Geodaten zu dieser Seite vorhanden

Ratsfreischule

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Ratsfreischule zwischen Pleißenburg und Thomaskirche, um 1850

Die Ratsfreischule war die erste städtische, nicht auf private Wohltätigkeit angewiesene, für Kinder mittelloser Eltern schulgeldfreie Volksschule in Leipzig.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ratsfreischule wurde auf Betreiben des Bürgermeisters Carl Wilhelm Müller und des Superintendenten Johann Georg Rosenmüller gegründet und am 16. April 1792 eröffnet, Müller wurde ihr Vorsteher. Als erster Direktor wurde Karl Gottlieb Plato berufen. Die Schule begann mit einer Schülerzahl von 171. Nach Müllers Tod war Justus Heinrich Hansen bis 1807 Vorsteher der Ratsfreischule.[1]

Da die Pleißenburg 1764 aus der Liste der sächsischen Festungen gestrichen worden war, konnten ehemalige Mannschaftsunterkünfte neben der Pleißenburg als Schulgebäude genutzt werden. Die anliegende Gasse erhielt den Namen Schulgasse, ab 1876 Schulstraße und seit 2000 Ratsfreischulstraße.[2]

Es gab zunächst drei Klassen, in denen Mädchen und Jungen von 7 bis 13 Jahren unterrichtet wurden. Neben fest angestellten Lehrern unterrichteten auch Theologiestudenten der Universität. Unter Karl Gottlieb Plato und Johann Christian Dolz, der ab 1800 stellvertretender Direktor war, erlangte die Schule einen sehr guten Ruf. Das wachsende Ansehen der Ratsfreischule in der Stadt veranlasste auch bemittelte Eltern dazu, die Aufnahme ihrer Kinder in die Schule zu beantragen, da sowohl Disziplin als auch Unterricht für weit besser galten als in den privaten Schulen.[3] So hatte zum Beispiel ab 1820 Carl Friedrich Zöllner die Gesangslehrerstelle inne.

Nach dem Tod von Plato war Dolz von 1833 bis 1843 Direktor. Ab 1871 und vermutlich bis zu seinem Tod 1878 war Louis Thomas Direktor der Einrichtung.[4]

Die Ratsfreischule blieb bis 1852 in der Schulgasse. Anschließend hatte sie mehrere Standorte, bis sie in das wachsende Schulsystem der Großstadt und seine Nummerierung einbezogen war.[5]

  • 1792–1852 Schulgasse (heute Ratsfreischulstraße) (→ Karte)
  • 1852–1871 Nordseite des Thomaskirchhofs neben der ehemaligen Superintendentur und der Küsterei der Thomaskirche, danach dort Städtische Fortbildungsschule für Mädchen (→ Karte)
  • 1871–1905 Zöllnerstraße 3 am Rosental (heute Emil-Fuchs-Straße), Vereinigte Rats- u. Wendlersche Freischule (→ Karte)
  • ab 1905 Lessingstraße, Vereinigte Freischule (Annen-Schule), 1865 erbautes, ältestes noch in Betrieb befindliches Schulgebäude Leipzigs, heute Lessing-Grundschule (→ Karte)

Zum einhundertjährigen Bestehen der Ratsfreischule wurde in der Nähe ihres ersten Standorts (Dittrichring/Einmündung Ratsfreischulstraße) ein Denkmal für ihre ersten beiden Direktoren errichtet, das Plato-Dolz-Denkmal.

Private Freischulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits vor der Gründung der Ratsfreischule gab es in Leipzig private Freischulen. Die Hohenthalsche Frey- und Armenschule war 1774 durch Peter Graf von Hohenthal-Königsbrück vor der Hallischen Pforte für 60 Kinder errichtet worden. 1787 gründete der aus Nürnberg stammende Buchhändler Johann Wendler vor dem Grimmaischen Tor an der Ecke Johannisgasse in seinem Hause ebenfalls für 60 Kinder die Wendlersche Armenfreyschule. Diese wurde später mit der Ratsfreischule vereinigt.[6]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. http://leipziger-biographie.de/fby
  2. Leipzig-Lexikon, abgerufen am 24. Juli 2011
  3. Werner Wendt: Beiträge zur Sozialgeschichte Leipziger Kaufleute des 19. Jahrhunderts am Beispiel von Johann Marc Albert Dufour-Feronce (1798–1861), Gustav Harkort (1795–1865) und Carl Lampe (1804–1889), Dissertation Frankfurt/Main 2010
  4. siehe Titelblatt zu August Wilhelm Zachariä: Lehrbuch der Erdbeschreibung in natürlicher Verbindung mit Weltgeschichte, Naturgeschichte und Technologie für den Schul- und Privatunterricht. 2. nach den neuesten politischen Veränderungen berichtigte Ausgabe der Achten Auflage. Zweiter Theil. Hrsg. von Louis Thomas. Ernst Fleischer 1872 Digitalisat
  5. Mehrbilder-Ansichtskarte, abgerufen am 24. Juli 2011
  6. Friedrich Gottlob Leonhardi: Leipzig um 1800. Lehmstedt 2010, ISBN 978-3-942473-03-3, S. 311

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johann Christian Dolz: Die Rathsfreischule in Leipzig während der ersten fünfzig Jahre ihres Bestehens. Leipzig 1841.
  • F.E. Helm: Geschichte des städtischen Volksschulwesens in Leipzig. Festschrift zum 100jährigen Jubiläum der Ratsfreischule, Brandstetter, Leipzig 1892
  • Eduard Manger: Die Inquisition in der Leipziger Ratsfreischule: Ein Beitrag zur deutschen Schulgeschichte. Zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Anstalt, Klinkhardt, Leipzig 1892. - Reprint: Verlag Nabu Press 2010, ISBN 978-1-141-19787-3
  • Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. PROLEIPZIG, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 487
  • Helge Voigt: Gelebter Glaube an der Ratsfreischule um 1800. In: Leipziger Kalender. 1999, S. 147–155.