Prager Jesulein

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Das Prager Jesulein

Das Prager Jesulein (Tschechisch: Pražské Jezulátko), auch Prager Jesuskind genannt, ist weltweit eines der bekanntesten wundertätigen Gnadenbilder Jesu. Es befindet sich in der Kirche Maria vom Siege (Kostel Panny Marie Vítězné) im Karmelitenkloster in Prag. Die Statue ist eine 47 cm große Wachsfigur aus der Renaissance und stellt das Jesuskind im Alter von etwa drei Jahren dar. Sie ist das Werk eines unbekannten Künstlers aus dem 16. Jahrhundert. Die Holzstatue ist mit einer farbigen Wachsschicht überzogen. Das Jesulein segnet mit der rechten Hand, in der linken hält es den Reichsapfel mit einem Kreuz, das Symbol der Weltherrschaft. Sein Gesichtsausdruck und die lockigen Haare weisen auf die spanische Herkunft hin.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Seitenaltar mit dem Prager Jesulein

Der Überlieferung nach soll die Statue bereits im 12. Jahrhundert in einem Kloster zwischen Sevilla und Córdoba von einem Mönch geschnitzt worden sein. Es wurde sogar als Eigentum der hl. Teresa von Ávila angesehen. Diese Thesen sind allerdings zweifelhaft, wahrscheinlich wurde die Statue erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Spanien angefertigt. Ursprünglich befand sich die Statue im Besitz der spanischen Adelsfamilie Manrique de Lara. Als im Jahre 1555 Maria Manrique de Lara den Oberstkanzler von Böhmen, Vratislav von Pernstein heiratete, erhielt sie von ihrer Familie die Statue als Hochzeitsgeschenk und die Statue gelangte so nach Böhmen.[1] Nachdem mit ihrem Enkel Vratislav Eusebius von Pernstein das Geschlecht der Herren von Pernstein 1631 im Mannesstamm erlosch, übergab dessen Tante Polyxena von Lobkowicz die bis dahin als Familienschatz gehütete Statue dem Kloster der Karmeliten auf der Prager Kleinseite.[2] Schon bald darauf wurden zahlreiche Wundertaten des Jesuleins festgehalten, unter anderem viele Heilungen. Seitdem wird es in einem silbernen Schrein auf dem rechten Seitenaltar der Kirche Maria vom Siege aufbewahrt und als wundertätig verehrt.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Kloster durch die Sachsen geplündert und der Figur des Jesuleins wurden die Händchen abgeschlagen. 1637 veranlasste der Karmeliterpater Nikolaus Schockwillerg (mit Ordensnamen: Cyrill) die Reparatur und sorgte dafür, dass die Figur wieder aufgestellt wurde. In den folgenden Jahren wurden dem Prager Jesulein wundersame Wirkungen nachgesagt; im Jahre 1655 wurde es durch den damaligen Prager Weihbischof Giuseppe Corti feierlich gekrönt. Die Wiederkehr dieses Krönungsfestes wird alljährlich am ersten Sonntag im Mai gefeiert. Jedes Jahr kommen rund eine Million Pilger zum Gnadenbild des Prager Jesuleins.

Gewänder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Prager Jesulein im grünen Gewand

Es ist ein altes Brauchtum, dem Prager Jesulein als Votivgabe Gewänder zu schenken und es einzukleiden. Gegenwärtig hat das Gnadenbild etwa 100 verschiedene Gewänder aus aller Welt. Das älteste Kleid, ein Geschenk des Königs Ferdinand III., stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und ist mit Rauschgoldstickerei ausgeschmückt. Als das wertvollste gilt ein mit Diamanten, Perlen und Granaten besetztes Kleid; es gehört zu rund zwanzig Ausstattungsstücken, welche die böhmische Königin und österreichische Erzherzogin Maria Theresia eigenhändig bestickt haben soll. Das Gewand des Gnadenbildes wird je nach der Zeit im Kirchenjahr oder der Art eines Festes gewechselt.

Krone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ebenfalls zur Ausstattung des Prager Jesuleins gehören einige goldene Kronen. Die erste Krone ließ 1654 der Oberstburggraf von Böhmen Bernhard Ignatz Borzita von Martinic anfertigen. Weitere stammen aus dem 18. Jahrhundert; sie wurden in Prager Goldschmiedewerkstätten gefertigt. Die jüngste Krone stammt von Papst Benedikt XVI., der das Gnadenbild bei seinem Besuch am 26. September 2009 damit ehrte. Im Rokoko wurde dem Jesulein zusätzlich noch eine Perücke aufgesetzt.

