Tommy Wiseau

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Tommy Wiseau

Tommy Wiseau [ˈtɔmi wɪˈzoʊ][Anm 1] (möglicherweise eigentl. Tomasz Wieczorkiewicz [ˈtɔ.maʂ vʲɛ.t͡ʂɔrˈkʲɛ.vʲit͡ʂ], * 3. Oktober 1955 in Posen, Polen)[1] ist ein in den Vereinigten Staaten wirkender Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Schauspieler. Bekannt wurde er durch den Film The Room (2003), welcher von vielen Kritikern als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten beschrieben wird und dadurch einen Kultfilmstatus erreicht hat.[2] Er führte außerdem Regie bei dem Dokumentarfilm Homeless in America (2004) und der Sitcom The Neighbors (2015).[3][4]

Privatleben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiseau, der als seinen bürgerlichen Namen Thomas Pierre Wiseau angibt, verrät nur wenig über seine eigene Jugend.[5] In diversen Interviews offenbarte er jedoch, „ursprünglich aus Europa“ zu stammen,[6] „vor einer langen Zeit“ in Frankreich gelebt zu haben,[7] sowie in New Orleans aufgewachsen zu sein.[8][9] Darüber hinaus gab er an, „eine ganze Familie“ in Chalmette zu besitzen.[10] Äußerungen zu seinem eigenen Alter lassen Rückschlüsse auf 1968 oder 1969 als mögliche Geburtsjahre zu.[11]

Greg Sestero, einer der Hauptdarsteller in Wiseaus Film The Room, schreibt in seinem Buch The Disaster Artist (2013) jedoch, dass Wiseau laut seinen Immigrationspapieren bereits in den 1950ern in einem Ostblockstaat auf die Welt gekommen sei.[12][13] Wiseaus ehemaliger Weggefährte Rick Harper wird deutlicher und behauptet im Dokumentarfilm Room Full of Spoons (2016), nach mehrjähriger Recherche seine wahre Identität herausgefunden zu haben. Demnach sei Wiseau 1955 im polnischen Posen als Tomasz Wieczorkiewicz zur Welt gekommen.[14] Dafür spräche auch, dass Wiseaus laut Sestero erste Station im Westen das nur 270 km von Posen entfernt liegende Berlin gewesen sei. Auch seine sprachlichen Manierismen, die Vornamen der von ihm bislang öffentlich erwähnten Verwandten und seine römisch-katholische Erziehung implizieren, dass er aus Polen stammen könnte.[15] Als weiterer möglicher Geburtsname wird zuletzt Tomasz Piotr Wieczór genannt.[16]

Laut Sestero sei Wiseau schließlich als junger Erwachsener ins französische Straßburg gezogen, wo er den Namen Pierre angenommen und als Tellerwäscher in einem Restaurant gearbeitet habe.[17] Wiseau habe ihm darüber hinaus erzählt, bei einer Drogenrazzia unrechtmäßig verhaftet worden zu sein. Diese Erfahrung habe ihn zu dem Entschluss geführt, in die Vereinigten Staaten zu ziehen, um dort mit seiner Tante Kathleen und seinem Onkel Stanley in Chalmette zu leben.[18] Nach einem weiteren Umzug nach San Francisco habe er auf der Straße Vogelspielzeuge an Touristen verkauft, dank der er zu dem Spitznamen Birdman kam, woraufhin er seinen Namen amtlich in Thomas Pierre Wiseau umändern ließ.[19] Dabei nahm er das französische Wort für Vogel oiseau und ersetzte das O durch das W seines eigentlichen Geburtsnamens.[19] Wiseau soll in San Francisco ferner als Hilfskraft in einem Restaurant, als Mitarbeiter in einem Krankenhaus und als Geschäftsführer eines Unternehmens mit dem Namen Street Fashions USA, das beschädigte Jeanshosen verbilligt verkaufte, gearbeitet haben. Eines Tages soll er große Verkaufsflächen in der Bucht von San Francisco gekauft und vermietet haben, wodurch er ein großes Vermögen angesammelt habe.[20] Sestero erwähnt in seinem Buch allerdings, dass es ihm schwer falle, Wiseaus Geschichten über seinen Weg zum Ruhm Glauben zu schenken.[21]

Sestero erzählt weiter, dass Wiseau eines Tages im Erwachsenenalter in einen Autounfall involviert war, der fast tödlich für ihn endete, nachdem ein anderer Fahrer eine rote Ampel überfahren und Wiseaus Fahrzeug gerammt hatte. Wiseau wurde daraufhin in ein Krankenhaus eingeliefert und musste dort mehrere Wochen verbringen.[22] Sestero deutet an, dass dieser Vorfall einen inneren Wandel in Wiseau hervorgerufen haben könnte, der ihn veranlasste, seine Träume, Schauspieler und Regisseur zu werden, zu verwirklichen.[23] Zu Wiseaus cineastischen Vorbildern zählen unter anderem James Dean, Marlon Brando, Tennessee Williams,[24] Orson Welles, Elizabeth Taylor und Alfred Hitchcock.[25]

