Polymyalgia rheumatica

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Klassifikation nach ICD-10
M35.3 Polymyalgia rheumatica
M31.5 Riesenzellarteriitis bei Polymyalgia rheumatica
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Polymyalgia rheumatica (gr./lat. rheumatischer Vielmuskelschmerz, ugs. Polymyalgie) ist eine zu den Vaskulitiden (Gefäßentzündungen) gehörende Erkrankung mit akuten Schmerzen der Schulter- und Beckengürtelmuskulatur. Sie betrifft überwiegend ältere Menschen. Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt, wahrscheinlich handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Die Entzündung läuft bei der Polymyalgie als Riesenzellarteriitis im Aortenbogen bzw. in den proximalen Extremitätenarterien (körperstammnahe Abschnitte der Arm- und Beinschlagadern) ab. In 40–50 % der Fälle tritt die Polymyalgie zusammen mit einer Riesenzellarteriitis auf.

Epidemiologie

Die Polymyalgia rheumatica ist eine typische Erkrankung des älteren Menschen, meist tritt sie bei Über-60-Jährigen auf. Frauen sind etwas häufiger betroffen. In etwa der Hälfte der Fälle ist sie mit der Riesenzellarteriitis vergesellschaftet.

Symptomatik und Diagnose

Kardinalsymptom ist der akut einsetzende, erhebliche morgendliche Muskelschmerz im Schulter- und/oder Beckengürtelbereich. Dieser Schmerz ist in der Regel seitensymmetrisch. Es tritt eine zum Teil schmerzhafte Steifigkeit der Muskulatur auf, die bis zur Bewegungsunfähigkeit führen kann. Meist besteht zudem ein allgemeines Krankheitsgefühl, wie bei einem grippalen Infekt.

Paraklinisch sind starke Entzündungszeichen (vermehrte Akute-Phase-Proteine, erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit) und bisweilen eine Anämie nachweisbar. Rheumafaktoren sind immer negativ. Auch die Elektromyographie ist unauffällig. Wegweisend ist die Biopsie der Arteria temporalis, die mit dem Befund einer ausgeprägten lockeren Fibrose der Tunica intima die Riesenzellarteriitis beweisen kann. Ein Normalbefund schließt eine Polymyalgia rheumatica jedoch nicht aus. In der Muskelbiopsie kann bei diagnostischer Unsicherheit das Vorliegen einer Polymyositis, einer Dermatomyositis oder einer Einschlusskörper-Myositis ausgeschlossen werden.

Diagnosekriterien

4 von 7 Kriterien müssen erfüllt sein (nach Bird u. a., 1979):

  • beidseitige Schulterschmerzen und/oder Steifigkeit (alternativ Schmerzen im Bereich: Nacken, Oberarme, Gesäß, Oberschenkel)
  • akuter Erkrankungsbeginn (innerhalb von 2 Wochen)
  • Alter > 65 J. (in Ausnahmefällen auch früher)
  • initiale Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit von > 40 mm/1.h
  • morgendliche Steifigkeit > 1 Stunde
  • Depression und/oder Gewichtsverlust
  • beidseitiger Oberarmdruckschmerz

Ein entscheidendes diagnostisches Zeichen ist, dass bei der Behandlung mit einer höheren Dosis von Cortison die Beschwerden fast schlagartig, also meist schon am nächsten Tag verschwinden.

Therapie

Bei Gabe von Glukokortikoiden (100 mg/Tag) kommt es nach wenigen Tagen zur Beschwerdebesserung. Wenn nicht gleichzeitig ein Befall der Arteria temporalis vorliegt, kann mit geringeren Initialdosen (30 mg/Tag) behandelt werden. Die Dosis wird nur bei Beschwerdefreiheit gesenkt. Zur Verhinderung von Rezidiven ist eine Erhaltungstherapie über die Dauer von mindestens einem Jahr nötig. Eine Reduktion der Dosis bis auf 2,5 mg/Tag ist manchmal möglich. Angestrebt wird die Absenkung auf eine möglichst niedrige Erhaltungsdosis. Die Therapiedauer beträgt etwa 18-24 Monate.

Wenn die alleinige Behandlung mit Kortikoiden keine zufriedenstellenden Ergebnisse bringt, kann zusätzlich Methotrexat gegeben werden. Aber auch hier rechtfertigt die Studienlage keine Standardbehandlung, ebenso ist Azathioprin nicht abgesichert.[1]

Therapieziel

  • Beschwerdefreiheit
  • Senkung < 20 mm n.W. (1-Stundenwert)
  • CRP < 1 mg/dl

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. T. A. Kermani: Polymyalgia rheumatica. In: Lancet. 381, 2013, S. 63.

Literatur

Weblinks