Stan Getz

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Stan Getz in Sandvika, Norwegen, Februar 1983

Stan Getz (* 2. Februar 1927 als Stanley Gayetzsky in Philadelphia; † 6. Juni 1991 in Malibu) gehörte über Jahrzehnte zu den einflussreichsten Saxophonisten der Welt. Getz war stilbildend im Bereich des Cool Jazz, wenngleich ihm seine größten populärmusikalischen Erfolge in seiner Latin-Phase gelangen. Später war er ein herausragender Saxophonist des Mainstream und galt als eleganter Melodiker, der mit elf Grammy Awards ausgezeichnet wurde.

Leben

Geboren als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine, spielte er zu Beginn seiner Karriere Altsaxophon bei Jack Teagarden (zu dessen Band er 1943 durchbrannte und der sich – um ihn zu halten – zu seinem Vormund bestimmen ließ), mit Nat King Cole, Lionel Hampton und eigenen Gruppen, dann in den Big Bands von Stan Kenton (1944/45), Benny Goodman (der den 16-Jährigen wegen seines unreifen Verhaltens feuerte),[1] Randy Brooks (1946), Jimmy Dorsey und Woody Herman (1947–1949). Zunächst galten Getz und sein Gitarrist Jimmy Raney als bekannte Vertreter des West-Coast- oder Cool-Jazz. Der Tenorist war zunächst ein Pionier des Bebop. Die Aufnahmen, die er bereits vorher mit Horace Silver, Jimmy Raney und anderen machte, wurden in ihrer Relevanz erst später richtig eingeschätzt.

Mit der Hermans Second Herd erlangte er zuerst größere Aufmerksamkeit durch sein Spiel im Four-Brothers-Sound. Bekannt wurde er 1947 durch sein Solo Early Autumn. Getz blieb bei Herman bis 1949 und arbeitete dann als Bandleader (Stan Getz Plays auf Clef), aber auch als Begleiter in Projekten von Sarah Vaughan, Ella Fitzgerald, Dizzy Gillespie und bei den Jazz at the Philharmonic (JatP)-Tourneen. Sein 1952 geschriebener Song Dear Old Stockholm entwickelte sich zum Jazzstandard.

Eine von Stan Getz’ Aufnahmen für Roost Records in den frühen 1950er Jahren: die 78er Shellack „Penny“

1954 wurde er zu einem Gefängnisaufenthalt verurteilt, nachdem er mit einer Spielzeugpistole Drogen in einer Apotheke in Seattle rauben wollte.[2] Danach lebte er eine Weile nach einer JatP-Europa-Tournee 1957/1958 halb zurückgezogen mit seiner schwedischen Frau in Kopenhagen, bevor er sich 1961 mit dem von Streichern begleitetem Album Focus zurückmeldete.

Weltbekannt wurde Stan Getz Anfang der 1960er Jahre durch seine Bossa-Nova-Aufnahmen. Seine Version von Desafinado (1962, auf Jazz Samba) zusammen mit dem Gitarristen Charlie Byrd wurde ein Hit. Sein größter Erfolg war aber wohl der Titel The Girl from Ipanema (1963), den er zusammen mit Astrud Gilberto, João Gilberto und Antônio Carlos Jobim auf dem Album Getz/Gilberto einspielte, das ihm einen Grammy einbrachte.

Nach seiner Bossa-Nova-Phase spielte er mit eigenen Gruppen, denen u. a. Gary Burton, Chick Corea, Joanne Brackeen, Kenny Barron, Steve Swallow, Stanley Clarke, Miroslav Vitouš, Jack DeJohnette, Tony Williams, Roy Haynes angehörten. Er spielte u. a. mit (dem Pianisten) Bill Evans, Chet Baker, Elvin Jones, Diane Schuur, Peter Herbolzheimer, der Kenny Clarke/Francy Boland Big Band. Seit 1972 produzierte er seine Platten selbst.

Seit 1985 war er an der Stanford University als Dozent beim Aufbau des Jazz Departement tätig. Ab den 1980er Jahren gab er auch wieder Konzerte in Deutschland, das letzte 1990 in der Münchner Philharmonie. Er trat noch wenige Monate vor seinem Tod an Leberkrebs 1991 im Alter von 64 Jahren auf.

Seit Beginn seiner Karriere war der sensible und privat zu Ausfälligkeiten neigende Künstler drogensüchtig; die Karriere war durch Gefängnisaufenthalte unterbrochen. Vom Heroin konnte Getz sich zwar befreien, die Alkoholsucht überwand er jedoch nie vollständig und konnte unter Alkoholeinfluss auch ausfallend werden. Trotz seiner Drogen- und Alkoholprobleme hat er auf der Bühne niemals versagt.

Getz gilt als einer der renommiertesten Jazzmusiker, der auch von seinen Musikerkollegen anerkannt war. Die Ursachen dafür liegen in seinem großen melodischen Gespür und seinem oft exquisiten Ton begründet. Getz ist sowohl durch seine individuelle Tonbildung als auch durch seine spezifische Phrasierung sofort identifizierbar. Beim Spiel wirkte er immer sehr kühl, fast teilnahmslos; seine Musik war trotzdem hoch emotional, konzentriert und technisch absolut perfekt. Er spielte niemals ekstatisch, aber trotz aller Verhaltenheit immer mit höchster Intensität – der Inbegriff des Cool-Jazz-Improvisators.

Getz heiratete 1946 Beverly Byrne, eine Sängerin in der Band von Gene Krupa, und bekam mit ihr drei Kinder. In zweiter Ehe heiratete er 1956 die Schwedin Monica Silfverskiöld, mit der er weitere zwei Kinder hatte. Nach jahrelangem vergeblichen Kampf gegen seine Drogensucht wurde die Ehe 1987 geschieden, die Vormundschaften über seine Kinder aus erster und zweiter Ehe behielten seine Exfrauen.

Diskografie (Auswahl)

Stan Getz mit Enkeltochter (Lincoln Center, 1987)

Sammlung

Literatur

Weblinks

Commons: Stan Getz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Popsie Randolph. In: Hentoff, Shapiro: Here me talkin to ya. Penguin 1955, S. 359
  2. Ein Brief von Getz dazu ist in Hentoff/Shapiro loc.cit., S.359f. abgedruckt. Er hatte keine Pistole und wurde von der Ladenbesitzerin ausgelacht. Als er – zurück im Hotel – anrief, um sich zu entschuldigen, wurde das Gespräch zurückverfolgt (so Getz). Auf dem Weg ins Gefängnis versuchte er, mit Barbituraten Suizid zu begehen.