Stinsenpflanze

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Ein Beispiel für eine Stinsenpflanze: Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) in einer vor Jahrzehnten als Beet genutzten Rasenfläche

Stinsenpflanzen (auch Stinzenpflanzen) sind eine Gruppe von Agriophyten, also vom Menschen am betrachteten Ort eingeführte Pflanzen. Sie stellen hinsichtlich ihres Vorkommens und ihrer Ausbreitung im nördlichen Mitteleuropa eine Besonderheit dar, weil sie nach ihrer Pflanzung an einem (geeigneten) Standort auch ohne menschlichen Einfluss überleben, sich vermehren und verwildern. Damit werden sie zu einem Bestandteil der natürlichen Vegetation. Ihre Verbreitung beschränkt sich jedoch auch über lange Zeiträume üblicherweise auf den unmittelbaren Bereich ihrer ursprünglichen Pflanzung.

Vorkommen dieser Pflanzen sind damit Kulturrelikte und zeigen mit ihrem Vorkommen (z. B. auf Rasenflächen, in Gebüschen) an, dass sich in dem jeweiligen Gebiet ein Garten o. ä. befunden hat. Ein erheblicher Teil der Stinsenpflanzen gehört zu den Frühjahrsblühern.

Begriffsherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff leitet sich von dem friesischen Begriff für „Steinhaus“ ab. In früheren Jahrhunderten (insbesondere im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit) stellten – bedingt durch die höheren Baukosten – Steinhäuser eine Ausnahme dar. Die meisten Steinhäuser waren Schlösser, Klöster, Herrenhäuser, Gutshöfe, Kirchen und Pastorate. Diese Steinhäuser besaßen häufig Gärten oder Garten-/Parkanlagen, in denen u. a. Zierpflanzen ausgepflanzt wurden – darunter auch Blühpflanzen, die heute als „Stinsenpflanzen‘“ bezeichnet werden. Während die Steinhäuser im Laufe der Zeit z. T. verschwanden und/oder die Gärten bzw. Garten-/Parkanlagen umgestaltet oder aufgelöst wurden, haben sich die dort ausgepflanzten nicht heimischen Zierpflanzen bis heute erhalten und geben einen Hinweis auf die ursprünglichen Gärten und deren Ausdehnung.

Liste von Stinsenpflanzen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beispiele für Vorkommen von Stinsenpflanzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

wissenschaftlicher Name Trivialname Ort Bild Bemerkungen
Crocus napolitanus Schlosspark des Husumer Schlosses überregional bekanntes Ereignis der Husumer Krokusblüte
Eranthis hyemalis Winterling Rautal, Jena
Fritillaria meleagris Schachblume NSG Schachblumenwiesen bei Sassenberg vermutlich Gartenflüchtlinge aus ehemaligem Schlossgarten
Fritillaria meleagris Schachblume Sinnwiesen von Altengronau
Ornithogalum nutans Nickender Milchstern Schlosspark des Schlosses Paretz
Scilla siberica Sibirischer Blaustern Nordpark Magdeburg
Scilla siberica Sibirischer Blaustern Stadtteilfriedhof Lindener Berg, Hannover
Tulipa sylvestris Wilde Tulpe bei Schloss Brake, Lemgo vermutlich verwildert aus einem Barockgarten[1]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans-Helmut Poppendieck: Historische Zierpflanzen in schleswig-holsteinischen Gärten und Parkanlagen – in: Adrian von Buttlar / Margita Marion Meyer (Hrsg.): Historische Gärten in Schleswig-Holstein, Heide 1996, ISBN 3-8042-0790-1
  • Hans-Helmut Poppendieck: Stinzenpflanzen in Schleswig-Holstein und Hamburg – in: Adrian von Buttlar / Margita Marion Meyer (Hrsg.): Historische Gärten in Schleswig-Holstein, Heide 1996
  • Christian Stolz (2013): Archäologische Zeigerpflanzen: Fallbeispiele aus dem Taunus und dem nördlichen Schleswig-Holstein. Plants as indicators for archaeological find sites: Case studies from the Taunus Mts. and from the northern part of Schleswig-Holstein (Germany). - Schriften des Arbeitskreises Landes- und Volkskunde 11: 1–30
  • Herbert Sukopp & Ingo Kowarik (2008): Stinsenpflanzen in Mitteleuropa und deren agriophytische Vorkommen. Berichte aus dem Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie der Universität Hohenheim Heft 17, 2007, S. 81–90. PDF
  • Buch Tuinieren met Stinzenplanten, Trudi Woerdeman, Dieren 2008. http://www.starkezwiebeln.de/buch-tuinieren-met-stinzenplanten
  1. Seltene Weinbergtulpe blüht am Schloss Brake, Website des Landesverband Lippe, 27. April 2018