Deoxynivalenol

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Strukturformel
Strukturformel von Deoxynivalenol
Allgemeines
Name Deoxynivalenol
Andere Namen
  • (3β,7α)-3,7,15-Trihydroxy-12,13-epoxytrichothec-9-en-8-on (IUPAC)
  • 12,13-Epoxy-3,7,15-trihydroxy-trichothec-9-en-8-on
  • DON
  • Desoxynivalenol
  • Vomitoxin
Summenformel C15H20O6
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 51481-10-8
EG-Nummer (Listennummer) 610-668-0
ECHA-InfoCard 100.129.971
PubChem 40024
ChemSpider 36584
Wikidata Q420518
Eigenschaften
Molare Masse 296,32 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

151–153 °C[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300
P: 264​‐​270​‐​301+310​‐​405​‐​501[2]
Toxikologische Daten

46 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Deoxynivalenol (DON), auch bekannt als Vomitoxin, ist ein Mykotoxin (Schimmelpilzgift) mit Trichothecen-Grundgerüst sowie ein Sesquiterpen.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deoxynivalenol kommt als Stoffwechselprodukt verschiedener Pilze der Gattung Fusarium (Fusarium culmorum, Fusarium graminearum) vor allem auf befallenem Getreide (Weizen, Gerste, Hafer, Mais) vor. In einer Untersuchung amerikanischer Flüsse war Deoxynivalenol das am häufigsten nachgewiesene Mykotoxin.[4]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deoxynivalenol ist chemisch relativ beständig. In wässrigem Medium sind Temperaturen größer 120 °C notwendig, um einen teilweisen Abbau zu erreichen. Hohe pH-Werte begünstigen den Abbau.[5] Bekannte Abbauprodukte sind norDON A, norDON B und norDON C, 9-hydroxymethyl DON lactone, norDON D, norDON E und norDON F.[6] Ein Abbau beim Backen von Brötchen wurde beobachtet.[7]

Analytik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zuverlässige Identifizierung und Quantifizierung von DON in den unterschiedlichen Matrices kann durch chromatographische und massenspektrometrische Verfahren gewährleistet werden. Sowohl die Gaschromatographie (GC) als auch die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) haben sich als zuverlässige Trenntechniken bewährt. Zur gaschromatographischen Analyse werden in der Regel geeignete Derivate (z. B. Trimethylsilylderivate) eingesetzt. Bei der HPLC sind Trennungen und MS-Messungen auch ohne Derivatisierung möglich. Die anschließende Massenspektrometrie ist sowohl mit Ionenfallen- als auch mit Quadrupolsystemen möglich. Die Anwendung beider MS-Ionisierungstechniken kann die Sicherheit der analytischen Aussagen im sogenannten 'low-level'-Bereich erheblich steigern.[8] Das Massenspektrum des Deoxynivalenols ist in der Spektrenbibliothek des NIST gelistet.[9]

Biologische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deoxynivalenol ist ein Mykotoxin. Akut toxische Dosen verursachen Übelkeit und Erbrechen, woher sich die synonyme Bezeichnung Vomitoxin (von engl. vomit "erbrechen" und toxin "Gift") ableitet.[10] Es ist ein gastrointestinaler Reizstoff. Deoxynivalenol ist ein Hemmstoff der Proteinbiosynthese. Bei Nutztieren verursacht mit Deoxynivalenol kontaminiertes Futter eine Wachstumsverzögerung, eine Beeinträchtigung des Immunsystems mit der Folge einer erhöhten Infektanfälligkeit. Eine gewisse Teratogenität lässt sich nachweisen.[11]

Vermeidungsstrategien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Produktion von Getreide können zahlreiche Maßnahmen ergriffen werden, um die Konzentration von Deoxynivalenol im Erntegut zu verringern. Dazu zählen die Vermeidung von Mais als Vorfrucht, wendende Bodenbearbeitung, der Anbau von Getreidesorten mit geringer Anfälligkeit gegen Fusarium-Arten sowie der Einsatz von Fungiziden.[12]

