Scharnitzpass

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Scharnitzpass / Scharnitzer Klause
(Talpass)
Talenge am Scharnitzpass
Talenge am Scharnitzpass

Talenge am Scharnitzpass

Himmelsrichtung Norden Süden
Höhe 955 m
Bundesland Bayern, Deutschland Tirol, Österreich
Gewässer Isar
Talorte Mittenwald Scharnitz
Ausbau B2 E533 B177 E533
Gebirge Alpen
Profil
Ø-Steigung  % (32 m / ? km)  % (−9 m / ? km)
Karte (Bayern)
Scharnitzpass (Bayern)
Scharnitzpass (Bayern)
Koordinaten 47° 23′ 52″ N, 11° 16′ 2″ OKoordinaten: 47° 23′ 52″ N, 11° 16′ 2″ O
REGION1-BEZ=REGION2-BEZ

Blick von Süden auf die Talenge von Scharnitz, links unten die Seefelder Straße (B 177) bei Gießenbach, im Hintergrund Mittenwald, rechts die Rotwandlspitze (Scharnitzpass links unterhalb davon)
Blick von Norden auf den Scharnitzpass
Talenge von Scharnitz mit Blick auf die Westseite der Brunnensteinspitze (Ausläufer der Rotwandlspitze), die Marchklamm (mit Schneerest) verläuft fast gerade hangabwärts. Rechts hinten die Pleisenspitze

Der Scharnitzpass, auch Scharnitzer Klause genannt, ist eine etwa 955 m hoch gelegene Engstelle (Klause) des oberen Isartals in den Nördlichen Kalkalpen auf der Grenze zwischen Deutschland und Österreich zwischen Bayern und Tirol. Seinen Namen hat er vom direkt südlich der Enge liegenden Ort Scharnitz.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Scharnitzpass liegt östlich des Wettersteingebirges und westlich des Karwendel. Er befindet sich im oberen Tal der Isar zwischen Mittenwald (923 m; Bayern) im Norden und Scharnitz (964 m; Tirol) im Süden. Der Talgrund der Isar verengt sich durch die Ostflanke des Arntalköpfle (1529 m), dem Ausläufer der Arnspitzgruppe, von etwa 900 auf unter 300 m Breite. Östlich des Talpasses erhebt sich die Rotwandlspitze (2191 m ü. A.) mit südwestlich vorgelagerter Brunnensteinspitze (2180 m ü. A.).

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Straße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Scharnitzpass gehen die deutsche Bundesstraße 2 (B 2), die aus Norden von Mittenwald kommt, und die österreichische Seefelder Straße (B 177), die durch Scharnitz und Seefeld (Tirol) weiter über den Seefelder Sattel verläuft, ineinander über. Beide Straßen sind Teile der Europastraße 533 (E 533).

Eisenbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1912 führt die Mittenwald- bzw. Karwendelbahn, die als Eisenbahnstrecke von Innsbruck über den Seefelder Sattel nach Garmisch-Partenkirchen verläuft, durch den Scharnitzpass.

Schutzgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nordwestlich liegt das deutsche Naturschutzgebiet Riedboden (NSG-Nr. 00157.01; 1,46 km²)[1], das unmittelbar an das NSG Arnspitze (00158.01; 2,22 km²)[1] anschließt. Das Landschaftsschutzgebiet Wettersteingebiet einschließlich Latschengürtel bei Mittenwald (LSG-Nr. 391021; 86,33 km²)[1] grenzt nördlich an die beiden NSG. Auf der Ostseite – jenseits von Isar, Straße und Bahntrasse – liegen auf deutscher Seite das Naturschutzgebiet Karwendel und Karwendelvorgebirge (00171.01; 193,45 km²)[1] und auf österreichischer Seite direkt anschließend das Ruhegebiet Eppzirl im Natura-2000-Gebiet Alpenpark Karwendel.[2]

Lawinengefährdung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Scharnitzpass ist durch die auf der Staatsgrenze liegende Marchklamm an der Westflanke der Brunnensteinspitze lawinengefährdet.[3] Bei entsprechender Schneelage werden Bundesstraße und Eisenbahnstrecke gesperrt, eine Umfahrung ist über Seefeld und das eng eingeschnittene Tal der Leutascher Ache nach Mittenwald möglich. Wegen des Naturschutzgebiets Riedboden ergeben sich für den baulichen Lawinenschutz starke Einschränkungen, ein Straßentunnel direkt durch das Arntalköpfle mit Austritt auf deutscher Seite westlich der Isar war deshalb nicht möglich. Nach jahrelangen Verhandlungen über verschiedene Alternativen und Kostenbeteiligungen[4] soll nun auf deutscher Seite eine Lawinengalerie für 8,5 Millionen Euro gebaut werden[5], der im Betrieb befindliche Tunnel[6] zur Ortsumgehung Scharnitz mündet auf österreichischer Seite noch im Lawinenstrich.[7]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter dem römischen Kaiser Septimius Severus (193–211) wurde der alte Saumpfad vom Inntal über den Seefelder Sattel nach Mittenwald als römische Straße befestigt, die als Via Raetia über Partenkirchen, Oberau und Murnau bis Augsburg führte. In der römischen Straßenkarte „Tabula Peutingeriana“ sind Scarbia (Scharnitz) und Partanum (Partenkirchen) als Rast- und Wachstationen eingezeichnet. Seit dem Mittelalter ist diese Straße eine bedeutende Handelsroute von Venedig nach Augsburg/Nürnberg (Via Imperii).

