Thomas Gaida

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Thomas Bernhard Gaida (* 1966 in Saarbrücken) ist ein Orgelbauer im saarländischen Wemmetsweiler bei Merchweiler. Die Firmengründung erfolgte 2002.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Gaida wurde 1966 in Saarbrücken als eins von sieben Kindern des 1937 im oberschlesischen Beuthen geborenen Antonius Gaida und seiner Gattin Erika Maria geb. Beck (1937–2019) geboren.[1] Nach der Schulzeit absolvierte er von 1984 bis 1987 eine Lehre bei Walcker in Murrhardt und Kleinblittersdorf.[2] Danach war er bei verschiedenen Orgelbauern tätig, zuletzt bei Orgelbau Schmid in Kaufbeuren, beendete aber 1992 seine Tätigkeit als Orgelbauer und arbeitete von da an als Klavierstimmer.

Als selbständiger Orgelbauer wirkte er erstmals 1998/1999 bei der Renovierung der Orgel in Dirmingen, an der er als Organist tätig war. Als aufgrund finanzieller Schwierigkeiten in der Nachbargemeinde Wustweiler nach einer Kirchenrenovierung, bei der die alte Orgel abgebaut worden war, nicht wie ursprünglich geplant eine neue Orgel erstellt werden konnte, erbaute Gaida 2001/2002 zusammen mit freiwilligen Helfern aus der Kirchengemeinde (darunter Frührentner und ehemalige Bergbauingenieure) aus mehreren alten Orgeln seine erste „neue“ Orgel.[3]

Nachdem das Instrument in Wustweiler durchschlagenden Erfolg bei Orgelkennern der Region erzielt hatte, und Gaida zahlreiche Aufträge für Renovierungen anvertraut worden waren, gründete er 2002 in Wemmetsweiler eine eigene Orgelbauwerkstatt.[4] Einige der Helfer aus Wustweiler wurden seine ersten Mitarbeiter.

Charakteristika der Instrumente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine für Gaida-Orgeln typische Registerstaffelei mit weißen LED-Tastern

Die Um- und Neubauten der Firma Gaida entstehen mit der Absicht, technische Baugruppen – besonders Pfeifenwerk und Windladen – älterer Instrumente in einem hohen Maß wiederzuverwenden.[5] Typische Kennzeichen der Instrumente sind die quadratischen weißen Registertaster sowie das firmeneigene Setzersystem. Im Unterschied zu den meisten Orgelbauern heute baut Gaida neue Instrumente ausschließlich mit elektrischen Trakturen und vorwiegend mit Kegelladen. Aus diesem Grund sind zahlreiche programmierte Spielhilfen wie sämtliche Oktavkoppeln, ein Transposer mit einem Umfang von zwei Oktaven, Sostenuto und Pizzicato standardmäßig vorhanden. In vielen Instrumenten realisiert Gaida ein Auxiliarreihensystem, bei dem einige wenige Register als Unitreihen in mehreren Fußtonlagen ausgebaut sind und sich auf mehreren bzw. allen Manualen einschließlich Pedal getrennt voneinander registrieren lassen. Somit wird das Klangspektrum der Instrumente um ein Vielfaches erweitert. Typisch für Gaida ist, dass er auch bei einfachen Instandsetzungen und kleinen Renovierungen die Orgeln einer kompletten Neuintonation mit Mensurrückung zum Teil um bis zu zwölf Halbtöne unterzieht.

Bei Neubauten werden gelegentlich größere Manualumfänge mit bis zu 88 Tasten realisiert, wie z. B. im Kleinen Michel in Hamburg.[6]

Werkliste (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Gaida selbst in seinen Neubauten zahlreiches Material älterer Instrumente wiederverwendet, sind bei seinen Instrumenten die Grenzen zwischen Neu- und Umbauten teilweise fließend und lassen sich je nach Instrument nicht immer eindeutig festlegen. Ähnliches gilt für Renovierungen und Restaurierungen, da er auch bei Restaurierungen Mensuren korrigiert und das Pfeifenwerk z. T. neu intoniert. Mit Umbau sind Instrumente bezeichnet, in denen wesentliche Teile des Originals beibehalten wurden und nur einzelne Baugruppen der Orgel verändert wurden, sodass man durchaus noch von einem in Grundzügen erhaltenen, wenn auch veränderten Instrument sprechen kann.

