Scheibaniden

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Unter dem Begriff Scheibaniden (oft auch Schaibaniden) versteht man im engeren Sinn eine usbekische Dynastie des 16. Jahrhunderts, die von Mohammed Scheibani gegründet wurde. Allgemein gesprochen bezieht sich das Wort Scheibaniden aber auf alle männlichen Nachkommen Scheibans, des fünften Sohns Dschötschis und Enkel Dschingis Khans.

Anfänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Namensgeber der Dynastie, Abu'l-Fath Mohammed Scheibani, lebte von 1451 bis 1510 und war Begründer des Usbeken-Khanats.

Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts unterstanden die Scheibaniden der Autorität ihrer ranghöheren Verwandten, den Herrschern der Goldenen Horde, d. h. der Nachkommen Batu Khans an der Wolga (z. B. Usbek Khan) und Orda Khans im heutigen Kasachstan. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts nahmen ihre Fürsten den Islam an.

Als die Linie Batu Khans aufgrund von Machtkämpfen Mitte des 14. Jahrhunderts ausstarb, erhoben die Scheibaniden als mehr oder minder rechtmäßige Nachfolger Dschötschi Khans ihren Anspruch auf den gesamten Ulus, der auch Sibirien und Kasachstan umfasste. Ihre wichtigsten Rivalen waren die Nachkommen Orda Khans und Tuqa Timurs, d. h. Dschötschi Khans ältesten und seinem dreizehnten Sohn. Die Tuqay-Timüriden standen lange im Schatten der Scheibaniden, konnten sie jedoch später, 1599, im Khanat Buchara von der Macht verdrängen.[1]

Einige Jahrzehnte voller Auseinandersetzungen brachten ihren Rivalen die Kontrolle über die Goldene Horde und ihre europäischen Nachfolgestaaten, namentlich die Khanate von Kasan, Astrachan und der Krim.[2]

Erfolge im Usbeken-Khanat, in Chiwa und Sibir[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schlacht zwischen Schah Ismail und Scheibani Khan, 1510. Bild aus Isfahan, von 1688

Ungeachtet der Rückschläge in Europa drängte im frühen 15. Jahrhundert ein Zweig der Scheibaniden nach Süden bzw. nach Transoxanien, wo er es nach einem Jahrhundert des Konflikts schaffte, die Timuriden-Herrschaft zu beseitigen. Es war Abu'l-Chair Khan, der von 1428 bis 1468 regierte und mit der Vereinigung der (nachfolgend als „Usbeken“ bekanntgewordenen) Stämme im Gebiet zwischen Tjumen und dem Fluss Tura einerseits und dem Syr-Darja-Gebiet anderseits begann. Sein Enkel Mohammed Scheibani (reg. 1500–10) entriss Samarkand, Buchara und Herat der Kontrolle des Timuriden Babur und errichtete die kurzlebige Dynastie der Scheibaniden. Ihm folgten sein Onkel, ein Neffe und diverse Cousins, deren Nachfahren Buchara und Samarkand bis zu Abdullah Khan und dem Jahr 1598 beherrschten (vgl. Usbeken-Khanat).

Ilbars, aus einem anderen Zweig der Scheibaniden, den Nachkommen von Arabsah, gründete 1512 in Chwarezm das Khanat Chiwa, das sie bis ins frühe 18. Jahrhundert hinein beherrschten.

Ein weiterer Staat, der von Scheibaniden regiert wurde, war das Khanat Sibir: Es löste sich unter dem Scheibaniden Ibaq um 1467 von seinem usbekischen Oberherren Abu’l-Chair Khan. Der letzte Herrscher des Khanats Sibir, Kütschüm Khan, wurde 1598 von den Russen abgesetzt. Sein Sohn und Enkel wurden vom Zaren nach Moskau gebracht und erhielten den Nachnamen Sibirsky. Außer diesem berühmten Zweig verlangten noch andere Adelsfamilien aus Kirgisien und Kasachstan von der russischen Regierung die Anerkennung ihrer Scheibanidenwurzeln, doch zumeist erfolglos.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gavin Hambly (Hrsg.): Zentralasien. (=Fischer Weltgeschichte, Band 16), 9. Auflage: 2002, Originalausgabe, Frankfurt am Main 1966

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vasily Bartold: The Shaybanids. Collected Works, Vol. 2, Teil 2. Moskau 1964.
  • René Grousset: The Empire of the Steppes: a history of central Asia Rutgers University Press, New Brunswick, NJ, 1970 (translated by Naomi Walford from the French edition, published by Payot in 1970), Sp. 478–490 et passim, ISBN 0-8135-0627-1
  • Clifford Edmund Bosworth: The new Islamic dynasties: a chronological and genealogical manual. Columbia University Press, New York, 1996, S. 288–9, ISBN 0-231-10714-5
  • Svatopluk Soucek: A History of Inner Asia. Cambridge University Press, Cambridge 2000, S. 149–157, ISBN 0-521-65169-7

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Welsford, Thomas: Four types of loyalty in early modern central Asia: the Tūqāy-Timūrid takeover of greater Mā Warā al-Nahr, 1598–1605; Brill-Verlag, Leiden 2013, S. 11.
  2. "Unter den Kindern von Dschingis befand sich das Patrimonium meines (Vor-)vaters Scheiban dicht bei deinem. Aber seit dieser Zeit wurde das Timur-Namagan-Patrimonium erschaffen und nun sind wir (d. h. die Scheibaniden) weiter entfernt von dir. An die Wolga gekommen, suche ich die Plätze meines (Vor-)vaters auf und ziehe gegen die [Nachkommen] von Timur Qutlugh."
    Ibaq, Khan von Sibir an Iwan III. (1493) über die Verdrängung der Scheibaniden rund hundert Jahre zuvor (Vgl. Byzantinische Forschungen Bd. XV, S. 373).