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tommy Wiseau (2010)

Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiseaus bekanntestes Werk ist der Film The Room, welcher 2003 veröffentlicht wurde. Das Budget für den Film betrug 6 Millionen Dollar, wobei es auf die Frage nach der Herkunft des Geldes keine klare Antwort gibt. Er basiert auf einem 540-seitigen Roman, den Wiseau selbst verfasst, allerdings nie veröffentlicht hat.[26] Der Film wurde schnell von Kritikern in die Mangel genommen,[27] entwickelte sich aber letzten Endes zu einem Kultfilm mit Spätvorstellungen in Kinos auf der ganzen Welt. 2010 bis 2011 fand die Love-is-Blind-Tour statt, bei der der Film in einer Vielzahl verschiedener Länder ausgestrahlt wurde. Bei Events dieser Art ist häufig auch Wiseau selbst anzutreffen, der mit den Fans interagiert und oft auch das Publikum vor Beginn der Vorstellung anspricht.[28]

2004 produzierte Wiseau den Dokumentarkurzfilm Homeless in America, bei dem er auch als Regisseur, Drehbuchautor und Darsteller fungierte. 2010 spielte Wiseau die Hauptrolle in einem Kurzfilm mit dem Titel The House That Drips Blood on Alex, einer Horrorfilmparodie, die von der Sketch-Comedy-Gruppe Studio8 geschrieben und produziert wurde.[29][30]

Wiseau nannte die Filme Die Kanonen von Navarone und Citizen Kane, und im Besonderen die Schauspieler James Dean und Marlon Brando als seine Einflüsse.[24][26][31] Laut Sestero hat sich Wiseaus Besessenheit von James Dean unter anderem darin geäußert, dass diverse Dialogzeilen aus The Room auf Dialogen von … denn sie wissen nicht, was sie tun basieren.[32]

In der 2017 erschienenen, gleichnamigen Verfilmung von Sesteros Buch The Disaster Artist hat James Franco die Rolle von Wiseau übernommen und führte auch Regie. Wiseau war mit dieser Auswahl zufrieden, sowie auch mit dem Entschluss, Dave Franco als Schauspieler für die Rolle von Greg Sestero zu wählen.[33]

In einem ask me anything-Thread auf reddit im März 2015 erwähnte Wiseau, dass er an einem neuen Projekt mit dem Namen The Foreclosure arbeite.[34]

Fernsehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2009 hatte Wiseau einen Gastauftritt in einer Episode der Tim and Eric Awesome Show, Great Job!, in der er für ein Segment mit dem Namen Pigman Regie geführt hat.[35] Im darauffolgenden Jahr spielte Wiseau in einer Folge von Marc Wootons Fernsehserie La La Land mit.[36]

Seit März 2015 wird auf Hulu Wiseaus neue Serie The Neighbors ausgestrahlt. Dabei ist er, wie auch bei The Room, als Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Darsteller tätig.[37] Die Website The A.V. Club hat die Serie einem Test unterzogen und ihr die schlechteste Note gegeben, wobei vor allem die niedrigen Produktionskosten und die schwachen schauspielerischen Leistungen, bei gleichzeitiger Abwesenheit des unbeabsichtigten Unterhaltungswertes von The Room, kritisiert wurden.[38]

Internet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2011 war Wiseau auf YouTube in einer Serie von Videos mit dem Namen Tommy Explains It All anzutreffen. Über neun Episoden hinweg erläuterte Wiseau seine Ansichten über diverse Themen, von Citizen Kane über Schauspielerei, bis hin zur Kunst des Küssens.[39] Wiseau war außerdem in der Tommy Wi-Show von Machinima.com zu sehen, in der er diverse Videospiele spielte und dazu Kommentare abgegeben und sich mit einem vermeintlichen Alien unterhalten hat.[40][41][42]

Filmografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2003: The Room (auch Regisseur, Produzent und Drehbuchautor)
  • 2004: Homeless in America (Dokumentarfilm, auch Regisseur, Produzent und Drehbuchautor)
  • 2009: Tim and Eric Awesome Show, Great Job! (Fernsehserie, eine Folge)
  • 2010: The House That Drips Blood on Alex (Kurzfilm)
  • 2011: Bump (Kurzfilm)
  • 2011: Tommy Explains It All (Webserie)
  • 2011: The Tommy Wi-Show (Webserie)
  • 2014–2016: The Neighbors (Webserie, auch Regisseur, Produzent und Drehbuchautor)
  • 2015: Shut Up and Talk (Webserie, eine Folge, Stimme)
  • 2015: Samurai Cop 2: Deadly Vengeance
  • 2017: Best F(r)iends
  • 2017: The Disaster Artist
  • 2018: Best F(r)iends: Volume 2
  • 2023: Big Shark (auch Regisseur, Produzent und Drehbuchautor)