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Pfeifenreihen (gesamt) Davon
Auxiliarreihen
Bemerkungen
1998 Dirmingen St. Wendelinus II/P 28 0 Restaurierung der Orgel von Hærpfer & Erman von 1956, Umdisponierung, Mensurkorrektur, Neuintonation
2002 Wustweiler Herz-Jesu-Kirche II/P 33 0 Erster Neubau Gaidas, unter Verwendung des Walcker-Gehäuses aus Bad Schwalbach
2003 Brebach (Saarbrücken) Maria Hilf II/P 24 0 Restaurierung der Späth-Orgel von 1951/1964 mit Mensurkorrektur und Neuintonation; zwei Extensionen und zwei Transmissionen im Pedal waren bereits vorher vorhanden → Orgel
2003 Körprich St. Michael II/P 15 0 Restaurierung der Fritz (Frédéric) Hærpfer-Orgel von 1930.
2003 Überherrn St. Bonifatius III/P 35 0 Restaurierung der Orgel von Hærpfer & Erman von 1953, mit Erneuerung von Teilen der Elektrik, Mensurkorrektur und Neuintonation
2003 Bilsdorf Herz-Jesu-Kirche Bilsdorf, Herz-Jesu (4) II/P 19 0 Restaurierung der Hugo-Mayer-Orgel von 1956 mit Mensurkorrektur und Neuintonation
2004 Trier-Biewer St. Jakobus II/P 24 1 Umbau der Sebald-Orgel von 1954, Einbau einer Vox coelestis 8’-4’ auf einer Einzeltonlade sowie eines Zimbelsterns.
2005 Merchweiler Rosenkranzkönigin III/P 36 10 Umbau und Erweiterung der Späth-Orgel von 1961.
2006 Roden (Saar) Maria Himmelfahrt III/P 39 2 Umbau der Mayer-Orgel von 1957 sowie Einbau von Auxiliarreihen.
2006 Altenkessel St. Johannes Baptista II/P 30 0 Teilrekonstruktion der Weigle-Orgel von 1913.
2007 Furpach Katholische Pfarrkirche St. Josef II/P 20 4 Wiederaufbau/Neubau eines Instruments von 1911 des englischen Orgelbauers James Jepson Binns unter Verwendung eigener Technik und teilweise eigenen Windladen. Orgel
2008 Erbach (Homburg) Pfarrkirche Maria vom Frieden III/P 26 0 Neubau unter Verwendung von Teilen der Zeilhuber-Orgel aus der Pfarrkirche St. Johann Baptist in München-Haidhausen und unter Verwendung des Gehäuses und einiger Teile der Vorgängerorgel von Hugo Mayer
2008 Mertert (Luxemburg) Unbefleckte Empfängnis III/P 27 4 Erweiterung der Haupt-Orgel von 1937 sowie Einbau von Auxiliarreihen.
2008 Hüttigweiler St. Maria Magdalena II/P 32 0 Restaurierung der Kratochwil-Orgel von 1924.
2010 Schiffweiler St. Martin II/P 24 0 Restaurierung der Orgel von Hans Klais von 1933. Rekonstruktion des Spieltisches, Teilerneuerung der Elektrik, Neuintonation
2010 Hühnerfeld St. Marien III/P 28 0 Reorganisation der Hock-Orgel von 1931, welche 1959 durch Mayer umgebaut worden war.
2011 Konz St. Nikolaus III/P 34 12 Bis dahin größter moderner Neubau auf Kegelladen.
2012 Amriswil (Schweiz) St. Stefan III/P 46 7 Umbau und Erweiterung der Kuhn-Orgel von 1939. Zubau einer original englischen Hochdrucktuba, spielbar als 16’, 8’ und 4’-Batterie, sowie einer Contrabombarde 32’[7].
2012 Neunkirchen (Nohfelden) St. Martin II/P 27 0 Renovierung der Sebald-Orgel von 1936. Elektrifizierung der Traktur und Einbau der typischen Registertaster. Die Disposition wurde abgesehen von Koppeln und Spielhilfen nicht verändert.
2012 Bous Pfarrkirche St. Peter II/P 29 8 Umbau der Hærpfer-&-Erman-Orgel von 1955. Die Teilwerke sind nicht mehr den Manualen zugeordnet und können frei angekoppelt werden. Zahlreiche neue Register aus alten englischen Orgeln.
2012 Sotzweiler St. Mauritius II/P 16 4 Elektrifizierung und Umbau der Haupt-Orgel von 1931 sowie Einbau von Auxiliarreihen.
