Polyneuritis

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Polyneuritis (Plural: Polyneuritiden) ist in der Medizin ein Sammelbegriff für entzündlich verursachte Erkrankungen mehrerer Nerven mit anatomisch nachweisbaren Veränderungen des Nervengewebes. Sie werden meist durch Infektionen mit Viren verursacht. Seltener sind sie bakteriell-infektiös, toxisch-allergisch oder immunologisch bedingt. Auch Thalidomid (Contergan) steht im Verdacht, ursächlich für diese Nervenschädigung zu sein. Es handelt sich dabei gemäß Hattingberg[1] um einen Symptomenkomplex, der in Reiz- und Lähmungserscheinungen sensibler und motorischer peripherer Nervenabschnitte besteht.

Bekanntere Beispiele für Polyneuritiden sind die idiopathische Polyradikuloneuropathie (Guillain-Barré-Syndrom), eine oft lebensbedrohlich verlaufende Polyneuritis,[2] und die Gürtelrose (Herpes Zoster durch Varizella-Zoster-Virus), wenn diese mehrere Nerven betrifft.

1913 beschrieb der deutsche Arzt Carl von Noorden eine „enterogene“ Polyneuritis.[3]

Bei den infektiösen Polyneuritiden kommen als Erreger unter den Viren neben dem Varizella-Zoster-Virus (VZV) das Epstein-Barr-Virus (EBV), das Cytomegalievirus (CMV), das HI-Virus (HIV) und das Herpes-simplex-Virus 2 (HSV-2) in Frage, unter den Bakterien[4] das Mycobacterium leprae, das Corynebacterium diphtheriae, Brucellen, Mykoplasmen und andere Erreger.

Toxische Formen können durch Gifte wie Arsen, Thallium, Blei und Alkohol verursacht sein.[5]

Auch ein Vitamin-B1-Mangel kann zu einer Polyneuritis führen (z. B. durch Hemmung der Pyruvatdecarboxylase).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Immo von Hattingberg: Polyneuritiden (polyneuritis, polynévrite). In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1326–1330.
  2. Vgl. auch Immo von Hattingberg: Polyneuritiden (polyneuritis, polynévrite). 1961, S. 1327 f.: Seröse Polyneuritis (P. Guillain-Barré) (radiculo neuritis, polyradiculonévrite) und Landrysche Paralyse.
  3. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 59.
  4. Immo von Hattingberg: Polyneuritiden (polyneuritis, polynévrite). 1961, S. 1328 (Bakteriotoxische Polyneuritiden).
  5. Immo von Hattingberg: Polyneuritiden (polyneuritis, polynévrite). 1961, S. 1329 f.