Aistulf

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Ein Follis Aistulfs, geprägt in Ravenna um 751, mit der Inschrift [D] N IST VLF[VS REX] – Dominus noster Aistulfus rex „Unser Herr, König Aistulf“

Aistulf (auch Ahistulf, Aistulfus, Haistulfus; † Dezember 756) war König der Langobarden von 749 bis zu seinem Tod.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft, Verhaftung des Patriarchen von Aquileia, Sturz und Wiedereinsetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aistulf war ein Sohn des Dux (Herzog) Pemmo von Friaul und der Ratperga.[1] Paulus Diaconus, der Verfasser der Historia Langobardorum aus dem späten 8. Jahrhundert, ist der wichtigste Autor, der über die Vorgänge im Friaul recht ausführlich berichtet.

Zwar erwähnt er nur knapp, dass dem zu Tode gekommenen Ferdulf ein Corvolus im Amt des dortigen Herzogs gefolgt sei, doch blieb dieser nur kurze Zeit, denn er wurde, nachdem er den König beleidigt hatte, geblendet und lebte entehrt (VI, 25). Auf diesen folgte der Vater Aistulfs, jener Pemmo, der Sohn eines Billo aus Belluno. Dieser war „propter seditionem“ ins Friaul gezogen. Ratperga, Pemmos Frau, die meinte, sie sei von „facie rusticam“ und ihr Mann solle sich wegen dieser bäuerlichen Erscheinung von ihr trennen, schenkte ihm drei Söhne, nämlich Ratchis, Ratchait und Aistulf (VI, 26).

Als Pemmo den Patriarchen von Aquileia, den eigensinnigen Calixtus um 731 gefangen nahm, fiel er in Ungnade und König Liutprand setzte Aistulfs älteren Bruder Ratchis als Dux ein. Paulus Diaconus erklärt, Aistulf, haben den Gefangenen ins Meer stürzen wollen, doch habe Gott eingegriffen, und so habe der Herzog den Patriarchen nur das Brot der Bitternis essen lassen („eum retentum pane tribulationis sustentavit“).

Pemmo wollte mit seinen Leuten zu den Slawen fliehen, doch sein Sohn erreichte, dass der Vater vor das königliche Gericht geladen wurde. Der König begnadigte Pemmo und seine Söhne Ratchait und Aistulf nur Ratchis zuliebe, doch ließ er ihre Unterstützer gefangensetzen. Ratchis konnte gerade noch verhindern, dass sein wütender Bruder Aistulf sein Schwert gegen den König zückte. Nur der ansonsten unbekannte Herfemar blieb von den Unterstützern straffrei, nachdem er, tapfer kämpfend, sich in die Kirche des hl. Michael geflüchtet hatte. Alle anderen aber mussten eine lange Haft über sich ergehen lassen (VI, 51).

Die Vormacht des Königs über die Herzöge war damit zwar im Friaul gesichert, doch galt dies nicht für das Herzogtum Spoleto. Dort ging Liutprand gegen den aufständischen Dux Transamund II. vor. Als Liutprand 742 nach Spoleto und Ravenna zog, bereiteten ihm Truppen aus Byzanz und Spoleto beim Marsch von Fano nach Fossombrone im Wald zwischen den beiden Orten große Schwierigkeiten. Sie griffen die Nachhut unter Ratchis und seinem Bruder Aistulf an, die die Friulaner anführten. Ein kühner Spoletiner namens Berto griff direkt Ratchis an, doch stieß dieser den Angreifer vom Pferd. Ratchis verhinderte daraufhin die Tötung durch seine Leute und der Mann durfte auf allen Vieren kriechend im Wald verschwinden, wie Paulus berichtet. Aistulf wurde gleich von zwei Spoletinern auf einer Brücke attackiert, doch warf er die beiden ins Wasser, wobei er den zweiten Angreifer tötete (VI, 56). Liutprand eilte nach Benevent (VI, 57) und kehrte, nachdem er den gestürzten Herzog Gisulf wiedereingesetzt hatte, in die Hauptstadt nach Pavia zurück. Mit dem Ende König Liutprands im Jahr 744 endet zugleich auch die vergleichsweise detailreiche Schilderung des Paulus Diaconus.

