Vilnius
Vilnius | |||
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Staat: | Litauen | ||
Bezirk: | Vilnius | ||
Gemeinde: | Stadtgemeinde Vilnius | ||
Gegründet: | 1323 | ||
Koordinaten: | 54° 41′ N, 25° 16′ O | ||
Höhe: | 112 m | ||
Fläche (Ort): | 401 km² | ||
Einwohner (Ort): | 537.152 (2013) | ||
Bevölkerungsdichte: | 1.340 Einwohner je km² | ||
Zeitzone: | EET (UTC+2) | ||
Telefonvorwahl: | (+370) 5 | ||
Postleitzahl: | 01001–14191 | ||
Status: | Stadt, Stadtrecht seit 1387 | ||
Gliederung: | 21 Seniūnijos („Ämter“) | ||
Bürgermeister: | Remigijus Šimašius | ||
Website: | |||
Vilnius [polnisch Wilno, russisch Вильнюс/Wilnjus, Вильна/Wilna , weißrussisch Вільня/Wilnja, jiddisch ווילנע/Wilne) ist die Hauptstadt Litauens. Mit 526.356 Einwohnern (2013) ist Vilnius die größte Stadt des Landes und flächenmäßig die größte Stadt des Baltikums. Sie gehört der Stadtgemeinde Vilnius an und ist mit der VMSA-Verwaltung auch deren administrativer Sitz.
] (deutsch Wilna,Vilnius ist Sitz des katholischen Erzbistums Vilnius und mit der 1579 gegründeten Universität Vilnius eine der ältesten Universitätsstädte Europas. Sie trug 2009 gemeinsam mit der Stadt Linz den Titel Kulturhauptstadt Europas.
Vilnius war von Anfang an eine baltische Gründung und wurde im Gegensatz zu den Hauptstädten der baltischen Nachbarländer, Riga in Lettland und Tallinn in Estland, nie vom Deutschen Orden kontrolliert. Sie entwickelte sich als Hauptstadt Litauens zum Zentrum eines ausgedehnten Großreiches, das auf dem Höhepunkt seiner Macht zeitweise von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer reichte.
Vilnius galt seit seiner Gründung als eine der liberalsten Städte Europas, die im Lauf ihrer Geschichte u. a. den verfolgten Juden aus Mitteleuropa und Russland Schutz bot. Als „Jerusalem des Nordens“ wurde Vilnius zum Zentrum der jüdischen Kultur und Aufklärung. Um 1900 stellten Litauer nur einen kleinen Teil der Bevölkerung (2 %), nach Juden (40 %), Polen (30 %) und Russen (20 %). Infolge des Zweiten Weltkrieges verlor die Stadt die Mehrheit ihrer Bewohner (Polen wurden vertrieben und Juden im Holocaust ermordet) und wurde danach von Litauern und Russen praktisch neu besiedelt. Damit hat sich die soziale Struktur von Vilnius völlig verändert.
Ab dem 16. Jahrhundert schufen italienische Baumeister zahlreiche barocke Bauwerke. Heute zählt die Altstadt von Vilnius zu den größten in Osteuropa und wurde zum UNESCO-Welterbe erklärt.[1] Aufgrund der über 50 Kirchen der Stadt trägt Vilnius auch den Beinamen „Rom des Ostens“.
Name der Stadt
In der litauischen Sprache bedeuten die Wörter Vilnis und Vilnele so viel wie „Kleine Welle“. Entsprechend ihrem multiethnischen und multikulturellen Charakter ist die Stadt unter verschiedenen Namen bekannt. Die Litauer nennen sie Vilnius, und dieser Name setzt sich in der Gegenwart allmählich auch in anderen Sprachen durch. Europäische Landkarten und Beschreibungen verwendeten vom 14. bis ins 20. Jahrhundert den Namen Wilna oder Vilna.
Durch Vilnius fließt ein Flüsschen namens Vilnia (oft in der Verkleinerungsform Vilnelė genannt), das unweit des historischen Stadtkerns (Gediminas-Berg) in die Neris mündet. Andererseits ist ein alternativer Name der Neris *Velija, belegt um 1230 als Велья. Hierzu ist der kleinere Zufluss ursprünglich Diminutivbildung. Von diesem Flussnamen wird der Name der Stadt abgeleitet. Die ältesten Formen aus dem 14. Jahrhundert lauten vor die Wilne, ante Vilnam usw. Die Form Vilnius ist erstmals 1600 belegt.
Der Asteroid (3072) Vilnius ist nach der Stadt benannt.
Funktion als Kapitale
Neben der heutigen Funktion hatte Vilnius auch eine historische inne, mit einem wechselvollen Verlauf als Hauptstadt. Von 1569 bis 1795 war sie Kapitale des litauischen Großfürstentums in der polnisch-litauischen Adelsrepublik Abiejų Tautų Respublika (Polen-Litauen bzw. Republik Zweier Nationen).
Durch die Dritte Teilung Polens bzw. Litauens verloren beide vollständig ihre Unabhängigkeit und Vilnius seine bisherige Hauptstadtfunktion, die die Stadt abgesehen von einer Unterbrechung von 1918 bis 1922 erst 1945 wieder erhielt. Mit der bei der Teilung erfolgten Einverleibung in das Russische Zarenreich wurde Vilnius Hauptsitz der Administrative 1795 bis 1830 der Lietuvos Generalgubernatorija (Litauisches Generalgouvernement) und dann von 1830 bis zu seiner Auflösung 1912 der Vilniaus Generalgubernatorija (Vilniuser Generalgouvernement). Innerhalb der beiden Generalgouvernements fungierte die Stadt auch zentraler Verwaltungssitz der jeweiligen Gubernia, deren Namen bzw. geografische Lage mehrfach wechselte, in der sich Vilnius befand, z. B. der Vilniaus gubernija (Vilniuser Gubernia/Gouvernement).
Nach der wiedererlangten Unabhängigkeit Litauens (siehe ↑ Unabhängigkeit seit 1918) wurde Vilnius 1918–1919 Hauptstadt der ersten Lietuvos TSR (Litauischen SSR), 1919 der Lietuvos–Baltarusijos TSR (Litauisch–Weißrussische SSR), 1920–1922 des Staates Litwa Środkowa/Vidurinė Lietuva (Mittellitauen).
