Raimund Böll

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Raimund Böll (* 19. Februar 1947 in Köln; † 1. August 1982 in Bad Liebenzell-Unterlengenhardt) war ein deutscher bildender Künstler und Bildhauer, der vor allem als Metallbildhauer bekannt wurde.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Raimund Böll wuchs in einem linksintellektuell geprägten Elternhaus auf. Er war der zweite von vier Söhnen des späteren Literatur-Nobelpreisträgers Heinrich Böll und seiner Ehefrau und Übersetzerin Annemarie Böll; der erste Sohn Christoph war noch in seinem Geburtsjahr 1945 gestorben.

Im Mai 1961 betätigte er sich, im Alter von 14 Jahren, zusammen mit seinen Eltern als Fluchthelfer; sie holten die tschechische Pianistin Jaroslava Mandlová (auch Mandl) mit dem mit einem Versteck ausgestatteten Pkw von Heinrich Böll aus der ČSSR und ermöglichten ihr so die Flucht. Mandlová war die Ehefrau des tschechisch-deutsch-jüdischen Musikers, Philosophen und Autors Herbert Thomas Mandl, der bereits 1960 aus der ČSSR geflüchtet war und damals als Gast bei Raimunds Eltern lebte sowie als Privatsekretär für seinen Vater arbeitete.[1][2]

Ende der 1960er Jahre begann er- nach einer Lehrzeit an der Kölner Dombauhütte – sein Studium der Bildhauerei und Metallplastik an den Kölner Werkschulen bei den Professoren Kurt Schwippert und Anton Berger und wurde 1973 zum Meisterschüler ernannt. Böll war bekannt für seine materialaufwendigen „Schweißarbeiten“ und groben Metallskulpturen, für seine bewegbaren, brutalistischen Riesenmaschinen als auch für seine filigranen Metallobjekte (die Schule von Prof. Berger). Eine seiner ersten Ausstellungen hatte er 1969 in der Turmgalerie in Villip nahe bei Bonn, wo seine Metallskulpturen und -objekte zusammen mit Bildern der indisch-deutschen Künstlerin Lila Mookerjee, seiner damaligen Freundin und späteren ersten Ehefrau, ausgestellt wurden.[3] Mookerjee studierte Malerei an den Kölner Werkschulen, wechselte dann an die Kunstakademie Düsseldorf und war dort Meisterschülerin von Professor Rupprecht Geiger.

Im Rahmen der Fahndung nach Mitgliedern der „Baader-Meinhof-Gruppe“ wurde Anfang 1974 auch die Kölner Wohnung von Raimund Böll durchsucht, da sein Wehrpass und abgelaufene Pässe seiner Ehefrau bei einem Verdächtigen gefunden worden waren. Die Durchsuchung ergab keine Verdachtsmomente gegen ihn.[4] Gegenüber der Kölner Polizei gaben er und seine Frau an, Anfang 1974 in ihrer Kölner Wohnung die durch Haftbefehl gesuchte Baader-Meinhof-Helferin Margrit Schiller empfangen zu haben.[5]

Von den Zeitungen der Axel-Springer-Gruppe wurde daraufhin versucht, Raimund Böll in die Nähe einer „Baader-Meinhof-Komplizenschaft“ zu rücken und ihn als gewaltbereit darzustellen; so titelte die Bild-Zeitung „Böll junior läßt in Köln Puppen köpfen – Was der Sohn des Nobelpreisträgers unter Kunst versteht“. Zu den „Schöpfungen“ von Bölls Sohn, so Bild, gehöre eine Maschine, die Puppen zertrümmere und von ihm als "Symbol der Aggression" bezeichnet werde.[6][7] Sein Vater, der früher bereits selbst in die Schusslinie der Springer-Blätter geraten war, nahm dies mit zum Anlass, sich gegen solche Art der Berichterstattung mit den Mitteln des Erzählers und Satirikers zur Wehr zu setzen; er veröffentlichte im Juli 1974 seine Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum, in der er die Boulevardpresse scharf kritisierte.[7]

1976 siedelte Raimund Böll in die Schweiz über und heiratete in zweiter Ehe die Schweizerin Heidi Haas-Böll. Ab 1979 betrieb Raimund Böll eine Bildhauerschule in Hochwald im Schweizer Kanton Solothurn, die unter anderem von dem bildenden Künstler Alex Zwalen absolviert wurde[8] und wo der Bildhauer Tobias Mattern sich von 1979 bis 1981 in Steinbildhauerei ausbilden ließ.

