Beinwell

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Beinwell

Herzblättriger Beinwell (Symphytum cordatum)

Systematik
Asteriden
Euasteriden I
Familie: Raublattgewächse (Boraginaceae)
Unterfamilie: Boraginoideae
Tribus: Boragineae
Gattung: Beinwell
Wissenschaftlicher Name
Symphytum
L.

Beinwell (Symphytum), früher (und auch heute in der deutschsprachigen Schweiz) auch Wallwurz (in Bezug auf das Zuheilen [„Wallen“] von Knochenbrüchen und Wunden, insbesondere für die Beinwell-Art Symphytum officinale) oder Beinwurz (von bein für „Knochen“) genannt, ist eine Pflanzengattung, die zur Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae) gehört. Die 20 bis 40 Arten sind in Europa, Nordafrika und in West- sowie zentralen Zentralasien weitverbreitet.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stängel mit Trichomen vom Echten Beinwell (Symphytum officinale)

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Symphytum-Arten sind ausdauernde krautige Pflanzen. Die Wurzeln sind verdickt. Die oberirdischen Pflanzenteile sind rau oder borstig behaart.

Die wechselständigen Laubblätter sind einfach. Die Grundblätter sind gestielt und die Stängelblätter sind sitzend bis (bei vielen Arten) am Stängel herablaufend. Es sind keine Nebenblätter vorhanden.

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Typischer Blütenstand (Doppelwickel) vom Echten Beinwell (Symphytum officinale)
Blütendiagramm
Klausenfrüchte vom Echten Beinwell (Symphytum officinale)

Als typischer Blütenstand wird ein endständiger Doppelwickel gebildet. Es sind keine Deckblätter vorhanden.

Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppeltem Perianth. Die fünf Kelchblätter sind höchstens bis zur Mitte mit ungleichen Kelchzipfeln verwachsen und verlängern sich etwas bis zur Fruchtreife. Die fünf hell-purpurroten, weißen oder selten gelben Kronblätter sind meist glockenförmig, aber auch röhrig verwachsen. In der Kronröhre befinden sich fünf Anhängsel, sogenannte „Kronschuppen“, mit papillösen Drüsen. Die fünf Kronlappen sind dreieckig bis halbkreisförmig mit gezähnten Rändern, und die Spitze kann manchmal nach oben eingerollt sein. Es ist nur ein Kreis mit fünf Staubblättern vorhanden; sie sind mit der Kronröhre verwachsen und überragen die Krone nicht. Die zwei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen, der durch Einkerbungen in vier Klausen mit je einer Samenanlage geteilt ist. In der Einsenkung des vierteiligen Fruchtknotens mit konvexem Griffelpolster befindet sich der dünne Griffel, der in einer kopfigen Narbe endet und meist die Krone überragt.

Es werden Klausenfrüchte gebildet. Die vier Teilfrüchte sind eiförmig, manchmal etwas ungleichseitig, meist drüsig-warzig, netzartig-runzelig oder selten glatt. Die Samen besitzen Elaiosomen.

Rauer Beinwell (Symphytum asperum)
Symphytum brachycalyx
Knollen-Beinwell (Symphytum bulbosum)
Kaukasischer Beinwell (Symphytum caucasicum)
Kriechender Beinwell (Symphytum ibericum)
Knoten-Beinwell (Symphytum tuberosum)
Futter-Beinwell (Symphytum ×uplandicum)

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gattungsname Symphytum wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum erstveröffentlicht.[1] Typusart ist Symphytum officinale. Synonyme für Symphytum L. sind. Procopiana Gușul. orth. var., Procopiania Gusul.[2]

Die Gattung Symphytum gehört zur Tribus Boragineae in der Unterfamilie Boraginoideae innerhalb der Familie der Boraginaceae.

