Tscheljabinsk
Stadt
Tscheljabinsk
Челябинск
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Liste der Städte in Russland |
Tscheljabinsk [russisch Челябинск, wiss. Transliteration Čeljabinsk) ist eine russische Großstadt am Ural mit 1.191.994 Einwohnern (2016).[1] Sie ist Verwaltungssitz der Oblast Tscheljabinsk und siebtgrösste Stadt Russlands.
] ( ,Lage
Die Stadt liegt an der Grenze zwischen Mittlerem und Südlichem Ural, unweit des östlichen Fußes des Gebirges am Fluss Miass, einem Nebenfluss der Isset im Einzugsgebiet des Ob.
Geschichte
Tscheljabinsk wurde 1736 erstmals als Festung erwähnt. Der Name der Stadt entstammt vermutlich regional uralischen Turksprachen, „Tscheljabi“ bedeutet dort „die Edlen“. Ende des 18. Jahrhunderts war die Stadt ein regionales Verwaltungszentrum und auch Schauplatz der Auseinandersetzungen beim Aufstand des Bauernführers Jemeljan Iwanowitsch Pugatschow gegen Katharina die Große.
Bis weit ins 19. Jahrhundert blieb Tscheljabinsk eine Kleinstadt. Gegen Ende der Zarenzeit und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Eisenbahnverbindungen nach Moskau und Jekaterinburg hergestellt, was zu einer schnellen industriellen Entwicklung führte. Die Stadt wurde rasch zu einem der wichtigsten Industriestandorte im zaristischen Russland bzw. der Sowjetunion. Das zur Fertigung von Kettenschleppern 1933 gegründete Traktorenwerk (heute Tscheljabinski Traktorny Sawod – URALTRAK) wurde im Zweiten Weltkrieg zu einem wichtigen Produzenten von Rüstungsgütern für die Rote Armee. Neben Raketenwerfern („Stalinorgeln“) fertigte das Werk vor allem gepanzerte Kettenfahrzeuge wie die KW-1 und T-34 Panzer sowie Selbstfahrlafetten der Typen SU-152/ISU-152. In der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges erhielt die Stadt daher den Namen Tankograd – „Panzerstadt“.
Tscheljabinsk war ein Standort innerhalb des sowjetischen Gulag-Systems. Das Tscheljabinsker ITL (Besserungsarbeitslager) bestand von November 1941 bis Oktober 1951. Inhaftiert waren bis zu 15.400 Personen, die beim Bau eines Hüttenwerks, im Industrie-, Straßen-, Zivil- und Wohnungsbau sowie bei der Förderung von Bodenschätzen eingesetzt wurden.[2]
Außerdem befand sich das Kriegsgefangenenlager 68 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs in Tscheljabinsk. Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 5882 versorgt. Etwa 12 km östlich der Stadt gab es ein Kriegsgefangenen-Massengrab.[3]
Seit Mitte der 1970er Jahre macht Tscheljabinsk große Fortschritte im Bereich Kultur. Gefördert wurde diese Entwicklung durch eine zentrale Skulpturenmeile in der 2004 zur Fußgängerzonen umgestalteten Kirow-Straße. Die militärische Produktion wurde im neuen Russland zugunsten einer stärkeren Gewichtung ziviler Fertigung verdrängt – so stellt das heutige URALTRAK-Werk vorwiegend Baufahrzeuge her.
Im August 2007 fand auf den umliegenden Militärstützpunkten das Großmanöver „Friedensmission 2007“ im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit statt, an der neben Russland auch Streitkräfte aus Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisien, Usbekistan und der Volksrepublik China teilnahmen.
Über die Grenzen Russlands hinaus ist Tscheljabinsk durch eine ARD-Reportage für das Kinder- und Jugendgefängnis bekannt, in dem ca. 120 Kinder von 11 bis 16 Jahren wegen unterschiedlichster Straftaten von Diebstahl bis Mord einsitzen. Trotz Schulbildung in dieser Einrichtung werden ca. 90 % der Kinder rückfällig.
