Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2014

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Standarte des Präsidenten der Ukraine
Poroschenko gewann, bis auf den Wahlkreis 178 Tschuhujiw, den Michajlo Dobkin für sich entschied, in allen Wahlkreisen.[1]
  • Poroschenko
  • Dobkin
  • keine Wahl stattgefunden
  • Die vorgezogene Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2014 fand am 25. Mai 2014 statt. Es handelte sich um eine vorgezogene Wahl, die durch die Revolution im Februar 2014 und der Flucht des De-jure-Präsidenten Wiktor Janukowitsch notwendig wurde.

    Der Wahlkampf um das Präsidentenamt in der Ukraine begann nach dem Bekanntwerden des Wahltermins am 25. Februar 2014. Die Kandidaten mussten sich bis zum 4. April 2014 registrieren.[2]

    Die Wahlbeteiligung der Präsidentschaftswahl lag bei 59,57 %.[3] Petro Poroschenko errang mit 54,70 % Stimmenanteil die absolute Mehrheit[4] und wurde am Abend des 26. Mai 2014 von der Wahlkommission offiziell zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt.[5] Somit war Poroschenko bereits nach dem ersten Wahlgang designierter Präsident der Ukraine, er war der erste Präsident der Ukraine, welcher nicht in einer Stichwahl antreten musste. Gleichzeitig gewann erstmals ein Präsident alle Regionen der Ukraine für sich, also auch im Osten und im Süden.[6]

    Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Infolge der anhaltenden Proteste gegen die Regierung in der Ukraine einigte sich Präsident Wiktor Janukowytsch nach langen Verhandlungen mit den Oppositionsführern Vitali Klitschko, Arsenij Jazenjuk und Oleh Tjahnybok am 21. Februar 2014 unter anderem darauf, nach der Annahme einer neuen Verfassung und nicht später als Dezember 2014 Neuwahlen durchzuführen.[7] Die Einigung stieß jedoch bei der Mehrheit der Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz, die einen sofortigen Rücktritt des Präsidenten forderten, auf Ablehnung. Nachdem im Laufe des 22. Februar zahlreiche weitere Parlamentsabgeordnete die Fraktion von Janukowytschs Partei der Regionen verlassen hatten und Janukowytsch mit unbekanntem Ziel geflohen war[8], beschloss die Werchowna Rada die Absetzung Janukowytschs und den 25. Mai als Wahltermin.[9][10]

    Kandidaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Die Oppositionspolitiker Vitali Klitschko und Julija Tymoschenko gaben jeweils bekannt, für das Amt des Staatsoberhauptes kandidieren zu wollen.[11] Der ehemalige Gouverneur der Oblast Charkiw, Mychajlo Dobkin, der der Partei der Regionen angehört, kündigte am 24. Februar 2014 seine Kandidatur für das Präsidentenamt an.[12] Als Grund für seine Kandidatur nannte er Gesetze, die all diejenigen bedrohten, die sich „dem Faschismus und Nationalismus nicht anschließen wollen“ sowie Aufrufe zur willkürlichen Verfolgung von Menschen, die Ansichten vertreten, die von den Meinungen der neuen Autoritäten abwichen.[13] Dobkin wurde am 10. März verhaftet.[14] Vorgeworfen wird ihm Sezessionismus.[15] Am 11. März wurde Dobkin zu Hausarrest in seiner Kiewer Wohnung verurteilt. Seit einer Zusicherung durch den Unternehmer Rinat Achmetow, dass Dobkin vor Gericht erscheinen werde, darf er seine Wohnung jedoch zwischen 9 Uhr vormittags und 2 Uhr nachts verlassen. Am 28. März wurde Dobkin zum Präsidentschaftskandidaten der Partei der Regionen nominiert.[16][17] Dobkin spricht sich dafür aus, dass die Gouverneure der Regionen demokratisch gewählt und nicht vom Präsidenten bestimmt werden sollen[18]. Zudem setzte er sich zunächst für die Umwandlung der Ukraine in einen Bundesstaat ein,[19] ging davon am 6. April jedoch ab. Als Erklärung nannte er, dass es in der Ukraine keine politische Kultur dafür gebe. Dmytro Jarosch, der Vorsitzende der Gruppe Prawyj Sektor, kündigte am 7. März 2014 ebenfalls seine Kandidatur an.[20]