2012 Urexweiler St. Franziskus II/P 29 1 Erneuerung der Elektrik der Klais-Orgel von 1939 sowie Einbau einer Auxiliarreihe. Die Registertaster wurden auf einem separaten Tableau untergebracht, sodass die originalen Registerwippen und freien Kombinationen von Klais ebenfalls nutzbar sind.
2013 Ulm Pauluskirche IV/P 62 10 Erweiterung der Link-Orgel von 1910 sowie Einbau von Auxiliarreihen.
2013 Büdlich St. Agatha II/P 12 0 Restaurierung der Sebald-Orgel (Opus 1) von 1936.
2014 Bonn-Beuel St. Josef IV/P 8 3 Bau einer neuen Chororgel hinter dem Hochaltar; Elektrifizierung der Oberlinger-Orgel von 1981 und Lieferung eines neuen viermanualigen Spieltisches.
2015 Illingen (Saar) St. Stephan III/P 27 0 Renovierung der Führer-Orgel von 1973. Elektrifizierung der Traktur und Bau eines neuen dreimanualigen Spieltisches. Die Disposition wurde abgesehen von Koppeln und Spielhilfen nicht verändert.
2015 Oberkirchen St. Katharina II/P 29 0 Renovierung der Hærpfer-&-Erman-Orgel von 1954. Erneuerung der Elektrik und Einbau der typischen Registertaster. Die Disposition wurde abgesehen von Koppeln und Spielhilfen nicht verändert.
2015 Horath St. Bartholomäus II/P 9 1 Neubau
2016 Kirchberg (Hunsrück) St. Michael III/P 20 3 Erweiterung der Sebald-Orgel von 1969, Bau einer neuen Chororgel hinter dem Hochaltar und eines neuen dreimanualigen Spieltisches sowie Einbau von Auxiliarreihen.
2016 Schönkirch Kath. St. Michael I/P 7 2 Das Walcker-Serienpositiv (Model D) aus der Katholischen Akademie Hamburg erhielt unter anderem zwei Auxiliarreihen im Pedal mit Teilen einer Orgel aus Bitburg.
2017 Liblar St. Barbara
III/P 16 3 Erweiterung der Ernst-Seifert-Orgel (Bergisch Gladbach) von 1956, Bau eines neuen dreimanualigen Spieltisches sowie Einbau von Auxiliarreihen.
2019 Hamburg Kath. Kirche St. Ansgar und Bernhard (Kleiner Michel) IV/P 53 18 Neubau aus den beiden Vorgängerorgeln und hist. Material anderer Orgeln. 7 Teilwerke, 5 davon schwellbar.
2021 Namborn Mariä Himmelfahrt II/P 16 0 Neubau unter Verwendung von Pfeifenwerk und Gehäuse der Vorgängerorgel von Christian Gerhardt sowie englischer Schleifladen und eines Spieltisches von Eduard Wagenbach.
2021 Friedrichshafen Schlosskirche IV/P 51 12 Erweiterung der Weigle-Orgel von 1971, Bau eines neuen Spieltisches sowie Einbau von Auxiliarreihen.
2021 Morbach St. Anna II/P 20 4 Umbau der Oehms-Orgel von 1988, Elektrifizierung der Schleifladen, Einbau von Auxiliaren und einem neuen Spieltisch[8]

Weblinks/Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Thomas Gaida – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bernhard H. Bonkhoff: Historische Orgeln im Saarland. Regensburg 2015, S. 282.
  2. Booklet zur CD Neue alte Orgeln gespielt von Thomas Vogtel Pintarelly Records (2003), S. 7.
  3. Booklet zur CD Neue alte Orgeln gespielt von Thomas Vogtel Pintarelly Records (2003), S. 7.
  4. Bernhard H. Bonkhoff: Historische Orgeln im Saarland. Regensburg 2015, S. 282.
  5. Booklet zur CD Neue alte Orgeln gespielt von Thomas Vogtel Pintarelly Records (2003), S. 7.
  6. Beschreibung der Charakteristika auf der Grundlage der in der Werkliste aufgeführten Orgeln und deren Beschreibung auf Organindex.de
  7. Orgel Amriswil (Schweiz) Katholische Kirche St. Stefan. (PDF; 335 kB) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. November 2013; abgerufen am 11. April 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.orgelimprovisation.ch
  8. https://organindex.de/index.php?title=Morbach,_St._Anna, abgerufen am 18. November 2021.