Reduzierung in der weiteren Verarbeitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Getreidemühle kann der DON-Gehalt einer Getreidepartie – sofern sie nicht komplett abgelehnt wird – durch Reinigungsschritte, wie z. B. Schwarz- oder Weißreinigung weiter reduziert werden. Auch Tischausleser (Leichtkornausleser oder Paddy-Ausleser) können eingesetzt werden, da Fusarienkörner leichter sind als gesunde Weizenkörner. Farbausleser können Fusarienkörner mit ähnlicher Effizienz auslesen und damit den DON-Wert senken, da diese Körner oft weißer sind und besonders unter dem Licht einer speziellen Nah-Infrarotkamera (NIR InGaAs) als heller erkannt werden. In der Kleie sind die DON-Gehalte höher als im Mehlkern. Bei zeitgemäßer Verarbeitung von Getreide wurde im 1. Mehl der DON-Gehalt gegenüber weißgereinigtem Getreide um 36 % vermindert,[13] während andere Autoren von einer Reduzierung von bis zu 50 % berichten.[14]

Höchstmengenverordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gesetzliche Höchstmengen für Deoxynivalenol (laut Verordnung (EG) Nr. 1881/2006):[15]

Gesetzliche Höchstmengen für Deoxynivalenol
Erzeugnis Höchstgehalt
(in µg/kg bzw. ppb)
unverarbeitetes Getreide (außer Hartweizen, Hafer, Mais) 1.250
unverarbeiteter Hartweizen, Hafer und Mais 1.750
Mehl 750
Teigwaren 750
Brot, Feine Backwaren, Frühstückscerealien 500
Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder 200

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weiterführende Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eintrag zu Deoxynivalenol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.
  2. a b Datenblatt Deoxynivalenol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 27. Mai 2022 (PDF).
  3. Eintrag zu Deoxynivalenol in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM), abgerufen am 25. März 2021. (Seite nicht mehr abrufbar)
  4. USGS-Meldung: Toxins Produced by Molds Measured in U.S. Streams (Memento des Originals vom 7. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/toxics.usgs.gov, nach doi:10.1016/j.scitotenv.2013.09.062.
  5. C. E. Wolf, L. B. Bullerman: Heat and pH alter the concentration of deoxynivalenol in an aqueous environment. In: Journal of Food Protection. Nr. 61, 1998, S. 365–367, PMID 9708313.
  6. M. Bretz, M. Beyer, B. Cramer, H-U. Humpf:: Thermal degradation of the Fusarium mycotoxin deoxynivalenol. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Nr. 54, 2006, S. 6445–6451, doi:10.1021/jf061008g.
  7. Ragab, S. Drusch, A. Kuhlmann, M. Beyer:: Characterizing effects of fermentation and baking on the deoxynivalenol content of rolls. In: Journal of Applied Botany and Food Quality. Nr. 79, 2005, S. 197–201.
  8. HU. Melchert, E. Pabel: Reliable identification and quantification of trichothecenes and other mycotoxins by electron impact and chemical ionization-gas chromatography-mass spectrometry, using an ion-trap system in the multiple mass spectrometry mode - Candidate reference method for complex matrices. In: Journal of Chromatography. A 1056, 2004, S. 195–199., PMID 15595550
  9. Eintrag zu Deoxynivalenol (Mass spectrum, electron ionization). In: P. J. Linstrom, W. G. Mallard (Hrsg.): NIST Chemistry WebBook, NIST Standard Reference Database Number 69. National Institute of Standards and Technology, Gaithersburg MD, abgerufen am 17. November 2019.
  10. James Mannon & Eric Johnson (1985) Fungi down in the farm New Scientist, No. 1445 (28. Febr.), 12–16.
  11. Pestka JJ.: Deoxynivalenol: mechanisms of action, human exposure, and toxicological relevance. In: Arch. Toxicol. 2010 Sep;84(9):663-79. PMID 20798930.
  12. M. Beyer, M.B. Klix, H. Klink, J-A. Verreet:: Quantifizierung des Einflusses von Vorfrucht, Bodenbearbeitung, Sorte und Triazolfungiziden auf den Deoxynivalenolgehalt von Weizen – ein Review. In: Journal of Plant Diseases and Protection. Band 113, Nr. 6, 2006, S. 241–246 (Abstract [PDF]).
  13. J. Wolff: Effekte von Be- und Verarbeitung auf die Deoxynivalenol- und Zearalenongehalte in Getreide und Getreideprodukten. In: Mycotoxinresearch. Band 21, Nr. 4, 2005, S. 246–250.
  14. J. Lepschy, A. Süß: Verteilung des Trichothecenmycotoxins Deoxynivalenol bei der Vermahlung von Weizen. In: Getreide, Mehl und Brot. Band 50, 1996, S. 340–342.
  15. Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln. bmel.de, abgerufen am 23. Februar 2021.