Nabendynamo

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Nabendynamo

Der Nabendynamo ist ein Fahrraddynamo, der üblicherweise als spezielle Nabe die konventionelle Nabe des Vorderrades in einem Fahrrad ersetzt.

Geschichte und Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1913 hatte Alois Sanladerer aus Ortenburg ein Patent auf einen Nabendynamo in den USA angemeldet und 1914 erteilt bekommen.[1]

Erstmals stellte die englische Firma Sturmey-Archer in den 1930er Jahren Nabendynamos her und vermarktete sie unter dem Namen Dynohub. Die Produktion in England wurde 1984 eingestellt.

Ab den 1990er-Jahren wurden Nabendynamos weiterentwickelt und gehören bei Trekking- und Stadträdern mittlerweile zum Standard. Bei Neurädern werden so gut wie keine Seitenläuferdynamos mehr verbaut.[2][3] Seine Alltagstauglichkeit ist hoch, da er witterungsunabhängig funktioniert und verglichen mit den sonst üblichen Seitenläuferdynamos einen höheren Wirkungsgrad hat. Aus der Integration in die Nabe des vorderen Laufrades ergibt sich im Vergleich zu Seitenläuferdynamos allerdings, dass für den Austausch des Dynamos eine Werkstatt oder eine werkstattmäßige Ausstattung erforderlich ist, sollte trotz weitgehender Wartungsfreiheit ein Defekt auftreten.

Hersteller und Bauformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nabendynamos werden von einer Reihe von Herstellern angeboten, z. B.

Bauweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nabendynamos sind permanenterregte Synchrongeneratoren, wobei der Rotor (die Nabe) die Permanentmagnete enthält und der innere, feststehende Teil die Wicklungen bzw. Spulen trägt, die den Strom erzeugen.

Eingeschaltet wird die Beleuchtung über einen Schalter, der meist im Scheinwerfer integriert ist, oder über eine elektronische Steuerung, die bei Dunkelheit die Beleuchtung automatisch einschaltet. Diese Dynamos haben die höchsten Wirkungsgrade im Betrieb, allerdings besitzen sie im ausgeschalteten Zustand aufgrund der auch im Leerlauf des Dynamos (das heißt ohne geschlossenen Beleuchtungsstromkreis) auftretenden Ummagnetisierungsverluste ein geringes Verlustmoment.

Neben dieser typischen Bauform existieren vereinzelt Nabendynamos, die über ein auskoppelbares Getriebe in der Nabe in Betrieb genommen werden und sich dadurch schneller drehen als das Rad. Damit gibt es keine Leerlaufverluste. Ein zusätzlicher elektrischer Schalter ist nicht erforderlich. Es sind durch die höhere Drehzahl des Generators kleinere Bauformen möglich, womit auch ein geringeres Gewicht gegenüber getriebelosen Nabendynamos einhergeht. Allerdings ist wegen des Getriebes der Wirkungsgrad nicht so hoch.

Es gibt Ladegeräte, die an den Dynamo angeschlossen werden können.[4] Sie nutzen die elektrische Leistung des sowieso mitlaufenden Nabendynamos, um Akkus, Mobiltelefone und GPS-Geräte o. ä. wieder aufzuladen.

Varianten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ohne oder mit Aufnahme für eine Bremsscheibe:

  • ohne Aufnahme für eine Bremsscheibe (wenn vorn eine Felgenbremse ist)
  • mit Aufnahme für eine Bremsscheibe
    • 6 Schraublöcher 44 mm Lochkreisdurchmesser (LK) (IS2000)
    • 6 Schraublöcher LK <44 mm[5]
    • 4 Schraublöcher
      • LK 44 mm
      • LK 40 mm
    • Verzahnung plus Verschlussring-Schraube (typisch System Center-Lock von Shimano, entwickelt für Ketten-Ritzelpaket)

Art des elektrischem Anschlusses:

  • Doppel-Flachstecker an der Nabe oder Kabel mit Flachsteckhülsen 4,8 mm
  • Koaxialstecker
  • beiderseits stirnseitige Kontaktierung durch die mechanische Nabenmontage auf Kontakte auf den Innenseiten der Ausfallenden

Varianten der Speichenaufnahme:

  • diverse Lochanzahlen – häufig 32, 36; auch 24, 28, 40, 48
  • diverse Lochkreisdurchmesser ca. 60–74 mm
  • diverse axiale Flanschabstände häufig 62 mm; 50–68 mm

Art der Kugellager:

  • Konus, einstellbar
  • tauschbar eingepresstes, gedichtetes Fertiglager

Eine StVZO-Zulassung haben manche Geräte nur für bestimmte Raddurchmesser (maximal 19…29 Zoll, 400…742 mm) und/oder zusammen mit bestimmten (LED-)Scheinwerfertypen. Alle Dynamos haben eine Nennspannung von 6 Volt (Wechselspannung) und eine Nennleistung von 1,5 bzw. 3 Watt.

