Robert H. Barlow

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Robert Hayward Barlow (* 18. Mai 1918 in Leavenworth; † 1./2. Januar 1951 in Azcapotzalco) war ein US-amerikanischer Autor, Avantgarde-Poet, Historiker des frühen Mexikos, Anthropologe und Experte für die Sprache Nahuatl.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Barlow verbrachte einen Großteil seiner Jugend in Fort Benning (Georgia), wo sein Vater, Colonel E.D. Barlow, stationiert war. Um 1932 ging Col. Barlow gesundheitsbedingt in Pension und ließ sich mit seiner Familie in der Kleinstadt DeLand (Florida) nieder. Später zwangen ihn familiäre Probleme dazu, nach Washington, D.C. und schließlich nach Leavenworth (Kansas) zu ziehen.

Freundschaft mit H.P. Lovecraft und R.E. Howard[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits mit 13 wurde R.H. Barlow ein Freund der ebenfalls miteinander befreundeten Schriftsteller H.P. Lovecraft und Robert E. Howard. Mit Lovecraft verfasste der junge Barlow sechs gemeinsame Geschichten, und Lovecraft stattete ihm mehrere längere Besuche in DeLand ab.

Da Lovecraft von vielen eigenen Werken wenig hielt, versuchte der junge Barlow unter anderem, Lovecrafts Erzählung Das gemiedene Haus (1928, The Shunned House) mittels damaliger Büro-Drucktechniken zu vervielfältigen, zu binden und zu publizieren, konnte jedoch nur wenige gebundene Kopien fertigstellen. Erst in den 1970er Jahren brachte der Verlag Arkham House einige gebundene Versionen jenes ursprünglichen Barlow-Projekts heraus.

Barlow war maßgeblich an der Bewahrung der Lovecraft’schen Manuskripte beteiligt, indem er Lovecrafts handgeschriebene Texte ins Reine tippte. Der letzte Wille Lovecrafts ernannte Barlow zu seinem literarischen Nachlassverwalter. Kurz nach Lovecrafts Bestattung in Providence (Rhode Island) transferierte Barlow die meisten Manuskripte und manches gedruckte Material an die nahegelegene John Hay Library der Brown University.

Literatur und Verlagswesen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drucktechnik war Barlows Steckenpferd. Nach erstem Mitmischen in der frühen Fantasy-, Horror- und SciFi-Fanszene von damals publizierte er mehrere einschlägige Zeitschriften wie The Dragon-Fly (zwei Ausgaben: 15. Okt. 1935, 15. Mai 1936) und Leaves (zwei Ausgaben: Sommer 1937, Winter 1938/39). Außerdem war er Inhaber seines eigenen Verlags namens Dragon-Fly Press (in Cassia, Florida), in welchem er zwei wichtige Werke von Mitgliedern des wachsenden Lovecraft-Zirkels publizierte: The Goblin Tower (die erste Lyrik-Sammlung von Frank Belknap Long – Lovecraft half Barlow beim Schriftsatz) und The Cats of Ulthar (eine Erzählung von H.P. Lovecraft).

Barlows Literatur-Karriere wurde 1937 jäh unterbrochen, als der frühe Krebs-Tod seines Freundes und Mentors Lovecraft eintrat und familiäre Ärgernisse es erforderten, Florida zu verlassen. Doch bereits 1938 gab Barlow immerhin Lovecrafts Notes and Commonplace Book heraus und fand den Wiederanschluss an diverse andere Literatur-Projekte. 1943 lieferte er aus erster Hand Beiträge zur ersten Lovecraft-Bibliografie (von Francis T. Laney and William H. Evans). Seine ergreifende Reminiszenz an Lovecraft, The Wind That is in the Grass, befindet sich in Marginalia (Arkham House, 1944). Zur 1944er Arkham-House-Edition Jumbee and Other Uncanny Tales des Weird-Tales-Autoren Henry S. Whitehead (ebenfalls persönlicher Freund Lovecrafts) verfasste Barlow die Einleitung.

Dichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben seiner wissenschaftlichen Schreib-Tätigkeit als Linguist und als ausgezeichneter Anthropologe für mexikanisch-indianische Kultur galt Barlows Liebe auch der Poesie; er verfasste sowohl formalistische als auch experimentelle Lyrik im Sinne der von Lawrence Hart begründeten Activist group bzw. Activist school.[1] Anlässlich zu Barlows Freitod zitierte die MCC-Hochschulzeitung sein Gedicht From this Tree:[2]

From this tree
No further fruit.
Search the boughs, look where the ant looks;
Only as cold-veined snakes knotting on the mud,
Daggering their bird heads at a shadow,
Will they respond.
A fire has bounded past
And the bark is blistered.
Von diesem Baum
Keine weitere Frucht.
Such die Astarme ab, schau, wo die Ameise sucht;
Nur wie kalt-adrige Schlangen, sich im Matsch verknotend,
Mit ihren Kopfspitzen auf Schatten schnellend,
Muten sie an.
Ein Feuer zog darüber hinweg
Und die Borke ist ausgebrannt.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1941: Ina Galbraith Award for Poetry[2]
  • 1942: 26th Emily Chamberlain Cook Prize in Poetry (erster Platz)[3]

 

Anthropologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An der University of California, Berkeley, absolvierte Barlow ein 1941 begonnenes Linguistik-Studium als Bachelor of Arts und arbeitete dort gleichzeitig als Dozent. Um 1943 zog Barlow dauerhaft nach Mexiko, wo er als Anthropologe sowie Englisch-, Spanisch- und Nahuatl-Linguist an mehreren Hochschulen lehrte. Nach einer Europa-Reise im Sommer 1948, auf der er seltenes mexikanisches Material in Museen und Bibliotheken von Paris und London durchforschte, wurde er im selben Jahr Vorsitzender des Fachbereichs Anthropologie am Mexico City College.[2] Dort publizierte er 1950 Mexihkatl itonalama (Aztekisch für Der mexikanische Kalender), eine Zeitung in Nahuatl-Sprache. Barlows wissenschaftliche Forschungsberichte und Fachartikel zur mittelamerikanischen Anthropologie sind von wegbereitender Signifikanz, und seine gesammelten anthropologischen Aufzeichnungen werden in Mexiko zu einer kommentierten Gesamtausgabe überarbeitet.

Suizid[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits 1944 schrieb Barlow, ihn beschleiche ein Gefühl, dass sein ausgefallenes und schwieriges Leben nicht dazu bestimmt sei, länger anzudauern (a subtle feeling that my curious and uneasy life is not destined to prolong itself).[4] Er starb durch Suizid am 1. oder 2. Januar 1951, offenbar nachdem er die Bloßstellung seiner Homosexualität durch einen verärgerten Studenten befürchtete.[5][6] William S. Burroughs, ein Student bei Barlow, beschrieb dessen Tod kurz in einem Brief vom 11. Januar 1951 an Allen Ginsberg: A queer Professor from K.C., Mo., head of the Anthropology dept. here at M.C.C. where I collect my $75 per month, knocked himself off a few days ago with overdose of goof balls. Vomit all over the bed. I can’t see this suicide kick.[7] [Deutsch: „Ein schwuler Professor aus K.C., Mo., Chef der Anthropologie-Fak. hier am M.C.C., wo ich meine $75 pro Monat kassiere, knallte sich vor ein paar Tagen mit einer Überdosis Schlafpillen weg. Gekotze überm ganzen Bett. Verstehe nicht den Kick an diesem Suizid.“]

Bibliografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prosa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • A Dim-Remembered Story, Necronomicon Press, West Warwick (RI) 1980. – Mit Vorwort von H.P. Lovecraft.
  • Annals of the Jinns, in: N.N.: The Fantasy Fan, Sammelband 1933–35, Necronomicon Press, West Warwick (RI) 1978.
  • Crypt of Cthulhu (Sonderheft), No. 60, Necronomicon Press, West Warwick (RI) 1988. – Speziell Robert H. Barlow gewidmete Sonderausgabe.
  • On Lovecraft and Life, Necronomicon Press, West Warwick (RI) 1992. – Enthält Barlows Autobiografie von 1940 und die Aufzeichnungen zu Lovecrafts Besuch von 1934.
  • Mit H.P. Lovecraft: The Battle That Ended the Century & Collapsing Cosmoses, Necronomicon Press, West Warwick (RI) 1992.
  • Mit H.P. Lovecraft: The Hoard of the Wizard-Beast and One Other, Necronomicon Press, West Warwick (RI) 1994. – Bei One Other handelt es sich um die Geschichte The Slaying of the Monster.
  • Mit H.P. Lovecraft: The Night Ocean, Necronomicon Press, West Warwick (RI) 1978 u. 1982 (2. Aufl.) u. 1989 (3. Aufl.).

