Thomas Henry Huxley

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Thomas Henry Huxley (Fotografie)
Thomas Henry Huxley (1874)

Thomas Henry Huxley (* 4. Mai 1825 in Ealing, Middlesex; † 29. Juni 1895 in Eastbourne) war ein britischer Biologe und vergleichender Anatom, Bildungsorganisator und Hauptvertreter des Agnostizismus, dessen Begriff er prägte und durchsetzte. Als einflussreicher Unterstützer des Empirismus David Humes und der Evolutionstheorie Charles Darwins (was zu seinem Beinamen Darwin’s Bulldog führte) hatte er zusätzlich zu seinen eigenen umfangreichen Forschungen, Lehrbüchern und Essays sehr großen Einfluss auf die Entwicklung der Naturwissenschaften auf biologische Grundlagen der Medizin im 19. Jahrhundert.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Henry Huxley wurde am 4. Mai 1825 als Sohn eines Lehrers[1] im später zu London gehörenden Ealing geboren. Seine anglikanischen Eltern George Huxley und Rachel Withers hatten 1810 geheiratet. Thomas Henry war ihr siebtes Kind und gleichzeitig das jüngste überlebende von insgesamt acht.[2]

Huxley trat 1841 als Gehilfe in die Praxis eines Schwagers, des Arztes James Godwin Scott, in London ein und besuchte parallel Vorlesungen am Sydenham College.[3] Am 1. Oktober 1842 nahm er am Charing Cross Hospital das Studium der Medizin auf,[4] welches er 1845 mit dem akademischen Grad eines Bacc. med. der University of London abschloss.[5] Im Anschluss verdingte er sich bei der Royal Navy. Nach kurzer Tätigkeit am Royal Naval Hospital in Haslar vermittelte ihm sein dortiger Chef John Richardson die Teilnahme an einer Expedition der HMS Rattlesnake zur Torres-Straße in den Jahren 1846 bis 1850 als Schiffsarzt,[1] die ihm ausgedehnte, viel beachtete zoologische Forschungen ermöglichte. 1854 wurde er von der Londoner Royal School of Mines, einem Vorgänger des heutigen Imperial College, zum Professor für Naturgeschichte berufen.[5] Als die School of Mines Anfang der 1870er Jahre nach South Kensington zog, führte Huxley dort nach deutschem Vorbild Biologiekurse ein, in denen Wert auf Laborarbeit gelegt wurde, was im Lauf des 19. Jahrhunderts zum Vorbild in Großbritannien geworden war. 1885 ging er an der School of Mines in den Ruhestand.

Thomas Henry Huxley (1891)

Von 1855 bis 1858 hatte er eine John-Fuller-Professur für Physiologie an der Royal Institution of Great Britain. Am 30. Juni 1860 kam es auf der Jahrestagung der British Association for the Advancement of Science zur sogenannten „Huxley-Wilberforce-Debatte“ über Charles Darwins Schrift Die Entstehung der Arten, bei der Huxley sich ein später breit rezipiertes Wortgefecht mit Samuel Wilberforce, Bischof von Oxford, lieferte.

Sein bekanntestes und damals umstrittenstes Essay-Buch Evidence as to Man’s Place in Nature (1863) war Ausgangspunkt des beliebten Gesellschaftsstreits, ob der Mensch vom Affen abstamme oder nicht. Er gründete 1869 gemeinsam mit anderen Anhängern der Darwinschen Lehre die Fachzeitschrift Nature.

Von 1863 bis 1869 unterrichtete er als „Hunterian Professor“ am Royal College of Surgeons of England.

1868 prägte Huxley den Begriff der Wallace-Linie, der biogeografischen Trennlinie zwischen asiatischer und australischer Flora und Fauna. Im gleichen Jahr beschrieb er die Substanz Bathybius, die er für ein urtümliches Lebewesen hielt, was sich später jedoch als Irrtum herausstellte. Er begründete in der zoologischen Systematik das Taxon der Knorpelfische (Chondrichthyes), eine Klasse der Wirbeltiere (Vertebrata).

