Raphael Wallfisch

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Raphael Wallfisch (2021)

Raphael Wallfisch (* 15. Juni 1953 in London[1]) ist ein britischer Cellist und Hochschullehrer.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Raphael Wallfisch entstammt einer musikalischen Familie. Er ist der Sohn des Pianisten Peter Wallfisch und der Cellistin und Holocaust-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch, seine Schwester ist die Psychotherapeutin Maya Lasker-Wallfisch.[2][3]

Wallfisch erhielt zunächst Klavier- und Violinunterricht, bevor er im Alter von 8 Jahren zum Cello wechselte.[1] Er studierte bei Amaryllis Fleming und Amadeo Baldovino sowie an der Londoner Royal Academy of Music bei Derek Simpson.[1] 1974 ging er mit einem Stipendium in die USA, wo er seine Studien bei Gregor Piatigorsky in Los Angeles fortsetzte.[1] Im Rahmen privater Kammerkonzerte trat er in dieser Zeit gemeinsam mit Jascha Heifetz auf.[4] Nach dem Gewinn des Internationalen Gaspar-Cassadó-Wettbewerb in Florenz im Jahr 1977[1] entfaltete er seine internationale Karriere.

Als Solist konzertierte er mit Orchestern wie zum Beispiel dem London Symphony Orchestra, London Philharmonic Orchestra, Royal Philharmonic Orchestra, BBC Symphony Orchestra, English Chamber Orchestra, Los Angeles Philharmonic, Indianapolis Symphony Orchestra, Vancouver Symphony Orchestra, Sinfonieorchester der Nationalphilharmonie Warschau, Tschechische Philharmonie, Melbourne Symphony Orchestra, Gewandhausorchester, Konzerthausorchester Berlin, WDR Sinfonieorchester, Hamburger Symphoniker oder dem MDR-Sinfonieorchester. Er gastierte bei Festivals wie dem Aldeburgh Festival, Festival dei Due Mondi Spoleto, Pablo Casals Festival in Prades, Oslo Chamber Music Festival, Schleswig-Holstein Musik Festival, den BBC Proms und dem Edinburgh Festival.[5][6][7]

Mit seinem Vater Peter Wallfisch spielte er ab 1980 zwölf Jahre lang als Kammermusik-Duo.[1] Seit 2009 bildet Wallfisch mit der Geigerin Hagai Shaham und dem Pianisten Arnon Erezzudem das Kammermusik-Trio Shaham Erez Wallfisch.[2] Sein langjähriger Kammermusikpartner ist der Pianist John York.

Neben bekannten Werken des klassischen und romantischen Repertoires hat Wallfisch auch Wiederentdeckungen eingespielt, zum Beispiel Werke von Hindemith, Caplet und Dohnányi und widmete sich intensiv britischen Komponisten wie Gerald Finzi, Frederick Delius, Arnold Bax, Arthur Bliss, Benjamin Britten und Ernest John Moeran. Mit zeitgenössischen Komponisten wie Peter Maxwell Davies, Kenneth Leighton, James MacMillan, Paul Patterson, Robert Simpson, Robert Saxton, Giles Swayne, John Tavener, Adrian Williams und Jonathan Dove arbeitete er eng zusammen und es wurden ihm mehrere Werke gewidmet.[8][9] Außerdem beinhaltet sein Repertoire Werke jüdischer Komponisten, die während der Zeit des Nationalsozialismus in ihrem Schaffen behindert wurden, darunter Karl Weigl, Hans Gál, Mieczyslaw Weinberg, Mario Castelnuovo-Tedesco, Berthold Goldschmidt, Franz Reizenstein, Paul Ben-Haim, Robert Starer und Ernest Bloch.

Wallfisch ist derzeit (Stand 2023) Professor am Londoner Royal College of Music[10] und leitet den Lehrstuhl für Cello und Kammermusik am Trinity Laban Conservatoire of Music and Dance.[8] Zuvor lehrte er als Professor an der Zürcher Hochschule der Künste,[10] an der Hochschule für Musik Mainz, an der Guildhall School of Music and Drama[1] und als Gastdozent am Royal Northern College of Music in Manchester.[11] Meisterkurse gab er zum Beispiel am Royal Conservatoire of Scotland,[12] beim Pablo Casals Festival oder im Rahmen des Piatigorsky International Cello Festival.[7]

Als Jurymitglied wirkte er beim Mstislav-Rostropowitsch-Cellowettbewerb in Paris,[13] bei der Schoenfeld International String Competition in Harbin[14] und beim Internationalen George-Enescu-Wettbewerb in Bukarest.[15]

Instrumente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wallfisch spielt das „Ex-Romberg-Cello“ von Domenico Montagnana aus dem Jahr 1733, ein zeitgenössisches Instrument von Patrick Robin[1] und ein 5-Saiten-Cello von Kai-Thomas Roth.

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wallfisch ist mit der australischen Violinistin Elizabeth Wallfisch,[16] geborene Hunt, verheiratet. Ihre drei Kinder sind der Komponist Benjamin Wallfisch, der Cellist und Sänger Simon Wallfisch und die Liedermacherin Joanna Wallfisch.[3]

Diskografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernest Bloch: Musik für Cello und Piano; mit John York, Klavier (Nimbus; 2016)
  • Hans Gál, Mario Castelnuovo-Tedesco: Cellokonzerte; mit Konzerthausorchester Berlin, Nicholas Milton (CPO/ Deutschlandfunk Kultur; 2017)
  • Rebecca Clarke: Musik für Cello & Piano; mit John York, Klavier (Lyrita; 2016)
  • Bernard van Dieren: ‘Chinese’ Symphony; mit BBC National Orchestra und Chorus of Wales, Rebecca Evans, Catherine Wyn Rogers, Nathan Vale, Morgan Pearse, David Soar, William Boughton (Lyrita; 2016)
  • John Ireland: Musik für Streichorchester, Sonate in G Moll, A Downland Suite, In a May Morning; mit Orchestra of the Swan, David Curtis (Naxos; 2016)
  • Andrzej Panufnik: Complete Symphonic Works. Mit Polish Radio Symphony Orchestra, Konzerthausorchester Berlin, Lukasz Borowicz, Alexander Sitkovetsky, Ewa Kupiec (cpo; 2017)
  • Sergej Prokofieff: Klaviersonaten Volume II, Sonaten Nr. 9 & 10, Sonatinas Nr. . 1 & 2 + Cellosonate; mit Peter Donohoe, Klavier (Somm; 2017)
  • Mieczyslaw Weinberg: Cellokonzert Op. 43 / Fantasie Op. 52 / Concertino Op. 43b. Mit Kristiansand Symphony Orchestra, Lukasz Borowicz (CPO; 2018)
  • Berthold Goldschmidt, Franz Reizenstein: Cellokonzerte. Konzerthausorchester Berlin, Nicholas Milton (CPO/Deutschlandfunk Kultur; 2018)
  • Karl Weigl: Cellokonzert - Cellosonate. M John York und Edward Rushton, Klavier, Konzerthausorchester Berlin, Nicholas Milton (CPO/Deutschlandfunk Kultur; 2019)
  • Ben-Haim, Bloch, Korngold: Cellokonzerte; mit BBC National Orchestra of Wales, Lukasz Borowicz (CPO; 2019)
  • Johannes Brahms: Cellosonaten; mit John York, Klavier (Nimbus; 2019)
  • Johannes Brahms: Cellosonaten Op. 78, Op. 120, arrangiert für Cello; mit John York, Klavier (Nimbus; 2020)
  • Roger Sacheverell Coke: Cellosonaten; mit Simon Callaghan (Lyrita; 2020)
  • Bernhard Romberg: Cellokonzerte 4 & 6 + Rondo capriccioso; mit London Mozart Players (classic production osnabrück; 2021)
  • The Best of Arnold. Mit Carl Raven, English Northern Philharmonia, Ireland National Symphony Orchestra, Northern Chamber Orchestra, Manchester Sinfonia, East Winds, Maggini Quartet, English Piano Trio, Paul Daniel, Andrew Penny, Nicholas Ward, Richard Howarth (Naxos; 2021)
  • Richard Blackford: Niobe Kalon + Blewbury Air; mit Tamsin Waley-Cohen, Adrian Farmer, Albion Quartet, Czech Philharmonic Orchestra, Ben Gernon, Jiri Rozen (Nimbus; 2021)
  • Bohuslav Martinu: 3 Cellosonaten, 7 Arabesken. Mit John York, Klavier (Nimbus; 2021)
  • Edward Elgar: Streichquartett Op. 83 & 12 Cellostücke; mit English String Orchestra, Kenneth Woods (Lyrita; 2022)

Trio Shaham-Erez-Wallfisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dokumentarfilme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2010 zeigte der Sender Arte den Dokumentarfilm Musik in den Adern über die Mitglieder der Musikerfamilie Wallfisch.[17] 2017 war Raphael Wallfisch einer der Porträtierten im Dokumentarfilm Drei Söhne von Birgit Karin-Weber.[18] Bereits 1976 war er im Kurzfilm von Steve Grumette An Afternoon with Piatigorsky als Piatigorskys Schüler zu sehen.[19]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Raphael Wallfisch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Robert Cummings: Raphael Wallfisch. In: Allmusic. Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  2. a b Blackmore International Music Academy: Prof. Raphael Wallfisch Cello Meisterkurs - Berlin. Abgerufen am 13. März 2023 (deutsch).
  3. a b Malte Herwig: Die Musikerfamilie Wallfisch: drei Generationen sprechen über ihre Vergangenheit. In: Süddeutsche Zeitung Magazin. 21. Dezember 2015, abgerufen am 13. März 2023.
  4. Faber & Faber Margaret Campbell: The Great Cellists; ISBN 978-0-571-27800-8; 19. Mai 2011
  5. Stale Wikshaland: Klang, ro og konsentrasjon. 20. August 2000, abgerufen am 13. März 2023 (norwegisch).
  6. BBC: BBC Radio 3 - BBC Proms, 2013, Prom 16. Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  7. a b Piatigorsky International Cello Festival: Raphael Wallfisch. Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  8. a b Trinity Laban Conservatoire of Music & Dance: Raphael Wallfisch. Abgerufen am 14. März 2023 (englisch).
  9. The Arts Desk Webseite Gavin Dixon: 10 Questions for Cellist Raphael Wallfisch; 13. Mai 2019
  10. a b Royal College of Music: Raphael Wallfisch. Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  11. Royal Northern College of Music: RMNC Staff News, Ausgabe 29. Februar 2017. (PDF) Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  12. Royal Conservatoire of Scotland: BMus Strings. Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  13. Concours internationaux de la Ville de Paris: Concours Rostropovich. Abgerufen am 13. März 2023 (französisch).
  14. Schoenfeld International String Competition: Jury 2018. Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  15. George Enescu International Competition 2020: Jury: Cello. Abgerufen am 13. März 2023 (englisch).
  16. Raphael Wallfisch: Konzerte, Artikel, Rezensionen & Termine. In: concerti.de. Abgerufen am 13. März 2023.
  17. Jüdische Allgemeine: Musik in den Adern. 16. August 2010, abgerufen am 14. März 2023.
  18. Filmstarts: Drei Söhne. Abgerufen am 14. März 2023.
  19. An Afternoon with Gregor Piatigorsky. In: YouTube. Abgerufen am 14. März 2023 (englisch).