Manche Geräte besitzen einen Überspannungsschutz, der bei geringer Last und hoher Drehzahl eine Überlastung der Lampen verhindern kann.

Die Polpaarzahl des Generators beträgt z. B. 16 – sie bestimmt die Flackerfrequenz des Lichtes, wie man sie bei geringer Fahrgeschwindigkeit beobachten kann.

Die Masse der Dynamo-Nabe ohne Bremsscheibe und ohne Schnellspanner beträgt etwa 309–750 g. Die Einbaubreite in der Vorderradgabel beträgt typisch 100 mm.

Die Befestigung erfolgt bei höherwertigen Rädern meist mit einem M5-Gewinde-Schnellspanner (Kipphebel oder Innensechskant) durch die Hohlachse. Bei City-Rädern und Einstiegsmodellen vorzugsweise mit Schraubbefestigung.

Mechanische und elektrische Leistung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nabendynamos ohne Getriebe sind gegenüber reinen Naben auch ohne die Abnahme elektrischer Leistung konstruktionsbedingt schwerläufiger. Beim Drehen der Achse im Nabendynamo oder des montierten Rads in der angehobenen Radgabel ist ein Rastmoment von Hand erfühlbar. Es rührt daher, dass die Form des Permanent-Magnetfeldes durch die Polschuhe des Stators leicht verformt wird. Verluste entstehen jedoch erst dadurch, dass im Eisenblechpaket des Stators Ummagnetisierungs- und Wirbelstromverluste entstehen.

Die Fahrradzeitschrift Bicycle Quarterly veröffentlichte im Jahr 2005 Tests zu sieben Dynamos hinsichtlich Effizienz und Rollwiderstand­szunahme ohne Stromentnahme.[6] Das beste Modell verursachte unter den bei gleicher Tretleistung getesteten Nabendynamos eine Verringerung der Geschwindigkeit von ca. 0,1 km/h (Leerlaufverlust, Licht aus) und ca. 1 km/h (Licht an, 11 % der Tretleistung) bei Fahrgeschwindigkeit 20 km/h (Tretleistung 50 Watt). Bei höheren Geschwindigkeiten oder an Steigungen sei die Differenz geringer. Das schlechteste Modell verursachte hohe mechanische Verluste, die nahezu unabhängig von der Stromentnahme waren. Sie wurden erst bei 50 km/h von einem mitgetesteten Seitendynamo unter Last übertroffen.

Die meisten (in Deutschland verwendeten) Fahrraddynamos erzeugen gemäß Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) eine elektrische Leistung von bis zu 3 Watt bei einer Nennspannung von 6 Volt.[7] Allerdings gibt es auch Nabendynamos mit einer Leistung von 2,4 W - Falträder zum Beispiel, um nur das Frontlicht zu betreiben.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fritz Winkler, Siegfried Rauch: Fahrradtechnik Instandsetzung, Konstruktion, Fertigung. 10. Auflage, BVA Bielefelder Verlagsanstalt GmbH & Co. KG, Bielefeld, 1999, S. 397, ISBN 3-87073-131-1

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Nabendynamo – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Nabendynamos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Patent US1111864A: Electric-lighting apparatus for celocipedes. Angemeldet am 12. Juni 1913, veröffentlicht am 29. September 1914, Erfinder: Alois Sanladerer.
  2. Andreas Oehler: Nabendynamos im Labortest. fahrradzukunft.de, April 2006, abgerufen am 7. Dezember 2014.
  3. Andreas Oehler: Neue und exotische Nabendynamos im Test. fahrradzukunft.de, April 2012, abgerufen am 8. Januar 2015.
  4. Andreas Oehler: Steckdose unterwegs – Teil 3. fahrradzukunft.de, April 2011, abgerufen am 8. Januar 2015.
  5. https://www.mtb-news.de/forum/t/bremsscheiben-noch-ein-anderer-standard-ausser-normalem-6-loch-und-cl.637107/
  6. Testing the Efficiency of Generator Hubs. (pdf; 380 kB) In: Vintage Bicycle Quarterly Vol. 3, No. 4. 2005, abgerufen am 22. März 2014 (englisch).
  7. Fahrrad: Nabendynamo • tec.Lehrerfreund. Abgerufen am 2. Juli 2019.