Tilman Sauer

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Tilman Sauer (* 1963) ist ein deutscher Wissenschaftshistoriker.

Sauer machte 1990 sein Physikdiplom an der FU Berlin und wurde dort 1994 in theoretischer Physik promoviert. 1994 bis 1996 war er am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin tätig. 1997 bis 1999 war er Mitarbeiter der Hilbert-Edition an der Universität Göttingen. 1999 bis 2001 war er Assistent am Institut für Wissenschaftsgeschichte der Universität Bern, an der er sich 1998 in Wissenschaftsgeschichte habilitierte.[1] Er war seit 2001 Senior Research Associate in der Fakultät für Geschichte am Caltech. 2010/2011 war er als Privatdozent Lehrstuhlvertreter für Wissenschaftsgeschichte an der Universität Bern.[2] Seit 2015 ist er Professor an der Universität Mainz.

Sauer befasst sich mit der Geschichte der Allgemeinen Relativitätstheorie (AR), dem wissenschaftlichen Werk von Albert Einstein und ist (ab Band 9) Mitherausgeber der Gesammelten Werke von Einstein (Einstein Paper Project). Insbesondere bearbeitet er dort die wissenschaftlichen Manuskripte zur AR und vereinheitlichten Feldtheorie.[3] Insbesondere untersuchte er und gab mit Jürgen Renn Einsteins Zürcher Notizbuch von 1912 heraus, das für die Entstehungsgeschichte der AR wichtig ist.[4] Unter anderem fanden sie, dass Einstein schon damals (1912) seine Ideen zum Gravitationslinseneffekt entwickelt hatte, die er erst 1936 publizierte.[5]

Sauer forschte auch zu David Hilberts Beiträgen zur Frühgeschichte der AR und dem Prioritätsstreit Hilbert-Einstein[6] und Hilberts Programm zu den Grundlagen der Physik. Im Prioritätsstreit geht es unter anderem um die Frage, was auf einer fehlenden Seite eines Fahnenabzugs von Hilberts Aufsatz steht – Sauer ist der Meinung, dass dort noch nicht die vollständigen einsteinschen Feldgleichungen standen.[7]

Weiter beschäftigte Sauer sich u. a. mit Richard Feynman und der Entwicklung der Theorie der Pfadintegrale.[8]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Hubert Goenner, Jürgen Renn, J. Ritter (Herausgeber): The Expanding Worlds of General Relativity, Einstein Studies Band 7, Birkhäuser 1998 (darin von Sauer mit Renn: Heuristics and Mathematical Representation in Einstein’s Search for a Gravitational Field Equation)
  • mit Michael Janssen, John D. Norton, Jürgen Renn, John Stachel: The Genesis of General Relativity, Band 1 Einstein’s Zürich Notebook. Introduction and Source. Band 2 Einstein’s Zürich Notebook. Commentary and Essays. Springer Verlag, 2007 (darin von Sauer: Pathways out of Classical Physics. Einstein’s Double Strategy in his Search for the Gravitational Field Equation)
  • mit Ulrich Majer (Herausgeber): David Hilbert’s Lectures on the Foundations of Physics 1915–1927: relativity, quantum theory and epistemology, Springer Verlag 2009
  • Albert Einstein’s 1916 Review Article on General Relativity, in Ivor Grattan-Guinness (Hrsg.) Landmark writings in Western Mathematics 1640-1940, Arxiv
  • mit Renn: Einsteins Züricher Notizbuch: die Entdeckung der Feldgleichungen der Gravitation im Jahre 1912, Physikalische Blätter, Band 52, 1996, S. 865–872
  • mit Renn: Einsteins Züricher Notizbuch, Preprint MPI Wissenschaftsgeschichte, Berlin
  • mit Renn: Errors and insights: reconstructing the genesis of general relativity from Einstein’s Zürich notebook, in: Frederic Lawrence Holmes, Renn, Hans-Jörg Rheinberger (Hrsg.) Reworking the bench. Research notebooks in the history of science, Kluwer 2003, S. 253–268

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kurze Biographie von Sauer, Max Planck Institut für Wissenschaftsgeschichte
  2. Sauer an der Universität Bern (Memento des Originals vom 2. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/philoscience.unibe.ch
  3. Er berichtet darüber in The Challenge of Editing Einstein’s Scientific Manuscripts, 2004
  4. Die Bedeutung des Notizbuchs wurde zuerst von John Stachel erkannt; Teile wurden von John D. Norton 1984 rekonstruiert und für die Frühgeschichte der AR ausgewertet (Norton How Einstein found his field equations, Historical studies in the physical sciences, Band 14, 1984, S. 253–316)
  5. Renn, Sauer, Stachel The Origin of Gravitational Lensing. A Postscript to Einstein’s 1936 Science Paper, Science, Band 275, 1997, S. 184–186. Renn, Sauer Eclipses of the stars: Mandl, Einstein, and the early history of gravitational lensing, in Abhay Ashtekar, Robert Cohen, Don Howard, Renn, Sahotra Sarkar, Abner Shimony (Hrsg.) Revisiting the foundations of relativistic physics. Festschrift in honor of John Stachel, Kluwer 2003, S. 69–92, deutsch als Im Rampenlicht der Sterne: Einstein, Mandl und die Ursprünge der Gravitationslinsenforschung, in Hilmar W. Duerbeck, Wolfgang R. Dick (Hrsg.) Einsteins Kosmos (Acta Historica Astronomiae, Vol. 27), Harri Deutsch 2005, S. 210–239
  6. Sauer The Relativity of Discovery: Hilbert’s First Note on the Foundations of Physics, Archive History Exact Sciences, Band 53, 1999, S. 529-575.
  7. Sauer Einstein Equations and Hilbert Action: What is missing on page 8 of the proofs for Hilbert’s First Communication on the Foundations of Physics?, Archive for History of Exact Sciences, Band 59, 2005, 577–590. Der Fahnenabzug wurde von Jürgen Renn, John Stachel und Leo Corry entdeckt; Science Bd. 278, 1997, S. 1270. Eine andere Meinung vertrat zum Beispiel Daniela Wuensch.
  8. Das war auch Thema seiner Dissertation in theoretischer Physik Development and application of refined path integral Monte Carlo methods 1994