Thionville
Thionville | ||
---|---|---|
Staat | Frankreich | |
Region | Grand Est | |
Département (Nr.) | Moselle (57) | |
Arrondissement | Thionville | |
Kanton | Thionville-Est, Thionville-Ouest | |
Gemeindeverband | Portes de France-Thionville | |
Koordinaten | 49° 21′ N, 6° 10′ O | |
Höhe | 147–423 m | |
Fläche | 49,89 km² | |
Einwohner | 42.163 (1. Januar 2021) | |
Bevölkerungsdichte | 845 Einw./km² | |
Postleitzahl | 57100 | |
INSEE-Code | 57672 | |
Website | www.thionville.fr |
Thionville [deutsch Diedenhofen[1]) ist eine an der Mosel gelegene französische Stadt mit 42.163 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Moselle in der Region Grand Est. Im moselfränkischen Dialekt, der noch von den Älteren gesprochen wird und dem Luxemburgischen sehr ähnlich ist, wird die Stadt Diddenuewen genannt. Die Einwohner nennen sich Thionvillois.
] (Geografie
Ortsteile
|
Geschichte
Thionville bestand schon zur Zeit der Merowinger und wurde in Urkunden als Theudonevilla, Totonisvilla, Thionisvilla (1236) und Theodunvilla erwähnt. Erste urkundliche Erwähnung fand der Ort 753 als Theodonis villa. Unter dieser Bezeichnung ist er auch mehrfach in den Fränkischen Reichsannalen und im Lorscher Codex[2] erwähnt. Spätere Bezeichnungen waren Dietenhoven (707), Didenhowen (962), Duodinhof/Duodenhof (11. Jh.), Diesenhoven (1023), Ditdenhof (1033), Dydenhowen (1346), Dutenhofen (1357), Diedzhofen (1431), Diedenhoven (1449), Dietenhoben (1576), Dudenhoffen (1606), Diedenhoben (1612).[1]
Der Ort war bereits zur Zeit Pippins des Jüngeren eine königliche Pfalz. In ihr wurden mehrere Hoftage abgehalten, zum Beispiel 835, als die Absetzung Ludwigs des Frommen für ungültig erklärt wurde. Pippins Sohn Karl der Große weilte mehrfach in der dortigen Pfalz, „villa Theodonis villa“ (sic!). Am 24. Dezember 805 erließ er in Thionville das nach der Stadt benannte Diedenhofener Kapitular.
Ab dem 10. Jahrhundert gehörte das Gebiet mit Luxemburg zum Heiligen Römischen Reich und blieb bis 1462 im Besitz der Herzöge von Luxemburg. Bis 1477 gehörte es dann dem Herzog von Burgund und von 1477 bis 1643 den Habsburgern.
Nachdem Diedenhofen 1558 von französischen Truppen unter dem Herzog von Guise belagert worden war, kam es 1639 im Zusammenhang mit dem Französisch-Spanischen Krieg (1635–1659) zu einer erneuten Belagerung der Stadt unter Manassès de Pas, Marquis de Feuquières, dessen Truppen von einem überlegenen kaiserlichen Heer unter General Octavio Piccolomini in der Schlacht bei Diedenhofen am 7. Juni 1639 geschlagen wurden. Doch schon am 10. August 1643 eroberten und besetzten französische Truppen den Ort erneut.
Durch den Pyrenäenfrieden wurde Diedenhofen am 7. November 1659 an Frankreich abgetreten.
Im Jahr 1792 begann der Feldzug des Herzogs von Braunschweig zur Rückeroberung des Throns von König Ludwig XVI. mit der Belagerung von Thionville, deren Besatzung für die Französische Revolution eintrat. Die Belagerung, die am Ende scheiterte, gab dem Ancien Régime einen Vorgeschmack auf den erbitterten Widerstand der Revolutionsarmee, der in der Kanonade von Valmy gipfeln sollte.
Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurde die Stadt während der Belagerung durch preußische Truppen stark beschädigt. Die Festung kapitulierte am 25. November 1870, über 4.000 Franzosen gingen in Gefangenschaft. Diedenhofen musste am 10. Mai 1871 aufgrund des Frankfurter Friedens an das neue Deutsche Kaiserreich abgetreten werden und wurde Bestandteil des Reichslandes Elsaß-Lothringen.
Am 22. November 1918 besetzten französische Truppen die Stadt. Der Friedensvertrag von Versailles bestimmte die Abtretung von ganz Deutsch-Lothringen (Reichsland Elsaß-Lothringen) an Frankreich. In der Zeit der Besatzung während des Zweiten Weltkriegs ab 1940 wurde Lothringen einer deutschen Zivilverwaltung unterstellt (CdZ-Gebiet) und war damit inoffiziell wieder Teil des Deutschen Reichs. 1944 nahmen US-amerikanische Truppen Thionville ein, das seitdem wieder zu Frankreich gehört. Noch im Winter 1944/45 wurde für so genannte Displaced Persons das DP-Lager Nr. 8 eingerichtet, das in den folgenden Jahren tausende ehemalige KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene aufgenommen hat.
In Thionville, das wie ganz Frankreich in den ersten Nachkriegsjahrzehnten einen Wirtschaftsaufschwung erlebte (trente glorieuses), setzte in den 1970er Jahren der Niedergang der dominierenden Schwerindustrie ein, vor allem beim Abbau von Eisenerz (Minette), sodass die Stadt und die gesamte Region mit wirtschaftlichen Problemen und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben.
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2007 |
Einwohner | 31.811 | 37.079 | 43.020 | 40.573 | 39.712 | 40.907 | 40.910 |
Politik
Bürgermeister
Vom Mai 2015 bis zu ihrem Tod im April 2016 war die hier geborene Politikerin Anne Grommerch Bürgermeisterin (Maire) der Stadt. Sie gehörte der Partei Les Républicains an.
Städtepartnerschaft
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Museen
- Musée de la Tour aux Puces oder Musée du Pays Thionvillois, (Museum im Flohturm, s.u.) Dauerausstellung archäologischer Funde der Region aus der Zeit der Vorgeschichte bis zur Renaissance, Wechselausstellungen zur Heimatkunde
- Musée de la résistance et de la déportation
Bauwerke
Thionville verfügt über eine erstaunlich gut und vielfältig erhaltene Bausubstanz. Trotz Kriegszerstörungen blieben zahlreiche Bauten erhalten oder sie wurden wieder restauriert. In der Regel handelt es sich um Bürgerhäuser und Villen aus der Wilhelminischen Ära wie auch aus dem Fin de Siècle. Das ansonsten gut erhaltene Stadtbild wird allerdings durch etliche deplatziert wirkende moderne Hochhausbauten gestört.
- Belfried aus dem 14. Jahrhundert
- La Poste (alte Post am Place de la République, Jahrhundertwende 19./20. Jahrhundert)
- Tour aux Puces (Flohturm), ursprünglich Bergfried, ab 11./12. Jahrhundert
- Autel de la Patrie (Altar des Vaterlandes), in Form eines Obelisken auf dem Platz Claude Arnoult, einziges in Frankreich erhaltenes Exemplar der rund 36.000 Monumente dieser Art, errichtet zur Zeit der Französischen Revolution
- Pfarrkirche St. Maximin, 1755–1759
- Hôtel de Ville (Rathaus, 1634–1637)
- Feste Obergentringen (Fort de Guentrange), 1899–1906 (Lage )
- Schloss Volkrange
- Ponts-écluse über den Canal des fortifications, zwei Schleusenbrücken, wovon eine als Monument historique klassiert ist, 1746–1752
- Haus Oscar Stephany, 1904 von Karl Griebel errichtet
- Alte Synagoge (1940 zerstört) und Neue Synagoge (1956 erbaut)
- Eltzer Hof
Wirtschaft und Infrastruktur
Die Region ist ein Zentrum der französischen Stahlproduktion. Etwa acht Kilometer nördlich von Thionville steht das Kernkraftwerk Cattenom. "Der Hafen Thionville-Illange ist der größte Binnenhafen Frankreichs für den Transport von metallurgischen Produkten. Es handelt sich um den wichtigsten Hafen am Eisenbahnkanal der Mosel (Canal des Mines de Fer de la Moselle (CAMIFEMO)); sein Vorteil ist seine Trimodalität (Straße, Schiene und Wasser)."[3]
Der Bahnhof Thionville ist ein Eisenbahnknoten an der Bahnstrecke Metz–Luxemburg. Hier zweigen die Strecke nach Trier und eine Nebenstrecke nach Bouzonville und Dillingen (Saar) ab. Die Autobahn 31 (Autoroute A31) führt auf dem Abschnitt zwischen Metz und Luxemburg direkt durch das Zentrum der Stadt.