Aufstieg der Brüder: Ratchis wird Langobardenkönig, Aistulf Dux des Friaul[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

744 wurde König Hildeprand, der Nachfolger Liutprands. Doch dieser wurde nach etwa achtmonatiger Herrschaft abgesetzt und stattdessen Ratchis zum König gewählt.[2] Aistulf wurde Dux des Friaul.

Im Juli 749 revoltierten er und einige andere langobardischen Adlige gegen seinen Bruder Ratchis, wohl wegen seiner Annäherungspolitik an Byzanz. Am 3. Juli erfolgte die Akklamation Aistulfs in Mailand, genauer in der Basilica di S. Ambrogio. Offenbar war es Aistulf noch nicht gelungen, Pavia zu gewinnen. Erst am 1. März 750 konnte er in Pavia eine Versammlung aller iudices einberufen, womit wohl einfach alle Würdenträger gemeint waren. Offenbar hielt der Widerstand seines Bruders Ratchis noch immer an, denn Aistulf verfügte vorsorglich, dass alle Schenkungen, die nach seiner Thronbesteigung („postquam Ahistulf factus est rex“) von diesem verfügt werden sollten, ungültig seien, es sei denn, sie würden von Aistulf selbst bestätigt. Ratchis dankte schließlich ab und musste mitsamt seiner Familie ins Kloster gehen.

Aistulf bestieg im Juni den Thron. Er ernannte Anselm, mit dessen Schwester Gisaltruda er verheiratet war, zu seinem Nachfolger als Dux. Aistulf schenkte seinem Schwager Anselm Land auf dem dieser 750 das Kloster Fanano errichten ließ.[3]

Königsherrschaft des Aistulf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorbereitungen für den Krieg gegen Byzanz, Ausweitung der Kriegspflicht auf Händler und Nichtlangobarden, Heerfolgeregeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere gesetzliche Bestimmungen Aistulfs, folgten der oben genannten. Die beiden folgenden Bestimmungen zielten darauf ab, die Kriegsfähigkeit der Armee zu gewährleisten, indem die Mängel der Bewaffnung beseitigt wurden. In unmittelbare Beziehung mit dem Umfang und der Art des Vermögens wurden die Kriterien gesetzt, die die Arten der Bewaffnung regelten. Wer also kein Vermögen hatte, musste mindestens einen Schild und einen Köcher aufbieten; wer nur über geringes Vermögen verfügte, bei dem genügte ein Köcher mit Pfeilen und ein Bogen. Wer über Landbesitz verfügte, der sollte deutlich mehr beitragen. Wer mindestens 40 iugera Land besaß, aber keine masseria (Hof) besaß, der sollte ein Pferd, einen Schild und eine Lanze stellen; wer mindestens sieben Höfe besaß, ebenfalls ein Pferd, dazu eine vollständige Bewaffnung und eine Rüstung; wer mehr als sieben Höfe besaß, stellte eine Anzahl von Pferden, eine vollständige Bewaffnung und eine Rüstung, die im Verhältnis zur Menge der Höfe ermessen wurde.

Die Gehorsamspflicht bei Mobilisierungsbefehlen, wurde auch auf diejenigen ausgedehnt, die negotiantes waren, also Händler. Die reichsten unter ihnen, die „maiores et potentes“, sollten mit Rüstung, Pferd und Lanze ausgestattet sein; die mit mittlerem Einkommen mit Pferd, Schild und Lanze; alle anderen, die minores also, mit Köcher, Pfeilen und Bogen.

Die Aufwertung von unbeweglichen und beweglichen Gütern als Zuteilungskriterium für derartige Verpflichtungen war nur auf der Grundlage einer recht genauen Vorstellung von einzelnen Lebensrealitäten möglich. Sie beförderte die seit Alboin zunehmende Gliederung der Gesellschaft in Klassen von mehr oder weniger Besitzenden. Neu war zudem die Integration der Händler in den Militärapparat, und, zumindest als Möglichkeit angelegt, die der nicht-langobardischen Bevölkerungsteile. Damit wurden Voraussetzungen geschaffen, um den neuerlichen Kampf gegen Byzanz aufzunehmen.

