Wilhelm Reinhard (General)

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Wilhelm Reinhard

Wilhelm Reinhard (* 18. März 1869 in Forsthaus Lutau, Kreis Flatow; † 18. Januar 1955 in Dortmund[1]) war ein deutscher General der Infanterie, SS-Obergruppenführer, „Reichsführer des NS-Kriegerbundes“ sowie Mitglied des Reichstages.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er war der Sohn des Forstmeisters Wilhelm Reinhard senior und dessen Ehefrau Minna, geborene von Koenen.[2]

Militärkarriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reinhard absolvierte nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn die Kadettenhäuser in Kulm und Lichterfelde sowie danach die Kriegsschule Metz. Er trat am 22. März 1888 als Fähnrich in das Infanterie-Regiment „Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig“ (Ostfriesisches) Nr. 78 der Preußischen Armee ein. 1889 erfolgte seine Beförderung zum Sekondeleutnant und er wurde Bataillons- und Regimentsadjutant. Am 17. Januar 1901 wurde Reinhard in Hannover Adjutant der 38. Infanterie-Brigade. 1902 wurde Reinhard zum Hauptmann befördert und als solcher am 24. April 1904 zum Kompaniechef im Füsilier-Regiment „Graf Roon“ (Ostpreußisches) Nr. 33 in Gumbinnen ernannt. Ab 1907 war Reinhard Chef der 7. Kompanie des Schleswig-Holsteinischen Infanterie-Regiments Nr. 163 in Neumünster. Zeitgleich mit der Beförderung zum Major wurde er dann am 21. April 1911 in das 5. Garde-Regiment zu Fuß nach Spandau versetzt und war dort zunächst beim Stab tätig. Nach knapp zweijähriger Tätigkeit dort erfolgte am 22. März 1913 seine Ernennung zum Kommandeur des II. Bataillons.

Erster Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieses Bataillon führte Reinhard bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Verbund mit der neugebildeten 3. Garde-Division in das neutrale Belgien und beteiligte sich dort an der Belagerung und Eroberung der Festung Namur. Anschließend wurde Reinhard mit seinem Regiment an die Ostfront verlegt. Hier kämpfte er in der Schlacht an den Masurischen Seen und in der Schlacht um Łódź.

Vom 18. Januar bis zum 2. Juni 1915 war Reinhard Führer des Garde-Grenadier-Regiments Nr. 5 und wurde anschließend zum Kommandeur des 4. Garde-Regiments zu Fuß ernannt. Mit diesem kämpfte er in der Folgezeit am Brückenkopf von Jaroslau, in den Durchbruchsschlachten bei Lubaczów und Gródek und Lemberg, bis das Regiment schließlich nach den Verfolgungskämpfen über den Bug hinaus an der Jasiolda angehalten wurde. Von dort wurde Reinhards Regiment wieder an die Westfront verlegt und unmittelbar in die Herbstschlacht bei La Bassée und Arras geworfen. Reinhard wurde am 18. April 1916 zum Oberstleutnant und am 20. September 1918 zum Oberst befördert.[3]

Am 27. August 1917 wurde Reinhard mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet und am 1. Oktober 1918 wurde ihm das Eichenlaub zum Pour le Mérite verliehen.[4]

Freikorpsführer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Märzkämpfe vom 3. bis zum 12. März 1919 in Berlin unternimmt Oberst Wilhelm Reinhard, der Kommandeur des in Lichtenberg eingesetzten Freikorps-Regimentes, vom Friedrichshain aus eine Inspektionsfahrt.

