Rait (Mineral)

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Rait
Goldfarbene Rait-„Sonnen“ auf dunkelrotbraunem Eudialyt vom Mont Saint-Hilaire, Québec, Kanada (Bildgröße: 3,7 × 2,5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1972-010[1]

IMA-Symbol

Rai[2]

Chemische Formel
  • Na3Mn2+3Ti0.25(Si8O20)(OH)2·10H2O[3]
  • Na3Mn3Ti0,25[OH|Si4O10]2·10H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/F.24-030

9.EE.55
78.05.08.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[5]
Raumgruppe C2/m (Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12[4]
Gitterparameter a = 15,1 Å; b = 17,6 Å; c = 5,29 Å
β = 100,5°[4]
Formeleinheiten Z = 2[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3
Dichte (g/cm3) 2,32 bis 2,39
Spaltbarkeit perfekt nach {100}, {010}, {001}
Farbe goldgelb, rötlichbraun bis rotviolett[6]
Strichfarbe weiß[6] bis gelb[7]
Transparenz durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,540
nβ = 1,542
nγ = 1,550[8]
Doppelbrechung δ = 0,010[8]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 53°[8]
Pleochroismus farblos – gelblich – goldbraun
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten zersetzt sich in verdünnter HCl- oder HNO3-Lösung zu skelettartigen Silikarückständen

Rait ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Na3Mn3Ti0,25[OH|Si4O10]2·10H2O[4] wobei die Ergebnisse der wenigen Analysen leicht differieren. Strukturell gehört Rait zu den Schichtsilikaten.

Rait kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt radialstrahlige Mineral-Aggregate aus nadelförmigen, bis etwa zwei Millimeter langen Kristallen. Das Mineral ist durchscheinend und von goldgelber oder rötlichbrauner bis rotvioletter Farbe mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Die Strichfarbe ist gelbweiß, die Dichte beträgt 2,32 bis 2,39 g/cm3 und die Mohshärte ist 3.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entdeckt wurde Rait zusammen mit Zorit im sogenannten „Jubiläumspegmatit“ (russisch: Юбилейная, auch Yubileinaya, Yubileinoye, Jubilejnaja oder Jubileinaja), einem Alkalipegmatit am Berg Karnassurt im Lowosero-Tundra auf der Halbinsel Kola in der nordwestrussischen Oblast Murmansk. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch A. N. Merkow, I. W. Wussen, Je. A. Goiko, Je. A. Kultschizkaja, Ju. P. Menschikow und A. P. Nedoresowa (russisch: А. Н. Мерьков, И. В. Вуссен, Е. А. Гойко, Е. А. Кульчицкая, Ю. П. Меньшиков и А. П. Недорезова), die das Mineral nach dem Schilfboot „Ra“ zu Ehren der internationalen Gruppe von Wissenschaftlern, die unter der Leitung von Thor Heyerdahl auf der „Ra“ den Atlantik überquerten.

Das Mineralogenteam reichte seine Analyseergebnisse und den gewählten 1972 zur Prüfung bei der International Mineralogical Association ein (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1972-010[3]), die den Rait als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung folgte noch im gleichen Jahr im russischen Fachmagazin Записки Всесоюзного Минералогического Общества [Sapiski Wsessojusnogo Mineralogitscheskogo Obschtschestwa], ebenso wie die Bestätigung der Anerkennung unter dem Titel New Mineral Names englischsprachigen Fachmagazin American Mineralogist.

Typmaterial des Minerals wird im Geologischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften Kola (GIKB) in Apatity unter den Sammlungs-Nr. 3206 und 3271, im Mineralogisches Museum, benannt nach A. J. Fersman (FMM) in Moskau unter der Sammlungs-Nr. 74489 sowie an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg (Sammlungs-Nr. 19047) und im Mineralogischen Museum (Sammlungs-Nr. 1060/1-4) in Sankt Petersburg aufbewahrt.[9][10]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist Rait noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch an dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz orientiert, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/F.24-30. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort der Abteilung „Ketten- und Bandsilikate“, wobei in den Gruppen VIII/F.24 bis VIII/F.26 Minerale mit aus Viererketten [Si4O12]8− bestehenden Strukturen einsortiert sind. Rait bildet hier zusammen mit Balangeroit, Gageit, Leukophan und Magbasit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe (Stand 2018).[6]