Arten und ihre Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Je nach Autor gibt es in der Gattung Beinwell (Symphytum) 20 bis 40 Arten:[3][2]

Außerdem gibt es an Hybriden:

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heilpflanze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Beinwell-Arten wurden schon in alter Zeit als Heilkraut verwendet.[12] Der antike griechische Arzt Dioskurides etwa beschreibt das von ihm bereits so genannte Symphyton állo (σύμφυτον ἄλλο) ausführlich.[13] Ob allerdings die in der lateinischen Antike als alum Gallicum bekannte Heilpflanze dem Beinwell entspricht, ist unklar.[14] Jedenfalls leitet sich sowohl der altgriechische als auch der deutsche Name der Pflanze von ihrer Anwendung bei Knochenbrüchen und offenen Wunden ab. Auch bei Verletzungen von Bändern und Sehnen wurde den Pflanzen Heilwirkung zugeschrieben. Sowohl der heute anerkannte Gattungsname Symphytum als auch der in früheren Werken gebräuchliche Name Consolida (übersetzt „wachse zusammen“, von lateinisch consolidare; griechisch symphýein) beziehen sich auf das „Zusammenwachsen“.[15] Als Heilpflanze wird besonders der Echte Beinwell (Symphytum officinale) eingesetzt und auch in Kräutergärten angebaut. Äußerlich angewendet ist er wirksam bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen, der Gebrauch unterliegt jedoch Beschränkungen.[16] Eingesetzt wird Beinwell bei sogenannten „stumpfen Traumen“ aufgrund seiner schmerzlindernden, entzündungshemmenden und abschwellenden Wirkung. Ein Vergleich mit oberflächlicher Anwendung von Diclofenac bei Gelenkverletzungen ergab einen mindestens gleichwertigen Wirkstärkeneffekt von Beinwellextrakt.[17] Die Heilwirkung auf die Haut ist auf den Inhaltsstoff Allantoin zurückzuführen, der heute auch in der Kosmetik zahlreiche Anwendungsgebiete gefunden hat.

Allantoin bewirkt die Beschleunigung des Zellaufbaus und der Zellbildung,[18] was in der alten Heilkunde vor allem bei der Behandlung von Unterschenkelgeschwüren genutzt wurde.

Giftigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beinwell enthält wechselnde Mengen von Pyrrolizidinalkaloiden, die (in hoher Dosierung und als Einzelsubstanz) leberschädigend und krebsauslösend wirken. Die Kommission E hat daher für Deutschland den Gebrauch als Heilpflanze nur unter Einschränkungen zugelassen.[16] In Kanada und einigen Staaten der USA dürfen Beinwellprodukte zur inneren Anwendung nicht mehr vermarktet werden.[19]

Unkundige haben den hochgiftigen Fingerhut (Digitalis purpurea) schon mit Beinwell verwechselt.[20]

Bodenverbesserer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allen Beinwellarten ist gemeinsam, dass sie sehr schnell wachsen und im Garten rasch lästig werden können.[21] Im Garten werden sie gerne als Mulchmaterial verwendet.[22][23] Beinwelljauche ist ein hervorragender organischer Stickstoff-Dünger (siehe auch Pflanzenjauche).

