Pyrazolone

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Als Pyrazolone werden in der Chemie die Vertreter einer Stoffgruppe von organischen Verbindungen bezeichnet, die zu den Heterocyclen zählt. Sie leiten sich von einem über eine zusätzliche Ketogruppe verfügenden Pyrazol ab.

Die beiden Basisverbindungen, 3H-Pyrazol-3-on und 4H-Pyrazol-3-on, haben praktisch keine Bedeutung.

Im erweiterten Sinne werden auch die Dihydropyrazolone zu den Pyrazolonen gezählt, deren Derivate vielfältige Einsatzmöglichkeiten finden.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Synthese eines Pyrazolons gelang Ludwig Knorr 1883 erstmals. Er setzte dabei zunächst Phenylhydrazin mit Acetessigester um und beschrieb als Produkt ein Hydrazon. Dieses konnte er durch eine Kondensation weiter umsetzen und beschrieb ein Produkt mit der Summenformel C10H10N2O. Die Strukturdiskussion verschob er dabei auf Grund fehlendem weiteren experimentellen Material.[1]

Kondensation von Phenylhydrazin und Acetessigester
Kondensation von Phenylhydrazin und Acetessigester

Die Strukturdiskussion des noch unbekannten Kondensationsproduktes führte Knorr 1884. Dabei formulierte er ein alternatives Reaktionsprodukt für die Umsetzung von Phenylhydrazin und Acetessigester.

Ein fälschlich angenommenes Produkt bei der Kondensation von Phenylhydrazin und Acetessigester
fälschlich angenommenes Intermediat

Dieses Zwischenprodukt sollte durch das Abspalten eines Moleküls Ethanol zu einem Oxymethylchinizin weiter reagieren.

Struktur des von Knorr angenommenen Oxymethylchinizin
Oxymethylchinizin

Dabei erkannte er korrekterweise, dass das Produkt ein am Stickstoff gebundenes Wasserstoff enthält, weshalb er eine Reaktion am Aromaten annahm.[2] Die Erkenntnis, dass diese Annahmen falsch waren, folgten 1887 und Knorr beschrieb die Struktur des Produkts als (1)-Phenyl-(3)-methyl-(5)-pyrazolon.[3] Nach anschließender Methylierung des Zwischenprodukts erhielt Knorr das Phenazon,[3] wobei dieses bereits seit 1883 patentiert war.[4]

Methylierung eines Pyrazolons zum Antipyrine
Methylierung des (1)-Phenyl-(3)-methyl-(5)-pyrazolon zum Phenazon

Synthese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Synthetisch zugänglich sind viele Pyrazolone durch Kondensation von Hydrazinen und β-Ketocarbonylverbindungen.[5]

Dihydropyrazolone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Dihydropyrazolone leiten sich von den Pyrazolonen formal durch Hydrierung einer Doppelbindung ab. Auch hier kommt den unsubstituierten Stammverbindungen keine praktische Bedeutung zu.

Die Dihydropyrazolone unterliegen der Lactam-Lactim-Tautomerie und können daher auch als Pyrazolole aufgefasst werden.

Lactam-Lactim-Tautomerie der Dihydropyrazolone

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pigment Gelb 10
Pigment Gelb 10, ein Dihydropyrazolon-Derivat
von 2,4-Dichloranilin, wird in den USA
für Straßenmarkierungen genutzt.

Dihydropyrazolon-Derivate, insbesondere Phenazon-Derivate wie Propyphenazon oder Metamizol, wirken als Analgetika, Antiphlogistika und Antipyretika und bilden die Wirkstoffgruppe der Pyrazolon-Nichtopioid-Analgetika.

Einige Dihydropyrazolone werden als Pigmente (Pyrazolon-Pigmente wie Pigment Gelb 10) und als Komponenten zur Synthese von Azofarbstoffen (wie beispielsweise Tartrazin, Flavazin L) verwendet.

Phenidon (1-Phenyl-3-pyrazolidinon) wurde als Entwicklerflüssigkeit in der Schwarzweißfotografie eingesetzt.[6]

Reaktion von Phenidon als Photoentwickler
Reaktion von Phenidon als Photoentwickler

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eintrag zu Pyrazolone. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. August 2016.
  • Pyrazolone. In: Lexikon der Chemie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998 (spektrum.de [abgerufen am 20. August 2016]).
  • Walter Krohs, Otto Hensel: Pyrazolone und Dioxopyrazolidine. In: Arzneimittel-Forschung. Beiheft 11. Editio Cantor, Aulendorf i. Württ. 1961, OCLC 14594801, PMID 14035918.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Pyrazolone – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ludwig Knorr: Einwirkung von Acetessigester auf Phenylhydrazin. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 16, Nr. 2, 1883, S. 2597–2599, doi:10.1002/cber.188301602194.
  2. L. Knorr: Einwirkung von Acetessigester auf Hydrazinchinizinderivate. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 17, Nr. 1, 1884, S. 546–552, doi:10.1002/cber.188401701152.
  3. a b Ludwig Knorr: Synthetische Versuche mit dem Acetessigester. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie. Band 238, Nr. 1–2, 1887, S. 137–219, doi:10.1002/jlac.18872380107.
  4. Patent DE26429C: Verfahren zur Darstellung von Oxypyrazolen durch Einwirkung von Azetessigestern, ihren Substitutionsprodukten und Homologen auf Hydrazine. Veröffentlicht am 22. Juli 1883, Erfinder: Ludwig Knorr.
  5. Ruedi Ursprung: Synthesen in der Pyrazolonreihe. (PDF; 4,0 MB) Dissertation, ETH Zürich, 1948.
  6. Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. 1. Auflage. Wiley, 2000, ISBN 978-3-527-30385-4, doi:10.1002/14356007.a20_001.