Die seit 2001 gültige und von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Rait dagegen in die Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach Struktur der Schichten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Einfache tetraedrische Netze aus 6-gliedrigen Ringen, verbunden über oktaedrische Netze oder Bänder“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.EE.55 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Rait in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort jedoch in die Abteilung „Unklassifizierte Silikatminerale“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 78.05.08 innerhalb der Unterabteilung „Unklassifizierte Silikate: mögliche Schichtsilikate“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rait kristallisiert im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12 mit den Gitterparametern a = 15,1 Å, b = 17,6 Å, c = 5,29 Å und β = 100,5° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Mineral ist unlöslich in Wasser und zersetzt sich in verdünnter Salzsäure und Salpetersäure zu skelettartigen Silicarückständen.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rait (gelb, nadelige Kugeln), Serandit (weiße Prismen) und Aegirin (schwarze Prismen) vom Mont Saint-Hilaire, Québec, Kanada (Bildgröße: 7,0 × 4,6 mm)

An seiner Typlokalität im „Jubiläumspegmatit“ auf der russischen Halbinsel Kola bildete sich Rait an Wänden von Brüchen und Hohlräumen der alkalireichen Pegmatite, die mit Nephelin gefüllt waren. Als Begleitminerale fanden sich Aegirin, Mountainit, Natrolith und das an dieser Stelle ebenfalls erstmals entdeckte Mineral Zorit.

Weltweit sind von dem sehr selten vorkommenden Mineral nur wenige Fundorte dokumentiert. Außer an seiner Typlokalität fand sich das Mineral in Russland bisher nur noch im „Nastrophitovyi“-Pegmatit der Umbozero Mine am ebenfalls zum Lowosero-Tundra-Massiv gehörenden Berg Alluaiw.

Im Steinbruch „Carrière Poudrette“ am Mont Saint-Hilaire in der kanadischen Provinz Québec trat Rait außer mit den bereits genannten Begleitern noch in Paragenese mit Albit, Analcim, Ankylit, Epididymit, Eudialyt, Nenadkevichit, Serandit und Sodalith auf.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind die polymetallische Skarn-Lagerstätte Baiyinnuo nahe Chifeng im Autonomen Gebiet Innere Mongolei der Volksrepublik China, der Steinbruch Demix-Varennes nahe Varennes und Saint-Amable in der kanadischen Provinz Québec, eine Skarn-Lagerstätte nahe der Bergbausiedlung Băița (Bihor) sowie die Grube Paulus bei Ocna de Fier (deutsch Eisenstein) in Rumänien sowie alte Schürfen in der Gemeinde Hodruša-Hámre (auch Hodritsch) in der Mittelslowakei (Stand 2021).[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • А. Н. Мерьков, д. чл. И. В. Вуссен, д. чл. Е. А. Гойко, Е. А. Кульчицкая, д. чл. Ю. П. Меньшиков и А. П. Недорезова: Раит и Зорит – Новые Минералы из Ловозерских Тундр. In: Записки Всесоюзного Минералогического Общества. Band 102, Nr. 1, 1973, S. 54–62 (russisch, rruff.info [PDF; 673 kB; abgerufen am 17. Mai 2021] englische Übersetzung: A. N. Mer'Kov, I. V. Bussen, E. A. Goiko, E. A. Kul'chitskaya, Y. P. Men'shikov, and A. P. Nedorezova: Raite and zorite – new minerals from the Lovozero Tundra. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva.).
  • Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 58, 1973, S. 1111–1115 (englisch, rruff.info [PDF; 572 kB; abgerufen am 17. Mai 2021]).
  • Raite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 75 kB; abgerufen am 17. Mai 2021]).
  • D. Yu. Pushcharovskii, I. V. Pekov, J. Pluth, J. Smith, G. Ferraris, S. A. Vinogradova, A. V. Arakcheeva, S. V. Soboleva, E. I. Semenov: Raite, manganonordite-(Ce), and ferronordite-(Ce) from the Lovozero massif: Crystal structures and mineralogical geochemistry. In: Crystallography Reports. Band 44, 1999, S. 565–574 (englisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 17. Mai 2021]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Raite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2021. (PDF; 3,5 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. August 2023; abgerufen am 15. Mai 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cnmnc.main.jp
  4. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 684 (englisch).
  5. David Barthelmy: Raite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 15. Mai 2021 (englisch).
  6. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. Raite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 75 kB; abgerufen am 15. Mai 2021]).
  8. a b c Raite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. Mai 2021 (englisch).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – R. (PDF 169 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 17. Mai 2021.
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 17. Mai 2021.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  12. Fundortliste für Rait beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 15. Mai 2021.