Von 1922 bis 1945 war Vilnus (abgesehen von 1940 bis 1941) keine Kapitale eines litauischen Staates, sondern erneut ein Verwaltungssitz auf provinzialer Ebene, diesmal in Polen bzw. unter deutscher Besetzung. Im Einzelnen war die Stadt von 1922 bis 1939 Hauptstadt der gleichnamigen Wojewodschaft in der II Rzeczpospolita (Zweite Polnische Republik), 1940 bis 1941 Hauptstadt der zweiten Lietuvos TSR (Litauischen SSR), 1941 bis 1945 Hauptort von Wilna-Land im Reichskommissariat Ostland sowie nach 1945 erneut Kapitale der wiederentstandenen Lietuvos TSR bis 1990.
Geografie
Lage
Die Stadt liegt in einer bewaldeten Hügellandschaft im Südosten Litauens an der Mündung der Vilnia in die Neris rund 40 km von der weißrussischen Grenze entfernt. Nördlich von Vilnius im Dorf Purnuškės befindet sich der geographische Mittelpunkt Europas.
Klima
Das Klima in Vilnius ist gemäßigt kontinental. In den meist kurzen warmen Sommern wurden Spitzenwerte von über 35 °C gemessen. Die Tiefstwerte im Winter lagen unter −37 °C. Wärmster Sommermonat ist der Juli, kältester Wintermonat ist der Januar. Die Jahresniederschlagsmenge lag in den Jahren 1961 bis 1990 im Jahresmittel bei 683 Millimeter pro Jahr. Die Monatsdaten können dem Klimadiagramm entnommen werden.
Vilnius | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Vilnius
Quelle: wetterkontor.de[2]
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Stadtgliederung
Der Bezirk Vilnius war einer der zehn Verwaltungsbezirke Litauens. Der flächenmäßig größte und auch bevölkerungsreichste Bezirk lag im Südosten des Landes und umfasste auch die Hauptstadt Vilnius. Am 1. Juli 2010 wurden die Bezirke (Apskritys) in Litauen als Verwaltungseinheiten ersatzlos gestrichen.
Die Stadtverwaltung von Vilnius besteht aus folgenden 21 Bezirken mit einer unterschiedlichen Anzahl von Stadtteilen. Sie ist die einzige Stadtverwaltung in Litauen, die zwei Städte (Vilnius und Grigiškės) sowie drei Dörfer der Gemeinde Grigiškės verwaltet.
1. Verkiai |
4. Fabijoniškės |
7. Viršuliškės |
10. Žirmūnai |
16. Naujamiestis |
19. Paneriai |
Geschichte
Einer Legende nach soll Gediminas, litauischer Großfürst seit 1316, bei einer Jagd auf einem Hügel am Zusammenfluss der Neris und Vilnia gerastet haben. Dort träumte er von einem eisernen Wolf, der markerschütternd „laut heulte wie hundert Wölfe“. Der Pfeil, den er auf das Tier abfeuerte, prallte an dessen stählernem Körper ab. Beunruhigt bat er seinen heidnischen Hohepriester Lizdeika um die Deutung dieser Episode: „»Was die Götter dem Herrscher und dem litauischen Staat beschieden haben, mag geschehen: der eiserne Wolf steht auf einem Hügel, auf dem eine Burg und eine Stadt errichtet werden – die Hauptstadt Litauens und die Residenz der Herrscher.« Die Festung aber müsse fest wie Eisen sein, dann würde ihr Ruhm laut durch die Welt hallen (Die litauischen Wörter für laut und berühmt sind identisch).“[3] Zu jener Zeit war die Wasserburg im weiter westlich gelegenen Trakai Sitz des Herrschers.
Anfänge
Archäologischen Untersuchungen nach war das Areal der Stadt bereits im steinzeitlichen Magdalénien besiedelt. Weitere Fundstellen im Stadtgebiet wurden auf das 4. Jahrtausend und das 2. Jahrhundert vor Christus datiert. Im Frühmittelalter siedelten an diesem taktisch vorteilhaften Ort zuerst wohl Balten, später Slawen und seit dem 11. Jahrhundert auch Juden. Bereits im 10. Jahrhundert war auf dem heutigen Stadtgebiet eine hölzerne Befestigungsanlage errichtet worden, um die herum eine Siedlung entstand. Erste Erwähnung in den geschichtlichen Quellen findet Vilnius als Hauptstadt der Litauer 1323. In jenem Jahr sandte Großfürst Gediminas in Latein verfasste Briefe an Kaiser, Papst, verschiedene Ritterorden und Handelsstädte jener Zeit. Darin warb er Kaufleute, Wissenschaftler und Handwerker für „in civitate nostra regia, Vilna dicta“ – als hochqualifizierte Gastarbeiter und lockte mit zwei Kirchen, also auch Religionsfreiheit. Diese Toleranz gegenüber den verschiedensten Glaubensrichtungen sollte die Entwicklung der Stadt noch lange bestimmen. Dessen ungeachtet wurde Vilnius wiederholt Ziel von kriegerischen Angriffen des Deutschen Ordens, die jeweils mit Verwüstungen der Stadt und ihres Umlandes einhergingen, so beispielsweise 1365, 1375, 1377, 1383, 1390, 1392, 1394 und 1402.[4]
Polen-Litauen
Da seit Mitte des 13 Jh. der Deutsche Orden mit seinem Expansionsdrang im Baltikum sowohl das Großfürstentum Litauen als auch das Königreich Polen bedrohte, entschied sich der litauische Großfürst Jogaila, eine Allianz mit Polen einzugehen. Infolge der Union von Krewo von 1386 vermählte er sich mit der polnischen Königin Hedwig. Das Land wurde reformiert und christianisiert. Das „ewige Feuer“ auf dem Hügel von Vilnius wurde gelöscht und der heidnische Tempel zerstört.
1387 wurde Vilnius das Magdeburger Stadtrecht zugewidmet.
