Vai-Schrift

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Die Vai-Schrift nach Omniglot

Die Vai-Schrift ist die Schrift, mit der das westafrikanische Volk der Vai, welches den Mandingo-Dialekt Vai spricht, seine Sprache aufzeichnete. Die Vai leben noch in Liberia und Sierra Leone.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vai-Schrift besteht aus 226 Zeichen (Vokale und Silben) und wurde 1849 vom Missionar Sigismund Wilhelm Koelle zum ersten Mal beschrieben.

Der Ursprung dieser Silbenschrift ist unklar. Einheimische Quellen berichteten, dass die Vai-Schrift zwischen 1829 und 1839 erfunden wurde. Ihr Erfinder war wahrscheinlich der Liberianer Momolu Duwalu Bukele. Andere ziehen eine Beeinflussung durch die seinerzeit ebenfalls recht neue Cherokee-Silbenschrift in Erwägung, wonach Angehörige des Cherokee-Volkes, die nach Liberia ausgewandert waren, an der Entstehung und raschen Verbreitung der Vai-Schrift beteiligt gewesen sein könnten.[1]

Im Jahre 1981[2] konnten innerhalb der männlichen Vai-Bevölkerung etwa 20 % ihre Sprache in der Vai-Schrift lesen und schreiben, während 16 % einen gewissen Grad an Kompetenz im Lesen und Schreiben des Arabischen hatte (insbesondere – aber nicht nur – im Lesen des Korans) und etwa 6 % in der englischen Sprache lesen und schreiben konnten.[3]

Umschrift[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Umsetzung der Vai-Schrift in lateinische Buchstaben ist nicht einheitlich: Während im Unicode-Block Vai eine Umschrift in ASCII-Zeichen verwendet wird, gibt es im Bereich der Linguistik verschiedene Umschriften, die sich mehr oder weniger am Afrika-Alphabet orientieren. Hier einige Beispiele von den unten angegebenen Websites:

Silbe Unicode SIL Omniglot
mbee mbe mɓe
dhoo do do
doo dlo ɖo
ndo ndɔ nɖoh
co chɔ coh
ngge ŋgɛ jgeh
nggen ŋgɛ̃

Silbentafel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Tabelle zeigt das Standardsyllabar von 1962 mit Ergänzungen von Momolu Massaquoi aus dem Jahr 1911 und etlichen Zeichen für fremde Vokale:[4][5]

  e i a o u ɔ ɛ
-
‑̃
ŋ‑̃    
h-
h‑̃    
w-
w‑̃
p-
b-
ɓ-
mɓ-
kp-
kp‑̃    
mgb-
gb-
gb‑̃  
f-
v-
t-
θ-
d-
ð-
l-
r-
ɗ-
nɗ-
s-
ʃ-
z-
ʒ-
tʃ-
dʒ-
ndʒ-
j-
k-
k‑̃    
ŋg-
ŋg‑̃  
g-
g‑̃  
m-
n-
ɲ-
  e i a o u ɔ ɛ

bezeichnet Nasale.

Logogramme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ältesten Vai Texte enthielten verschiedene Logogramme, von denen allerdings nur noch und im Gebrauch sind.[4]

Logogramm Wort Bedeutung
feŋ Ding
keŋ (ꔞꘋ) Fuß
tiŋ (ꔳꘋ) Insel
nii, kpɛ kɔwu Kuh
ɓaŋ beendet
faa (ꕘꕌ) sterben, töten
taa (ꕚꕌ) gehen, tragen, Reise
ɖaŋ (ꕠꘋ) hören, verstehen
ɖoŋ (ꖅꘋ) eintreten
kuŋ (ꖴꘋ) Kopf, fähig sein zu
tɔŋ (ꗋꘋ) genannte werden
ɖɔɔ (ꗑꖽ) klein sein
jɔŋ (ꗘꘋ) Sklave
ɖeŋ Kind, klein
kai Mensch
in

Zahlzeichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vai benutzt die arabischen Ziffern (0–9). In den 1920er Jahren waren eigene Zahlzeichen entworfenen worden, sie wurden aber nie verwendet.[5]

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Saki Mafundikwa: Afrikan Alphabets: The Story of Writing in Afrika. Mark Batty Publisher, West New York 2006, ISBN 0-9772827-6-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Konrad Tuchscherer, P.E.H. Hair: Cherokee and West Africa: Examining the Origins of the Vai Script. In: History in Africa. (29) 2002, S. 427–486.
  2. Michael Cole, Sylbia Scribner: The psychology of literacy. Cambridge, Harvard University Press, 1981, ISBN 0-674-72115-2.
  3. Michael Cole: Psicología cultural: una disciplina del pasado y del futuro. S.L. Ediciones Morata, 2003, ISBN 84-7112-430-0. (en Google Books)
  4. a b ISO/IEC JTC1/SC2/WG2 N2948R: Proposal to add the Vai script to the BMP of the UCS. Abgerufen am 22. Februar 2012.
  5. a b ISO/IEC JTC1/SC2/WG2 N3081R: Proposal for addition of Vai characters to the UCS. Abgerufen am 22. Februar 2012.