St.-Louis-Familie

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Die St. Louis-Familie (St. Louis crime family)[1][2], bzw. Giordano-Familie, ist eine italo-amerikanische Mafiafamilie der La Cosa Nostra mit Hauptsitz in St. Louis, Missouri.[3][4] Die Familie gehört heute mit etwa zehn Vollmitgliedern und etwa 25–30 Assoziierten zu den kleinsten Familienclans der La Cosa Nostra. Über ihren aktuellen Zustand – und ob sie überhaupt noch eigenständig existiert – ist wenig bekannt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anfänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aktivitäten von Mobstern und deren Banden in St. Louis, welche der Mafia zugeordnet werden können, lassen sich bis Mitte der 1880er Jahre zurückverfolgen.[5]

Als erster Boss einer Bande – die als Kern der St. Louis-Familie betrachtet wird – kann Dominick Giambrone gelten, der 1910 seine Leute anführte, aber es waren noch andere italo-amerikanische Gangster – gerade während der Alkoholprohibition in den Vereinigten Staaten – in der Stadt tätig.[5]

  • The Green Ones; eine sizilianische Bande um Vito Giannola.
  • The Russo Gang: eine Splittergruppe der Green Ones, angeführt von Tony Russo.
  • The Pillow Gang; eine Italienische Bande um Pasquale Santino.

Neben diesen kleinen italienischen Banden waren aber insbesondere irischen Banden: Egan's Rats, Hogan Gang, die Shelton-Brother-Gang und The Cuckoos und davon beherrschten bis 1924 insbesondere die Egan Rat's die Stadt; Anführer Thomas „Tom“ Egan war ein gewählter Kommunalpolitiker.

Diese sieben Banden kämpften zu Anfang der Prohibition um Marktanteile und Gebiete; während dieser Zeit traten die kleinen italienischen Banden weder als einheitliche Gruppe auf, noch war etwas von einem Zusammenhalt als Teil einer „La Cosa Nostra“ zu bemerken.[5]

Vito Giannola und danach Frank Agrusa – Nachfolger Dominick Giambrone – begannen sich durchzusetzen. Als Vito Giannola 1927 ermordet wurde, verließen die verbliebenen Mitglieder der Green Ones die Stadt. 1928 gaben die verbliebenen Russo-Brüder auf.[5]

Auch Pasquale Santino war 1927 umgebracht worden; die Pillow Gang hielt sich aber noch bis 1931 unter ihrem neuen Anführer Carmelo Fresina, bis auch dieser 1931 ermordet wurde. Unter Oberhaupt Thomas Buffa wurden offenbar die Reste der Pillow Gang übernommen. Dieser geriet aber selbst in Schwierigkeiten, floh aus der Stadt und wurde 1943 in Lodi (Kalifornien) ermordet.[3]

Nachdem Underboss Vincenzo „Vincent“ Chiapetta im Jahr 1950 kurzzeitig Boss der Familie wurde, übernahm John Joseph Vitale dessen Posten und blieb 30 Jahre, bis zum Jahr 1980 Underboss.

Anthony Giordano und das Detroit Partnership[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Tod von Anthony „Tony Lap“ Lopiparo im Jahr 1960, wurde Anthony „Tony G.“ Giordano dessen offizieller Nachfolger als Boss.[6][1] In den 1970er Jahren versuchte Giordano zusammen mit Anthony Joseph Zerilli – dem Actingboss der Zerilli-Familie (Detroit crime family) – die Kontrolle über das Kasino New Frontier in Las Vegas zu übernehmen.[1][7] Giordano wurde diesbezüglich im Jahr 1975 verurteilt und inhaftiert[1][7] und sein Neffe Vincenzo „Jimmy“ Giammanco wurde währenddessen zum Actingboss ernannt,[1] bis Giordano im Jahr 1977 wieder entlassen wurde.[7] Drei weitere Jahre blieb er Oberhaupt der Familie, bis er am 29. August 1980 an Krebs starb.[7][3]