Ab dem 15. Jahrhundert erlebte die Stadt eine lange wirtschaftliche und kulturelle Blüteperiode, aber gleichzeitig fand ihre allmähliche Polonisierung statt. Im 16 Jh. entwickelte sie sich zum Zentrum der Orgelmusik, 1579 wurde auf der Basis des Jesuiten-Kollegiums die Universität Wilna gegründet (Alma academia et universitas Vilnensis societatis Jesu). Gleichzeitig wurde Vilnius zum wichtigsten Zentrum jüdischer Kultur in Nordeuropa und erhielt seinen Beinamen Jerusalem des Nordens. Das 17. Jahrhundert, geprägt von Kriegen, Bränden und Seuchen, war für die Bevölkerung und die Bausubstanz der Stadt verheerend. Als besonders zerstörerisch gelten die russische Besetzung 1655–1661 und die Besetzungen durch schwedische Truppen im Großen Nordischen Krieg in den Jahren 1702 und 1707. Auch die großen Stadtbrände von 1610, 1737, 1745 und 1747 verwüsteten Vilnius erheblich.
Russisches Kaiserreich
Nach den Teilungen Polens gehörte Vilnius seit 1795 zum Russischen Kaiserreich. Im Russlandfeldzug 1812 wurde es von französischen Truppen geplündert. Infolge der russischen Repressionen nach dem gescheiterten Aufstand von 1831 wurde die Universität geschlossen, und die Stadt wurde zu einer provinziellen russischen Gouvernementshauptstadt heruntergestuft. 1862 eröffnete man die Bahnstrecke Petersburg–Warschau. Obwohl von polnischsprachiger Bevölkerung geprägt, wurde Vilnius mit seiner alten kulturellen Tradition im 19. Jahrhundert das Zentrum des weißrussischen nationalen Lebens, noch vor Minsk. Hier publizierten die wichtigsten weißrussischen Dichter und Schriftsteller ihre Werke und 1906 kam die erste weißrussische Zeitung „Naša Niva“ heraus. 1896 vermachte der Geschäftsmann Straschun seine Buchbestände der jüdischen Gemeinde und gründete damit die größte jüdische Bibliothek in Europa. Um 1900 war Vilnius eine der größten jüdischen Städte überhaupt und 41 % ihrer Einwohner waren Juden.[5]
Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit
Das Ende der russischen Herrschaft brachte 1915 der Einmarsch der deutschen Truppen,[6] die Wilna bis 1918 besetzt hielten.
1918 wurde mit deutscher Unterstützung der litauische Staat mit der Hauptstadt Vilnius proklamiert, der jedoch während des Polnisch-Sowjetischen Krieges abwechselnd von der Roten Armee und polnischen Truppen besetzt wurde.
Mit dem Versailler Vertrag und mit dem litauisch-sowjetischen Friedensvertrag von Moskau von 1920 wurde Litauen mit seiner Hauptstadt Vilnius international anerkannt. Im Oktober 1920 besetzten polnische Truppen die Stadt samt dem mehrheitlich polnischsprachigen Südosten Litauens erneut, und 1922 wurde das Gebiet formal an Polen angeschlossen, was zu großen Spannungen zwischen beiden Ländern führte. Für 19 Jahre wurde Kaunas die provisorische Hauptstadt Litauens, und Vilnius wurde die Hauptstadt einer polnischen Wojewodschaft. Der Anteil der litauischen Bevölkerung in Wilna war zu dieser Zeit sehr gering (circa 2 %), bei Anteilen von 53 % Polen und 41 % Juden. Noch heute bezeichnen sich etwa 18 % der Bewohner als Polen, und im Vilniusser Umland stellt die polnische Minderheit die Mehrheit.
Zweiter Weltkrieg
Gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt wurde Polen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschen Reich und der Sowjetunion aufgeteilt.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen drang, wie im Pakt vereinbart, die Rote Armee am 17. September in Polen ein. Vilnius wurde am 19. September besetzt. Für wenige Wochen war die Stadt Teil der Weißrussischen Sowjetrepublik und wurde im Oktober an Litauen übergeben. Gut ein halbes Jahr später (15. Juni 1940) überfiel die Sowjetunion Litauen, das Land wurde an die UdSSR angeschlossen, und am 3. August 1940 wurde Vilnius Hauptstadt der Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Rund 35.000 polnische Bewohner wurden nach Sibirien deportiert.
Die deutsche Besatzung Litauens dauerte von 23. Juni 1941 bis 13. Juli 1944. Vilnius wurde Teil des Reichskommissariats Ostland. In der Altstadt wurde ein Ghetto in zwei Teilen eingerichtet, wobei eins bis Oktober 1941 durch die Erschießungen im Wald von Paneriai (etwa 10 km westlich von der Stadt) aufgelöst wurde. Das zweite Ghetto bestand bis 1943, schrumpfte aber zunehmend nach zahlreichen sogenannten Aktionen. Die verbliebenen Juden wurden in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet. Etwa 100.000 jüdische Bewohner verloren ihr Leben. Näheres zu den Kämpfen im Juli 1944 hier (Vilnius war zur „Festung“ erklärt worden). Nach 1944 entstand in der Stadt das Kriegsgefangenenlager 195 für deutsche Kriegsgefangene.[7]
Litauische SSR und Republik Litauen
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die polnische Bevölkerung vertrieben und Vilnius zur Hauptstadt der Sozialistischen Sowjetrepublik Litauen. Der Stalinismus der Nachkriegsjahre brachte nicht nur eine Verstaatlichung und Sowjetisierung der Wirtschaft, sondern versuchte auch die nationale und religiöse Identität der Litauer zu unterdrücken. So wurden auch in Vilnius Kirchen zum Beispiel als Lagerhallen zweckentfremdet, die Ruinen der ehemaligen Großen Synagoge gar abgetragen. Das öffentliche Leben wurde durch strenge Zensur bestimmt.