Seine Essays brachten ihm den Ruf ein, einer der größten Stilisten der englischen Sprache zu sein. Seine einfallsreichen Unternehmungen, die Gedanken seines Freundes Darwin zu popularisieren, bestanden unter anderem darin, sie in Dialog-Geschichten zu verpacken, die eine auch einfachen Menschen verständliche Sprache benutzten. Er und seine Mitstreiter setzten in der britischen Gesellschaft die neue Grundorientierung durch, anstelle von Fixierung auf geistige Autoritäten, Klassiker und Ämterpatronage ein moderneres Verständnis von empirisch fundierter Naturwissenschaft und Professionalismus zu setzen.

Huxley starb auf seinem Anwesen „Hodeslea“ bei Eastbourne.[6] Huxley ist der Vater von Leonard Huxley und Großvater dreier bekannter Brüder: des Biologen und UNESCO-Generalsekretärs Julian Huxley, des Schriftstellers Aldous Huxley sowie des Humanmediziners Andrew Fielding Huxley.[5]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Alter von 25 Jahren wurde er am 5. Juni 1851 als Mitglied in die Royal Society gewählt, die ihm 1852 die Royal Medal, 1888 die Copleymedaille und 1894 die Darwin-Medaille verlieh. Von 1883 bis 1885 war er Präsident der Royal Society. 1857 berief die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Huxley zu ihrem Mitglied.[7] 1862 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[8] Ab 1864 war er korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg[9] und ab 1865 der Preußischen Akademie der Wissenschaften. 1869 wurde er in die American Philosophical Society[10] und 1874 in die Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique aufgenommen.[11] 1876 wurde er Ehrenmitglied (Honorary Fellow) der Royal Society of Edinburgh. 1880 erhielt er die Clarke-Medaille der Royal Society of New South Wales, 1883 wurde Huxley in die American Academy of Arts and Sciences[12] und die National Academy of Sciences gewählt, 1890 erhielt er die Linné-Medaille der Linnean Society. Ab 1878 war er auswärtiges Mitglied der Accademia dei Lincei in Rom und ab 1879 korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences in Paris. Auch gehörte er dem X-Club an.

Nach ihm wurde die Huxley-Linie benannt, eine wesentliche Modifikation der Wallace-Linie, der biogeografischen Trennlinie zwischen asiatischer und philippinischer Flora und Fauna.

Der Mondkrater Huxley und der Marskrater Huxley[13] wurden beide 1973 nach ihm benannt. Der Mount Huxley auf Tasmanien trägt seinen Namen. Frederick Daniel Dyster benannte ihm zu Ehren 1858 die zu den Moostierchen gehörende Gattung Huxleya.[14]