Vitale und Trupiano[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachfolger von Anthony Giordano wurde dessen Underboss John Joseph Vitale, bis er aber bereits am 5. Juni 1982 eines natürlichen Todes starb.[8]

Matthew Trupiano, Jr. wurde das neue Oberhaupt der Familie[9] mit Joseph Cammarata als seinen Underboss.[10] Er war ein Geschäftsmann und Präsident der Gewerkschaft Local 110, welche von der Giordano-Familie kontrolliert wurde. Da Trupiano somit eine Leitende Figur der Gewerkschaftsarbeit war, konnte ihn die Staatsanwaltschaft bezüglich Veruntreuung von Gewerkschaftsgeldern anklagen und im Juni 1992 wurde er aufgrund der Strafanzeige, von seinem Amt als Präsident der Local 110 entbunden.

Im Oktober 1992 wurde Trupiano wegen illegalen Glücksspiels für schuldig befunden und zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands wurde Trupiano aber nach 16 Monaten vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen.[3][9] Am 22. Oktober 1997 starb Trupiano an einem Herzinfarkt[3][11] und Anthony M. „Nino“ Parrino wurde bis zu seinem Tod im Jahr 2014, Nachfolger von Trupiano.

Historische Führung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oberhaupt der Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicht immer ist das Oberhaupt einer Familie so eindeutig zu identifizieren; insbesondere, wenn durch eine Haftstrafe ein anderes Familienmitglied in den Vordergrund rückt. Die Betrachtung von außen macht es nicht immer einfach, ein neues Oberhaupt als solches zu erkennen bzw. dessen genaue Amtszeit festzustellen. Außerdem scheint sich gewissermaßen ein Präsidialsystem durchzusetzen; d. h. das Oberhaupt verlagert seine Macht mehr auf einen sogenannten „acting boss“ und/oder „street boss“, die ihrerseits wiederum das Oberhaupt als solches weiter anerkennen, auch wenn es zum Beispiel in Haft sitzen sollte.

Zeitraum Name Spitzname Lebenszeit Todesursache Anmerkung
1912–1923 Dominick Giambrone 1876–1934 1934 ermordet geflohen
1923–1927 Vito Giannola ????–1927 am 28. Dez. 1927 ermordet
1927–1937 Frank Agrusa ??–1940er ermordet
1937–1943 Thomas Buffa Tom ????–1947 am 27. Mär. 1947 ermordet geflohen
1943–1950 Pasquale Miceli ????–1950
1950–1950 Vincenzo „Vincent“ Chiapetta 1886–1970
1950–1960 Anthony Lopiparo Tony Lap ????–1960
1960–1980 Anthony Giordano Tony G. 1915–1980 Krebs 1975–1977 inhaftiert
1980–1982 John Joseph Vitale Johnny V. 1909–1982 natürlicher Tod
1982–1997 Matthew M. Trupiano, Jr. Mike 1938–1997 Herzinfarkt Neffe von Anthony Giordano
1997–2014 Anthony M. Parrino Nino 1930–2014 natürlicher Tod

Acting Boss

Underboss der Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Underboss ist die Nummer zwei in der Verbrecher-Familie, er ist der stellvertretende Direktor des Syndikats. Er sammelt Informationen für den Boss, gibt Befehle und Instruktionen an die Untergebenen weiter. In Abwesenheit des Bosses führt er die Organisation an.

Zeitraum Name Spitzname Lebenszeit Todesursache Anmerkung
1912–1923 Vito Giannola ????–1927 am 28. Dez. 1927 ermordet wurde 1923 Boss
1923–1927 Alfonse Palazzolo am 9. Sep. 1927 ermordet
1927–1937 Thomas Buffa Tom ????–1947 am 27. Mär. 1947 ermordet wurde 1937 Boss
1937–1943 Pasquale Miceli ????–1950 wurde 1943 Boss
1943–1950 Vincenzo „Vincent“ Chiapetta 1886–1970 wurde 1950 Boss
1950–1980 John Joseph Vitale Johnny V. 1909–1982 natürlicher Tod wurde 1980 Boss
1980–2000er Joseph Cammarata Uncle Joe 1924–2013
2000er-heute Vincent Giordano Vince ????-heute Neffe von Anthony Giordano