Auszeichnungen und Nominierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Werk Auszeichnung Kategorie Gewonnen
2004 Homeless in America New York International Independent Film and Video Festival Beste Gesellschaftsdokumentation (L.A. Festival) Ja
2004 The Room New York International Independent Film and Video Festival Publikumspreis Ja
2010 Er selbst Harvard’s Ivory Tower (Harvard Undergraduate Television) Filmschaffender des Jahres Ja

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tommy Wiseau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laut selbst angewandter Aussprache.
  1. Biografie, IMDb, zul. aufg. am 15. Dezember 2017
  2. Clark Collis: 'The Room': Worst movie ever? Don’t tell that to its suddenly in-demand star. popwatch.ew.com, 30. Dezember 2008, abgerufen am 23. November 2009.
  3. The StarPhoenix article: „Shlocking encounter: Notoriously bad cult film spawns curious collective contempt (Memento vom 30. März 2014 im Internet Archive).“
  4. The Portland Mercury article: „Tommy Wiseau: The Complete Interview(s)
  5. Clark Collis: The Crazy Cult of 'The Room'. EW.com, 12. Dezember 2008, abgerufen am 30. Oktober 2013.
  6. Franco Brings Tommy Wiseau to Kimmel, YouTube 30. November 2017
  7. Seattle Post-Intelligencer article: „Is 'The Room' the worst movie of all time?
  8. Interview: Tommy Wiseau. Terminallaughter.wordpress.com, archiviert vom Original am 22. April 2010; abgerufen am 18. Juli 2009.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/terminallaughter.ca
  9. Maddux, Rachael: Trapped in The Room with Tommy Wiseau. CL Atlanta, 8. Mai 2012, abgerufen am 3. Januar 2013.
  10. Capone’s wacky Windy City weekend with Wiseau, creator of THE ROOM!!! Ain’t It Cool News, 12. April 2010, abgerufen am 20. Januar 2013.
  11. Interview with Tommy Wiseau, actor/writer/director/producer of The Room | Cinetology. Blogs.crikey.com.au, 16. Februar 2010, archiviert vom Original am 14. Januar 2013; abgerufen am 19. Dezember 2012.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/blogs.crikey.com.au
  12. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 258
  13. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 129
  14. Irresistible Mystery Of Tommy Wiseau@1@2Vorlage:Toter Link/www.huffingtonpost.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., The Huffington Post, 29. Januar 2016
  15. Who is the mystery man behind The Room, the Citizen Kane of bad movies?, The Verge, 1. Oktober 2013
  16. The Room director Tommy Wiseau’s nationality supposedly uncovered by Redditor, Death and Taxes, 20. Januar 2014
  17. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 192–194, 200–203
  18. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 200–203, 207–208
  19. a b Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 244–245
  20. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 246–250
  21. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 246
  22. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 59
  23. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 179
  24. a b Josh Rubenoff: Interview of Tommy Wiseau. jrubenoff.com, abgerufen am 24. Juni 2013.
  25. Will Sloan: The Varsity Interview: Tommy Wiseau. In: The Varsity. 27. April 2011, abgerufen am 8. Januar 2015.
  26. a b Peter Knegt: Tommy Wiseau Goes Legit. IndieWire, abgerufen am 8. August 2012.
  27. Entertainment Weekly „The Crazy Cult That is the Room
  28. The Room Official Movie Site. Abgerufen am 12. März 2011.
  29. SD Comic-Con 2010: Teaser Trailer: Tommy Wiseau’s The House that Dripped Blood on Alex. In: Dreadcentral.com. 14. Juli 2010, abgerufen am 15. September 2010.
  30. Get Ready For The Comic-Con Premiere Of Tommy Wiseau In The House That Drips Blood On Alex | The Atom Blog. In: Atom.com. 23. Juni 2010, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 15. September 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/www.atom.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  31. The A.V. Club article: „Interview: Tommy Wiseau
  32. Sestero & Bissel: The Disaster Artist. 2013, S. 126, 129–130
  33. Clark Collis: Dave Franco to star in James Franco’s movie about 'The Room'. Entertainment Weekly, 18. Januar 2015;.
  34. http://www.reddit.com/r/IAmA/comments/2zdzik/tommy_wiseau_creator_of_the_room_and_the_new_tv/cpi0lf8
  35. http://www.imdb.com/title/tt1392881/
  36. http://www.imdb.com/title/tt1527574/
  37. Watch The Neighbors (2015).
  38. Tommy Wiseau’s Neighbors immediately overstay their welcome
  39. Episode 2: How Do You Know When You’re In Love. "TommyExplainsItAll", 1. Juni 2011, abgerufen am 20. November 2011.
  40. The Tommy Wi-Show Ep. 1: Mortal Kombat (Machinima). "Machinima.com", 24. September 2011, abgerufen am 25. September 2011.
  41. The Tommy Wi-Show is a video game show with Tommy Wiseau. "Joystiq", 14. September 2011, archiviert vom Original am 27. Oktober 2011; abgerufen am 25. September 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.joystiq.com
  42. The Tommy Wi-Show Ep. 5: Driver: San Francisco (Machinima). Machinima.com, 24. September 2011, abgerufen am 6. Oktober 2014.