Raimund Böll verstarb im Alter von 35 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung.[1]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hinrichtungsmaschine, Bronzeskulptur 1969[3]

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Doppelausstellung zusammen mit Bildern von Lila Mookerjee: Metallskulpturen (u. a. die Bronzeskulptur Hinrichtungsmaschine) in der Turm-Galerie in Villip, 1969[3][9]
  • Einzelausstellungen: Skulpturen, Objekte und Graphiken, Photographien und angewandte Arbeiten[10][11] in:
    • Ortsmuseum Trotte in Arlesheim, Schweiz, 16. Januar 1998 bis 8. Februar 1998
    • Kunst Forum in Bonn, 20. Februar 1998 bis 3. April 1998

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Raimund Böll: Publikumskontakt mit der Boxmaschine. In: Kunstreport 2/3 ’75, S. 36; Hrsg.: Deutscher Künstlerbund e. V., Berlin 1975.
  • Heinrich Böll: Seinen und unseren Freunden zur Erinnerung an Raimund Böll, geb. 19. Februar 1947 Köln, gest. 1. August 1982 Unterlengenhardt. Selbstverl. d. Verf., Hürtgenwald-Grosshau 1982 (Mappe, 8 Seiten). (Die Mappe enthält u. a. mehrere Fotografien von Werken Raimund Bölls und faksimilierte Handschriften von Heinrich Böll sowie eine lose beiliegende Danksagung mit einem farbigen Druck einer Arbeit von Raimund Bölls Bruder René, der damals unter dem Pseudonym René Muta arbeitete)
  • Hans Hermann (Dornach): Nachruf. Das Goetheanum/Nachrichten, 24. Oktober 1982
  • Adam C. Oellers: Raimund Böll (1947–1982): Skulpturen, Objekte und Graphiken, Photographien und angewandte Arbeiten. Kunst Forum, Bonn 1997, Ausstellungskatalog. (Ausstellungen: Ortsmuseum Trotte, Arlesheim, 16. Januar bis 8. Februar 1998 und Kunst Forum, Bonn, 20. Februar bis 3. April 1998)[11]
  • Paul Pfisterer, Claire Pfisterer: Signaturenlexikon. Walter de Gruyter, Berlin 1999, ISBN 3-11-014937-0, S. 70.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Herbert Thomas Mandl, Bericht von Norbert Stirken in der Rheinischen Post vom 21. August 1995, Abschnitt: Familie Böll betätigte sich als Fluchthelfer; auf der Website des Boer Verlags (abgerufen am 15. Februar 2009).
  2. Christiane Grefe: Wo ist Böll? In: Die Zeit. Nr. 32. 2. August 2007
  3. a b c Erste Ausstellung in der Turm-Galerie in Villip auf der Website der Turm-Galerie-Bonn, >>„Aktuelle und alte Fotos“, Foto von Raimund Böll (3. v. l.) mit seiner Bronzeplastik Hinrichtungsmaschine bei der Eröffnung am 26. Juni 1969 (abgerufen am 15. Februar 2009).
  4. Jurist aus Heidelberg unter den Anarchisten (Memento vom 28. Juli 2014 im Internet Archive), Bericht im Hamburger Abendblatt vom 8. Februar 1974.
  5. Böll jr.: Anarchisten nie unterstützt! (Memento vom 28. Juli 2014 im Internet Archive), Bericht im Hamburger Abendblatt vom 9. Februar 1974.
  6. Die Bild-Zeitung bezog sich dabei auf Raimund Bölls Bronzeskulptur Hinrichtungsmaschine.
  7. a b Bölls ZEITUNG-Story: Jetzt bumst's. In: Der Spiegel. Nr. 31, 1974 (online15. Februar 2009).
  8. Alex Zwalen – Curriculum, auf der Website von Alex Zwalen (abgerufen am 15. Februar 2009).
  9. Mit einer Gemeinschaftsausstellung feiert die Turm-Galerie ihr 35jähriges Bestehen, Beitrag von Stephanie Gläser vom Juni 2004, auf der Website des Künstlers Hellmuth Eichner (abgerufen am 15. Februar 2009).
  10. Ausstellungsverzeichnis >>Raimund Böll (abgerufen am 15. Februar 2009).
  11. a b Ausstellungskatalog 1998 >>Einzelausstellungen in Arlesheim und Bonn im Jahr 1998 (abgerufen am 21. April 2013).