Verweigerten sich Amtsträger ihren Verpflichtungen, so war die Strafe die Entlassung aus dem Amt und eine Geldbuße, die der sozialen Stellung des Täters entsprach. Bei Händlern war die Strafe die decalvatio. Dabei wurden die Haupthaare abrasiert und der Täter musste umhergehen und rufen: ‚Das geschieht mit denen, die gegen den Willen des Königs mit einem Untertan des Reiches Geschäfte machen, wenn wir mit ihm im Streit liegen‘.

Darüber hinaus betrachtete Aistulf die romanische Bevölkerung als „traditum nobis a Domino“, wie es im Prolog des Gesetzes heißt. Damit beanspruchte er mit der gleichen Begründung wie die Kaiser, diese Herrschaft über die Nichtlangobarden des Reiches sei ihm von Gott überantwortet worden.


Goldmünze aus der Prägestätte Ravenna

Kampf gegen Byzanz, Eroberung Ravennas (750/751), Einziehung von Spoleto[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aistulf verfolgte im Gegensatz zu seinem Bruder eine Politik der Expansion gegenüber den Byzantinern in Italien. Sein Ziel war die vollständige Zurückdrängung der Byzantiner.

Aistulf brach unmittelbar nach der Versammlung vom März 750 auf, zunächst um die Gebiete östlich von Imola bis zur Adria und von der unteren Etsch bis zum Esino zu erobern. Der Feldzug wurde mit der Einnahme von Ravenna gekrönt, wo sich der letzte Exarch, Eutychius, unterwarf.

Folgt man den Angaben des Chronicon Salernitanum asu dem 10. Jahrhundert, so gelang auch die Eroberung von Comacchio, Ferrara und sogar von Istrien. Allerdings war Istrien später (wieder) byzantinisch, was dennoch eine zumindest kurzzeitige Besetzung der Halbinsel nahelegt. Aus einem Brief des Patriarchen Johannes von Grado, von 768 oder 770/772, wird deutlich, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt Istrien von den Langobarden besetzt war.[4]

Wahrscheinlich wurde danach sogar Korsika besetzt, eine Eroberung, die allerdings auch Liutprand zugeschrieben worden ist. Nachweisen lässt sich langobardischer Besitz auf der Insel erst für die Zeit Aistulfs.

Als Dux Lupus von Spoleto starb, vergab Aistulf das Dukat nicht wieder, sondern ließ es als Krongut verwalten.[5]

In Ravenna konnte Aistulf stolz ein Privileg vom 4. Juli 751 zugunsten des Klosters S. Maria di Farfa auf das Palatium datieren. Damit konnte er auch die ehemaligen Gebiete des Exarchats beanspruchen, wozu auch Rom gehörte.

Vorgehen gegen Rom, Bündnis des Papstes mit den Karolingern, Niederlage der Langobarden gegen Franken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Italien um 751

So bedrohte er Rom von zwei Seiten. Die alarmierten Päpste, die eigentlich Untertanen des byzantinischen Reiches waren, konnten jedoch aufgrund der angespannten außenpolitischen Situation und der isolierten Lage Roms von den Byzantinern keine Hilfe erwarten, zumal das Verhältnis zwischen Rom und Konstantinopel aufgrund des so genannten byzantinischen Bilderstreits (Ikonoklasmus) recht zerrüttet war.