Der litauische Bevölkerungsanteil in Vilnius stieg – unter anderem durch Landflucht als Folge der Zwangskollektivierung der litauischen Landwirtschaft – deutlich an. Daneben förderten die Sowjetbehörden in den ersten Nachkriegsjahren auch den Zuzug von Arbeitskräften aus anderen Teilen der Sowjetunion. Jedoch gelang es dem Politbüro der Litauischen Kommunistischen Partei, die Ansiedlung von Nicht-Litauern zu begrenzen, so dass der Anteil der russischsprachigen Bevölkerung bei etwa 20 Prozent verharrte, während er in den beiden anderen baltischen Hauptstädten Riga und Tallinn zeitweise auf 50 Prozent anstieg.[8]
Auch nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1990 blieb Vilnius Sitz des litauischen Parlaments und der Regierung. Das heutige Vilnius entwickelte sich innerhalb von zehn Jahren von einer sowjetischen in eine Stadt westlich-kosmopolitischen Stils. Auf dem der Altstadt und dem Zentrum (Bebauung rund um den zentralen Gediminas-Prospekt ab der Jahrhundertwende) gegenüber gelegenen Ufer der Neris hat sich in den letzten Jahren ein modernes Büro- und Geschäftsviertel gebildet, mit dem Vilnius zu einem Anziehungspunkt nicht nur für Touristen werden will. Bislang verlief die Entwicklung mehr oder weniger auf Brachflächen, in absehbarer Zeit werden aber die ärmlichen Holzhaus-Siedlungen, die sich unmittelbar nördlich anschließen, weichen müssen.
Religion
In der Stadt gibt es eine Vielzahl an Kirchen und religiösen Stätten. Über mehrere Jahrhunderte gab es ein friedliches Nebeneinander der Religionen. Als „Yerushalayim de Lita“ (dt. Jerusalem des Nordens) wurde Vilnius zu einem Zentrum der jüdischen Kultur und Aufklärung. Mit dem Vorstoß der deutschen Truppen der Wehrmacht nach Litauen im Jahr 1941 begann das Ende der jüdischen Geschichte in Vilnius. Die Stadt verlor im Zweiten Weltkrieg durch den Holocaust fast sämtliche jüdischen Bewohner und somit die Hälfte ihrer Bevölkerung. Wegen der Kriegsbeschädigungen wurde in den 1950er-Jahren die Große Synagoge abgerissen. Heute ist die Choral-Synagoge der einzig noch existierende jüdische Sakralraum in Vilnius.
Einwohnerentwicklung
Veränderung der ethnischen Gruppen in Vilnius 1897–2012 | |||||||||||||
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Jahr | Litauer | Polen | Russen | Juden | Weißrussen | Andere | Gesamt | ||||||
1897[9] | 3.131 | 2,0 % | 47.795 | 30,1 % | 30.967 | 20,0 % | 61.847 | 40,0 % | 6.514 | 4,2 % | 10.792 | 6,9 % | 154.532 |
1931[10] | 1.579 | 0,8 % | 128.600 | 65,5 % | 7.400 | 3,8 % | 54.600 | 27,8 % | 1.700 | 0,9 % | 4.166 | 2,1 % | 196.345 |
1959[11] | 79.400 | 34,0 % | 47.200 | 20,0 % | 69.400 | 29,0 % | 16.400 | 7,0 % | 14.700 | 6,0 % | 236.100 | ||
2001[12] | 318.510 | 57,5 % | 104.446 | 18,9 % | 77.698 | 14,1 % | 0,5 % | 22.555 | 4,1 % | 30.695 | 5,5 % | 553.904 | |
2012[13] | 63,2 % | 16,5 % | 12,0 % | ?
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3,5 % | 4,8 % | 535.631 |
Bei der ersten Volkszählung im russischen Zarenreich im Jahr 1897 waren von den 154.500 Einwohnern Wilnas 61.847 Juden (40,0 %), 47.795 Polen (30,1 %), 30.967 Russen (20,0 %), 6.514 Weißrussen (4,2 %), 3.131 Litauer (2,0 %), und 10.792 anderer Volkszugehörigkeit (6,9 %).
Laut der von der deutschen Kriegsverwaltung durchgeführten Volkszählung lebten 19 Jahre später, im Jahr 1916, in Wilna 138.794 Einwohner, davon 74.466 Polen (53,7 %), 57.516 Juden (41,5 %), 2.909 Litauer (2,1 %), 2.219 Russen (1,6 %), 611 Weißrussen (0,5 %), 880 Deutsche (0,6 %) und 193 (0,1 %) andere. Durch den Krieg war die Bevölkerung insgesamt also leicht gesunken, vor allem durch den Wegzug von über 90 % der Russen. Die Anzahl der Polen stieg dagegen im Vergleich zu 1897 um über 60 %, die der Juden auch noch einmal leicht um knapp 20 %. Die Polen waren jetzt die größte Bevölkerungsgruppe vor den Juden.
In der polnischen Zwischenkriegszeit wurde 15 Jahre später, im Jahr 1931, eine Volkszählung durchgeführt. Die Bevölkerung war demnach auf 195.100 angestiegen, davon 65,5 % Polen, 27,8 % Juden, 3,8 % Russen und nur noch 0,8 % Litauer und 0,9 % Weißrussen. Die Gesamtzahl der Juden war das erste Mal leicht auf 54.500 gesunken.
Der Zweite Weltkrieg führte zu einem völligen Bevölkerungsaustausch. Von den Juden, die bis 1939 in Vilnius gelebt hatten, starben die meisten im Holocaust. Ein großer Teil der polnischen Bevölkerung wurde nach Westpolen, in die ehemaligen deutschen Ostgebiete vertrieben, während im Umland von Vilnius bis heute noch viele Polen leben. An ihre Stelle zogen Litauer und Russen in die Stadt, um am Aufbau als Hauptstadt der Sozialistischen Sowjetrepublik Litauen mitzuwirken. Verwaltungsstrukturen und große Industriebetriebe wurden aufgebaut, und Vilnius erlebte ein rasantes Wachstum. Bei der sowjetischen Volkszählung im Jahr 1959 gaben von den 236.100 Einwohnern als Nationalität an: 79.400 Litauer (34 %), 69.400 Russen (29 %), 47.200 Polen (20 %), 16.400 Juden (7 %) und 14.700 Weißrussen (6 %).
Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der Unabhängigkeitserklärung Litauens ging die Bevölkerungszahl von über 576.000 (1989) auf 541.000 (2011) zurück. Im Jahr 2001 wurde eine litauische Volkszählung in Vilnius durchgeführt, wonach 57,5 % der Bevölkerung Litauer waren, 18,9 % Polen, 14,1 % Russen, 4,1 % Weißrussen, nur noch 0,5 % Juden und 5,5 % sonstiger ethnischer Zugehörigkeit. Die Mehrzahl der in den 1950er Jahren noch verbliebenen Juden war ausgewandert.