Am 15. Februar 2013 ging ein Meteor über der Stadt nieder, wodurch mehrere hundert Menschen verletzt wurden.[4]
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | Einwohner |
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1897 | 19.998 |
1939 | 273.116 |
1959 | 689.049 |
1970 | 875.210 |
1979 | 1.029.522 |
1989 | 1.141.777 |
2002 | 1.077.174 |
2010 | 1.130.132 |
Anmerkung: Volkszählungsdaten
Wirtschaft
Tscheljabinsk war vor dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn unbedeutend. Im Jahr 1896 wurden die beiden Linien Tscheljabinsk-Ob (1432 km) und die Bahnlinie Jekaterinburg-Tscheljabinsk (226 km) fertiggestellt. Mit der Bahn kam der industrielle Aufschwung. Tscheljabinsk bildet ein Rüstungs-, Industrie-, Verkehrs- und Kulturzentrum von landesweiter Bedeutung. Die metallurgischen Kombinate gehören zu den größten Russlands und Europas in der Herstellung von:
- Eisenlegierungen, Schleifmitteln, Elektroden, Edelstählen
- Draht, Großrohre (bis 1220 mm Durchmesser)
- Schwermaschinen- und Gerätebau: Werkzeug-, Straßenbaumaschinen, Fertigung von Diesel-, Elektrokränen, Beregnungsanlagen, Uhren (zum Beispiel: Firma Molnija), Radios, Heizgeräten, Messinstrumenten
- Kettentraktoren und Baumaschinen aus dem Tscheljabinski Traktorny Sawod
- Gütern der chemischen und Leicht- und Nahrungsmittelindustrie
Die Stadt betreibt mehrere Wärmekraftwerke, bildet einen Eisenbahn- und Verkehrsknoten und hat einen Flughafen. Es mündet eine Erdölleitung in der Stadt beziehungsweise hat die Stadt eine Durchleitung einer Gasleitung, die von Samotlor kommt. In der Umgebung existieren Lagerstätten von Braunkohle mit einem Gehalt von etwa 1,5 Milliarden Tonnen. Außerdem gibt es weißen Marmor bei Balandino und Kojelga sowie mit „Mochalin Log“ eine Lagerstätte für Mineralien aus denen Metalle der Seltenen Erden gewonnen werden können.
In der Nähe von Tscheljabinsk befindet sich die geheime Atomtestsperrzone „Tscheljabinsk 70“. Die Existenz des Testgebietes wurde 1992 öffentlich bekannt.
Verkehr
Die Metro Tscheljabinsk wird seit 1992 gebaut, aber die Eröffnung des ersten Abschnitts wurde hauptsächlich wegen mangelnder Finanzierung immer wieder verschoben. Die Hauptlast des öffentlichen Personennahverkehrs trägt aktuell ein System aus Trolleybussen, Straßenbahnen und gewöhnlichen Buslinien. Linientaxis spielen ebenfalls eine wichtige Rolle im öffentlichen Verkehr.
Der Flughafen Tscheljabinsk bietet regelmäßige Verbindungen nach Moskau, Sankt Petersburg sowie in sibirische Großstädte. Zu den internationalen Verbindungen zählen Direktflüge nach Düsseldorf, Peking und Dubai sowie Charterflüge in die Urlaubsregionen von Griechenland und der Türkei.
Der Bahnhof von Tscheljabinsk (HAFAS: Cheliabinsk) wurde 2005 zum besten Bahnhof Russlands gewählt und ist bis heute ein zentraler Verkehrsknotenpunkt von überregionaler Bedeutung. Hier kreuzen sich die West-Ost-Bahntrasse durch ganz Russland von Moskau nach Wladiwostok und die Hauptstrecke von Jekaterinburg südwärts nach Qaraghandy in Kasachstan. Aus Deutschland konnte man Tscheljabinsk mit einer wöchentlich verkehrenden Kurswagenverbindung aus Berlin ohne Umstieg mit einer Fahrzeit von 72 Stunden und 18 Minuten erreichen; diese Verbindung wurde zum Fahrplanwechsel 2013 gestrichen.[5][6]
Demographie
Im Jahre 1928 lebten in Tscheljabinsk ca. 60.000 Menschen, 2004 hatte die Stadt 1.071.000 Einwohner und ist in 7 Stadtbezirke unterteilt:
- Kalininski Rajon – 203.200 Einwohner
- Kurtschatowski Rajon – 182.400 Einwohner
- Leninski Rajon – 189.100 Einwohner
- Metallurgitscheski Rajon – 142.200 Einwohner
- Sowjetski Rajon – 112.200 Einwohner
- Traktorosawodski Rajon – 157.600 Einwohner
- Zentralny Rajon – 84.300 Einwohner
88,5 % der Einwohner sind ethnische Russen.
Bildung und Kultur
Es gibt mindestens 23 Forschungsinstitute, 23 technische Zentren, 4 Theater, 1 Philharmonie, eine Bildergalerie, ein Heimatmuseum und ein Fernsehzentrum in der Stadt. Neben einer großen Zahl an Universitäten mit zahlreichen Studiengängen gibt es eine spezialisierte pädagogische Hochschule.