Aistulf begann nun, sich in die kirchlichen Verhältnisse einzumischen. 751 wandte sich der Bischof von Arezzo, nachdem er einen alten Streit zwischen seinem Bistum und dem von Siena über die Grenzen ihrer Diözesen neu entfacht hatte, an Papst Zacharias. Dieser erkannte die Argumente des Ersteren an und belegte seinen Gegner mit dem Interdikt. Der Bischof von Siena wandte sich daraufhin an Aistulf. Doch der König wies die Berufung zurück und erklärte, er wolle den Bischof von Siena nicht dem Urteil des Papstes entziehen. Er gestattete dem Papst nicht nur, die Angelegenheit einem Richterkollegium anzuvertrauen, das sich aus drei Bischöfen der langobardischen Toskana zusammensetzte - den Bischöfen von Volterra, Città di Castello und Chiusi -, sondern erlaubte auch dem Kollegium selbst, sein eigenes Urteil dem Papst zur Ratifizierung zu übermitteln. Zacharias, dessen Urteil darin bestätigt wurde, war allerdings in der Zwischenzeit am 22. März 752 gestorben. Die Ratifizierung erfolgte daher erst durch seinen Nachfolger Stephan II. am 19. Mai 752. Er bestätigte damit nicht nur das bischöfliche Urteil, sondern zugleich ein früheres Urteil von König Liutprand vom 6. März 715.

Seinen Kampf gegen Byzanz unterbrach Aistulf keineswegs, und Rom als byzantinische Stadt bekämpfte er weiterhin, etwa durch Verwüstung der Umgebung oder durch Handelshindernisse. Zugleich musste er verhindern, dass der Papst Kontakt mit den Franken aufnahm und, dass die Bischöfe in der Toskana, die kirchenrechtlich dem Papst untertstanden, eher diesen unterstützten. Militärisch konnte er zu dieser Zeit kaum gegen Rom losschlagen, denn innere Probleme beschäftigten ihn dringlicher. Das Herzogtum Spoleto nach dem Ende des Herzogs Lupo im späten Frühjahr oder Sommer 751, dann die Stärkung seiner Autorität im Herzogtum Benevent hatten Vorrang. Dort nutzte er die Regentschaft einer Frau, Scauniperga, der Witwe des im Jahr 751 oder 752 verstorbenen Herzogs Gisulf II., zugunsten seines jüngeren Sohnes Liutprand aus.

Vermutlich wusste er sowohl von den Schwierigkeiten beim Übergang des Pontifikats von Papst Zacharias auf seinen Nachfolger Stephanus, als auch von denen des Frankenkönigs beim Übergang von den Merowingern auf die Karolinger, bzw. Pippiniden. In der ersten Phase der Verhandlungen, zwischen Ende Mai und Ende Juni 752, erreichte der Papst, dass eine von ihm nach Pavia gesandte Mission unter der Leitung seines Bruders Paulus – er war Diakon – und des Primicerius der Notare der Kirche von Rom, Ambrosius, eine Vereinbarung erzielten, zu deren Einhaltung sich Aistulf unter Eid verpflichtete. Ihr Inhalt ist zwar unbekannt, doch musste sie in den Augen Roms so beschaffen sein, dass ein Angriff der Langobarden auf Rom zunächst verhindert wurde. Der Papst, immer noch auf Byzanz hoffend, schrieb wiederholt an Konstantin V. und forderte ihn auf, persönlich ein Heer anzuführen, um „de iniquitatis filii morsibus“ nicht nur Rom, sondern ganz Italien zu befreien.

Im Oktober 752 befahl Aistulf den Bewohnern Roms in beleidigender und drohender Weise, ihm einen jährlichen Tribut in Höhe von je einem Goldsolidus zu zahlen und sich selbst als seiner Herrschaft ebenso unterworfen anzuerkennen wie die Bewohner der befestigten Zentren, der castra, des römischen Territoriums. Stephan II. entsandte zwei Äbte der angesehensten Benediktinerklöster des Langobardenreiches, San Vincenzo al Volturno und Montecassino, nach Pavia, um den König in seinem Namen um die Einhaltung des Abkommens zu ersuchen. Die Gesandten wurden in ihre Klöster zurückgeschickt, ohne wieder in Rom vorstellig zu werden. Der Kaiser griff ebenfalls diplomatisch ein, indem er ein Schreiben unbekannten Inhalts an den Papst aushändigen ließ, und in einem zweiten Schreiben Aistulf aufforderte, das von ihm okkupierte Reichsgebiet zurückzugeben. Zusammen mit dem Bruder des Papstes reiste der Byzantiner weiter nach Pavia an den langobardischen Hof. Einen Affront stellte es dar, dass Aistulf die Audienz ausgerechnet in Ravenna gewährte.