Der Scharnitzpass gehörte damals zur Grafschaft Werdenfels, die Grenze zur Grafschaft Tirol befand sich an der Burg Schlossberg nördlich von Seefeld.[8] Das Ziel Tirols war langfristig, die Landesgrenze zum strategisch wichtigen Scharnitzpass hin zu verschieben. Einen Teilerfolg verzeichneten die Tiroler, als am 20. Oktober 1500 Kaiser Maximilian I. und Fürstbischof Philipp von Freising einen im Jahr zuvor abgeschlossenen Vertrag ratifizierten, der die Grenze Tirols bis auf einen Kilometer südlich von Scharnitz verlegte.[9]

Im Jahr 1633 erhielt Tirol das Recht, zum Schutz vor den vorrückenden Schweden im Dreißigjährigen Krieg am Scharnitzpass auf Werdenfelser Gebiet die Talsperre Porta Claudia zu errichten. Durch Vertrag vom 29. Oktober 1656 wurde dann Scharnitz und das Gebiet um die Porta Claudia gegen einen Gebietsstreifen um den Kienleitenkopf mit dem Karlingerhof (Schönwieshof östlich von Scharnitz) und Wegerecht ins Hinterautal eingetauscht. Mit dem Vertrag vom 28. Mai 1766 wurde die Zugehörigkeit von Scharnitz und der Porta Claudia zu Tirol bestätigt sowie für einen Gebietsstreifen „auf einen Musketenschuß bei allen dermaligen Fortifikationswerken heraus gegen Mittenwald“.[10]

Ende April 1945 rückte die 44. US-Infanteriedivision aus Richtung Reutte kommend Richtung Fernpass vor. Hinter Biberwier wurde ihr Vorrücken am 30. April von einem Wintereinbruch mit Niederschlägen verlangsamt. Am Fernpass hatte sich eine deutsche Truppe von etwa 1.200 Mann festgesetzt. Der Fernpass und die Scharnitzer Klause boten gute Möglichkeiten, den Zugang in das Inntal zu blockieren.
Am 1. Mai begann ein großes Gefecht. Ein kleiner Trupp einheimischer Soldaten aus dem Widerstand half einem US-Bataillon, den gegnerischen Truppen in den Rücken zu fallen. Am späten Nachmittag des 2. Mai war der Fernpass freigekämpft. Beide Seiten verzeichneten an die hundert Mann Verluste (Tote oder Verwundete). Am 3. Mai waren die US-Truppen in Telfs und am 4. Mai marschierten sie durch Imst.[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise)
  2. Naturschutz im Bezirk Innsbruck Land auf der Webseite des Bundeslandes Tirol.
  3. Neidischer Blick zu Nachbarn: Tunnel um Scharnitz beschlossen, Reprint des Artikels aus dem Garmisch-Partenkichner Tagblatt vom 29. September 2011 mit Karte des Lawinenstrichs (PDF, 161 kB)
  4. Lawinenschutz an der Marchklamm: Zurück zur Galerie, merkur-online.de vom 3. November 2010, abgerufen am 6. Dezember 2011
  5. Ortsumfahrung und Lawinenschutz: Kompaktlösung nicht möglich, merkur-online.de vom 6. Oktober 2011, abgerufen am 6. Dezember 2011
  6. Umfahrung Scharnitz feierlich eröffnet auf ORF-Tirol vom 10. November 2018, abgerufen am 10. November 2018
  7. Tunnelanschlag für Umfahrung Scharnitz, orf.at vom 11. August 2016, abgerufen am 26. Dezember 2016.
  8. Grafschaft Werdenfels - Umfang und Grenzen der Grafschaft: Die tirolische Grenze S. 15, in: Altbayern Reihe I Heft 9: Grafschaft Werdenfels, Komm. für Bayerische Landesgeschichte, München 1955.
  9. Daniel-Erasmus Khan: Die deutschen Staatsgrenzen - rechtshistorische Grundlagen und offene Rechtsfragen. Mohr Siebeck 2004, S. 211 f. ISBN 978-3-16-148403-2 Vorschau bei Google Books
  10. Grafschaft Werdenfels - Umfang und Grenzen der Grafschaft: Die tirolische Grenze S. 16, in: Altbayern Reihe I Heft 9: Grafschaft Werdenfels, Komm. für Bayerische Landesgeschichte, München 1955.
  11. Das Kriegsende 1945 in Tirol (PDF)