Jahr | 1796 | 1818 | 1859 | 1875 | 1897 | 1909 | 1919 | 1923 | 1931 | 1939 | 1941 | 1944 | 1959 | 1970 | 1985 | 2001 | 2006 | 2009 | 2011 |
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Einwohner | 17.500 | 33.600 | 58.200 | 82.688 | 154.500 | 205.200 | 128.500 | 167.400 | 195.100 | 209.400 | 270,000 | 110,000 | 236.100 | 372.100 | 544.400 | 542.287 | 541.824 | 546.733 | 542.932 |
Politik und Verwaltung
Stadtrat
Die Amtszeit des 51-köpfigen Stadtrates beträgt vier Jahre. Der Rat wurde bis 2010 aus den Kandidatenlisten der registrierten Parteien gewählt. Seit 2011 können auch unabhängige Kandidaten gewählt werden. In seiner ersten Sitzung wählt der Rat einen Bürgermeister, vier stellvertretende Bürgermeister sowie einen Administrationsdirektor.
Bürgermeister
Der jetzige Bürgermeister Remigijus Šimašius wurde im März 2015 in einer direkten Wahl erstmals zum Bürgermeister gewählt.
Verwaltung
Die Verwaltung der Stadtgemeinde Vilnius ist eine kommunale Anstalt, die den Rat der Stadtgemeinde bedient. Sie hilft dem Stadtrat, seine Funktionen auszuüben, und unterstützt ihn bei seinen Aktivitäten. Die Verwaltung hat über 1.100 Mitarbeiter (Stand 2016).[14]
Stadtwappen
Das Stadtwappen stammt aus dem Jahr 1330. Es zeigt auf rotem Grund den Schutzheiligen von Vilnius. Der heilige Christophorus watet durch einen Fluss und trägt dabei auf seinen Schultern das Jesuskind. Das Jesuskind segnet mit der einen Hand und hält in der anderen Hand die Weltkugel. Das Motto ist Unitas, Justitia, Spes (Latein: Einheit, Gerechtigkeit, Hoffnung)
Städtepartnerschaften
Nach eigenen Angaben unterhält Vilnius Städtepartnerschaften mit folgenden Städten:[15]
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Nicht alle diese Städte bezeichnen ihrerseits Vilnius als Partnerstadt.
Vilnius ist auch Mitglied des Bundes der europäischen Napoleonstädte.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Ausgehend vom Burgberg bildet das Straßennetz der Altstadt von Vilnius in Richtung Westen und Süden eine fächerartige Struktur. Die Altstadt, die sich an den Hängen auf dem linken Ufer der Neris hochzieht, hat eine Fläche von 360 ha und zählt damit zu den größten und besterhaltenen Europas; seit 1994 zählt sie zum UNESCO-Welterbe. Als politisches Zentrum des Großherzogtums Litauen vom 13. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hatte Vilnius einen tiefgreifenden Einfluss auf die kulturelle und architektonische osteuropäische Entwicklung. Trotz einiger Überfälle und Zerstörungen wurden viele bemerkenswerte Bauwerke des Barocks, Klassizismus, der Gotik und Renaissance sowie die mittelalterliche Stadtstruktur bewahrt.[16] Im Zweiten Weltkrieg gingen durch Kampfhandlungen nur sehr wenige Gebäude verloren, jedoch wurden über hundert Synagogen systematisch zerstört.
Bauwerke
Altstadt
- Ruine der Burg von Gediminas auf dem gleichnamigen Hügel aus dem 14. und 15. Jahrhundert
- Großfürstliches Schloss am Fuß der Burg, Rekonstruktion (2002–2013) des zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgetragenen Renaissancebaus
- klassizistische römisch-katholische Kathedrale Sankt Stanislaus neben dem rekonstruierten Schloss, mit freistehendem Glockenturm
- St.-Franziskus-Kirche des Bernhardinerklosters, eine dreischiffige backsteingotische Hallenkirche
- St.-Annen-Kirche, ein einzigartiges Beispiel des Flamboyantstils außerhalb Frankreichs
- Choral-Synagoge, einzige verbliebene der vor dem Zweiten Weltkrieg 105 Synagogen
- die barocke Universitätsanlage mit der Johannes-Kirche (lit. Šv. Jonų).
- barocke Kasimir-Kirche (lit. Šv. Kazimiero), dem Nationalheiligen geweiht
- altes Rathaus, zuletzt in klassizistischem Stil umgebaut
- orthodoxe Kathedrale der Himmelfahrt der Gottesmutter, geht auf das 14. Jahrhundert zurück, erhielt ihre heutige Gestalt im 19. Jahrhundert.
- katholische Heilig-Geist-Kirche
- Tor der Morgenröte (polnisch: Ostra brama /litauisch: Aušros vartai).
Außerhalb der Altstadt
- katholische St. Peter-und-Paul-Kirche (lit. Šv. Petro ir Povilo), ein Meisterwerk des Barock.
- katholische St. Stephanskirche
- orthodoxe St. Michael und Konstantin
- Rasų-Friedhof, wo zahlreiche prominente Litauer und Polen begraben sind. Józef Piłsudskis Herz ist hier bestattet.
- der zentrale Markt auf dem nördlichen Ufer der Neris.
- Das Stadtviertel Užupis (deutsch: Hinter dem Fluss) am rechten Ufer des Flüsschens Vilnele, wurde seit Anfang der Neunziger vom unbeachteten und verwahrlosten Winkel zu einem Künstlerviertel (in unmittelbarer Nähe der Kunstakademie „Dailės akademija“) und stellt nunmehr auch eine exquisite Adresse dar.
- Europa Tower, der höchste Wolkenkratzer des gesamten Baltikums
Verlorene Gebäude
- Große Synagoge im Stil der italienischen Renaissance und des Rokoko
- 103 (einhundert und drei) weitere Synagogen
Museen
und andere
Umgebung von Vilnius
Eine moderne Sehenswürdigkeit ist der Fernsehturm, der 326 m hoch ist und in 190 m Höhe über eine Aussichtsplattform verfügt.
Etwa 30 km westlich von Vilnius liegt Trakai, die mittelalterliche Hauptstadt Litauens, mit seiner wieder aufgebauten Wasserburg.
