Rachida Dati

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Rašīda Dātī)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Rachida Dati (2016)

Rachida Dati (Aussprache: [ʁaʃida daˈti]; * 27. November 1965 in Saint-Rémy, Département Saône-et-Loire) ist eine französische Politikerin der Partei Les Républicains. Seit Januar 2024 ist sie Ministerin für Kultur im Kabinett Attal. Im Präsidentschaftswahlkampf 2007 war sie Sprecherin des Kandidaten Nicolas Sarkozy, von 2007 bis 2009 Justizministerin in der Regierung von François Fillon. Von 2009 bis 2019 war sie Mitglied des Europäischen Parlaments. Seit 2008 ist sie Bürgermeisterin des 7. Arrondissement von Paris und seit 2020 Oppositionsführerin im Pariser Stadtrat.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rachida Dati wuchs als zweitältestes von elf Kindern eines marokkanischen Maurers und einer algerischen Mutter in einer Sozialbausiedlung von Chalon-sur-Saône auf, der größten Stadt des Départements Saône-et-Loire. Dort ging sie auf eine private, vom Karmeliterorden geführte katholische Schule. Um die Familie zu unterstützen, begleitete sie ihre Mutter als Reinigungskraft, dann arbeitete sie nachts als Hilfsschwester, während sie sich auf das Baccalauréat (Abitur) vorbereitete.[1]

1987 traf sie auf einem Empfang in der algerischen Botschaft den damaligen Justizminister Albin Chalandon. Er verschaffte ihr zur Finanzierung des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums eine Stelle als Buchhalterin bei Elf Aquitaine, einem damaligen Staatskonzern, den er 1977–1983 als Generaldirektor geleitet hatte.[2] Ihr Examen für öffentliches Recht absolvierte sie nach einjährigem Studium, weil sie ihre berufliche Erfahrung geltend machen konnte.

Berufliche Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Studium arbeitete Dati zunächst ab 1990 in der Revision beim Matra-Konzern, 1993 ein Jahr lang in London bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), auch dort in der Revisionsabteilung. Ab 1994 war sie in einer betriebswirtschaftlichen Funktion innerhalb der Abteilung für städtische Entwicklung des französischen Wasserversorgers Lyonnaise des Eaux und als Beraterin der juristischen Abteilung im französischen Bildungsministerium tätig.[3]

Auf Anraten der Politikerin Simone Veil absolvierte Dati von 1997 bis 1999 eine Ausbildung an Frankreichs nationaler Hochschule für das Richteramt (École nationale de la magistrature) und arbeitete danach bei der Staatsanwaltschaft in Évry.

Politische Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rachida Dati (2007)

2002 wurde Rachida Dati Mitarbeiterin im Büro des damaligen Innenministers Nicolas Sarkozy, der sie zur Beraterin für Einwanderungsfragen machte. 2006 trat sie seiner Partei bei, der UMP. Als Sarkozy im Januar 2007 seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gab, ernannte er sie zur Sprecherin seiner Wahlkampagne. Diese Ernennung geschah auch mit Unterstützung der damaligen Ehefrau Sarkozys, Cécilia Ciganer-Albéniz, die mit Dati befreundet war.[2] Nach Sarkozys Wahlsieg wurde Dati Justizministerin. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie fünf Jahre juristische Berufserfahrung als Untersuchungsrichterin und stellvertretende Staatsanwältin.[4] Dati war damit in Frankreich die erste Person arabischer Herkunft, die einen Ministerposten einnahm[5] – und dies in einer konservativen Regierung:

„La gauche en rêvait, mais c’est la droite qui l’a fait!“

„Die Linke hat davon geträumt, aber die Rechte hats getan!“

Frédéric Gerschel: Une beurette devient ministre de la Justice[5]

Am 6. Juli 2007 trat Datis persönlicher Referent, Michel Dobkine, nach sieben Wochen Amtszeit zurück,[6] vier Tage später verließen drei weitere Untergebene Datis Beraterstab. Insgesamt verließen in den ersten Monaten sieben Amtsträger ihren Stab. Dati wurde im Juni 2009 im Zuge einer Kabinettsumbildung aus der Regierung entlassen.[7]

Nach der Europawahl 2009 war Dati Europaabgeordnete in der Fraktion der Europäischen Volkspartei.[8][9] Sie war in der Legislaturperiode bis 2014 Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung sowie Delegierte für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten. Von 2009 bis 2011 gehörte sie dem Sonderausschuss zur Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise an. Nach ihrer Wiederwahl 2014 saß sie bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Europäischen Parlament 2019 im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, war Delegierte für die Beziehungen zu den Maschrik-Ländern sowie in der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum.[10] Dati ist seit 2008 Bürgermeisterin des 7. Arrondissement von Paris.[9] Sie bewarb sich um die Kandidatur des bürgerlichen Lagers für das Amt der Pariser Bürgermeisterin 2014,[11] zog sich jedoch im April 2013 zugunsten ihrer Parteikollegin Nathalie Kosciusko-Morizet zurück. Diese sei „von den Medien und vom System“ bereits zur Kandidatin der UMP gekürt worden.[12] Bei den Bürgermeisterwahlen siegte Anne Hidalgo von der sozialistischen Partei. Bei der Kommunalwahl 2020 war Dati die Kandidatin von Les Républicains (neuer Name der UMP) und verbündeter Mitte-Rechts-Parteien für das Bürgermeisteramt von Paris. Ihre Liste Engagés pour changer Paris (Engagiert um Paris zu verändern) kam auf 22,7 % im ersten und 34,3 % im zweiten Wahlgang. Damit unterlag sie der Amtsinhaberin, Hidalgo. Dati wurde aber als Bezirksbürgermeisterin des 7. Arrondissements bestätigt. Als Vorsitzende der Mitte-Rechts-Fraktion Changer Paris (Républicains, Centristes et Indépendants) war sie zudem Oppositionsführerin im Conseil de Paris (Stadtrat).[13]

