgrund seiner Unnatürlichkeit, die durch den gleichbleibenden Ablauf der Liebesgeschichte in den von dieser Stilform betroffenen lyrischen Werken verstärkt wird.

Geprägt wurde er durch eine feste Schematik, stereotype Formulierungen, Antithetik und Metaphorik.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Klaus W. Hempfer: „Die Pluralisierung des erotischen Diskurses in der europäischen Lyrik des 16. und 17. Jahrhunderts (Ariost, Ronsard, Shakespeare, Opitz)“. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift 38 (1988), S. 251–264.
  • Klaus W. Hempfer, Gerhard Regn (Hrsg.): Der petrarkistische Diskurs. Spielräume und Grenzen. Stuttgart 1993.
  • Thomas Borgstedt: „Petrarkismus“. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Bd. 3: P-Z, Hg. von Jan-Dirk Müller. Berlin, New York 2003, S. 59–62.
  • Gerhard Regn: „Petrarkismus“. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Hg. von Gert Ueding. Bd. 6, Tübingen 2003, S. 911–921.
  • Ulrike Schneider: Der weibliche Petrarkismus im Cinquecento: Transformationen des lyrischen Diskurses bei Vittoria Colonna und Gaspara Stampa, Stuttgart 2007.
  • Stephan Leopold: Die Erotik der Petrarkisten. Poetik, Körperlichkeit und Subjektivität in romanischer Lyrik Früher Neuzeit. München: Wilhelm Fink, 2009. ISBN 978-3-7705-4901-6.
  • Thomas Borgstedt: „Topik des deutschen Petrarkismus“. In: Th. Borgstedt: Topik des Sonetts. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte. Tübingen 2009, S. 269–362.
  • Der Petrarkismus – ein europäischer Gründungsmythos. Sammelband. Göttingen 2011. ISBN 978-3-89971-842-3.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. August Buck: Die Medizin im Verständnis des Renaissancehumanismus. In: Deutsche Forschungsgemeinschaft: Humanismus und Medizin. Hrsg. von Rudolf Schmitz und Gundolf Keil, Acta humaniora der Verlag Chemie GmbH, Weinheim 1984 (= Mitteilung der Kommission für Humanismusforschung. Band 11), ISBN 3-527-17011-1, S. 181–198, hier: S. 181.