St.-Marien-Kirche (Bergen)

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Die St.-Marien-Kirche in Bergen
St.-Marien-Kirche: Innenraum
Bildstein in der Westfassade der St.-Marien-Kirche

Die St.-Marien-Kirche ist die Kirche der Evangelischen Kirchengemeinde Bergen auf Rügen, die zum Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis gehört und etwa 1600 Gemeindeglieder zählt. Sie ist das älteste Bauwerk der Stadt Bergen auf Rügen und neben der Pfarrkirche Altenkirchen das älteste Bauwerk der Insel Rügen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um 1180 begann der Bau der Kirche, eine romanische Basilika mit Querschiff, unter dem rügischen Fürsten Jaromar I. Seine Pläne, die Kirche zur Pfalz auszubauen, musste Jaromar wegen der Ungunst seiner dänischen Lehnsherren aufgeben. Darum wurde die Kirche 1193 als Klosterkirche für Nonnen der Benediktiner geweiht. 1380 wurde sie zugleich Pfarrkirche.

Das Langschiff in Form einer dreischiffigen Halle mit fünf Jochen und das Obergeschoss des Querbaus stammen aus gotischer Zeit (14. Jahrhundert). Zu einem der überregional bedeutendsten Ausstattungsstücke zählt das Taufbecken aus dem 14. Jahrhundert. Lange galt der überaus kunstvoll gearbeitete Abendmahlskelch als Arbeit des 13. Jahrhunderts. Zugeordnet wurde er zumeist einer Lübecker Werkstatt, die auch den Messkelch des Klosters Preetz gefertigt haben soll.[1][2] Zuletzt wurden jedoch Untersuchungen publiziert, die die Echtheit anzweifelten und in dem Stück ein Werk der 1880er Jahre sahen.[3] Befunde, die für diese These sprechen, sind die Tatsache, dass das Filigran wie maschinell, sprich zu regelmäßig gearbeitet ist, kaum Lötstellen zu sehen sind, was mit mittelalterlichen Öfen schwerlich zu erreichen war, und die Beschaffenheit der Schmucksteine. Der Kelch wurde 1877 erstmalig der Öffentlichkeit bekannt und kurze Zeit später bereits durch eine Zeichnung dokumentiert.[4] Die Forscher stellten sichtbare Unterschiede zwischen dieser ersten Dokumentation und dem heutig als original aufgefassten Objekt fest. Somit steht offen, ob der Bergener Kelch eine reine Erfindung des 19. Jahrhunderts ist oder ob es sich um eine Replik handelt, die auf ein verloren gegangenes Exemplar aus dem Mittelalter zurückgeht.

Aus dem Barock stammen der Kronleuchter (17. Jahrhundert), der Altar (1730) und die Kanzel (1776). Die romanischen Wandmalereien der Kirche sind das einzige Beispiel für eine Totalausmalung einer Kirche in Norddeutschland. Sie wurden 1896 bis 1903 von August Oetken restauriert.[5][6]

Die große Glocke der Kirche wurde nach einem Großbrand 1445 gegossen und wiegt etwa drei Tonnen.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zweimanualige Orgel der Kirche wurde 1909 von Felix Johannes und Felix Grüneberg gebaut und 1945 von der Firma Schuke umgebaut. 2006–2009 wurde das Instrument durch die Orgelwerkstatt Christian Scheffler aus Sieversdorf restauriert und dabei auf den Stand von 1909 gebracht. Es hat 28 Register auf zwei Manualen und Pedal.[7][8]

I Hauptwerk C–g3
1. Bordun 16′
2. Principal 8′
3. Gambe 8′
4. Hohlflöte 8′
5. Gedackt 8′
6. Octave 4′
7. Flöte 4′
8. Rauschquinte II
9. Cornett III
10. Mixtur IV
11. Trompete 8′
II Schwellwerk C–g3
12. Liebl. Gedackt 16′
13. Principal 8′
14. Concertflöte 8′
15. Rohrflöte 8′
16. Aeoline 8′
17. Voix celeste 8′
18. Praestant 4′
19. Traversflöte 4′
20. Progressio harm. II–III
21. Oboe 8′
Pedal C–f1
22. Contrabass 16′
23. Subbass 16′
24. Violon 8′
25. Cello 8′
26. Bassflöte 8′
27. Posaune 16′
28. Trompete 8′

Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die evangelische Kirchengemeinde gehört seit 2012 zur Propstei Stralsund im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Vorher gehörte sie zum Kirchenkreis Stralsund der Pommerschen Evangelischen Kirche.