Am 11. Januar 2024 wurde sie als Nachfolgerin von Rima Abdul Malak als Kulturministerin im Kabinett Attal nominiert,[14] woraufhin die Partei Les Républicains ihren Parteiausschluss ankündigte[15].

Persönliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 2. Januar 2009 brachte Dati ihre Tochter zur Welt. Besonderes Aufsehen erregte, dass sie den Namen des Vaters nicht nennen wollte. „Mein Privatleben ist kompliziert“, sagte die seit 1992 geschiedene Dati dazu.[16] Weil sie als marokkanische Staatsangehörige eine uneheliche Tochter hat, eröffnete Adil Fathi, der stellvertretende Strafankläger von König Mohammed VI. im Jahr 2012 in Marokko ein Ermittlungsverfahren gegen sie. Für „unrechtmäßigen Geschlechtsverkehr zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts, die nicht durch die Ehe vereint sind“ sieht das marokkanische Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu einem Jahr vor.[17]

Ab Oktober 2012 wurde die Frage der Vaterschaft erneut in den Medien diskutiert.[18][19] Im Dezember 2012 ordnete das Zivilgericht von Versailles auf Betreiben Datis einen Vaterschaftstest des Unternehmers und Kasinobesitzers Dominique Desseigne an.[20] Er verweigerte ihn, worauf das Gericht ihn am 7. Oktober 2014 zur Zahlung von Alimenten für das Kind in Höhe von monatlich 2500 Euro verurteilte.[21]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Biografien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Taly Jaoui, Antoine Vitkine: Rachida Dati, Aufstieg und Fall einer Ikone. TV (45’). 2009.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rachida Dati – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Elisabeth Raether: Porträt der Politikerin Rachida Dati: Eine angeblich klare Geschichte. In: Die Tageszeitung: taz. 22. Juni 2009, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 29. Januar 2024]).
  2. a b Stefan Simons: Instrument der Macht. In: Der Spiegel. Nr. 40, 2007 (online).
  3. Rachida Dati, Ministerin für Kultur. Abgerufen am 29. Januar 2024 (deutsch).
  4. Aschenputtel aus der Banlieue. In: Rheinischer Merkur, 6. Dezember 2007.
  5. a b Frédéric Gerschel: Une beurette devient ministre de la Justice. Rachida Dati, une ministre très symbolique. Aujourd’hui en France, 19. Mai 2007.
  6. Rückschlag für Sarkozy: Kabinettchef von Rachida Dati geht. In: Liechtensteiner Volksblatt, Onlineausgabe am 7. Juli 2007. Abgerufen am 6. November 2012
  7. Rachida Dati, des réformes et des critiques. Libération.fr, 23. Juni 2009.
  8. Endgültiges Wahlergebnis für die Europawahlen 2009 in Frankreich (PDF; 395 kB).
  9. a b Rachida Dati in der Abgeordneten-Datenbank des Europäischen Parlaments, abgerufen am 7. November 2012
  10. Website des Europäischen Parlaments
  11. Sophie de Ravinel: Hidalgo, Dati, Jouanno : des femmes à l'assaut de Paris. Le Figaro (online), 4. September 2012, abgerufen am 20. September 2012 (französisch).
  12. Rachida Dati drops out of Paris mayor race. In: The Telegraph. 23. April 2013, abgerufen am 24. April 2013 (englisch).
  13. Marie-Anne Gairaud, Christine Henry: Conseil de Paris : qui sont les six nouveaux présidents de groupe. In: Le Parisien, 23. Juli 2020.
  14. Luc Chagnon, Fabien Jannic-Cherbonnel: DIRECT. Remaniement : Gabriel Attal promet "de l'action" et "des résultats" après la présentation des ministres de son gouvernement. In: Franceinfo. 11. Januar 2024, abgerufen am 11. Januar 2024 (französisch).
  15. Michaela Wiegel: Attal verkleinert Kabinett deutlich. In: FAZ.net. 11. Januar 2024, abgerufen am 11. Januar 2024.
  16. Baby für Justizministerin Dati – Vater bleibt geheim. Spiegel Online, 2. Januar 2009.
  17. taz: Unrechtmäßiger Geschlechtsverkehr vom 3. Oktober 2012, abgerufen am 7. Oktober 2012
  18. Rachida Dati - Geheimnis um ihr Baby ist gelüftet Der Westen, 4. Oktober 2012
  19. Sex, Lügen und Politik Frankfurter Rundschau, 8. November 2012
  20. Rachida Dati zwingt Millionär zu Vaterschaftstest. Die Welt, 4. Dezember 2012, abgerufen am 1. Januar 2013.
  21. Ex-Ministerin erstreitet sich Unterhaltszahlungen Basler Zeitung, 7. Oktober 2014, abgerufen am 19. März 2022