Nach Huxley ist die von ihm 1845 beschriebene[15] Schicht der inneren Haarwurzelscheide benannt.[16]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karikatur von Carlo Pellegrini
  • The Oceanic Hydrozoa. London 1859 (online).
  • Evidence as to Man’s Place in Nature. London 1863 (online).
    • übers. von J. Victor Carus: Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Braunschweig 1863 (online).
  • On Our Knowledge of the Causes of the Phenomena of Organic Nature. Six Lectures to Working Men. London 1863 (online).
  • Lectures on the Elements of Comparative Anatomy. London 1864 (online).
  • Lessons in Elementary Physiology. London 1866 (online).
  • A Manual of the Anatomy of Vertebrated Animals. London 1871 (online).
  • A Course of Practical Instruction in Elementary Biology. London 1875 – mit H. Newell Martin (online).
  • Physiography: An Introduction to the Study of Nature. London 1877 (online).
  • A Manual of the Anatomy of Invertebrated Animals. London 1877 (online).
  • The Crayfish: An Introduction to the Study of Zoology. London 1879 (online).
  • On the application of the laws of evolution to the arrangement of the Vertebrata and more particularly of the Mammalia. In: Proceedings of the Zoological Society of London 43,1880, S. 649–662
  • Introductory Science Primer. London 1880 (online).
  • Collected Essays. 9 Bände, London 1893–1894
    • Band 1: Method and Results. Volltext.
    • Band 2: Darwiniana. Volltext.
    • Band 3: Science and Education. Volltext.
    • Band 4: Science and Hebrew Tradition. Volltext.
    • Band 5: Science and Christian Tradition. Volltext.
    • Band 6: Hume, with Helps to the Study of Berkeley. Volltext.
    • Band 7: Man’s Place in Nature. Volltext.
    • Band 8: Discourses, Biological and Geological. Volltext.
    • Band 9: Evolution and Ethics and Other Essays. Volltext.
      • ursprünglich publiziert als:
        • Lay Sermons, Addresses and Reviews. London 1870 (online).
        • Critiques and Addresses. London 1873 (online).
        • American Addresses. London 1877 (online).
        • Science and Culture. London 1882 (online).
        • Social Diseases and Worse Remedies. London 1891
        • Essays upon Some Controverted Questions. London 1892 (online).
  • Michael Foster (Hrsg.): The Scientific Memoirs of Thomas Henry Huxley. 5 Bände, London 1898–1903
  • Julian Huxley (Hrsg.): T.H. Huxley’s Diary of the Voyage of H.M.S. Rattlesnake. London 1935

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allgemeine Literatur

  • Gerhard Heberer: Thomas Henry Huxley (1825–1895), Charles Lyell (1797–1875), Carl Vogt (1817–1895), Ernst Haeckel (1834–1919). Einleitung zu Thomas Henry Huxley: Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Gustav Fischer, Stuttgart 1963, S. 1–53.
  • Leonard Huxley (Hrsg.): Life and Letters of Thomas Henry Huxley. 3 Bände, London 1900. 3. Auflage. Macmillan, London 1908 (Online verfügbar: Band 1, Band 2, Band 3).
  • Ilse Jahn: Thomas Henry Huxley. In: Ilse Jahn (Hrsg.): Geschichte der Biologie: Theorien, Methoden, Institutionen, Kurzbiographien, unter Mitwirkung von Erika Krauße, bearbeitet von 21 Fachwissenschaftlern. 2., korrigierte Sonderausgabe der 3., neubearbeiteten und erweiterten Auflage. Spectrum, Heidelberg /Berlin 2002, ISBN 3-8274-1023-1, S. 860.
  • Reinhard Hildebrand: Rudolf Albert Koelliker und seine wissenschaftlichen Kontakte zum Ausland. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 2, 1984, S. 101–115; hier: S. 105.

Weiterführende Literatur

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Thomas Henry Huxley – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Thomas Henry Huxley – Quellen und Volltexte
Wikisource: Thomas Henry Huxley – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Heberer 1963, S. 3
  2. L. Huxley 1908, Band 1, S. 1
  3. L. Huxley 1908, Band 1, S. 23
  4. L. Huxley 1908, Band 1, S. 29
  5. a b c Jahn 2002
  6. Heinz-Peter Schmiedebach: Huxley, Thomas Henry. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 646.
  7. Mitgliedseintrag von Thomas Henry Huxley bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 15. Juli 2022.
  8. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 121.
  9. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Thomas Henry Huxley. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 17. August 2015 (englisch).
  10. Member History: Thomas H. Huxley. American Philosophical Society, abgerufen am 8. Oktober 2018.
  11. Académicien décédé: Thomas Henry Huxley. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 26. September 2023 (französisch).
  12. Members of the American Academy. Listed by election year, 1850–1899 (PDF). Abgerufen am 24. September 2015
  13. Thomas Henry Huxley im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS
  14. Notes on two New British Polyzoa. In: Quarterly Journal of Microscopical Sciences. Band 6, Nummer 1, 1858, S. 260–261 (online).
  15. Thomas Henry Huxley: On a hitherto undescribed structure in the human hair sheath. In: London med. Gaz. Band 36, 1845, S. 1340 f.
  16. Reinhard Hildebrand (1984), S. 105.