Gebet des Cyrill[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Karmelit Cyrillus a Matre Dei gilt als einer der ersten Verehrer des gnadenreichen Prager Jesuskindes. Von ihm stammt das folgende berühmte Gebet:

„Liebes Prager Jesulein, o segne uns, die Kinder dein!

O Jesus, zu Dir fliehe ich, Durch Deine Mutter bitt’ ich Dich, Aus dieser Not woll’st retten mich, Denn wahrhaft glaube ich an Dich, Daß du, o Gott, kannst schützen mich.

Vertrauend hoffe ich auf Dich, Daß Deine Gnad’ werd’ finden ich. Aus ganzem Herzen lieb ich Dich, Drum meine Sünden reuen mich, Von denen, flehend bitt’ ich Dich, O Jesus, woll’st befreien mich.

Mein Vorsatz ist, zu bessern mich Und nicht mehr zu betrüben Dich. Darum Dir ganz ergeb’ ich mich, Zu leiden mit Geduld für dich Und Dir zu dienen ewiglich. Den Nächsten aber, gleich wie mich, Will wegen Deiner lieben ich.

O Jesulein, ich bitte dich, Aus dieser Not woll’st retten mich, Dass einstens kann genießen ich Mit Josef und Maria dich Und allen Engeln ewiglich. Amen.“

Zur Verehrung des Prager Jesuskindes wurden sehr viele Gebete, Lieder und Gedichte verfasst. Sogar der französische Symbolist Paul Claudel widmete dem Gnadenreichen Jesulein ein Gedicht.

Nachbildungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es existieren zahlreiche Nachbildungen des Prager Jesuleins, unter anderem

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jochen Ansel, Anke Lorenz, Gabriele Schrade: „Dem Allerschönsten und Liebsten aus allen verehret“. Das „Prager Jesulein“ aus der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt in Kirchheim am Ries. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 43. Jg. 2014, Heft 1 (PDF) S. 26–32
  • Josef Forbelský, Jan Royt, Mojmir Horyna: Das Prager Jesuskind. Aventinum, Praha 1992, ISBN 80-85277-54-9
  • Nina Gockerell: Wallfahrten zum Jesuskind. Das Prager Jesulein. In: Seelenkind. Verehrt, verwöhnt, verklärt. Hrsg. vom Kuratorium des Diözesanmuseums Freising (Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung vom 25. November 2012 bis 10. Februar 2013), Diözesanmuseum Freising 2012, S. 116–118, ISBN 978-3-930618-03-3
  • Jan Royt: Das Prager Jesuskind in Sancta Maria de Victoria. Schnell & Steiner, Regensburg 1995, ISBN 3-7954-5923-0 (= Schnell Kunstführer Nr. 2173).
  • Duncan J. D. Smith: Nur in Prag: Ein Reiseführer zu sonderbaren Orten, geheimen Plätzen und versteckten Sehenswürdigkeiten. 2. Auflage. Brandstätter, Wien 2012, ISBN 978-3-85033-135-7, S. 29 ff.
  • Wolfgang Huber (Hrsg.): Kirche – Kloster – Kaiserin. Maria Theresia und das sakrale Österreich, Klosterneuburg 2017, Kat. Nr. S 28a, S. 117–118.
  • Ferdinand Steinhardt: Das Gnadenreiche Prager Jesulein, das Heilige Römische Reich und unsere Zeit. Mediatrix, St. Andrä 1988.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Prager Jesulein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kurt Augustinus Huber: Iberische Kulteinflüsse im Barock der böhmischen Länder. In: Ders.: Katholische Kirche und Kultur in Böhmen. Ausgewählte Abhandlungen. Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-6687-4, S. 387–414, hier S. 398.
  2. Petr Vorel: Páni z Pernštejna. Vzestup a pád rodu zubří hlavy v dějinách Čech a Moravy. ISBN 80-86182-24-X, S. 265.
  3. Das Prager Jesulein ist zurück. In: Ipf- und Jagst-Zeitung.
  4. https://www.infantjesusocdnigeria.org/

Koordinaten: 50° 5′ 8,6″ N, 14° 24′ 12″ O