Aus Konstantinopel kam der Gegenzug einer Ernennung eines Exarchen von Italien, der den Platz des gefangenen Eutychius einnehmen sollte, doch der Kaiser wollte zumindest vorläufig den Weg für weitere Verhandlungen offen halten. Auch akzeptierte der Silentiarius, dass ein Gesandter des Langobardenkönigs ihn auf seiner Rückreise nach Rom begleiten sollte, zunächst, zusammen mit dem Diakon Paulus, dann weiter in die Hauptstadt des Reiches. Papst Stephan konterte seinerseits, indem er in einer eigenen Mission dem Kaiser die erneute Bitte überbringen ließ, an der Spitze eines Heeres Rom und Italien von den Langobarden zu befreien. Dabei verschärfte Aistulf im Laufe des Jahres 752 seine Drohungen, während Byzanz, im Osten mit arabischen Gegnern beschäftigt, keine Möglichkeit sah, in Italien einzugreifen.

Die Päpste wandten sich parallel zu ihren Bemühungen um ein Eingreifen Konstantinopels, schon länger an die neuen Herrscher des Frankenreiches. Bereits im Jahr 739 hatte Papst Gregor III. den Hausmeier Karl Martell gebeten einzugreifen, worauf dieser jedoch nicht reagierte. Dessen Sohn Pippin der Jüngere hatte sich im Jahr 751 mit der Zustimmung Papst Zacharias’ von den fränkischen Großen zum König erheben lassen und zuvor den letzten machtlosen merowingischen König abgesetzt. Mit diesem Zusammenwirken bei der Königserhebung des ersten karolingischen Königs wurde ein Bündnis zwischen diesem und dem Papsttum begründet, das kurze Zeit später gegen den Langobardenkönig Aistulf wirksam wurde. Im Jahre 753 besuchte der von Aistulf bedrängte Papst Stephan II. (III.) Pippin im Frankenreich; es war der erste Besuch eines Papstes nördlich der Alpen überhaupt. Stephan bat dort die Franken, mit denen schon vorher Kontakt aufgenommen worden war, um Hilfe. Aistulf begann bereits darauf zu reagieren, denn Ende Juli oder Anfang August 753 griffen die Langobarden des Herzogtums Benevent, die die südliche Grenze des römischen Gebietes überschritten hatten, das Castellum von Ceccano an und besetzten es. Damit schlugen sie eine empfindliche Lücke in das römische Verteidigungssystem. Darauf reagierte nun der Papst seinerseits, indem er in einer Prozession am Abend des 15. August (Mariä Himmelfahrt), den meineidigen König öffentlich bei Gott selbst anprangerte: Stephan ließ die Urkunde mit dem Text des kurz zuvor geschlossenen Vertrags an das Kreuz hängen, das ihm bei der Prozession vorausgetragen wurde. Doch selbst jetzt zögerte Aistulf, denn die Gesandtschaften aus Konstantinopel waren zurückgekehrt, der Kaiser schien zu Verhandlungen bereit zu sein.

Nun aber traf eine neue fränkische Gesandtschaft in Rom ein, an deren Spitze der Bischof von Metz, Chrodegang, und Herzog Autchar standen. Sie luden den Papst ein, ins Frankenreich zu kommen.

Am 14. Oktober 753 verließ Stephan die Stadt. Mit ihm reisten Bischöfe, hohe Prälaten der Kirche von Rom und hohe Beamte der päpstlichen Zentralverwaltung, dann eine Vertretung der römischen Militäraristokratie, der kaiserliche Silentiarius sowie die beiden fränkischen Gesandten ab. Von Ende Oktober bis in die erste Novemberhälfte kam es in Pavia zwischen Aistulf und Stephan, dem kaiserlichen Silentiarius, Vertretern der römischen Militäraristokratie und fränkischen Gesandten zu letzten, jedoch fruchtlosen Gesprächen. Trotz Drohungen Aistulfs setzte die Gesandtschaft ihre Reise am 15. November 753 fort. Sie wollte den Großen Sankt-Bernhard überqueren, nur in Begleitung seines Gefolges aus Bischöfen, hohen Prälaten der Kirche von Rom und päpstlichen Beamten. Die Militärs hingegen, auch der byzantinische Gesandte, kehrten zurück. Zugleich bestand die Gefahr, dass das alte Bündnis zwischen Franken und Langobarden zerbrechen könnte. Aistulf versuchte nun, innerfränkische, dynastische Konflikte zu seinen Gunsten zu nutzen, indem er den Bruder Pippins, Karlmann, unterstützte.[6]