Es gibt mehr als ein Dutzend Hochschulen in Tscheljabinsk. Die bedeutendsten Universitäten sind die Staatliche Universität Südural, Staatliche Universität Tscheljabinsk und Medizinische Akademie Tscheljabinsk. Die älteste ist die Staatliche Pädagogische Universität Tscheljabinsk, die 1934 gegründet wurde. Neben dem bekannten Theater am Revolutionsplatz befindet sich ein weiteres Theater, ein Opernhaus mit Ballett und ein Puppentheater im Zentrum.
Sehenswürdigkeiten
Historische Architektur vor dem 19. Jahrhundert ist in der Stadt wenig vorhanden. Wichtigste Attraktionen sind das 1903 erbaute Theater am Platz der Revolution und die 1915 entstandene Alexander-Newski- Kirche, die heute eine Konzerthalle vor allem für Orgelkonzerte ist. Am Platz der Revolution beginnt auch mit einem malerischen alten Tor die Fußgängerzone der Stadt (Kirow-Straße), an deren Rand sich eine beliebte Skulpturenmeile mit naturalistisch gestalteten, lebensgroßen Figuren befindet. Hier ist ein Zentrum des Tscheljabinsker Nachtlebens mit Restaurants, Casinos, Bars und Clubs.
Die Stadt wird gitterförmig von zahlreichen breiten und oft kilometerweit schnurgeraden Boulevards durchzogen, mit bis zu vier Fahrspuren in jeder Richtung. In der Umgebung gibt es zahlreiche Seen mit Sanatorien. Ausflüge können in das Naturreservat „Ilmenski Sapowednik“ und in die nahen Uralberge unternommen werden.
Freizeit und Sport
In der Stadt sind die Eishockeyclubs HK Traktor Tscheljabinsk und HK Metschel Tscheljabinsk beheimatet. Traktor spielt in der Saison 2008/2009 in der Kontinentalen Hockey-Liga. Metschel vertritt die Stadt in der zweithöchsten russischen Spielklasse. Erwähnenswert als Zentrum des Sports ist eine monumentale, für die beiden Clubs nach dem Millennium erbaute Eishalle, die für das Uralgebiet auch ein Zentrum für Eiskunst- und -schnelllauf ist. Weitere bekannte Sportteams der Stadt sind eine hochklassige Frauen-Volleyball- und eine Frauen-Basketballmannschaft.
Vom 26. bis zum 29. April 2012 fanden in Tscheljabinsk in der Eissportarena Traktor die Judo-Europameisterschaften und vom 25. bis 31. August 2014 die Judo-Weltmeisterschaften statt.
Große Freizeiteinrichtungen abseits des Sports sind ein zentrales Vergnügungsgelände im Puschkin-Park, ein weiteres im Kulturpark und der Zirkus von Tscheljabinsk.
Städtepartnerschaften
- Columbia, Vereinigte Staaten, seit 1995
- Nottinghamshire, Vereinigtes Königreich, seit 2000
- Ramla, Israel, seit 2000
- Ürümqi, Volksrepublik China, seit 2004
- Harbin, Volksrepublik China, seit 2012
Klimatabelle
Tscheljabinsk | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Tscheljabinsk
Quelle: Roshydromet
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Söhne und Töchter der Stadt
Weblinks
- Tscheljabinsk auf mojgorod.ru (russisch)
- Stadtporträt mit kurzem Video
- Fotos der Stadt
- deutschsprachiger Film von der Skulpturenmeile
- Straflager in der Sowjetunion – Lage und Beschreibung der Straflager in der Sowjetunion
Einzelnachweise
- ↑ a b Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. Čislennostʹ i razmeščenie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevölkerung). Tabellen 5, S. 12–209; 11, S. 312–979 (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation)
- ↑ Tscheljabinsker-ITL im Internetportal GULAG des Memorial Deutschland e. V.
- ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962-1977
- ↑ Spiegel Online: Ural-Provinz Tscheljabinsk: Hunderte Verletzte bei Meteoritenregen in Russland vom 15. Februar 2013
- ↑ Rekordstrecke: Bahnverbindung Berlin-Nowosibirsk wird eingestellt, Berliner Morgenpost, 12. November 2013
- ↑ „Forenbeitrag D1249 Berlin-Saratov ab Fahrplanwechsel“ mit Links auf russischsprachige Medien