Lyrik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Poems for a Competition, The Fugitive Press, Sacramento (CA) 1942. – Für diese Gedichte erhielt Barlow den 26. Emily Chamberlain Cook Prize für Dichtkunst.
  • View from a Hill (Lyrikband), o. V., Azcapotzalco 1947.
  • R.H. Barlow et al.: Six California Poets, in: Lawrence Hart (Hg.): Quarterly Review of Literature, No. 4,1, Princeton University Press, Princeton (NJ) 1947.
  • R.H. Barlow et al.: Activists, 1951, in: Lawrence Hart (Hg.): Poetry: A Magazine of Verse 78, No. 2 (Mai 1951), S. 63–119, The Poetry Foundation, Chicago (IL) 1951.
  • R.H. Barlow et al.: Accent on Barlow, Lawrence Hart Institute, San Rafael (CA) 1962. – Eine posthume Anthologie.
  • Als Herausgeber: After Sunset (42 Gedichte von George Sterling), Verlag John Howell, San Francisco (CA) 1939. – Limitierte Auflage (nur 250 Exemplare).

Weiteres[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • The Extent of the Empire of the Culhua Mexico, Ibero-Americana 28, University of California Press, Berkeley 1949.
  • Eyes of the God: The Weird Fiction and Poetry of Robert H. Barlow, Hippocampus Press, New York (NY) 2002. – Umfassende Sammlung, die nur Barlows nicht-fiktive Werke auslässt.

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lawrence Hart (Hg.): Accent on Barlow · A Commemorative Anthology, Lawrence Hart, San Rafael (CA) 1962.
  • Massimo Berruti: Dim-Remembered Stories · A Critical Study of R.H. Barlow, Hippocampus Press, New York (NY) 2012.
  • Mexico City College (Red.): Students and faculty mourn passing of Professor Barlow, in: dies.: Mexico City Collegian (Zeitung), 18. Jan. 1951, S. 3. – Online: PDF (ges. 2012-0611-1455).
  • H. Leon Abrams: Insights Into the Creative Genius of Robert Hayward Barlow. S. 17–23.
  • H. Leon Abrams: Robert Hayward Barlow: An Annotated Bibliography with Commentary. In: Katunob Occasional Publication in Mesoamerican Anthropology. Nr. 16, 1981, S. 1–32.
  • William S. Burroughs, ed. by Oliver Harris: The Letters of William S. Burroughs: Volume I, 1945–1959. Penguin Books, 1993, ISBN 0-14-009452-0.
  • Charles E. Dibble: Robert Hayward Barlow – 1918–1951. In: American Antiquity. 16. Jahrgang, Nr. 4, April 1951, S. 347.
  • S. T. Joshi, and David E. Schultz: An H. P. Lovecraft Encyclopedia. Greenwood Press, Wesport, Ct., Robert H. Barlow, S. 15–16.
  • S. T. Joshi, and David E. Schultz (Hg.): O Fortunate Floridian: H. P. Lovecraft's Letters to R. H. Barlow. University of Tampa Press, Tampa, Florida 2007, ISBN 978-1-59732-034-4.
  • McQuown, Norman A.: Robert Hamilton [sic] Barlow, 1918–1951. In: American Anthropologist. 53. Jahrgang, Nr. 4, 1951, S. 543.
  • The historian Robert H. Barlow. In: The Americas. 8. Jahrgang, Nr. 2, 1951, S. 223–224.

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. LawrenceHart.org (Hg.): The "Activist" Poets, ges. 2012-0610-2255, Abs. 4 u. pass.
  2. a b c Vgl. MCC (Red.): Students and faculty mourn passing of Professor Barlow, in: dies.: Mexico City Collegian (Zeitung), 18. Jan. 1951, S. 3. – Online: PDF (ges. 2012-0611-1455).
  3. R.H. Barlow: Poems for a Competition, The Fugitive Press, Sacramento (CA) 1942. – Für diese Gedichte erhielt Barlow den 26. Emily Chamberlain Cook Prize für Dichtkunst.
  4. Joshi & Schultz (2007): S. 408.
  5. Joshi & Schultz (2007): ebd.
  6. L. Sprague de Camp: Lovecraft: a Biography. 1975, ISBN 0-385-00578-4, S. 432: „... he was being blackmailed for his relations with Mexican youths.“
  7. Burroughs (1993): S. 77–78.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikisource: Robert Hayward Barlow – Quellen und Volltexte (englisch)