Aistulf bot bereits im Juni desselben Jahres das Heer auf, wie das Testament, das der Bischof von Lucca Walprando Anfang Juli diktierte, erweist. Darin heißt es, man müsse sich auf Befehl des Königs dem Heer anschließen: „quia ex iussione domni nostri Aistulfi regis directus sum in exercitu ambulandum cum ipso“.

Pippin rief erst im Frühjahr seinerseits zum Heeresaufgebot auf. Und noch während er sein Heer an der Alpengrenze im Dora-Riparia-Tal bei Chiusa di San Michele oberhalb von Avigliana in Stellung brachte, versuchte er erneut vergeblich, von Aistulf gegen eine hohe Zahlung von 12.000 Solidi die Übergabe der besetzten Gebiete an den Papst zu erwirken, darunter Ceccano und auch Narni, das schon seit den ersten Jahren der Herrschaft Liutprands dem Herzogtum Spoleto angegliedert war. Außerdem unternahm er einen Schlag gegen die innere Opposition gegen den Langobardenkrieg, indem er seinen Bruder Karlmann, der wenig später starb, in ein Kloster steckte.

Im Jahr 754 überquerte Pippin über den Col du Mont Cenis die Alpen. Bei Maurienne wurden die Langobarden unter Aistulf von der zahlenmäßig unterlegenen fränkischen Vorhut geschlagen und zogen sich ins befestigte Ticinum (Pavia) zurück. Nach einer kurzen Belagerung wurde ein Friedensvertrag geschlossen, in dem sich Aistulf verpflichtete, die besetzten römischen Gebiete an den Papst zu übergeben.

Vergebliche Belagerung Roms (755/756), Anerkennung der karolingischen Oberherrschaft, Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitgenössische Abschrift einer Urkunde Aistulfs, ausgestellt im Jahr 755. Keine langobardische Urkunde kann gesichert als Original gelten.[7]

Kaum war das fränkische Heer abgezogen, brach Aistulf den Vertrag. Im Winter 755/756 begann er mit der Belagerung Roms, die er im März ergebnislos abbrach, woraufhin er nach Ticinum zurückkehrte. Als die Alpenpässe im Frühjahr passierbar wurden, brach Pippin erneut Anfang Mai mit seinem Heer auf. Aistulf musste sich wieder nach Ticinum zurückziehen und schließlich die fränkische Oberhoheit anerkennen. Den Langobarden wurde ein jährlicher Tribut von 12.000 solidi auferlegt und die besetzten römischen und byzantinischen Gebiete dem Papst übergeben. (Pippinische Schenkung)[8]