Nördlich von Vilnius im Dorf Purnuškės befindet sich der Europapark. Dort soll der geographische Mittelpunkt Europas (lit. Europos centras) liegen. Diese Berechnung französischer Wissenschaftler um 1989 ist allerdings wegen fraglicher Gewichtung von Inseln umstritten. Andere Geowissenschafter setzen den Mittelpunkt in der Ukraine nahe der Grenze zur Slowakei an, wobei es keine zwingende Methodik zur Bestimmung eines solchen Punktes gibt.
Wirtschaft und Infrastruktur
Vilnius ist das beachtlichste Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum Litauens. In der Stadt sitzen wichtige Banken und zahlreiche Vertretungen globaler Firmen. Zu den bedeutendsten Unternehmen gehört die BITĖ Group, eine der größten Telekommunikationsfirmen in den baltischen Staaten und Omnitel, der größte litauische Mobilfunk-Betreiber sowie Lietuvos energija, ein staatlich kontrollierter Energieversorger und die Lietuvos geležinkeliai, die größte Eisenbahngesellschaft Litauens. Die NASDAQ OMX Vilnius ist die einzige Börse in Litauen. Sie wurde 1993 gegründet und wird von der Börsengruppe OMX geführt.
Verkehr
Die litauische Hauptstadt liegt verkehrstechnisch auf Grund ihrer Nähe zur stark abgesicherten EU-Außengrenze zu Weißrussland in einer Art „totem Winkel“. Die wichtigsten Verkehrsströme vom Baltikum in die restliche EU verlaufen über Kaunas. Von dort führt eine Schnellstraße ins 100 Kilometer entfernte Vilnius. Außerhalb der Stadt werden zur Zeit viele neue Straßen gebaut, mit dem Ziel, die Straßen innerhalb der Stadt zu entlasten.
Eisenbahn
Der Bahnhof Vilnius ist der wichtigste Personenbahnhof im litauischen Eisenbahnnetz. Neben Nah- und Regionalverkehr besteht auch Fernverkehr. Dem internationalen Verkehr, dessen Hauptziele Moskau und Sankt Petersburg sind, dienen in erster Linie die Korridorzüge der Relation Russland – Oblast Kaliningrad sowie Kaliningrad – Weißrussland/Ukraine. Des Weiteren existieren Eisenbahnverbindungen ins Ausland Richtung Warschau (über Šeštokai) und nach Minsk. Innerhalb Litauens fährt die Lietuvos geležinkeliai mit ihren Zügen unter anderem nach Kaunas und über Šiauliai nach Klaipėda.
Lokale Bahnhöfe sind: Bahnhof Vilnius, Bahnhof Paneriai, Bahnhof Pavilnys, Bahnhof Naujoji Vilnia und Bahnhof Vilnius Flughafen
Fernverkehr
Vom zentralen Busbahnhof fahren Fernbusse in sämtliche Nachbarländer und in viele andere Länder der Europäischen Union. So fuhr bis 2011 ein Intercity-Bus der polnischen Eisenbahngesellschaft Polskie Koleje Państwowe von Vilnius nach Warschau. Daneben werden auch kleinere litauische Städte von Vilnius aus angefahren.
Flugverkehr
In unmittelbarer Nähe der Stadt befindet sich der internationale Flughafen Vilnius. Im deutschsprachigen Raum werden München, Frankfurt/Main, Wien, Bremen, Karlsruhe, Memmingen und Dortmund angeflogen.
Straßen
Eine Schnellstraße führt nach Kaunas, ab dort eine Autobahn an die Ostsee zum Fährhafen Klaipėda, sowie eine Autobahn nach Panevėžys, jeweils mit Anschluss an die Via Baltica (Europastraße 67). Fernstraßenverbindungen bestehen ins nahe Weißrussland und nach Polen.
Öffentlicher Personennahverkehr
Dem öffentlichen Personennahverkehr dienen, da Vilnius weder U-Bahn noch Straßenbahn hat, vor allem Omnibusse und Oberleitungsbusse der Gesellschaft Vilniaus viešasis transportas. Sie betreibt zurzeit 69 Buslinien und 22 Obuslinien. Zusätzlich gibt es noch die Maršrutka, genannte Kleinbusse als Linientaxi, die häufig dieselben Linien bedienen wie die städtischen Busse, welche jedoch von privaten Gesellschaften geführt werden. Eine erste Straßenbahnlinie wurde 2005 projektiert – die Realisierung ist fraglich. Die Lietuvos geležinkeliai betreibt ein bescheidenes S-Bahn-ähnliches System von Vorortzügen. Zur Reduzierung von Staus wurde ein Metro-Projekt der Vilniaus metro vorgeschlagen.
Bildung
Universität Vilnius
Die Universität Vilnius (Vilniaus universitetas, VU) geht auf ein 1569 eröffnetes Jesuitenkolleg zurück, das 1579 von Stephan Báthory anlässlich seiner Wahl zum litauischen Großfürsten zur Akademie erhoben wurde. Die Vilniuser Universität ist die älteste Universität im Baltikum. (Die älteste Universität in Mitteleuropa ist die Karls-Universität Prag.) Sie steht gegenüber dem Präsidentenpalast.
YIVO
1925 wurde in Vilnius das YIVO (Yidisher visnshaftlekher institut) gegründet. Das YIVO war die erste akademische Einrichtung zum Studium des Jiddischen und der ostjüdischen Kultur. 1940 verlegte es, angesichts der Zeitumstände, seinen Sitz nach New York, wo es bis heute besteht.
Europäische Humanistische Universität
Im Juni 2005 ist die Europäische Humanistische Universität von Weißrussland (wo sie 2004 aus politischen Gründen geschlossen wurde) nach Vilnius übergesiedelt und wird dort als vorläufige Exiluniversität geführt. Sie ist eine Privatuniversität und bietet Europastudien, Sprach- und Politikwissenschaften an.
ISM University of Management and Economics
Die ISM University of Management and Economics wurde 1999 von der Norwegian School of Management BI gegründet und war damit die erste private Universität Litauens. Sie ist eine Business School und hat sich dementsprechend ausschließlich auf Wirtschaftswissenschaften spezialisiert. Die ISM unterhält je einen Campus in Vilnius und in Kaunas.