    Ein weiterer Kandidat wurde Petro Poroschenko.[21] Nach Bekanntgabe von Poroschenkos Kandidatur verzichtete Klitschko am 29. März 2014 auf seine eigene und gab bekannt, Poroschenko zu unterstützen.[22] Als erster Bewerber ließ sich Renat Kusmin am 17. März 2014 als Kandidat registrieren.[2] Insgesamt 23 Kandidaten wurden zur Wahl zugelassen.[23] Natalija Korolewska und Oleh Zarjow erklärten jedoch ihren Verzicht auf eine Teilnahme. Des Weiteren zogen auch die Kandidaten Schkirjak, Symonenko, Klymenko und Zuschko ihre Kandidatur zurück. Da die hierfür geltende Frist bereits verstrichen war, wurde der Verzicht dieser vier Politiker jedoch nicht mehr wirksam.

    Umfragen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Institut Datum Poroschenko Tymoschenko Dobkin Tihipko Tjahnybok Symonenko Sonstige
    Razumkov Centre 28.03. – 02.04.2014 42,3 % 19,1 % 5,2 % 8,8 % 2,3 % 4,6 % 17,7 %
    Advanced Legal Initiatives (?) 31.03.2014 (?) 42,0 % 12,7 % 1,2 % 12,7 % 3,6 % 3,5 % 17,2 %
    Baltic Surveys/Gallup Organization im Auftrag von United States Agency for International Development (USAID) 03.04. – 12.04.2014 29,0 % 13,0 % 5,0 % 6,0 % 3,0 % 4,0 % 41,0 %

    Prognosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Kurz nach Schließung der Wahllokale um 20 Uhr Kiewer Zeit wurden die Ergebnisse dreier Nachwahlbefragungen veröffentlicht. Es zeichnete sich dabei ein Sieg des Kandidaten Petro Poroschenko bereits in der ersten Wahlrunde ab. Poroschenko erklärte sich daraufhin zum Wahlsieger[24] und sprach sich für baldige Parlamentsneuwahlen aus.[25]

    Institut / Auftraggeber Poroschenko Tymoschenko Ljaschko Hryzenko Tihipko Dobkin Rabinowytsch Bohomolez Tjahnybok Symonenko Jarosch
    TNS[26] 57,31 % 12,39 % 8,69 % 6,0 % 4,4 % 2,3 % 2,0 % 1,8 % 1,5 % 1,3 %
    Razumkov Centre u. a. 55,9 % 12,9 % 8,0 % 6,3 % 4,7 % 2,1 % 1,9 % 1,9 % 1,3 % 1,3 % 0,9 %
    Sawik Schuster Studio[27] 55,7 % 12,9 % 8,8 % 6,0 % 4,6 % 2,7 % 2,1 % 2,1 % 1,3 % 1,2 % 1,1 %

    Wahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Ablauf der Wahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    In den Oblasten Donezk und Luhansk wurde in einem Teil der Wahllokale die Abstimmung durch separatistische Kräfte gewaltsam verhindert, möglicherweise auch wegen einer negativen Einstellung zum ukrainischen Staat boykottiert.[28][29] In der Stadt Nowoajdar bei Luhansk kam es zu gewalttätigen Angriffen auf Wahllokale durch Separatisten, bei denen diese die Wahlzettel in ihre Gewalt brachten. In der Folge wurde bei einem Schusswechsel mit ukrainischen Soldaten ein Mensch getötet.[30] Bewohner der von Russland annektierten Halbinsel Krim hatten die Möglichkeit, in anderen Landesteilen an der Wahl teilzunehmen.[31]

    Die Website der Zentralen Wahlkommission wurde manipuliert und das Bild eines Nationalisten eingeschleust, der angeblich die Präsidentenwahl gewonnen habe, der aber tatsächlich weniger als 1 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Die ukrainischen Behörden konnten diese Manipulation rückgängig machen, im russischen Fernsehen wurde die Grafik mit der Falschmeldung, ein Nationalist sei zum Präsidenten der Ukraine gewählt worden, jedoch gezeigt.[32]

    Wahlbeteiligungen nach Rajons

    Wahlbeteiligung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Von 35.500.913 registrierten Wählern haben sich 18.019.456 an der Wahl beteiligt. Dies entspricht einer Wahlbeteiligung von landesweit, unter Nichtberücksichtigung der von Russland annektierten Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol, 59,57 %. Unter Berücksichtigung der Wahlberechtigten der Krim sinkt die Beteiligung auf 50,76 %.[1][3]

