Anfortas

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Anfortas (auch Amfortas) ist eine Sagengestalt aus dem Versepos Parzival des Wolfram von Eschenbach, das zwischen 1200 und 1210 entstand. Er ist in Legenden um den Heiligen Gral der Hüter der Gralsburg. Für seinen Lebensunterhalt muss er fischen und wird deshalb auch Fischerkönig (altfranzösisch roi peschierres) genannt. Durch eine verwunschene Liebe wird er verwundet.

Deutung der Figur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfortas war nach Robert de Boron ein Sohn der Veronika, der Schwester von Joseph de Berimathie. Bei Chrétien de Troyes ist er ein Onkel mütterlicherseits von Perceval.

Im Perlesvaus ist er Josue, ein Sohn von Glais und Bruder Alains, des Vaters von Perlesvaus (Parzival). Seine Nachkommen sind hier Aminadap, Catheloys, Manaal, Lambor, Pelleams (der lahme König) und Pelles, der durch Lancelot zum Großvater von Galahad wird.

Aus dem symbolischen Bekehrer- oder Fischerkönig (roi pescheor) entwickelte sich durch ein sprachliches Missverständnis ein Sünderkönig (roi pécheur), der an einer Sünde leidet[1] und dahinsiecht, durch die Nähe des Grals aber vor dem Tode bewahrt wird, und den Parzival durch die Stellung einer Frage erlöst.[2]

Neuzeitliche Behandlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Oper Parsifal von 1882 des Komponisten Richard Wagner wird die Geschichte um Amfortas, seine Verwundung und die Erlösung dargestellt.

In T. S. Eliots Gedicht Das wüste Land (The Waste Land) von 1922 spielt der Fischerkönig ebenfalls eine wichtige Rolle.

Robert Jordan nahm die Legende im Romanzyklus Das Rad der Zeit (The Wheel of Time) von 1990–2013 auf. Auch dort erhält eine der Hauptfiguren, Rand al' Thor, eine Verletzung, die nicht heilt. Ein Gelehrter seiner Gegner, Moridin, spricht einmal direkt vom Fischer, als er von al' Thor spricht.

In Terry Gilliams Film König der Fischer (The Fisher King) von 1991, der in New York spielt, finden sich neben der im Titel zitierten Geschichte vom Fischerkönig zahlreiche weitere Anspielungen auf die Gralslegenden. Der obdachlose ehemalige Literaturprofessor Parry (Robin Williams) erzählt dem zynischen Radiomoderator Jack Lucas (Jeff Bridges) die Legende vom leidenden Fischerkönig, der durch den Narren Parzival gerettet wird – ein Schlüssel zur Handlung des Films.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • William A. Nitze: Glastonbury and the Holy Grail. In: Modern Philology. Bd. 1, Nr. 2, 1903, ISSN 0026-8232, S. 247–257.
  • Louise Gnädinger: Rois Peschiere / Anfortas. Der Fischerkönig in Chrestiens und Wolframs Graldichtung. In: Georges Güntert, Marc-René Jung, Kurt Ringger (Hrsg.): Orbis mediaevalis. Mélanges de langue et de littérature médiévales offerts à Reto Raduolf Bezzola à l'occasion de son 80. anniversaire. Francke, Bern u. a. 1978, ISBN 3-7720-1421-6, S. 127–148.
  • Bernhard Dietrich Haage: Krankheit und Erlösung im ‘Parzival’ Wolframs von Eschenbach: Anfortas’ Leiden. In: Michael Fieger, Marcel Weder (Hrsg.): Krankheit und Sterben. Ein interprofessioneller Dialog. Bern 2012, S. 167–185.
  • Bernhard D. Haage: Studien zur Heilkunde im „Parzival“ Wolframs von Eschenbach. Kümmerle Verlag, Göppingen 1992 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 565), ISBN 3-87452-806-5, insbesondere S. 88–112 (Anfortas’ Leiden: Forschung und Forschungsaufgaben) und S. 121–179 (Kommentar zur „Anfortas’ Leiden“ und „Urjans’ Heilung“), passim.
  • Iris Hermann, Meinolf Schumacher: „Da bin ich und das wars“. „Strichpunktexistenz“ und „Flüsterdennoch“: Robert Schindels Gedicht 'Amfortas' (2007). In: Sprachkunst. Bd. 39, Nr. 1, 2008, ISSN 0038-8483, S. 59–75, doi:10.1553/spk39_1s59.
  • Richard Schrodt: Anfortas’s Leiden. In: Festgabe für Otto Höfler zum 75. Geburtstag. Hrsg. von Helmut Birkhan. Wien/Stuttgart 1976.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. etwa Bernhard D. Haage: Prolegomena zu Anfortas’ Leiden im „Parzival“ Wolframs von Eschenbach. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 3, 1985 (1986), S. 101–126.
  2. Wolfgang von Wurzbach: Geschichte des französischen Romans Bd. 1. Carl Winter, Heidelberg 1912, S. 27