Posseltslust

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Posseltslust und Kohlhofwiese (Aufn. Februar 2019)

Die Posseltslust ist ein von dem Heidelberger Pharmazeuten Louis Posselt (1817–1880) testamentarisch an die Stadt Heidelberg gestiftetes Lusthaus, das unweit des Kohlhofs liegt. Das 1881 errichtete Gebäude besteht aus einer dreibogigen Arkadenhalle mit steinernem Tisch, einer Terrasse und einem 15 Meter hohen Turm mit Aussichtsplattform. Alle drei Ebenen sind über eine Wendeltreppe miteinander verbunden. Das historische Anwesen besaß ursprünglich einen Parkanlage mit Teich und Grotte. Mehrere angepflanzte Sequoias und ein Kleindenkmal (Hubertusfels) erinnern noch daran. Treppe und Turm sind am Wochenende aus Sicherheitsgründen gesperrt.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das burgartige Gebäude am Drei-Eichen-Weg befindet sich gegenüber der bekannten Kohlhofwiese. Zur Posseltslust verkehrt die VRN Buslinie 39 tagsüber stündlich. Die Bushaltestelle befindet sich unmittelbar am Zugang bzw. am Parkplatz vor dem Kulturdenkmal. Das ebene Gelände ist barrierefrei begehbar. Eine vor Ort installierte Schrifttafel der Stadt Heidelberg informiert den Besucher über die Historie. Koordinaten: 49° 23′ 6″ N, 8° 43′ 58,4″ O

Historie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der am 22. November 1817 geborene Louis Posselt entstammte einer alteingesessenen, gut situierten Heidelberger Familie. Louis Posselt begann 1838 sein Studium in Heidelberg und erwarb am 5. Juni 1839 in Heidelberg sein Apothekerdiplom. Der Pharmazeut engagierte sich 1848 für die Badische Revolution.[1] Nach deren Scheitern floh er nach Mexiko. 1862 kehrte Posselt nach einer allgemeinen Amnestie durch Großherzog Friedrich I. nach Heidelberg zurück.[2] Wie schon sein Vater, Karl Ludwig Posselt (1782–1845), wurde Louis Posselt Mitglied des Stadtrats sowie ordentlicher Professor für Pharmazie an der Universität Heidelberg. Als der Wissenschaftler 1880 starb, verfügte er in seinem Testament, dass mit Geldern seines Nachlasses in der Nähe des Kohlhofs ein Lustschlösschen mit Aussichtsturm errichtet werden sollte. Bereits ein Jahr später setzte die Stadt Heidelberg dieses Ansinnen um. Auf einer vom damaligen Forstamtsleiter Friedrich Obermeyer ausgewählten Fläche erbaute der Stadtbaumeister Gustav Schaber aus regionalem Buntsandstein eine Anlage, die den Ideen von Dr. Posselt entsprach.[3] Das Bauwerk im Stil der Frührenaissance wurde im August 1881 durch den Heidelberger Oberbürgermeister Heinrich August Bilabel feierlich eingeweiht. Ein verschollener Gedenkstein mit nachstehender Inschrift erinnerte einst an die Veranstaltung:[4] Noch immer hofft die Stadt Heidelberg auf Hinweise zum Verbleib der Gedenktafel, die bis vor einigen Jahren noch in der Vorhalle hing:[5]

Dem Stifter dieses Lusthauses
Stadtrat Professor Dr. Louis Posselt
seine dankbare Vaterstadt Heidelberg
21. August 1881

Über ein Jahrhundert war die Anlage ein beliebtes und intensiv genutztes Ausflugsziel inmitten des Heidelberger Stadtwalds. Das frei stehende filigrane Sandsteingebäude auf der sog. Kohlplatte war witterungsbedingt ständig wechselnden Einflüssen ausgesetzt. Frost und Schnee aber auch Starkregen und hohe Sonneneinstrahlung während der Sommermonate sorgten für beschleunigte Erosionsabläufe am Buntsandstein. Kurz vor dem Verfall des Kulturdenkmals unternahm die Stadt Heidelberg 2008/2009 aufwändige Sanierungsarbeiten, die von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz finanziell unterstützt wurden.[6] Für die Sanierung musste der gesamte Algen- und Moosbewuchs am Gebäude mittels Heißdampf entfernt werden. Ein benachbarter Baum war mit seinem Wurzelwerk bis in die Vorhalle eingedrungen und hatte einen Pfeiler verschoben. Nach der Wurzelentfernung musste der Pfeiler neu vermessen und verankert werden.[7] Seit dem 28. Juni 2009 erstrahlt die Posseltslust nun wieder in neuem Glanz.[8]