Nach Kriegsende und Revolution nach Berlin zurückgekehrt, forderte Reinhard am 10. Dezember 1918 bei einer Besprechung im Kriegsministerium, an der auch Friedrich Ebert und Curt Baake teilnahmen, alle Schusswaffen besitzenden Zivilisten mit dem Tode zu bestrafen.[5] Reinhard stellte Ende Dezember 1918 das nach ihm benannte Freiwilligen-Regiment auf. Seine von Gustav Noske und Walther Reinhardt betriebene Ernennung zum Stadtkommandanten von Berlin wurde durch den Widerstand der Soldatenräte verhindert. Unter seiner Leitung wurde der Spartakusaufstand im Januar 1919 durch die ihm unterstellten Truppen niedergeschlagen; während der Berliner Märzkämpfe zwei Monate später kam es kurzzeitig zu erneuten bewaffneten Auseinandersetzungen. Etwa 1.200 Menschen, die meisten davon Aufständische, starben bei den „mit entsetzlicher Grausamkeit“ geführten Kämpfen.

Im Juni 1919 ging das „Freikorps Reinhard“ in die Vorläufige Reichswehr auf und Reinhard erhielt die Stellung als Infanterie-Führer der Berliner Reichswehr-Brigade 15.[6] Auf eigenen Wunsch schied Reinhard am 31. Dezember 1919 aus dem aktiven Militärdienst aus.[7]

Reichstagsabgeordneter, Bundesführer des Kyffhäuserbundes, SA- und SS-Führer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Zeit der Weimarer Republik war er als Kaufmann tätig. Im Oktober 1927 trat er der NSDAP (Mitgliedsnummer 63.074) bei.[8] Von 1936 bis zum Frühjahr 1945 war Reinhard auf Reichswahlvorschlag Mitglied des nationalsozialistischen Reichstags.[9] Reinhard war Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP.[3]

Nach Überführung des Deutschen Reichskriegerbundes „Kyffhäuser“ in die Sturmabteilung (SA) war Reinhard seit 1933 SA-Oberstlandesführer der SA-Reserve II. Im September 1935 wurde Reinhard im Rang eines SS-Standartenführers in die SS (SS-Nr. 274.104) übernommen. In der SS erreichte Reinhard im November 1941 den Rang eines SS-Obergruppenführers.[8] Als SS-Ehrenführer gehörte Reinhard ab 1938 dem „Stab RFSS“ an.

Am 27. Januar 1934 wurde Reinhard Bundesführer des Deutschen Reichskriegerbundes „Kyffhäuser“ und am 18. März 1938 Reichsführer der nun in NS-Reichskriegerbund „Kyffhäuser“ (NSRKB) umbenannten Organisation.[9] Er blieb in dieser Funktion bis zur Auflösung des NSRKB im März 1943.[7] Auf Veranlassung Reinhards wurden von 1934 bis 1938 durch Männer des Reichsarbeitsdienstes archäologische Ausgrabungen an der alten Reichsburg Kyffhausen durchgeführt.[10][11] Reinhard bemühte sich sehr, das Wahrzeichen des Kyffhäuserbundes, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Kyffhäuser, NS-kompatibel zu machen. So ließ der SS-Führer die unscheinbare Halle im Monument zu einer „Ehrenhalle“ ausbauen, für die gefallenen Kameraden, „die Toten der Freikorps und der Hitlerbewegung“.[12]

Nach Auflösung des NSKRB wurde Reinhard Präsident der neugegründeten Kyffhäuser-Stiftung. In der Endphase des Zweiten Weltkrieges verlegte Reinhard aufgrund des Vorrückens der Roten Armee seinen Wohnsitz. Nach Kriegsende befand er sich für einige Monate in westalliierter Internierung und lebte nach seiner Entlassung bei einem Neffen in Opmünden bei Soest. Im September 1952 gründete Reinhard in Dortmund erneut den Kyffhäuserbund, der 1945 durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 verboten worden war.[13] Er übernahm bis zu seinem Tod am 18. Januar 1955 wiederum den Vorsitz des Kyffhäuserbundes.[8]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1918/1919 Die Wehen der Republik. Brunnen-Verlag, Berlin 1932 DNB

