Redendes Wappen

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Redendes Wappen des Kantons Uri (Schweiz): der Auerochse steht für Ur bzw. Uri
Redendes Wappen Roßwein: Das Pferd steht für Roß, der Weinstock für Wein

Als redendes Wappen (französisch stets im Plural gebraucht armes parlantes), auch sprechendes Wappen oder Namenwappen, bezeichnet man in der Heraldik solche Wappen, die auf den Namen des Inhabers entweder anspielen oder ihn rebusartig darstellen. Die Anspielung liegt meist in der Figur, seltener in der Farbe.

Beispiele

Die Grafen von Henneberg führten z. B. eine Henne auf einem Dreiberg, die Herren von Aufenstein einen Auf oder Uhu, die Grafen von Helfenstein einen Elefanten; die Herren von Olvenstedt führten ein Kamel, welches man im Mittelalter Olfent nannte. Die spätere offizielle Heraldik verfuhr bei der Wahl der redenden Wappen sehr willkürlich und den Gesetzen der Heroldskunst widersprechend. So ist das Wappen des preußischen Staatsministers August Friedrich von Boden (geadelt 1739) dreifach redend, indem es eine Pfote (Pote), einen Boden und einen Boten enthält.

Auch Ortswappen können sprechend sein, etwa Berlin (Bärlein = Bär), Hamburg (Burg auf rotem Grund)[1], Uri (Ur, ein Auerochse), Bern (Bär), aber auch Tragwein (Weinfass auf einer Trage). So zieren oft Falken Wappen von Orten mit Namen Falkenstein und Falkenberg (heute Niemodlin), der Löwe das der Gemeinde Löwenberger Land, ein Beil der Herren von Beilstein, eine Tanne Münzen der elsässischen Stadt Thann. Bekannt sind auch die Magd über der Burg im Wappen von Magdeburg oder der Stralsunder Strahl.

Auch als Münzmeisterzeichen wurden redende Wappen verwendet. Zum Beispiel verwendete Ernst Peter Hecht, von 1693 bis 1714 Münzmeister der Münzstätte Leipzig, als Münzmeisterzeichen die Buchstaben E P H und zusätzlich den Hecht aus seinem Wappen.

Stadtwappen von Kröpelin, ein kriechender Krüppel

Viele redende Wappen zeigen eine direkte bildhafte Umsetzung des Ortsnamens:

  • Lyon zeigt einen Löwen; franz. lion = Löwe
  • Tours zeigt drei silberne Türme; franz. tour = Turm
  • Châteaurenard zeigt ein Schloss unter einem Fuchs; franz. château = Schloss, renard = Fuchs
  • Wolfsburg zeigt einen Wolf auf einer Burgmauer
  • Neunkirchen in Österreich zeigt neun Kirchen
  • Oxford zeigt einen im Fluss stehenden Ochsen; engl. ox = Ochse, ford = Furt
  • L’Aquila zeigt einen Adler; ital. aquila = Adler
  • Cambridge zeigt unter anderem ein Schiff neben einer Brücke; engl. bridge = Brücke über dem Fluss Cam
  • Elmbridge zeigt eine Ulme an einer Brücke; engl. elm = Ulme, bridge = Brücke
  • Eriskirch zeigt eine goldene Schwertlilie (Iris sibirica) und die heutige Pfarrkirche "Unsere Liebe Frau".
  • Meersburg, Meer (Bodensee) und Burg.

Andere Wappen benutzen einen symbolhaften "Umweg":

  • Kröpelin zeigt einen Krüppel; tatsächlich liegt das slaw. Wort crepelice (= Ort der Wachtel) zugrunde.
  • Bettendorf (entstanden aus Betendorf) zeigt Bibel und Rosenkranz als Symbol für das Beten.
  • Telgte (nach einem Gehöft Telgoth) zeigt eine stilisierte Eiche, Telge steht dabei für Eiche (Telgen Potten für Bäume pflanzen, 16. Jahrhundert).
  • Frankfurt (Oder) zeigt einen Hahn, lat. gallus. Im mittelalterlichen Latein sind die galli Franken ("Gallier").
  • Luckau zeigt einen Stier, das Symbol für den Evangelisten Lukas.

Initialwappen

Auch sind die Initialwappen häufig als redend anzusehen. Beispiele sind:

  • Radom in Polen ein „R“ unter einer Krone
  • Kielce in Polen „CK“ für „Civitas Kielce“
  • Graslitz in der Tschechischen Republik mit einem wappenfüllenden „G“, trotz der Namensänderung auf Kraslice.

Literatur

Winfried Schich: Redende Siegel brandenburgischer und anderer deutscher Städte im 13. und 14. Jahrhundert. In: Die Bildlichkeit korporativer Siegel im Mittelalter. Kunstgeschichte und Geschichte im Gespräch (2009) S. 113-130.

Anmerkungen

  1. Eigentlich ist die Mauer mit Tor und Türmen das generelle Wappensymbol für eine Stadt. In Hamburg ist allerdings dieses übliche Symbol burghaft zusammengedrängt.

Weblinks

Commons: Redendes Wappen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Vorlage:Meyers ist obsolet; heißt jetzt Vorlage:Hinweis Meyers 1888–1890