Die Eignung als Mulchmaterial kommt daher, dass Beinwell-Arten im Boden nach Nährstoffen „schürfen“, die in nährstoffarmen Böden für andere Pflanzen oft nicht verfügbar sind.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Masha Bennett: Pulmonarias and the Borage family. Timber Press, Portland 2003, ISBN 0-88192-589-6.
  • Gelin Zhu, Harald Riedl, Rudolf V. Kamelin: Symphytum. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China. Volume 16: Gentianaceae through Boraginaceae. Science Press / Missouri Botanical Garden Press, Beijing / St. Louis 1995, ISBN 0-915279-33-9, S. 359 (englisch, efloras.org).
  • Abtei Fulda: Comfrey – was ist das? 9. Auflage. Fulda 2000, ISBN 3-924201-05-6.
  • Mannfried Pahlow: Das große Buch der Heilpflanzen. Gräfe und Unzer, München 1999, ISBN 3-7742-3848-0.
  • Peter Schönfelder, Ingrid Schönfelder: Der Kosmos-Heilpflanzenführer. Europäische Heil- und Giftpflanzen. 4. Auflage. Franckh, Stuttgart 1988, ISBN 3-440-05854-9.
  • Avril Rodway: Kräuter und Gewürze. Die nützlichsten Pflanzen der Natur – Kultur und Verwendung. Tessloff, Hamburg 1980, ISBN 3-7886-9910-8.
  • Ursel Bühring: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzen. Grundlagen, Anwendung, Therapie. 2., überarbeitete Auflage. Sonntag Verlag, Stuttgart, ISBN 3-8304-9097-6, S. 411.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Beinwell – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Beinwell (Symphytum) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Carl von Linné: Species Plantarum. Tomus 1, 1753, S. 136, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fpage%2F358155%23148~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  2. a b Symphytum im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
  3. Burcu Tarıkahya Hacıoğlu, Sadık Erik: Phylogeny of Symphytum L. (Boraginaceae) with special emphasis on Turkish species. In: African Journal of Biotechnology. Band 10, Nr. 69. Academic Journals, 7. November 2011, ISSN 1684-5315, S. 15483–15493, doi:10.5897/AJB11.1094 (englisch, ajol.info – Abstract, DOI nur über Login abrufbar).
  4. Benito Valdés, 2011: Boraginaceae.: Datenblatt Symphytum In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  5. a b c d e f Datenblatt Symphytum bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  6. Bomble, F. W. & Schmitz, B. G. A. 2013: Kaukasischer Beinwell (Symphytum caucasicum M. Bieb.) und Hidcote-Beinwell (Symphytum ×hidcotense P. D. Sell) im Aachener Raum. Jahrb. Bochumer Bot. Ver. Band 4, S. 56–60. (PDF 1 MB)
  7. a b c Bogumil Pawłowski: De genere Procopiana Gușuleac. In: Fragmenta Floristica et Geobotanica. Band 17, Nr. 1, 1971, S. 39–58.
  8. Peter Schönfelder, Ingrid Schönfelder: Die neue Kosmos-Mittelmeerflora. Franckh-Kosmos-Verlag Stuttgart 2008. ISBN 978-3-440-10742-3. S. 136–144.
  9. Werner Greuter, Karl Heinz Rechinger: Flora der Insel Kythera gleichzeitig Beginn einer nomenklatorischen Überprüfung der griechischen Gefässpflanzenarten. In: Boissiera. Band 13, 1967, S. 100.
  10. Bogumil Pawłowski: Symphytum. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 3: Diapensiaceae to Myoporaceae. Cambridge University Press, Cambridge 1972, ISBN 0-521-08489-X, S. 103–105 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Bomble, F. W. & Schmitz, B. G. A. 2013: Kaukasischer Beinwell (Symphytum caucasicum M. Bieb.) und Hidcote-Beinwell (Symphytum x hidcotense P. D. Sell) im Aachener Raum. Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 4: 56-60. (PDF 1 MB)
  12. J. K. Crellin, A. L. Tommie Bass: Herbal Medicine Past and Present: A reference guide to medicinal plants. S. 187.
  13. Dioskurides, de materia medica 4,9f.
  14. August Steier: Alum Gallicum. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband VII, Stuttgart 1940, Sp. 22–26, insbesondere Sp. 24f.
  15. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Nikol, Hamburg 2005, ISBN 3-937872-16-7 (Nachdruck von 1996).
  16. a b Kommission für Phytotherapie (Kommission E) des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes (BGA), heute Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Monographie Symphyti radix (Beinwellwurzel). Bundesanzeiger 138, 27. Juli 1990. – www.heilpflanzen-welt.de.
  17. Roberto D’Anchise, Michael Bulitta, Bruno Giannetti: Comfrey Extract Ointment in Comparison to Diclofenac Gel in the Treatment of Acute Unilateral Ankle Sprains (Distortions). In: Arzneimittelforschung. Band 57(11), Nr. 2007. Editio Cantor, Aulendorf 2007, S. 712–716, doi:10.1055/s-0031-1296672.
  18. apotheker.or.at weiterer Nachweis mit exakt dem Wortlaut
  19. http://www.bccancer.bc.ca/ (Memento vom 16. April 2008 im Internet Archive)
  20. Vorsicht: Verwechslung von Beinwell- mit Fingerhutblättern Merkblatt des Gemeinsamen Giftnotrufzentrums der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, 2015
  21. Marie-Luise Kreuter: Der Biogarten. 25. Auflage. 2012, S. 209.
  22. Margit Rusch: Anders gärtnern: Permakulturelemente im Hausgarten. ökobuch, Staufen bei Freiburg 2010, ISBN 978-3-936896-52-7.
  23. Toby Hemenway: Gaia's Garden: A Guide to Home-Scale Permaculture. 2nd Edition. S. 127.