Wilhelm Haas (Genossenschaftler)

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Wilhelm Haas

Karl Friedrich Wilhelm Haas (* 26. Oktober 1839 in Darmstadt; † 8. Februar 1913 ebenda[1]) war Kreisrat im Großherzogtum Hessen, deutscher Politiker, Sozialreformer und Gründer ländlicher Waren- und Kreditgenossenschaften.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Haas war der Sohn des schweizerischen Gymnasialprofessor für Sprachen Friedrich Heinrich Haas (* 1801) und stammte aus Neufchâtel. Die Mutter war Karoline Luise Künzel (* 1813), Tochter des Schreinermeisters Johann Philipp Künzel in Darmstadt.[2]

Wilhelm Haas heiratete 1869 Marie Karoline Katharine Kritzler (1843–1927), Tochter des Oberkonsistorialpräsidenten Friedrich Kritzler.[3]

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beamter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte Haas 1857–1861 Rechtswissenschaft an der Universität Gießen und wurde Mitglied des Corps Teutonia. Er trat in den Staatsdienst des Großherzogtums Hessen und war ab 1863 Akzessist am Hofgericht Darmstadt und von 1864 bis 1869 Regierungsakzessist bei den Kreisämtern in Darmstadt, Dieburg, Groß-Gerau, Heppenheim, Büdingen und Friedberg. 1869 wurde er Assessor und amtierte ab 1874 als Polizeirat beim Polizeiamt in Darmstadt. 1886 erhielt er die Stelle des Kreisrats des Kreises Offenbach, ein Amt, das er bis 1900 ausübte, als er pensioniert wurde.[4]

Genossenschaftliches Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Haas gehört neben Eduard Pfeiffer, Victor Aimé Huber, Karl Korthaus, Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen zu den führenden Gründervätern des deutschen Genossenschaftswesens. Er gilt neben Raiffeisen als wichtigster Protagonist der deutschen und internationalen landwirtschaftlichen Genossenschaftsorganisation. Er war wie Hermann Schulze-Delitzsch politisch liberal, für ihn waren Genossenschaften praktikable Unternehmensformen zur Selbsthilfe. Sein Credo: „Die Genossenschaft bedeutet Freiheit, Freiheit auch insbesondere in wirtschaftlicher Beziehung.“

1872 gründete Wilhelm Haas die Landwirtschaftliche Bezugsgenossenschaft in Friedberg und war ab 1873 Vorsitzender des „Verbandes der hessischen landwirtschaftlichen Konsumvereine“.[5] 1879 initiierte er den Verband Hessischer Landwirtschaftlicher Kreditgenossenschaften und wurde Präsident der landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften im südlichen und westlichen Deutschland. 1883 war er an der Gründung der Vereinigung der Deutschen Landwirtschaftlichen Genossenschaften (ab 1903: Reichsverband der Deutschen Landwirtschaftlichen Genossenschaften) beteiligt und wurde deren erster Generalanwalt (Präsident).[6] 1907 übernahm er schließlich den Vorsitz des neu gegründeten Internationalen Bundes der Landwirtschaftlichen Genossenschaften. Es gehört zu den besonderen Lebensleistungen von Wilhelm Haas, dass er als herausragender liberaler Politiker agrarische Selbsthilfeorganisationen initiierte und sie auf nationaler und internationaler Ebene vernetzte.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1881 bis 1911 gehörte Haas als Mitglied der Nationalliberalen Partei für den Wahlkreis Starkenburg 10 / Gernsheim während des 24. bis 32. Landtags und für den Wahlbezirk Starkenburg 5 / Fürth im 33. und 34. Landtag der Zweiten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen an und war von 1887 bis 1911 deren Präsident. Ab 1903 war er landständisches Mitglied der Staatsschuldenverwaltung. 1911 ernannte ihn Großherzog Ernst Ludwig als Vertreter der Landwirtschaft zum Mitglied der Ersten Kammer der Landstände. Von 1898 bis 1912 war er Mitglied des Reichstags[7] und wirkte unter anderem an den Beratungen über das 1889 verabschiedete Genossenschaftsgesetz mit.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Haas-Denkmal in der Albert-Schweitzer-Anlage in Darmstadt (2011)