Weitere Universitäten
Darüber hinaus gibt es in Vilnius noch die Technische Gediminas-Universität Vilnius, die Mykolas-Romer-Universität, die Litauische Universität für Edukologie und die Kazimieras-Simonavičius-Universität. Daneben betreibt die polnische Universität Białystok eine Niederlassung in der Stadt, an der Angehörige der polnischen Minderheit auf Polnisch studieren können.
Weitere Hochschulen
Die anderen Hochschulen sind: die Kunstakademie Vilnius, die Musik- und Theaterakademie Litauens, die Internationale Hochschule für Recht und Wirtschaft, das Betriebswirtschaftskollegium Vilnius, das Designkolleg Vilnius, die General Jonas-Žemaitis-Militärakademie Litauens, das Kollegium für Technik, das Kollegium für Technologien und Design, das Kollegium Vilnius, das Kooperationskollegium Vilnius, das St. Josef-Priesterseminar Vilnius und die Vilnius University International Business School.
Söhne und Töchter der Stadt
Aufgeführt sind Personen, die in Vilnius geboren wurden, gestorben sind oder hier begraben liegen und die mit der Stadt eine persönliche Verbindung aufweisen.
- Mark Matwejewitsch Antokolski (1843–1902), jüdisch-russischer Bildhauer
- Laura Asadauskaitė-Zadneprovskienė (* 1984), Pentathletin und Goldmedaillengewinnerin
- Yemima Avidar-Tchernovitz (1909–1998), israelische Kinderbuchautorin
- Grischa Barfuss (1917–1995), deutscher Schriftsteller und Theaterleiter
- Salvijus Berčys (* 1989), Schachspieler
- Laura Bauer (* 1989), österreichische Handballspielerin
- Algis Čaplikas (* 1962), Politiker
- Daniel Chwolson (1819–1911), russischer Orientalist und Altertumsforscher
- César Cui (1835–1918), russischer Komponist und Musikkritiker
- Ingeborga Dapkūnaitė (* 1963), Schauspielerin
- Remy Filipovitch (* 1946), Jazzmusiker und Komponist
- Eduard Robert Flegel (1852–1886), Afrikareisender
- Gaon von Wilna (1720–1797), jüdischer Gelehrter
- Zehava Gal-On (* 1956), israelische Politikerin
- Romain Gary (1914–1980), französischer Schriftsteller[17]
- David Geringas (* 1946), Cellist
- Marija Gimbutas (1921–1994), Archäologin
- Hirsch Glik (1922–1944), jiddischer Dichter und Partisan im Zweiten Weltkrieg
- Josef Grigulewitsch (1913–1988), sowjetischer Agent, Diplomat und Historiker
- Jascha Heifetz (1901–1987), Violinist
- Kazimiera Iłłakowiczówna (1892–1983), polnische Lyrikerin und Übersetzerin
- Feliks Janiewicz (1762–1848), polnischer Komponist und Violinist
- Gintaras Januševičius (* 1985), Pianist
- Leo Jogiches (1867–1919), polnisch-jüdischer Politiker
- Lina Kačiušytė (* 1963), Sportfunktionärin und ehemalige Schwimmerin
- Alter Kacyzne (1885–1941), jiddischer Schriftsteller und Fotograf
- Raphael Kalinowski (1835–1907), polnischer Karmelit, Heiliger
- Rimantas Kaukėnas (* 1977), Basketballspieler
- Wiktor Każyński (1812–1867), polnischer Komponist
- Tadas Kijanskas (* 1985), Fußballspieler
- Andrius Kubilius (* 1965), Politiker, Ministerpräsident von Litauen
- Joachim Lelewel (1786–1861), polnischer Historiker (in Vilnius begraben)
- Andrius Mamontovas (* 1967), Songwriter, Musiker
- Rasa Leleivytė (* 1988), Radrennfahrerin
- Remigijus Merkelys (* 1964), Komponist
- Vytautas Miškinis (* 1954), Chorleiter und Komponist
- Onutė Narbutaitė (* 1956), Komponistin
- Arno Nadel (1878–1943), deutsch-jüdischer Musikwissenschaftler, Schriftsteller und Maler
- Arvydas Novikovas (* 1990), Fußballspieler
- Andreas Johannes Orlovius (1735–1788), polnischer Mediziner
- Jerzy Passendorfer (1923–2003), polnischer Regisseur
- Józef Patkowski (1929–2005), polnischer Komponist, Musikwissenschaftler und -pädagoge
- Józef Piłsudski (1867–1935), polnischer Politiker (in Vilnius begraben)
- Emilia Plater (1806–1831), polnische Nationalheldin
- Daniel Prenn (1904–1991), deutscher Tennis- und Tischtennisspieler
- Ingrida Radzevičiūtė (* 1974), deutsche Handballspielerin
- Anton Radziwiłł (1775–1833), polnischer und preußischer Politiker, Komponist
- Gintaras Rinkevičius (* 1960), Dirigent
- Shmuel Rodensky (1904–1989), israelischer Filmschauspieler
- Ryszard Ronczewski (* 1930), polnischer Schauspieler
- Piotr Rytel (1884–1970), polnischer Komponist, Musikpädagoge und -kritiker
- Andrew Victor Schally (* 1926), polnisch-US-amerikanischer Physiologe
- Alexander Schneider (1908–1993), Violinist
- Deividas Šemberas (* 1978), Fußballspieler
- Esther Shalev-Gerz (* 1948), israelische Künstlerin
- Piotr Skarga (1536–1612), polnischer Jesuit, erster Rektor der Wilnaer Universität
- Andrius Skerla (* 1977), Fußballspieler
- Maximilian Steinberg (1883–1946), russischer Komponist
- Abraham Sutzkever (1913–2010), Schriftsteller, Überlebender und Zeuge des Wilnaer Ghettos[18]
- Władysław Syrokomla (1823–1862), polnischer Dichter
- Iwan Trutnew (1827–1912), russischer Maler, Begründer der Wilnaer Malerschule
- Michael Tschesno-Hell (1902–1980), Drehbuchautor und Kulturfunktionär der DDR
- Valdas Tutkus (* 1960), litauischer Generalleutnant
- Darius Zagorskis (* 1969), Schachspieler
- Audronė Žigaitytė-Nekrošienė (* 1957), Komponistin, Musikpädagogin, -kritikerin und -journalistin
Literatur
- Czesław Miłosz: Die Straßen von Wilna. Übersetzt von Roswitha Matwin-Buschmann, Carl Hanser Verlag, München und Wien 1997, ISBN 3-446-18945-9.