Geistliche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurioses[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chor: Fresken (12. Jhdt., restauriert 1896–1903) mit Darstellung des Propheten Ezechiel mit Zitat: „Ich will euch ein neu Herz geben“ (Eze. 36:26)

Das Zifferblatt der Kirchturmuhr auf der Nordseite ist seit der Restaurierung im Jahr 1983 in 61 Minuten unterteilt. Ein Orkan hatte die Uhr beschädigt. Als die Arbeiter mit der Erneuerung fertig waren, klaffte eine Lücke in den Minutenanzeigen zwischen der 11 und der 12, also hat man einfach eine weitere Markierung angebracht. Damit ist St. Marien die wahrscheinlich einzige Kirche in Deutschland, auf deren Uhr 61 Minuten angezeigt werden.

Der Kopf des Mönches neben dem Hauptportal soll auf gleicher Höhe sein wie die Spitze der Marienkirche in Stralsund, heißt es in alten Reiseführern.

Unmittelbar vor dem Altar ist das Grab der Prinzessin Elisabeth von Pommern, einer Schwester Bogislaw X., die im 15. Jahrhundert Äbtissin des Klosters in Bergen war.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Julius Bentley Løffler: Die Klosterkirche zu Bergen auf Rügen. In: Baltische Studien, 29 (1879)
  • Alfred Haas: Urkundliches Material zur Geschichte der Kirche in Bergen auf Rügen. In: Baltische Studien, 43 (1893), S. 61–116
  • Leonie Reygers: Die Marienkirche in Bergen auf Rügen und ihre Beziehungen zur dänischen Backsteinarchitektur, Bamberg 1934
  • Nikolaus Zaske: Die St. Marienkirche zu Bergen auf Rügen. Wiss. Zeitschr. Der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald XII (1963), S. 229–246
  • Walter Ohle: Die Marienkirche zu Bergen/Rügen. Berlin 1959, 3. bearb. Aufl. Berlin 1973
  • Sabine Bock: Rügen. Burgen und Schlösser, Kirchen und Kapellen, Rittersitze und Herrenhäuser. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2022. ISBN 978-3-944033-42-6, S. 86–92

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wanda von Dallwitz: Die Entwicklung der norddeutschen Abendmahlskelche des 13. und 14. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Kelche in Schleswig-Holstein. Dissertation Universität Hamburg 1951, S. 31–54, 95–106.
  2. Paul Zubek, Heinz Spielmann (Bearb.): Schloss Gottorf und seine Sammlungen. Mittelalter. Neumünster 1994, S. 134 f., Kat. Nr. 25 (Paul Zubek).
  3. Burkhard Kunkel: Der Abendmahlskelch der St. Marienkirche zu Bergen auf Rügen – echt romanisch? In: Kunst-Chronik. 63. Jg., Heft 6. Nürnberg 2011, S. 253–256 (Vgl. auch Wolfgang Hofmann, Burkhard Kunkel: Werkforschung. Neue Untersuchungen zu Material, Technik und Geschichte des romanischen Kelches von Bergen auf Rügen, in: Restauro, Heft 2, München 2010, S. 104–111.).
  4. Burkhard Kunkel: Der Abendmahlskelch der St. Marienkirche zu Bergen auf Rügen - echt romanisch?. In: Kunstchronik 63 (2010), S. 256.
  5. Sabine-Maria Weitzel: Die romanischen Wandmalereien im Chor und Querschiff der St.-Marien-Kirche in Bergen auf Rügen – Original und Erfindung. In: Baltische Studien. Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte. Neue Folge Band 91 (Band 137 Der Gesamtreihe) 2005, Kiel 2006, S. 39–60.
  6. Gerold Schmidt: Der Kirchenmaler und Mosaikkünstler des Historismus Prof. August Oetken (1868–1951). In: Das Melanchthonhaus Bretten. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1997, S. 167–212.
  7. Disposition der Grüneberg-Orgel in der St. Marienkirche Bergen. In: Webseite der Kirchengemeinde Bergen. Abgerufen am 12. November 2010.
  8. Restaurierungen, Bergen auf Rügen. Orgelwerkstatt Scheffler, abgerufen am 12. November 2010.
  9. Ewert, Klaus Richard Theodor. Kulturportal West-Ost, abgerufen am 25. April 2019.
  10. Burkhard Kunkel: Ewert, Klaus Richard Theodor. In: Ostdeutsche Gedenktage 2017. Persönlichkeiten und historische Ereignisse. Bonn 2018, S. 237–241.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St.-Marien-Kirche (Bergen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 54° 25′ 2,03″ N, 13° 25′ 56,31″ O