Consigliere der Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf derselben Ebene wie der Underboss steht der Consigliere, der Berater der kriminellen Familie. Es handelt sich meist um ein älteres Mitglied der Familie, das in seiner kriminellen Karriere die Stellung des Bosses nicht erreicht und sich nun teilweise von der aktiven kriminellen Tätigkeit zurückgezogen hat. Er berät den Boss und den Underboss und hat dadurch einen beträchtlichen Einfluss und erhebliche Macht.

Zeitraum Name Spitzname Lebenszeit Todesursache Anmerkung
1950–1960 Ralph Caleca Shorty 1900–1988 natürlicher Tod zurückgetreten
1960–1982 Joseph Pisciotta ???–2012 natürlicher Tod zurückgetreten
1982–1997 Anthony M. Parrino Nino 1930–2014 natürlicher Tod wurde 1997 Boss
1997–2001 Vincent Giordano ????-heute
2001–heute Giacomo Parrino Jackie ????-heute

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter J. DeVico: The Mafia Made Easy: The Anatomy and Culture of La Cosa Nostra. Tate Publishing & Enterprises, 2007. S. 197–202, ISBN 1-60247-254-8[1]
  • Scott M. Dietche: The Everything Mafia Book: True Life Accounts of Legendary Figures, Infamous Crime Families, and Chilling Events, Everything Books, 2009. ISBN 978-1598697797[12]
  • Daniel Waugh: Gangs of St. Louis: Men of Respect. Charleston: The History Press, 2010. ISBN 978-1-59629-905-4
  • John Auble: A History of St. Louis Gangsters: A Chronology of Mob Activity on Both Sides of the River Ranging from the Egan Rats to the Last Mob Leader on Record. The National Criminal Research Society. 2002. ISBN 0-9713409-0-0
  • Bureau of Narcotics. The United States Treasury Department. Giancana, Sam. Mafia: The Government's Secret File on Organized Crime. Skyhorse Publishing, 2007. ISBN 978-1602396685

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Devico, S. 197–202
  2. Dietche, S. 150
  3. a b c d e Allan May: The St. Louis Family. In: Trutv.com. Archiviert vom Original am 16. Oktober 2013; abgerufen am 30. Mai 2012 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.trutv.com
  4. Mario Machi, Allan May, Charlie Molino: St. Louis Family. In: AmericanMafia.com. 1999, archiviert vom Original am 27. April 2015; abgerufen am 30. Mai 2012 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/americanmafia.com
  5. a b c d [1] (englisch) Daniel Waugh: Gangs of St. Louis: Men of Respect auf books.google.com, S. 1–2, 30, 228–233 (englisch)
  6. Auble, John (2002). A History of St. Louis Gangsters. St. Louis, Missouri: The National Criminal Research Society. S. 36.
  7. a b c d Editorial. "Giordano, St. Louis Mobster Boss, Dies." Chicago Tribune, 30. August 1980, S. W19.
  8. Machi, Mario, Allan May, and Charlie Molino. (1999)."St. Louis Family". AmericanMafia.com. Abgerufen am 18. Juli 2011.
  9. a b Jerry Capeci: The Complete Idiot's Guide to the Mafia. Alpha Books, 2001, ISBN 0-02-864225-2, S. 91. (Google Books)
  10. Auble, John (2002). A History of St. Louis Gangsters. St. Louis, Missouri: The National Criminal Research Society. S. 105.
  11. Henry Levins: MATTHEW TRUPIANO, KNOWN AS LEADER OF AREA MOB, DIES AT 58, 24. Oktober 1997, S. 1C 
  12. Dietche, Scott M. Dietche: The Everything Mafia Book: True Life Accounts of Legendary Figures, Infamous Crime Families, and Chilling Events (englisch) auf books.google.co.uk, S. 150 f.