    Die höchste Wahlbeteiligung gab es, nach Angabe der Zentralen Wahlkommission der Ukraine, in den im Westen des Landes liegenden Oblasten Lwiw mit 78,1 % und Ternopil mit 76,63 % gefolgt von der Oblast Iwano-Frankiwsk mit 73,95 %. Die niedrigsten Wahlbeteiligungen gab es im Osten der Ukraine in der Krisenregion Donezk mit 15,37 % und Luhansk mit 38,94 %. In der Hauptstadt Kiew lag die Beteiligung an der Wahl bei 62,7 %.[3]

    Ergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Wahlergebnisse für Poroschenko nach Oblast

    Ergebnis nach Auszählung aller abgegebenen Stimmen am 29. Mai 2014.[4]

    Kandidat Ergebnis[4]
    Anteil Stimmen
    Petro Poroschenko 54,70 9.856.911
    Julija Tymoschenko 12,81 2.309.812
    Oleh Ljaschko 8,32 1.500.333
    Anatolij Hryzenko 5,48 989.028
    Serhij Tihipko 5,23 943.451
    Mychajlo Dobkin 3,03 546.138
    Wadym Rabinowytsch 2,25 406.368
    Olha Bohomolez 1,91 345.386
    Petro Symonenko 1,51 272.858
    Oleh Tjahnybok 1,16 210.504
    Dmytro Jarosch 0,70 127.818
    Andrej Hrynenko 0,40 73.277
    sonstige 1,01 192.943
    für ungültig erklärt 1,35

    Poroschenko erhielt am meisten Zustimmung in den Oblasten Lwiw (69,90 %), Winnyzja (67,32 %) und Iwano-Frankiwsk (65,13 %)[33], während Julija Tymoschenko in den Oblasten Tschernihiw (19,51 %), Tscherniwzi (18,84 %) und Wolyn (17,30 %) die höchste Zustimmung durch die Wähler erhielt.[34]

    Vereidigung und Amtseinführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Die Vereidigung und Amtseinführung ist im Kapitel V, Artikel 104 der Ukrainischen Verfassung geregelt.[35]

    Der geschäftsführende Präsident der Ukraine Oleksandr Turtschynow gab am 29. Mai im ukrainischen Parlament bekannt, dass nach Auszählung aller abgegebenen Stimmen Poroschenko endgültig als Wahlsieger feststehe, und ordnete an, alle Vorbereitungen für die Amtseinführung zu treffen.[36] Die Vereidigung sollte nach Anweisung von Turtschynow auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew stattfinden, so die Pressestelle der Präsidialverwaltung. Damit sollten die herausragende Rolle der Euromaidan-Proteste bei den Umwälzungen hervorgehoben und die dort Gefallenen geehrt werden.[37] Seine Amtseinführung fand am 7. Juni 2014 in der Werchowna Rada unter anderem in Anwesenheit des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck statt.[38]

    Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Commons: Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2014 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. a b Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen 2014 auf ukraine-nachrichten.de; abgerufen am 29. Mai 2014
    2. a b First Presidential candidate registered in Ukraine (Memento vom 19. März 2014 im Internet Archive), Kharkov News Agency am 17. März 2014.
    3. a b c Zentrale Wahlkommission der Ukraine – Wahlbeteiligung der Präsidentschaftswahl 2014 (Memento vom 28. Mai 2014 im Internet Archive); abgerufen am 29. Mai 2014 (ukrainisch).
    4. a b c Zentrale Wahlkommission der Ukraine – Abstimmungsergebnisse der Präsidentschaftswahl 2014 (Memento vom 28. Mai 2014 im Internet Archive); abgerufen am 29. Mai 2014 (ukrainisch).
    5. Poroschenko offiziell Sieger der Präsidentenwahl auf merkur-online.de; abgerufen am 27. Mai 2014.
    6. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-67019-0, S. 369
    7. Vereinbarung zur Lösung der Krise in der Ukraine, abgerufen am 3. März 2014 beim Auswärtigen Amt (englisch)
    8. tagesschau.de:Wo ist Janukowytsch ? (Memento vom 26. Februar 2014 im Internet Archive)
    9. tagesschau.de:Parlament setzt Janukowitsch ab (Memento vom 25. Februar 2014 im Internet Archive)
    10. Janukowitsch vom Parlament abgesetzt, Stuttgarter Nachrichten vom 22. Februar 2014
    11. Ukraine sucht nach neuer Ordnung: Klitschko will ukrainischer Präsident werden n-tv.de, 25. Februar 2014
    12. Was kommt nach dem Machtvakuum in der Ukraine?, Die Welt am 24. Februar 2014
    13. Kharkiv region governor decides to run for Ukrainian presidency, Kyiv Post am 24. Februar 2014
    14. Ex-Governor Of Ukraine’s Eastern Kharkiv Region Detained, Webseite Radio Free Europe vom 11. März 2014
    15. Festnahme des Charkiwer Ex-Gouverneurs: Die Ostukraine als Konfliktherd, Neue Zürcher Zeitung am 11. März 2014
    16. Dobkin, despite ties to Yanukovych, says he will carry Party of Regions banner in presidential election, Kyiv Post am 28. März 2014
    17. Ukraine crisis: Viktor Yanukovych party picks 'friend of Putin' in replace him, The Daily Telegraph am 28. März 2014
    18. Dobkin, despite ties to Yanukovych, says he will carry Party of Regions banner in presidential election, Kyiv Post am 28. März 2014
    19. Ukraine: Gefahr der Spaltung, Deutschlandfunk am 24. Februar 2014
    20. Rechtsextremist Jarosch will Präsident werden, Der Standard vom 7. März 2014
    21. Am Maidan in Kiew: Kurz: "Meine Ukraine-Mission" (Memento vom 11. März 2014 im Webarchiv archive.today), auf österreich.at am 10. März 2014
    22. Präsidentenwahl in der Ukraine: Vitali Klitschko verzichtet auf Kandidatur. Tagesspiegel, 29. März 2014.
    23. Кандидати на пост Президента України. Liste der zugelassenen Kandidatinnen und Kandidaten auf der Website der staatlichen Wahlkommission, abgerufen am 16. April 2014 (ukrainisch)
    24. LB.ua: Порошенко: выборы завершились в один тур, и страна имеет нового Президента
    25. LB.ua: Порошенко: парламентские выборы должны пройти в этом году
    26. LB.ua: Экзит-полл TNS: Порошенко 57,31%, Тимошенко – 12,39%
    27. LB.ua: Экзит-полл "Савик Шустер Студии": Порошенко – 55,7%, Тимошенко – 12,9%
    28. Reinhard Veser: Ostwärts wandernde politische Grenzen - Poroschenko siegt in ganzer Ukraine. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. vom 27. Mai 2014, S. 7.
    29. LB.ua: В Донецкой области голосуют уже в 9 из 22 округов, В Луганской области выборы проходят в двух округах из 12
    30. LB.ua: В Новоайдаре при нападении террористов на участок погиб один человек
    31. LB.ua: Крымские татары голосуют в Херсонской области
    32. Timothy Snyder: Der Weg in die Unfreiheit. Russland, Europa, Amerika. C. H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-72501-2, S. 203 (englisch: The Road to Unfreedom. Russia, Europe, America. New York 2018.).
    33. Zentrale Wahlkommission der Ukraine – Stimmenanteil für Poroschenko in den Oblasten (Memento vom 28. Mai 2014 im Internet Archive); abgerufen am 27. Mai 2014 (ukrainisch)
    34. Zentrale Wahlkommission der Ukraine – Stimmenanteil für Tymoschenko in den Oblasten (Memento vom 28. Mai 2014 im Internet Archive); abgerufen am 27. Mai 2014 (ukrainisch)
    35. Offizielle Webseite des Präsidenten der Ukraine – Die Verfassung der Ukraine, Kapitel 5 (Memento vom 3. Juni 2014 im Internet Archive), abgerufen am 18. Mai 2014 (ukrainisch).
    36. Poroschenko strebt Sicherheitspakt mit der EU und den USA an auf zeit.online; abgerufen am 29. Mai 2014.
    37. Poroschenko vereidigt auf dem Maidan auf nrcu.gov.ua (Memento vom 31. Mai 2014 im Internet Archive); abgerufen am 30. Mai 2014.
    38. Petro Poroschenko als neuer Präsident vereidigt auf Zeit online.de; abgerufen am 7. Juni 2014.