Bildung
Zu den schulischen Einrichtungen Thionvilles zählt das Lycée et Collège Charlemagne.[4]
Persönlichkeiten
- Johann von Aldringen (1588–1634), deutscher Feldherr des Dreißigjährigen Krieges
- Dietrich Beelitz (1906–2002), deutscher Offizier, zuletzt Generalmajor i.G.
- Joseph Bodin de Boismortier (1689–1755), Flötist, Cembalist und Komponist
- François Ignace de Wendel (1741–1795), Industrieller
- Merlin de Thionville (1762–1833), Persönlichkeit der französischen Revolution
- Isidor Didion (1798–1878), General
- Fidel Hollinger (1818–1889), Buchdrucker und Verleger
- Max Leven (1882–1938), Journalist
- Alphons Victor Müller (1867–1930), Theologe, Journalist und Historiker
- Bernhard Möllers (1878–1945), Bakteriologe und Hygieniker
- Senta Söneland (1882–1934), deutsche Schauspielerin
- Wendelin Thomas (* 1884; verschollen, † nach 1947), deutscher Politiker (SPD, USPD, KPD)
- Hellmuth Volkmann (1889–1940), deutscher Offizier, zuletzt General der Flieger im Zweiten Weltkrieg
- Fritz von der Lancken (1890–1944), deutscher Wehrmachtsoffizier und Widerständler
- Joseph Schneider (1900–1986), deutscher Jurist und erster Präsident des Bundessozialgerichts
- Gerhard Borrmann (1908–2006), deutscher Physiker, Entdecker des Borrmann-Effekts
- Paul Kreber (1910–1989), deutscher Polizeibeamter, der mehrere Familien vor dem Holocaust rettete
- Ernest Bour (1913–2001), Dirigent
- Henry Anglade (* 1933), Radsportler
- Daniel Gomez (* 1979), französischer Fußballspieler
- Aïmen Demai (* 1982), französischer Fußballspieler
- Rémi Ochlik (1983–2012), französischer Fotograf
- Sébastien Feller (* 1991), Schachspieler
Thionville in der Literatur
Karl Mays Fortsetzungsroman Die Liebe des Ulanen spielt vor dem historischen Hintergrund des Deutsch-Französischen Krieges teilweise in Thionville.
Weblinks
- Gemeindeverband der Stadtregion Thionville (französisch)
- Fremdenverkehrsbüro von Thionville (französisch)
- Fotos von Thionville, seit 1900 bis in unsere Tage (französisch)
- Historische Karte von 1692 als Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Einzelnachweise
- ↑ a b Ernest de Bouteiller – Dictionnaire topographique de l'ancien département de la Moselle (1868 geschrieben)
- ↑ Glöckner, Karl [Hrsg.]: Codex Laureshamensis (Band 1), Urkunde 26, 26. Mai 836 – Reg. 3285. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 810, abgerufen am 1. Mai 2016.
- ↑ Seite der Moselkommission Weitere Einzelheiten zum Hafen siehe ebd.
- ↑ Lycée et Collège Charlemagne: Accueil. Online auf www.charlemagne-thionville.fr. Abgerufen am 25. November 2015.