Aistulf erlag drei Tage nach einem Jagdunfall im Dezember 756 seinen Verletzungen. Ratchis versuchte nun erneut, die Königsherrschaft zu erlangen, doch unterlag er schließlich Desiderius.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichtsschreibung, Chroniken, Jahrbücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ludwig Bethmann und Georg Waitz (Hrsg.): Paulus Diaconus, Historia Langobardorum, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum saec. VI–IX, Hahn, Hannover 1878, cap. 26, 51, 56, S. 174, 182 f., 185.
  • Georg Heinrich Pertz (Hrsg.): Chronicon Moissiacense, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores, I, Hannover 1826, S. 292–294.
  • Pauli Continuationes, in: Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum: Continuatio Casinensis, 4, S. 199; Continuatio Lombarda, S. 216 f.; Continuatio Romana, cap. 2–5, S. 201; Continuatio Tertia, cap. 23–44, S. 208–211.
  • Georg Waitz (Hrsg.): Chronicon S. Benedicti Casinensis, cap. 25, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 487. (online, archive.org, 24. September 2021)
  • Oswald Holder-Egger (Hrsg.): Agnelli qui et Andreas Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Langobardorum), Hahn, Hannover 1878, S. 265–391, hier: cap. 155, S. 378 (Digitalisat).
  • Georg Waitz (Hrsg.): Andreae Bergomatis Historia, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, cap. 3, S. 223.
  • Bruno Krusch (Hrsg.): Chronicarum quae dicuntur Fredegarii Scholastici Continuatio Tertia auctore comite Nibelungo, cap. (36)-(39), in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Merovingicarum, II, Hannover 1888, S. 183–186.
  • Carl de Boor (Hrsg.): Theophanis Chronographia ad a. M. 6216, I, Leipzig 1883, S. 402 f. (Digitalisat)
  • Friedrich Kurze (Hrsg.): Annales qui dicuntur Einhardi, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, Hannover 1895, ad ann. 755–756, S. 12–15. (Digitalisat)
  • Giuseppe Zucchetti (Hrsg.): Il "Chronicon" di Benedetto monaco di S. Andrea del Soratte e il "Libellus de imperatoria potestate in urbe Roma" (sec. X), Rom 1920, in: Fonti per la Storia d’Italia, LV, S. 65–80.
  • Louis Halphen (Hrsg.): Einhardi Vita Karoli Magni imperatoris (6), Paris 1923, S. 18–21.
  • Ulla Westerbergh (Hrsg.): Chronicon Salernitanum, Stockholm 1956, cap. 2–7, S. 4–9.
  • Anton Chroust: Untersuchungen Uber die langobardischen Königs- und Herzogs-Urkunden, Graz 1888, S. 188–191, n. 17–23.
  • Ludwig Oelsner: Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin, Leipzig 1871, S. 115–164, 193–204, 254–269, 282 f., 433–437, 441. (Digitalisat)

Leges, Königslisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Friedrich Bluhme (Hrsg.): Ahistulfi Leges, in: Monumenta Germaniae Historica, Legum IV, Hannover 1868, S. 194–204.
  • Georg Waitz (Hrsg.): Catalogus regum Langobardorum et Italicorum Brixriensis et Nonantulanus, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 503.
  • Catalogus regum Langobardorum et Italicorum Lombardus, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 6510 f.

Viten, Liber pontificalis, Briefe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vita Anselmi abbatis Nonantulani, cap. 1-3 und De fundatione monasterii Nonantulani, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum, S. 567 f., 570.
  • Louis Duchesne: Le Liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire (= Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome, Sér. 2, T. 3, 1–2), Bd. 1–2, Thorin, Paris 1886–1892, S. 441-443, 444-454 (Volltext Bd. 1), (Volltext Bd. 2).
  • Wilhelm Gundlach, Ernst Dümmler (Hrsg.): Codex Carolinus, Epistolae Merovingici et Karolini aevi, I, in: Monumenta Germaniae Historcia, Epistolae, III, Hannover/Berlin 1892, n. 4–11, S. 487–507.

Urkunden, Testamente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikisource: Historia Langobardorum – Quellen und Volltexte (Latein)

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Historia Langobardorum VI, 26
  2. Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter, Bd. II, Teil 2, Perthes, Gotha 1903, S. 146.
  3. Catholic Encyclopedia.
  4. Jadran Ferluga: L'Istria tra Giustiniano e Carlo Magno, in: Arheološki vestnik 43 (1992) 175–190, hier: S. 181 (online).
  5. Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 150f
  6. Georgine Tangl: Die Sendung des ehemaligen Hausmeiers Karlmann in das Frankenreich im Jahr 754 und der Konflikt der Brüder, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken XL (1960) 1–42 (online, PDF).
  7. Carlrichard Brühl glaubt, die Quelle sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur eine Kopie“ (Studien zu den langobardischen Königskurkunden, Max Niemeyer, Tübingen 1970, S. 150–152, Zitat auf S. 152).
  8. Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 188ff
VorgängerAmtNachfolger
RatchisKönig der Langobarden
749–756
Ratchis