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reinhards Militär- und SS-Dienstgrade[14]
Datum Rang
22. März 1888 char. Fähnrich
15. Oktober 1888 Fähnrich
21. September 1889 Sekondeleutnant
18. August 1897 Oberleutnant
18. April 1903 Hauptmann
21. April 1911 Major
18. April 1916 Oberstleutnant
21. September 1918 Oberst
15. September 1935 SS-Standartenführer
9. November 1935 SS-Oberführer
9. November 1936 SS-Brigadeführer
20. April 1937 SS-Gruppenführer
22. März 1938 Charakter als Generalmajor a. D.
18. März 1939 Charakter als General der Infanterie a. D.
9. November 1941 SS-Obergruppenführer
1. März 1943 General der Infanterie z.V.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim Lilla, Martin Döring, Andreas Schulz: Statisten in Uniform: Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Tuviah Friedman: Die drei ältesten SS-Generale Himmlers. SS-Obergruppenführer August Heyssmayer, SS-Obergruppenführer Wilhelm Reinhard, SS-Obergruppenführer Udo von Woyrsch. Eine dokumentarische Sammlung Hg. Institute of Documentation in Israel for the Investigation of Nazi War Crimes, Haifa. Zusammenstellung: Friedman. 1998.
  • Hanns Möller: Geschichte der Ritter des Ordens pour le mérite im Weltkrieg, Band II: M–Z, Verlag Bernard & Graefe, Berlin 1935, S. 178–182.
  • Karl-Friedrich Hildebrand, Christian Zweng: Die Ritter des Ordens Pour le Mérite des I. Weltkriegs, Band 3: P–Z, Biblio Verlag, Bissendorf 2011, ISBN 3-7648-2586-3, S. 99–102.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wilhelm Reinhard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lebensdaten nach Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, S. 488, und Michael Buddrus (Hg.): Mecklenburg im Zweiten Weltkrieg. Die Tagungen des Gauleiters Friedrich Hildebrandt mit den NS-Führungsgremien des Gaues Mecklenburg 1939–1945, Eine Edition der Sitzungsprotokolle, Bremen 2009, S. 1057. Abweichend davon wird bei der Altpreußischen Biographie, Band 4, Teil 3, 1995, S. 1471 als Sterbeort Opmünden genannt.
  2. Degeners Wer ist's?, Band 10, Verlag Herrmann Degener, 1935, S. 1280.
  3. a b Wilhelm Reinhard in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
  4. Wilhelm Reinhard im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  5. Siehe Berthold, Lothar, Neef, Helmut, Militarismus und Opportunismus gegen die Novemberrevolution, 2., erweiterte und überarbeitete Auflage, Frankfurt am Main 1978, S. 91.
  6. Fall des Oberst Reinhard
  7. a b Albert Grzesinski: Im Kampf um die deutsche Republik. Erinnerungen eines Sozialdemokraten. Herausgegeben von Eberhard Kolb, Oldenbourg-Verlag, München 2001 (Schriftenreihe der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte 9), S. 102.
  8. a b c Michael Buddrus (Hg.): Mecklenburg im Zweiten Weltkrieg. Die Tagungen des Gauleiters Friedrich Hildebrandt mit den NS-Führungsgremien des Gaues Mecklenburg 1939–1945, Eine Edition der Sitzungsprotokolle, Edition Temmen: Bremen 2009, S. 1057.
  9. a b 5000 Köpfe – Wer war was im Dritten Reich. Kiel 2000, S. 340.
  10. Diana Maria Friz: Wo Barbarossa schläft – der Kyffhäuser: der Traum vom Deutschen Reich, Beltz Quadriga, Weinheim/Basel 1991, S. 178, 199.
  11. http://www.karstwanderweg.de/kyff/burgbru.htm
  12. Denkmale. Rülpst zufrieden. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1996, S. 35 f. (online).
  13. Altpreußische Biographie, Band 4, Teil 3, Elwert, 1995, S. 1471.
  14. Karl-Friedrich Hildebrand, Christian Zweng: Die Ritter des Ordens Pour le Mérite des I. Weltkriegs. Band 3: P–Z. Biblio Verlag. Bissendorf 2011. ISBN 3-7648-2586-3. S. 101.
  15. a b c Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armeekorps für 1914, Hrsg.: Kriegsministerium, Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin 1914, S. 157.