Wissenswert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Haas wurde in Hessen „der Vizegroßherzog“ genannt. Der Landtag erhielt unter seiner Präsidentschaft den Titel „Zirkus Haas“.[19]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmut Faust: Geschichte der Genossenschaftsbewegung. Ursprung und Aufbruch der Genossenschaftsbewegung in England, Frankreich und Deutschland sowie ihre weitere Entwicklung im deutschen Sprachraum. 3., überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Knapp, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-7819-0168-8.
  • Adalbert Feineisen: Wilhelm Haas. Gestalter einer großen Idee. Raiffeisendruckerei, Frankfurt am Main 1956.
  • Peter Gleber: Biographische Notizen zu den Genossenschaftsgründern Schulze-Delitzsch, Raiffeisen und Haas. In: BI, Bankinformation und Genossenschaftsforum, ISSN 0941-0163, Band 34 (2005), Nr. 5, S. 72–75.
  • Peter Gleber: Genossenschaftsbanken als Pflanzstätten der Demokratie. In: Bankinformation, BI, Das Fachmagazin der Volksbanken Raiffeisenbanken, ISSN 1866-5608, Band 36 (2009), Nr. 5, S. 38–41.
  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index. (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen, Band 14) (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, Band 48, 7.) Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 159–160.
  • Rudolf Maxeiner: Vertrauen in die eigene Kraft. Wilhelm Haas. Sein Leben und Wirken. Deutscher Genossenschafts-Verlag, Wiesbaden 1976, ISBN 3-87655-016-5.
  • Klaus-Dieter Rack, Bernd Vielsmeier: Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biografische Nachweise für die Erste und Zweite Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen 1820–1918 und den Landtag des Volksstaats Hessen 1919–1933 (Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen Bd. 19 = Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission NF Bd. 29) Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2008. ISBN 978-3-88443-052-1, Nr. 293.
  • Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften (Hrsg.): Zur Erinnerung an Generalanwalt Geheimrat Wilhelm Haas. Berlin 1913 = Sonderausgabe von Deutsche Landwirtschaftliche Genossenschaftspresse 41. Jg. (1913).
  • Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften e. V. (Hrsg.): Festgabe zum 37. Deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaftstag und zur Einweihung des Wilhelm Haas-Denkmals, Darmstadt, den 8. u. 9. Mai 1924. Reichsverband d. dt. landwirtschaftl. Genossenschaften e. V., Berlin 1924.
  • Hans Georg Ruppel, Birgit Groß: Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biographische Nachweise für die Landstände des Großherzogtums Hessen (2. Kammer) und den Landtag des Volksstaates Hessen = Darmstädter Archivschriften Bd. 5. Verlag des Historischen Vereins für Hessen, Darmstadt 1980. ISBN 3-922316-14-X, S. 120.
  • Theodor SonnemannHaas, Karl Friedrich Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 378 f. (Digitalisat).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hessische Biografie (Weblinks).
  2. Hessische Biografie (Weblinks).
  3. Hessische Biografie (Weblinks).
  4. Hessische Biografie (Weblinks).
  5. Hessische Biografie (Weblinks).
  6. Hessische Biografie (Weblinks).
  7. Hessische Biografie (Weblinks).
  8. Hessische Biografie (Weblinks).
  9. Hessische Biografie (Weblinks).
  10. Hessische Biografie (Weblinks).
  11. Hessische Biografie (Weblinks).
  12. Hessische Biografie (Weblinks).
  13. Hessische Biografie (Weblinks).
  14. Hessische Biografie (Weblinks).
  15. Hessische Biografie (Weblinks).
  16. Hessische Biografie (Weblinks).
  17. Hessische Biografie (Weblinks).
  18. Eckhart G. Franz: Haas, Wilhelm. In: Stadtlexikon Darmstadt.
  19. Hessische Biografie (Weblinks).