Die Lokalität im Heidelberger Stadtwald ist inzwischen wieder sehr beliebt. Tagtäglich und zu allen Jahreszeiten wird das Denkmal durch zahlreiche Besucher aufgesucht. Leider sind viele der einstigen Sichtachsen wie in das Neckartal und den Kraichgau im Laufe der Zeit zugewachsen.

Nach Louis Posselt ist auch die Posseltstraße[9] in Heidelberg-Neuenheim benannt.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Louis Posselt (1817–1880), Grabstätte Bergfriedhof Heidelberg (Aufn. 2023)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • H. Derwein: Die Flurnamen von Heidelberg: (Posseltslust) Nr. 706. Veröffentlichungen der Heidelberger Gesellschaft zur Pflege der Heimatkunde. Verlag Universitätsbuchhandlung Carl Winter, Heidelberg 1940.
  • F.-F. Koehnemann: Der Heidelberger Stadtwald – Seine Geschichte vom 17. bis 20. Jahrhundert. Heidelberger Verlagsanstalt, 1987, S. 79.
  • J. Metzger: Chronik der Stadt Heidelberg für das Jahr 1893–1913. Im Auftrag des Stadtrats (Hrsg.), Druck und Verlag J. Hörning, 1913, S. 95 (Posseltslust, erste Sanierungsmaßnahmen: „Neuer Asphaltboden und neue Schrifttafel“).
  • M. Mertens (Hrsg.): Kulturdenkmale in Baden-Württemberg – Stadtkreis Heidelberg. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Band II.5.1). Jan Thorbecke Verlag, 2013, ISBN 978-3-7995-0426-3, S. 175.
  • Adolf v. Oechelhäuser, Franz Xaver Kraus (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler des Grossherzogtums Baden. Bd. 8.2: Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Heidelberg (Kreis Heidelberg). Tübingen 1913.
  • I. Scheurmann (Hrsg.): Bewahren – vermitteln – stiften, Deutsche Stiftung Denkmalschutz 1985–2010, 25 Jahre. Wir bauen auf Kultur. Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-022-0.
  • L. Ruuskanen: Der Heidelberger Bergfriedhof im Wandel der Zeit. Edition Guderjan im Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2008, S. 43.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Rhein-Neckar-Raum und die Revolution von 1848/49. Revolutionäre und ihre Gegenspieler. Hrsg. v. Arbeitskreis der Archive im Rhein-Neckar-Dreieck. Mit Beiträgen von Hans Fenske und Erich Schneider. Verlag Regionalkultur Ubstadt-Weiher, 1998, ISBN 3-929366-64-9.
  2. Gnadenerlass des Großherzogs vom 7. August 1862. In: Großherzoglich Badisches Regierungsblatt Nr. XXXVII. vom 8. August 1862. S. 315. (books.google.de)
  3. F.-F. Koehnemann: Der Heidelberger Stadtwald – Seine Geschichte vom 17. bis 20. Jahrhundert. Heidelberger Verlagsanstalt, 1987, S. 79.
  4. Ludwig Posselt, Heidelberger Geschichtsverein, abgerufen am 31. Dezember 2022.
  5. Rätsel um Posseltslust-Turm. In: Stadtblatt Heidelberg. Amtsanzeiger der Stadt Heidelberg. 16. Jahrgang, Nr. 45, 5. November 2008. (ww2.heidelberg.de, abgerufen am 30. Januar 2023)
  6. G. Sander: Glück für Posselts Lust. In: Monumente. Heft 3, 2013, S. 59.
  7. Claudia Baer-Schneider: Posselts-Lust, Aussichtsturm im Heidelberger Stadtwald. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, Heft 3, 2011, S. 174–175.
  8. Heidelberger Geschichtsverein
  9. Posseltsstraße auf google maps

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Aussichtsturm Posseltslust – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Portal: Heidelberg – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Heidelberg