- Herbert Kirrinnis: Wilna. Zeitschrift für Erdkunde 1944.
- Abraham Sutzkever: Wilner Getto 1941–1944. Übersetzt von Hubert Witt, Ammann Verlag, Zürich 2009, ISBN 978-3-250-10530-5.
- Dunin-Horkawicz, Janusz: Wilna – verlorene Heimat. Erinnerungen eines polnischen Bibliothekars (1933–1945). Hannover 1998 (Kleine historische Reihe des Laurentius Verlages. Bd. 11), ISBN 3-931614-94-8.
- Fishman, David E.: Dem Feuer entrissen. Die Rettung jüdischer Kulturschätze in Wilna. Deutsch-jiddische Ausgabe. Laurentius-Verl. Dehmlow, Hannover 1998, ISBN 3-931614-97-2.
- Sima Skurkovitz: Sima. Bericht einer jüdischen Frau aus Vilnius über die Zeit des Naziterrors. C. Weihermüller, Leverkusen 2002, ISBN 3-929325-05-5.
- Benjamin Anolik: Lauf zum Tor mein Sohn. Von Wilna durch das Ghetto Wilna und sechs Lager in Estland (= Edition Shoáh & Judaica; 3), Konstanz 2005, ISBN 3-86628-020-3.
- Genrich Agranovskij: Vilnius: Memorable Sites of Jewish History and Culture. Vilnius: Vilna Gaon Jewish State Museum [u. a.] 2005, ISBN 9955-9556-6-X.
- Holocaust in Litauen. Krieg, Judenmorde und Kollaboration im Jahre 1941, hg. von Vincas Bartusevičius, Joachim Tauber und Wolfram Wette (beteiligt Ralph Giordano), Köln [u. a.]: Böhlau 2003, ISBN 3-412-13902-5.
- Kim Priemel: Am Rande des Holocaust. Die Rettung von Juden durch Wehrmachtsangehörige in Vilnius, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 52 (2004), S. 1017–1034.
- Joachim Tauber und Ralph Tuchtenhagen: Vilnius. Kleine Geschichte der Stadt. Böhlau Verlag, Köln [u. a.] 2008, ISBN 978-3-412-20204-0. (Schwerpunkt auf der politischen Geschichte) (Rezension).
- Tomas Venclova: Vilnius. Eine Stadt in Europa (= Edition Suhrkamp; 2473), Frankfurt 2006, ISBN 3-518-12473-0 ISBN 978-3-518-12473-4 (übersetzt von Claudia Sinnig).
- Cornelius Hell: Der eiserne Wolf im barocken Labyrinth. Erwachendes Vilnius, Picus Verlag Februar 2009, ISBN 978-3-85452-951-4.
- Martin Schulze Wessel, Irene Götz, Ekaterina Makhotina (Hrsg.): Vilnius. Geschichte und Gedächtnis einer Stadt zwischen den Kulturen. Campus Verlag, Frankfurt am Main [u. a.] 2010, ISBN 978-3-593-39308-7.
- Gudrun Schroeter: Worte aus einer zerstörten Welt. Das Ghetto in Wilna. Röhrig Universitätsverlag, St. Ingbert 2008, ISBN 978-3-86110-448-3 (zugleich Dissertation, FU Berlin 2007).
Weblinks
- Offizielle Webpräsenz der Stadt Vilnius (litauisch, englisch)
- Vilnius im Jahre 1980 (Fotoalbum)
- Abbildung der Stadt 1581 in Civitates orbis terrarum von Georg Braun
- Spurensuche jüdischer Geschichte – das Ghetto Vilnius
Einzelnachweise
- ↑ Während in den anderen baltischen Hauptstädten Riga und Tallinn gotische (backsteingotische), hanseatische und lutherische Architektur überwiegen und das mit Seehandel beschäftigte Bürgertum vorherrschte, waren in Vilnius der Katholizismus und der Barock prägend und der Landhandel die staatstragende Schicht.
- ↑ wetterkontor.de
- ↑ Tauber/Tuchtenhagen (2008), S. 15.
- ↑ Tauber/Tuchtenhagen (2008), S. 16f., 21f. und 33.
- ↑ Magocsi, P. R. (2002): Historical Atlas of Central Europe. Seattle: University of Washington Press
- ↑ Casimir Hermann Baer: Der Völkerkrieg, Band 12, Seite 232. Hoffmann Verlag, Stuttgart, abgefragt am 17. September 2010
- ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.
- ↑ Volker Hagemann: Riga • Tallinn • Vilnius. Rundgänge durch die Metropolen des Baltikums. Berlin: Trescher 2008, S. 218
- ↑ г. Вильна Demoscope Weekly: Первая всеобщая перепись населения Российской Империи 1897 г.
- ↑ Der Große Brockhaus 1935, S. 348
- ↑ Timothy Snyder, The Reconstruction of Nations, S. 92–93, 2003 New Haven & London, Yale University Press, ISBN 978-0-300-10586-5
- ↑ Vilnius Regional Statistical Office
- ↑ Statistics Department of Lithuania
- ↑ Mitarbeiterstatistik (Verwaltung der Stadtgemeinde Vilnius)
- ↑ Website Vilnius, abgerufen am 4. März 2015
- ↑ Unesco-Eintrag Nr. 541 abgerufen am 15. Mai 2011
- ↑ In seinem 1945 verfassten Roman Éducation européenne, engl. gleichlautend A european education, deutsch General Nachtigall, Diana Verlag 1962, setzt Gary den jüdischen Partisanen in den Wäldern der Umgebung Wilnas von 1940 bis 1943 ein Denkmal. Obwohl fiktiv, beruht die präzise Handlung offensichtlich auf tatsächlichen Vorgängen, Informationen, die Gary während seiner Stationierung als Kampfflieger in der Umgebung von London von dort lebenden polnischen Exilvertretern erhalten haben kann
- ↑ Sutzkever schrieb seit 1934 auch für Wilnaer Zeitungen, er war Mitkämpfer der Fareinikte Partisaner Organisatzije. 1945 bis 1947 verfasste er mehrere Lang-Gedichte und andere Texte über das Ghetto in Jiddisch, z.T. ins Deutsche übersetzt