Tilleyit

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Tilleyit
Tilleyit aus dem Steinbruch Crestmore, Crestmore, Riverside County, Kalifornien, USA (Größe: 4,3 × 4,0 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Tly[1]

Chemische Formel
  • Ca5Si2O7(CO3)2
  • Ca5[(CO3)2|Si2O7][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Gruppensilikate (Sorosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/B.06
VIII/C.09-020

9.BE.82
56.02.09.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[3]
Raumgruppe P21/a (Nr. 14, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/14.3[2]
Gitterparameter a = 15,11 Å; b = 10,24 Å; c = 7,58 Å
β = 105,2°[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Zwillingsbildung lamellar nach {100}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,82 bis 2,84; berechnet: 2,88[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {201}, undeutlich nach {100} und {010}, sehr undeutlich nach {001}[4]
Farbe farblos, weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz matt[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,612 bis 1,617[5]
nβ = 1,632 bis 1,635[5]
nγ = 1,652 bis 1,654[5]
Doppelbrechung δ = 0,040[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 85 bis 90° (gemessen); 88 bis 90° (berechnet)[5]

Tilleyit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Ca5[(CO3)2|Si2O7][2] und damit chemisch gesehen ein Calcium-Silikat mit zusätzlichen Carbonat-Ionen. Strukturell gehört Tilleyit zu den Gruppensilikaten.

Tilleyit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und bildet nur wenig entwickelte, irregulär begrenzte, tafelige Kristalle und rundliche Körner aus. In reiner Form ist er farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterfehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Tilleyit in einem Steinbruch bei Crestmore im kalifornischen Riverside County und beschrieben 1933 durch Esper S. Larsen und Kingsley Charles Dunham, die das Mineral nach Cecil Edgar Tilley (1894–1973) benannten, um seine Beiträge zum Studium metamorpher Gesteine zu ehren.

Typmaterial des Minerals wurde an der Harvard University in Cambridge/Massachusetts (Register-Nr. 97301) und dem National Museum of Natural History in Washington, D.C. (Register-Nr. 97246) hinterlegt.[6]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte Tilleyit zur Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“, wo er zusammen mit Cuspidin und Rustumit sowie im Anhang mit Foshallasit (2006 diskreditiert) und Suolunit (Solanit) die „Cuspidin-Tilleyit-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/B.06 bildete.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/C.09-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gruppensilikate“, wo Tilleyit zusammen mit Aklimait, Cuspidin, Fukalith, Jaffeit, Killalait, Rusinovit und Suolunit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[7]

Auch die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Tilleyit in die Abteilung der „Gruppensilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatgruppen, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Si2O7 Gruppen mit zusätzlichen Anionen; Kationen in oktaedrischer [6]er- und größerer Koordination“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.BE.82 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Tilleyit in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen und O, OH, F und H2O“ ein. Hier ist er zusammen mit Killalait als Namensgeber der „Tilleyit-Killalait-Gruppe“ mit der System-Nr. 56.02.09 und dem weiteren Mitglied Foshallasit innerhalb der Unterabteilung „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [4] und/oder >[4]-Koordination“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tilleyit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/a (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/14.3 mit den Gitterparametern a = 15,11 Å; b = 10,24 Å; c = 7,58 Å und β = 105,2° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tilleyit bildet sich durch Kontaktmetamorphose in der Zone zwischen Vulkaniten und Kalken bei niedrigem Druck und hoher Temperatur. Als Begleitminerale treten unter anderem Calcit, Fluorit, Gehlenit, Grossular, Merwinit, Spurrit, Thaumasit, Vesuvianit und Wollastonit auf.[4]

Als seltene Mineralbildung konnte Tilleyit bisher (Stand: 2019) nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 20 Fundorte dokumentiert.[9] Neben seiner Typlokalität Crestmore fand sich das Mineral in den Vereinigten Staaten unter anderem noch in einem Steinbruch am Sky Blue Hill in Kalifornien, bei Iron Mountain Distrikt Nr. 2 im Sierra County von New Mexico sowie in einer unbenannten Skarn-Lagerstätte in den Christmas-Mountains im Brewster County und in der „Marble Canyon Mine“ im Culberson County in Texas.

Daneben fand sich Tilleyit auch im Redcap Creek Skarn zwischen Chillagoe und Herberton in der australischen Tablelands Region, an einigen Fundpunkten auf Honshū in Japan, bei Flekkeren in der norwegischen Provinz Telemark, bei Alba und Hunedoara in Rumänien, an der Unteren Tunguska bei Anakit in Sibirien, am Ol Doinyo Lengai im Norden Tansanias sowie bei Kilchoan auf der Halbinsel Ardnamurchan und Camas Mor auf der Isle of Muck im Vereinigten Königreich.[10]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Esper S. Larsen, Kingsley C. Dunham: Tilleyite, a new mineral from the contact zone at Crestmore, California. In: The American Mineralogist. Band 18, Nr. 11, 1933, S. 469–473 (englisch, rruff.info [PDF; 270 kB; abgerufen am 29. Dezember 2019]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tilleyite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 583 (englisch).
  3. David Barthelmy: Tilleyite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 29. Dezember 2019 (englisch).
  4. a b c d Tilleyite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 76 kB; abgerufen am 29. Dezember 2019]).
  5. a b c d e Tilleyite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 29. Dezember 2019 (englisch).
  6. Catalogue of Type Mineral Specimens – T. (PDF 87 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 29. Dezember 2019.
  7. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1816 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 29. Dezember 2019 (englisch).
  9. Localities for Tilleyite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 29. Dezember 2019 (englisch).
  10. Fundortliste für Tilleyit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 29. Dezember.